Google dich frei - BGH bestätigt Zulässigkeit von Google Adword-Anzeigen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (Az.: I ZR 217/10) seine Rechtssprechung zur Zulässigkeit von Google Adword-Anzeigen ausdrücklich fortgeführt. Die Buchung von fremden Markennamen als keywords verletzt danach keine Markenrechte, wenn die Anzeige so gestaltet ist, dass keinerlei Anschein einer wirtschaftlichen Verbindung zu den fraglichen Marken konstruiert werden könne.
Inhaltsverzeichnis
Fall
Die Klägerin, Inhaberin der unter anderem für die Warengruppe Pralinen und Schokolade eingetragenen deutschen Wort-Bildmarke „MOST“ fühlte sich in ihren Rechten verletzt, als die Beklagte im Januar 2007 bei der Suchmaschine Google eine Adword-Anzeige für ihren Onlineshop für Geschenke, Pralinen und Schokolade schaltete. Als Schlüsselwort („Keyword“), dessen Eingabe in die Suchmaske das Erscheinen der Anzeige auslösen sollte, hatte die Beklagte den Begriff „Pralinen“ mit der Option „weitgehend passende Keywords“ gewählt. In der Liste der „weitgehend passenden Keywords“ stand jedoch auch das Schlüsselwort „most pralinen“. Daher erschien bei Eingabe des Suchbegriffs „MOST Pralinen“ auch am 19. Januar 2007 rechts neben den Suchergebnissen die Anzeige der Beklagten, mitsamt einem Link zu ihrer Webseite.
Die Klägerin hat die Beklagte daraufhin auf Unterlassen und Freistellung von den entstandenen Abmahngebühren geklagt und bekam sowohl im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht, sowie im Berufungsverfahren Recht.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts läge nämlich eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der klägerisches Zeichens vor, da für einen durchschnittlichen Internetbenutzer aus der Werbeanzeige nicht zu erkennen sei, ob die beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder doch von einem Dritten stammten.
Mit ihrer Revision vor den Bundesgerichtshofs, versuchte die Beklagte nun die Klageabweisung noch in der letzten Instanz durchsetzen zu können.
Entscheidung
Und tatsächlich verhalf der BGH dem Begehren der Beklagten noch zum Erfolg und hob das Berufungsurteil auf. Im Gegensatz zu der Rechtsansicht der erstinstanzlichen Gerichte sahen die Richter des BGH in der Adword-Anzeige der Beklagten gerade keine Verletzung der klägerischen Rechte nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus der Klagemarke.
Zwar, so das Gericht, habe die Beklagte das Zeichen „most pralinen“ durch seine Auswahl als Schlüsselwort ihrer Werbeanzeige für die in ihrem Onlineshop angebotenen Waren oder Dienstleistungen benutzt, auch wenn in der Werbeanzeige weder das Zeichen noch die Waren oder Dienstleistungen zu sehen sind. Dies sei auch ohne Zustimmung der Klägerin geschehen.
Bei der Frage, ob die Herkunftsfunktion der klägerischen Marke beeinträchtigt sei, wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder der Marke ähnlichen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt wird, komme es jedoch entscheidend darauf an, ob für den Internetbenutzer aus der Werbeanzeige erkennbar gewesen sei, dass die vom Werbenden angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber oder mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.
Dies hänge mit Hinblick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vor allem von der Gestaltung der Anzeige ab.
Wird dem Internetbenutzer beispielsweise auf irgendeine Weise suggeriert, dass zwischen dem Werbeanzeiger und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht, liegt eine Verletzung der Marke vor. Dies gilt sogar auch dann, wenn die wirtschaftliche Verbindung nicht einmal suggeriert wird, sondern diese Frage so vage gehalten wird, dass ein normal informierter Internetnutzer die Antwort dazu aufgrund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann.
Von letzterem könne man jedoch dann nicht ausgehen, wenn die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält.
"Der Verkehr, der eine Trennung der Werbung von der eigentlich nachgefragten Leistung aus dem Bereich der Presse und Rundfunk kennt, unterscheidet zwischen den Fundstellen in der Trefferliste und den als solche gekennzeichneten Anzeigen. Ihm ist klar, dass eine notwendige Bedingung für das Erscheinen der Anzeige vor allem deren Bezahlung durch den Werbenden ist. Ihm ist zudem bekannt, dass regelmäßig auch Dritte bezahlte Anzeigen bei Google schalten.
Er hat daher keinen Anlass zu der Annahme, eine bei Eingabe einer Marke als Suchwort in der Anzeigenspalte erscheinende Adword-Anzeige weise allein auf das Angebot des Markeninhabers oder eines mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmens hin."
Im vorliegenden Fall, so das Urteil des BGH sei daher eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion und damit eine Verletzung der Klagemarke abzulehnen. Für diese Einschätzung spräche sowohl die Tatsache, dass die Anzeige des Beklagten in einem mit der Überschrift „Anzeigen“gekennzeichneten, deutlich abgesetzten besonderen Werbeblock erschien, sowie der Umstand, dass weder der Anzeigentext selbst noch der Link auf die Webseite der Beklagten irgendeinen Hinweis auf das Markenwort „MOST“, den Markeninhaber oder dessen Produkte enthielt.
Im Übrigen bekräftige der BGH, dass es Sache des nationalen Gerichts sei, die Frage der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion anhand der vom Gerichtshof entwickelten Maßstäbe unter Berücksichtigung aller Faktoren, die es für relevant erachtet, zu prüfen. Der BGH hat deshalb auch im Blick auf die Rechtsprechung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (GRUR Int. 2011, 173, 175 – BergSpechte II) und der französischen Cour de cassation (GRUR Int. 2011, 625 – CNRRH), die bei der Beurteilung von Adwords-Anzeigen unter Berücksichtigung der von ihnen als relevant erachteten Faktoren zu anderen Ergebnissen gelangt sind, keine Vorlage an den EuGH für geboten erachtet.
Fazit
Der Bundesgerichtshof führt seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Adword-Anzeigen konsequent fort und trägt damit erheblich zu Rechtssicherheit in diesem Bereich bei. Mit Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung, sowohl auf deutscher als auch europäischer Ebene, können daher folgende Grundsätze zum Thema keyword advertising fest gemacht werden:
• Die Buchung von keywords, die einer fremden Markenbezeichnung entsprechen, stellt eine Nutzung dieser Marke dar
• Diese ist jedoch dann erlaubt, wenn die Anzeige deutlich von der Trefferliste abgegrenzt ist und das keyword auch in der Anzeige selbst nicht verwendet wird
• Die Funktion „weitgehend passende keywords“ (broadmatches/catch all) ist markenrechtlich unbedenklich, da sie nicht direkt auf den Aufruf geschützter Kennzeichen abzielt
Erwähnenswert ist außerdem, dass der Bundesgerichtshof in der vorliegenden Entscheidung nicht die Gelegenheit aufgriff sich der Rechtsansicht des österreichischen Obersten Gerichtshof anzuschließen. Dieser forderte nämlich in einer ganz ähnlichen Konstellation einen klarstellenden Hinweis in der Werbeanzeige, dass zwischen dem Markeninhaber und dem Werbenden keine wirtschaftliche Verbindung besteht (OGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - 17 Ob 3/10f, GRUR Int. 2011, 173, 175 - BergSpechte II).
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