Werbung mit dem Bio-Siegel und Zusätzen wie "Bio" und "Öko": Ökologische Lebensmittel juristisch korrekt vermarkten
Der Handel mit Lebensmitteln aus biologischem, ökologischem oder gar organischem Anbau boomt – nicht umsonst hat mittlerweile praktisch jeder Supermarkt eine eigene Bio-Ecke. Gerade auch im Lichte des aktuellen Dioxin-Skandals wird dieses Thema zunehmend aktuell, da nun die Nachfrage nach Bio-Eiern sprunghaft steigt. Dementsprechend wollen Händler ihre Bio-Produkte mit Begriffen wie „Bio“ und „Öko“ sowie dem Einsatz des Bio-Siegels vermarkten – hier sind jedoch juristische Tücken verborgen.
Hintergrund
Die Produktion, Herstellung, Verarbeitung und der Handel von Bio-Lebensmitteln sind europaweit durch die EG-Öko-Verordnung (EG-VO 834/2007) und die Ausführungsverordnung geregelt (EG-VO 889/08). Umgesetzt in nationales Recht wird dies im Ökolandbaugesetz (ÖLG).
Hierin ist unter anderem bestimmt, wer sich einer Kontrolle unterziehen muss und wer diese durchführen darf. Nur wer kontrolliert und danach mit einem Zertifikat versehen wird, darf mit dem Begriff „Bio“ und/oder Öko“ bzw. mit dem sechseckigen Bio-Siegel werben.
Wichtig: Auch (Online-) Händler sind kontrollpflichtig, die ihre Produkte nur weiterverkaufen ohne selbst das Produkt zu be-, verarbeiten, umpacken oder sonst wie zu verändern.
Begriffe „Bio“ und „Öko“
Die Begriffe "Bio" und "Öko" werden synonym benutzt. Beide sind im Zusammenhang mit Lebensmitteln gleichermaßen für Produkte, die nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus erzeugt und verarbeitet werden, geschützt.
Produkte, die mit folgenden Begriffen gekennzeichnet sind, sind eindeutig Bio-Produkte:
- biologisch oder ökologisch
- kontrolliert biologisch bzw.... ökologisch
- biologischer bzw. ökologischer Landbau
Werbung mit Zusätzen „Bio“, Öko“ sowie dem Bio-Siegel
Die Werbung mit den Zusätzen „Bio“, „Öko“ sowie dem Bio-Siegel ist ausdrücklich erlaubt und sogar erwünscht, schließlich fördert ein hoher Bekanntheitsgrad auch den Wiedererkennungswert und die Akzeptanz etwa des Siegels beim Verbraucher. Allerdings gelten hier einige Vorschriften, die der Werbende auch dann beachten muss, wenn er selbst nicht Erzeuger des Produktes ist.
Werbung = Kennzeichnung
Die Öko-Verordnung behandelt Kennzeichnung und Werbung ausdrücklich gleich. Wer also in seiner Werbung die genannten Begriffe oder das Siegel verwendet, muss auch für diese Werbung die gleichen Vorschriften beachten wie der Erzeuger, der sein Produkt als „Bio“ kennzeichnet (vgl. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung).
Nennung der Kontrollstelle
Vor allem hat der Werbende den Code der zuständigen Bio-Kontrollstelle zu nennen (vgl. Art. 24 Abs. 1 lit. a). Zu verwenden ist der Code derjenigen Stelle, die die jeweils letzte Erzeugungs- bzw. Aufbereitungshandlung überwacht hat. Wer selbst Bio-Lebensmittel erzeugt bzw. aufbereitet und diese dann auch selbst vermarktet, hat den Code der eigenen Kontrollstelle anzugeben.
Der Code ist nach dem Schema AA-BBB-333 aufgebaut, wobei „AA“ für den ISO-Code des jeweiligen Landes (z.B. „DE“ für Deutschland), „BBB“ für die Art der Erzeugung (z.B. „BIO“ für biologische Erzeugung) und „333“ für eine Referenznummer steht (also z.B. DE-BIO-789)
Nennung online
Dieser Code muss auch online angezeigt werden, sofern in diesem Bereich Werbung für Bio-Produkte betrieben wird. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Verordnung selbst, da dort ausdrücklich „Werbung“ mit „Etikettierung“ gleichgestellt wird (vgl. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung). Auch das Transparenzgebot des Werberechts gebietet diese Vorgehensweise, da ja der Verbraucher durch diesen Code in der Lage sein soll, die zuständige Kontrollstelle nachzusehen.
Die (bisher hierzu erfolgte) Rechtsprechung teilt diese Ansicht. So wurde etwa erst kürzlich ein Onlinehändler per einstweiliger Verfügung angehalten, bei der Werbung für seine Bio-Produkte den Code der Überwachungsstelle zu nennen (LG Köln, 28.12.2010, Az. 31 O 639/10).
Daher: Die IT-Recht Kanzlei rät,
- die Codenummer der Kontrollstellle, die für die Kontrolle des letzten Erzeugers oder Aufbereiters zuständig ist, in unmittelbar räumlicher Nähe zu den Begriffen „Bio“ und/oder „Öko“ abzubilden.
- die Codenummer der Kontrollstelle, die für die Kontrolle des letzten Erzeugers oder Aufbereiters zuständig ist, im selben Sichtfeld wie das Logo abzubilden.
(Hinweis: Nach einer der IT-Recht Kanzlei vorliegenden Stellungnahme der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) sei es auch möglich, den Code auf der Website einmal zentral darzustellen, sofern auf dieser Website bzw. in einem eigenen, gekennzeichneten Bereich ausschließlich Bio-Produkte vermarktet werden. Dies entspricht jedoch nach Einschätzung der IT-Recht Kanzlei nicht dem "sichersten Weg".)
Werbung für „Bio“-Gebrauchsgegenstände
Eine in diesem Zusammenhang kürzlich an die IT-Recht Kanzlei herangetragene Frage betrifft die Verwendung des Bio-Siegels für Gebrauchsgegenstände, die Produkte aus biologischer Landwirtschaft enthalten, z.B. Dinkelkissen. In diesem Fall ist eine Verwendung des Bio-Siegels nicht möglich, und zwar auch nicht unter dem ausdrücklichem Hinweis, es beziehe sich nur auf die Füllung – so die gegenüber der IT-Recht Kanzlei erfolgte Auskunft der BLE.
Kommentar
Klingt kompliziert, ist es leider auch. Diese Tatsache ist dem europäischen Verbraucherschutz geschuldet, der sicherstellen soll, dass Begriffe wie „Bio“ oder „Öko“ auch tatsächlich landwirtschaftlichen Tatsachen entsprechen und nicht zu hohlen Werbeformeln verkommen. Im Gegenzug ist das Bio-Siegel natürlich ein gewichtiges Argument in der Werbung, da es für den Verbraucher mittlerweile einen hohen Nutzwert für das Erkennen von biologisch bzw. ökologisch erzeugten Lebensmitteln hat.
Erzeuger, Aufbereiter und Vertreiber haben sich also einem recht hohen Verwaltungsaufwand zu unterwerfen, der erst einmal beherrscht werden will – und zwar auch hinsichtlich der korrekten Werbung. Daneben bestehen noch Fragen der Zertifizierung, Kontrolle und anderer Formalitäten. Wer also erfolgreich Bio-Produkte vermarkten will, wird um ein genaues Studium der aktuellen Normenlage – oder entsprechende anwaltliche Beratung – nicht herumkommen.
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