Bitte um Rücksendung in Originalverpackung: Keine Einschränkung des Widerrufsrechts!

Bitte um Rücksendung in Originalverpackung: Keine Einschränkung des Widerrufsrechts!
von Mag. iur Christoph Engel
Stand: 23.01.2012 3 min 1

Die Rücksendung der Ware in der Originalverpackung (OVP) darf dem Kunden bei Ausübung des Widerrufs- bzw. Rücktrittsrechts keinesfalls vorgeschrieben werden – aber darf man ihn freundlich darum bitten? In einem aktuellen Urteil will das Landgericht Hamburg in dieser Bitte eines Händlers nun keinen Rechtsverstoß erkennen (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 06.01.2011, Az. 327 O 779/10).

AGB-Klauseln, die dem Kunden im Falle des Rücktritts oder Widerrufs die Rücksendung der Ware in der OVP vorschreiben, sind rechtswidrig: Sie stellen nach verbreiteter Ansicht der Rechtsprechung eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers dar und könnten ihn an der Ausübung seiner Rechte hindern.

In dem aktuellen Fall hatte nun das LG Hamburg über eine AGB-Klausel zu erkennen, die nicht als Vorschrift, sondern schlicht als Bitte formuliert (und wohl auch als solche gemeint) war:

„Wir bitten Sie, die Ware in ihrer Originalverpackung an uns zurückzusenden.“

Hierin vermochten die Richter keine unzulässige Klausel zu erkennen, sondern lediglich ein unverbindliches Ansuchen seitens des Händlers. Daraus wurde geschlossen, dass das vom Händler angebotene Widerrufsrecht durch die gewählte Formulierung weder eingeschränkt, an Bedingungen geknüpft oder gar ausgeschlossen sein kann (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 06.01.2011, Az. 327 O 779/10; mit weiteren Nachweisen):

„Der angesprochene durchschnittlich verständige und situationsangemessen aufmerksame Durchschnittsverbraucher versteht die Formulierung ‚Wir bitten Sie‘ als das, was es ist, nämlich eine Bitte.
Weder ergibt sich daraus eine Verpflichtung, noch eine Bedingung für die Ausübung des Widerrufsrechts, noch ließe sich daraus ableiten, die Ware könne nur unbenutzt und unbeschädigt zurückgesandt werden […].
Vielmehr wird kommt die Unverbindlichkeit des Ersuchens klar zum Ausdruck. Ferner ist hinsichtlich des Kontextes zu sehen, dass in der Klausel […] sich zunächst vier längere Absätze mit dem Widerrufsrecht als solchem und den Widerrufsfolgen befassen.
Ganz am Ende findet sich dann isoliert der angegriffene Satz. Der gewählten Formulierung ist daher für einen durchschnittlichen Verbraucher unzweifelhaft zu entnehmen, dass eine Rücksendung auch ohne Originalverpackung möglich ist; das zuvor erläuterte Widerrufsrecht wird dadurch nicht in Frage gestellt.“

An der Rechtslage ändert das im Prinzip nicht viel – selbstverständlich bleibt es weiterhin verboten, die Rücksendung in der OVP vom Kunden zu verlangen. Dennoch macht die hier vom Händler formulierte Bitte aus wirtschaftlicher Sicht Sinn, da für ihn der Weiterverkauf der zurückgesandten Ware mit vorhandener OVP sicherlich unkomplizierter ist als ohne.

Zwei recht angenehme Erkenntnisse lassen sich jedoch aus dem Urteil gewinnen: Erstens, dass das LG Hamburg gerade nicht die Ansicht zahlreicher anderer Gerichte teilt, dem Verbraucher könne man prinzipiell keinerlei gesunde Auffassungsgabe unterstellen – an dieser Stelle also ein Lob an die hanseatischen Richter. Und zweitens: Spitzfindige Juristen, die in einer solchen Bitte eine wettbewerbswidrige Behinderung der Verbraucherrechte erkennen wollen, erhalten in dieser Entscheidung eine Absage – Abmahnungen können hiermit also nicht (mehr so leicht) begründet werden.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: © snaptitude - Fotolia.com

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

1 Kommentar

A
Antje Stulz 23.01.2012, 15:52 Uhr
Das Öffnen der Ware verpflichtet zum Kauf
Solche Texte kann man in normalen Geschäften oft lesen. Ist das nicht das Pendant zum Zurückschicken in der Originalverpackung?

Wieso ist das eine zulässig und das andere nicht?

Beiträge zum Thema

Rückversand teurer Ware – welche Risiken tragen Händler?
(19.12.2024, 07:43 Uhr)
Rückversand teurer Ware – welche Risiken tragen Händler?
Achtung: Widersprüchliche Widerrufsfristlängen bei eBay
(12.12.2024, 07:54 Uhr)
Achtung: Widersprüchliche Widerrufsfristlängen bei eBay
Überschneidung von Widerruf und Versand: Wer trägt die Rücksendekosten?
(11.11.2024, 08:10 Uhr)
Überschneidung von Widerruf und Versand: Wer trägt die Rücksendekosten?
Frage des Tages: Sind Strafmaßnahmen für übermäßige Retouren zulässig?
(08.10.2024, 07:51 Uhr)
Frage des Tages: Sind Strafmaßnahmen für übermäßige Retouren zulässig?
OLG Brandenburg: Kein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Personalisierung bei vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten
(16.09.2024, 07:35 Uhr)
OLG Brandenburg: Kein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Personalisierung bei vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten
Achtung Abmahnung: unzulässiger Ausschluss des Verbraucher-Widerrufsrechts
(10.07.2024, 11:59 Uhr)
Achtung Abmahnung: unzulässiger Ausschluss des Verbraucher-Widerrufsrechts
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder

Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei