Abmahnradar: Biozidprodukte, Unzulässige Widerrufsbeschränkung, Claris
Das neue Jahr startet mit Abmahnungen zu Biozid-Produkten und der unzulässigen Einschränkung der Widerrufsbelehrung. Außerdem wurde wegen Bilderklau und der unberechtigter Nutzung der Marke Claris abgemahnt.
Und übrigens: Die IT-Recht Kanzlei informiert über eine eigene App mittels Push-Nachrichten über wichtige Abmahnthemen. So gibt's wirklich keine Ausreden mehr. Hier kann die Abmahnradar-App bezogen werden:
Die Nutzung der App ist natürlich kostenlos.
Und nun die Abmahnungen der Woche:
Biozid-Produkte: Fehlender Warnhinweis
Abmahner: Verband sozialer Wettbewerb e.V.
Kosten: 357,00 EUR
Darum geht es: Die Biozid-Abmahnungen sind nicht ganz neu: Hier ging es um ein Insektenschutz- und Desinfektionsmittel - und zum einen um den fehlenden Warnhinweis:
"Biozid-Produkte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformation lesen."
Wichtig ist, dass sich dieser Hinweis deutlich von der eigentlichen Werbung abhebt und gut lesbar ist. Es ist möglich, das Wort „Biozid-Produkte“ durch einen eindeutigen Hinweis auf die beworbene Produktart zu ersetzen.
Der Warnhinweis ist natürlich nicht nur bei Angeboten im eigenen Online-Shop erforderlich, sondern auch bei Angeboten über Verkaufsplattformen wie Amazon.de oder eBay.de.
In diesem Artikel erfahren Sie mehr zur Werbung für Biozid-Produkte.
Unzulässige Einschränkung Widerrufsrecht
Abmahner: Verbraucherzentrale Berlin
Kosten: 285,27 EUR
Darum geht es: Hier ging es um einen unzulässigen Ausschluss des Widerrufsrechts durch eine eigenmächtige Änderung der Widerrufsbelehrung: Der Abgemahnte hatte das Widerrufsrecht bei Sonderangeboten ausgeschlossen. Das geht natürlich nicht - die Ausschlussgründe sind gesetzlich abschließend geregelt und eine solche Regelung für Sonderangebote gehört nicht dazu. Außerdem wurde geregelt, dass ein Widerruf gegen eine Servicegebühr möglich sei - auch das ist natürlich eine unzulässige Einschränkung des Widerrufsrechts. Daher noch einmal der Hinweis: Die Widerrufsbelehrung ist ein gesetzliches Muster und darf nur in eng begrenzten Fällen abgeändert werden.
Händler, die ihre Widerrufsbelehrung über uns beziehen können hier nichts falsch machen - denn der eingesetzte Konfigurator gibt die gesetzlich zulässigen Modifizierungen vor. Exklusiv für unsere Mandanten: Hier geht es zum Überblick "Fehlerquelle Widerrufsbelehrung".
Einweggetränke: Keine Pfanderhebung
Abmahner: Verband Sozialer Wettbewerb e.V.
Kosten: 357,00 EUR
Darum geht es: Der Abgemahnte hat hier den Produktpreis zzgl. Pfand angegeben ohne diesen dann aber im Warenkorb konkret zu berechnen. Der Wettbewerbsverband rügte die fehlende Pfanderhebung als Verstoß gegen die Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen aus § 31 Abs. 1 des Verpackungsgesetzes (VerpackG). Diese Vorschrift sieht für Getränke mit einem Nennvolumen zw. 0,1 und 3,0 Liter in Einwegverpackungen eine Pfandpflicht i.H.v. mind. 0,25€ einschließlich Umsatzsteuer je Verpackung vor.
Tipp: Wir haben uns mit diesem Abmahnphänomen in diesem Beitrag genauer auseinandergesetzt.
Urheberrecht I: Unberechtigte Bildnutzung
Abmahner: Daniil Korzhonov
Kosten: 1.097,00 EUR zzgl. Schadensersatz
Darum geht es: Hier wurde mal wieder wegen der angeblich unberechtigten Nutzung von geschütztem Bildmaterial auf Facebook abgemahnt. Der Abmahner ist selbst Fotograf. Es drohen Ansprüche auf Unterlassung (Abgabe einer Unterlassungserklärung), Auskunft, Schadensersatz und Kostenerstattung. Je nach Anzahl der abgemahnten Bilder und Nutzungsdauer können die Zahlungsansprüche in Sachen Schadensersatz und Kostenerstattung durchaus hoch sein. Der Schadensersatzanspruch kann sich zudem noch verdoppeln - sofern die Urhebernennung unterlassen wurde.
Sie finden hier einen guten Überblick zum Thema Bilderklau. Und hier alle wichtigen Infos in Sachen Bilddatenbanken und die korrekte Verwendung der Bilder durch den Händler.
Unser Tipp: Nur dann Bilder (und auch Texte) verwenden, wenn man ein Recht zur Nutzung vom Rechteinhaber eingeräumt bekommen hat, am besten schriftlich fixiert. Oder einfach selbst fotografieren!
Urheberrecht II: Unberechtigte Bildnutzung
Abmahner: dpa Picture-Alliance GmbH
Kosten: 3.739,79 EUR
Darum geht es: Rechtlich handelt es sich nicht um eine Abmahnung, da lediglich Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, auf Unterlassungsansprüche bzw. die Abgabe einer Unterlassungserklärung wird ausdrücklich verzichtet. Im konkreten Fall wurde die Angelegenheit sogar bereits von der dpa Picture-Alliance GmbH an Rechtsanwälte zur Durchsetzung der Forderung übergeben. Hier muss jeder Abgemahnte selbst prüfen, ob das Zahlungsangebot attraktiv ist und/oder ob es ggf. besser ist, vorsorglich eine Unterlassungserklärung abzugeben und dann ggf. in ein streitiges Verfahren überzugehen.
Marke: Benutzung der Marke "Claris"
Abmahner: ACLARIS Water Innovations GmbH
Kosten: 2.502.50 EUR
Darum geht es: Hier ging es eigentlich um eine Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen eine bereits abgegebene Unterlassungserklärung. Dem lag aber eine markenrechtliche Abmahnung aus dem Zubehörhandel zugrunde - konkret ging es um Zubehör für Wasserfilter und die Verwendung des Markennamens des Originalherstellers. Besonderheit hier: Der Abgemahnte hat zwar den erforderlichen Zusatz "kompatibel" verwendet - das hilft aber nichts, wenn die Bestimmungsangabe falsch ist, weil das Zubehör gar nicht ausschließlich für die genannte Marke verwendbar ist.
Für die klassischen Zubehörfälle mit Nennung fremder Marken gilt grundsätzlich: Online-Händler, die auf ihrer Website Nicht-Originalersatzteile verkaufen, sollten darauf achten, dass im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot darauf hingewiesen wird, dass es sich bei der Ware nicht um ein Originalprodukt der Marke handelt. Der Kunde muss bereits aus dem Kontext erkennen können, dass es sich bei dem Produkt auf der Internetseite lediglich um ein Nicht-Originalprodukt handelt. Bereits durch die Formulierung „Ersatz für das Original...“ oder "passend für" kann eine Irreführung des Kunden vermieden und zusätzlicher Internetverkehr generiert werden.
Tipp: Wir informieren etwa in diesem Beitrag über die markenrechtliche Zulässigkeit von Marken im Zubehörhandel.
LegalScan Pro – Der smarte Schutz vor teuren Markenabmahnungen
Markenabmahnungen werden immer häufiger – und können schnell teuer werden. Doch das lässt sich leicht vermeiden: LegalScan Pro scannt Ihre Angebote und prüft sie auf die gängigen Abmahnmarken. Sobald uns neue Marken bekannt werden, wird der Scanner automatisch aktualisiert. So sind Sie immer auf der sicheren Seite!
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Nachfolgend finden Sie nochmal die Antworten zu den die gängigsten Fragen im Zusammenhang mit Markenabmahnungen:
1. Warum wurde ausgerechnet ich abgemahnt?
Viele Markeninhaber überwachen ihre Marken selbst oder durch einen Dienstleister. Meldet dann ein Dritter diese Marke bei den Markenämtern an oder nutzt diese Marke offline oder online, ohne dazu berechtigt zu sein, schlägt die Überwachungssoftware Alarm und meldet die vermeintliche Rechtsverletzung. Natürlich kann es im einen oder anderen Fall auch sein, dass ein unliebsamer Mitbewerber den Verstoß gemeldet hat oder der Markeninhaber den Abgemahnten aufgrund einer bestehenden, aber gescheiterten Geschäftsbeziehung ohnehin auf dem Schirm hatte - wie auch immer: Marken werden angemeldet, um überwacht zu werden.
2. Was ist eine Abmahnung?
Genau genommen ist die Abmahnung ein Geschenk an den Abgemahnten: Denn das Institut der Abmahnung ermöglicht es dem Verletzer, einen Rechtsstreit ohne gerichtliche Entscheidung beizulegen - der Abmahnende gibt dem Verletzer also die Chance auf eine außergerichtliche Einigung - das spart Kosten. Aber natürlich ist eine Abmahnung erst einmal ein Hammer: Finanziell und auch tatsächlich, denn sie stellt einen erheblichen Eingriff in die Geschäftstätigkeit des Abgemahnten dar. Und doch ist die Abmahnung, sofern sie berechtigt und nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt, grundsätzlich eine Chance.
3. Was wollen die eigentlich von mir?
In einer markenrechtlichen Abmahnung werden in der Regel immer die gleichen Ansprüche geltend gemacht:
- Beseitigungsanspruch
- Unterlassungsanspruch
- Auskunftsanspruch
- Schadensersatzanspruch
- Vernichtungsanspruch
- Kostenerstattungsanspruch
Liegt tatsächlich eine Rechtsverletzung vor, sind in der Regel alle Ansprüche zu bejahen - liegt keine Rechtsverletzung vor, folgt daraus die Abweisung aller (!) Ansprüche.
4. Was bedeutet der Unterlassungsanspruch für mich?
Sofern Sie eine geschützte Marke unbefugt benutzt haben, hat der Markeninhaber (oder ein Berechtigter) gemäß § 14 Abs. 5 MarkenG einen Unterlassungsanspruch gegen Sie. Das bedeutet, dass der Markeninhaber verlangen kann, dass Sie die Rechtsverletzung in Zukunft unterlassen. Um sich abzusichern und die Ernsthaftigkeit Ihrer diesbezüglichen Erklärung zu gewährleisten, wird in der Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe festgelegt. Nur die Abgabe einer ausreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung lässt den Unterlassungsanspruch entfallen - für den Abgemahnten bedeutet dies: Er hat die Chance, dass durch die Abgabe der Erklärung der Unterlassungsanspruch ausgeräumt und damit eine gerichtliche Durchsetzung vermieden werden kann.
5. Sollte die beigefügte Unterlassungserklärung abgegeben werden?
Da die Abgabe der Unterlassungserklärung aber bei Annahme durch die Gegenseite zu einem rechtsverbindlichen Vertrag führt, sollte genau darauf geachtet werden, was in der Erklärung steht:
Die vom gegnerischen Anwalt vorformulierte Erklärung ist zwangsläufig im Interesse des Markeninhabers formuliert und dementsprechend weit gefasst - es empfiehlt sich daher in der Regel, diesen Entwurf zu überarbeiten (modifizieren), damit die Erklärung so formuliert ist, dass sie den Ansprüchen des Markeninhabers genügt, gleichzeitig aber auch den Verletzer möglichst wenig belastet. Wie auch immer. Auf keinen Fall sollte zukünftig gegen die Unterlassungserklärung verstoßen werden, da ansonsten eine nicht unerhebliche Vertragsstrafe droht.
6. Was kostet das jetzt?
Markenabmahnungen sind teuer - sagt der Volksmund. Und das stimmt - vor allem im Markenrecht:
Wer eine Markenverletzung begeht, veranlasst den verletzten Markeninhaber, einen Anwalt mit der Abmahnung zu beauftragen - der Anwalt kann und wird dafür ein Honorar verlangen. Da die Ursache für diese Beauftragung in der Markenrechtsverletzung zu sehen ist, hat der Markeninhaber nach ständiger Rechtsprechung einen Kostenerstattungsanspruch. Darüber hinaus steht dem Markeninhaber wegen der Verletzung seiner Marke auch ein Schadensersatzanspruch zu - der Abgemahnte wird also doppelt zur Kasse gebeten.
Und wie berechnet sich der Zahlungsanspruch?
Die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs richtet sich nach dem der Abmahnung zugrunde liegenden Gegenstandswert - dieser ist gemäß § 3 ZPO vom Gericht zu bestimmen. Maßgeblich für die Höhe dieses Wertes ist das Interesse des Abmahnenden an der Verfolgung der Verletzungshandlung. Dieses wirtschaftliche Interesse an der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen wegen Markenrechtsverletzungen wird durch zwei Faktoren bestimmt:
Zum einen durch den wirtschaftlichen Wert der verletzten Marke und zum anderen durch das Ausmaß und die Gefährlichkeit der Verletzungshandlung (sog. „Angriffsfaktor“). Im Markenrecht hat sich in der Rechtsprechung ein sogenannter Regelstreitwert von 50.000 Euro durchgesetzt, der im Einzelfall natürlich über- oder unterschritten werden kann. So sind etwa die Dauer und Intensität der Markenverletzung, die erzielten Umsätze, die Bekanntheit und der Ruf der Marke zu berücksichtigen und für jeden Einzelfall gesondert zu bewerten.
Für den Schadensersatzanspruch selbst gibt es 3 Berechnungsarten nach Wahl des Verletzten:
- es ist der Gewinn zu ersetzen, den der Verletzer infolge der Markenverletzung verloren hat, oder
- der vom Verletzer erzielte Gewinn ist herauszugeben (sog. Gewinnabschöpfungsanspruch) oder
- vom Verletzer die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verlangt werden kann (sog. Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie).
7. Warum muss ich Auskunft erteilen?
Im Verletzungsfall hat der Rechteinhaber gemäß § 19 MarkenG einen Auskunftsanspruch - dieser dient in erster Linie dazu, den Schadensersatz berechnen zu können. Denn der Rechteinhaber hat keine Kenntnis über den Umfang der Verletzungshandlung. Die Auskunft ist dabei wahrheitsgemäß und vollständig zu erteilen - gelegentlich wird auch ein Rechnungslegungsanspruch geltend gemacht - in diesem Fall sind sämtliche Belege, die im Zusammenhang mit der Verletzungshandlung stehen, vorzulegen.
8. Und der Vernichtungsanspruch?
Auch den gibt es - nach § 18 MarkenG. Er spielt vor allem in Plagiatsfällen eine große Rolle - hier hat der Markeninhaber ein Interesse daran, dass die Plagiate ein für alle Mal vom Markt verschwinden und vernichtet werden. Dies kann entweder selbst in Auftrag gegeben werden oder die Ware wird dem Markeninhaber zur Vernichtung übergeben.
9. Und warum ist bei Markenabmahnungen oft ein Patentanwalt beteiligt?
Bei vielen markenrechtlichen Abmahnungen wird ein Patentanwalt eingeschaltet. Dies hat für den Abgemahnten einen entscheidenden Nachteil:
Neben den Rechtsanwaltskosten sind dann regelmäßig auch die Kosten für die Einschaltung des Patentanwalts zu erstatten - die Kostenbelastung verdoppelt sich. Diese Praxis ist in der Rechtsprechung inzwischen heftig umstritten. Einige Gerichte halten die Einschaltung eines Patentanwalts bei einfachen Markenverletzungen für nicht erforderlich und lehnen daher einen Erstattungsanspruch ab. Zuletzt hatte der Bundesgerichtshof (Urteil vom 10.05.2012, Az.: i ZR 70/11) hierzu ausgeführt:
"Aus dem Umstand, dass es im konkreten Fall erforderlich ist, einen Rechtsanwalt mit der Abmahnung einer Kennzeichenverletzung zu beauftragen, folgt nicht, dass es auch erforderlich ist, einen Patentanwalt mit der Abmahnung zu beauftragen. Ist ein Rechtsanwalt aufgrund seiner kennzeichenrechtlichen Kenntnisse allein in der Lage, den Fall rechtlich zu beurteilen und den Verletzer abzumahnen, ist die zusätzliche Einschaltung eines Patentanwalts nicht erforderlich. Es bedarf daher grundsätzlich einer gesonderten Prüfung, ob es erforderlich war, neben einem Rechtsanwalt auch einen Patentanwalt mit der außergerichtlichen Verfolgung einer Markenverletzung zu beauftragen."
Es sollte also genau geprüft werden, ob die Einschaltung eines Patentanwalts notwendig war.
Hier gibt es mehr zur Reaktion bei Markenabmahnungen.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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