BGH: Unternehmen darf Urteil gegen Mitbewerber namentlich auf Website veröffentlichen
Mit der gerichtlichen Verfolgung unlauterer Geschäftspraktiken verfolgen Mitbewerber vorrangig das Ziel, dass diese Geschäftspraktiken in Zukunft abgestellt werden. Mit seinem Urteil vom 05.06.2021 (Az.: I ZR 167/20) hat der BGH entschieden, dass ein Unternehmen das gegen einen Mitbewerber erstrittene Urteil auf seiner Website veröffentlichen darf, wenn ein schutzwürdiges Interesse besteht. Dabei kann sogar die namentliche Nennung des Mitbewerbers zulässig sein. Lesen Sie mehr dazu in unserem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
I. Der Sachverhalt
Die Parteien waren Mitbewerber. Die Klägerin war ein Unternehmen zur Anzeigenvermittlung für Publikationsmedien. Der beklagte Verlag befasste sich mit der Gewinnung von Anzeigenkunden für seine Publikationen.
Der Beklagte hatte in der Vergangenheit gegen die Klägerin ein auf Unterlassung lautendes Urteil des Landgerichts Bochum wegen irreführender Werbung für Anzeigenaufträge erwirkt. Dieses Urteil veröffentlichte der Beklagte auf seiner Website. Dort nannte er den kompletten Namen der im Rechtsstreit unterlegenen juristischen Person, die nunmehr als Klägerin auftrat.
In dieser Veröffentlichung sah die Klägerin eine Wettbewerbsverletzung und ging gerichtlich dagegen vor, um ein Unterlassen des Beklagten zu erwirken.
II. Die Entscheidung
In seinem Urteil vom 05.06.2021 (Az.: I ZR 167/20) hat der BGH entschieden, dass der Klägerin kein Unterlassungsanspruch gegen die Veröffentlichung des Beklagten zustehe.
Die Wiedergabe des Urteils stelle keine unlautere Herabsetzung der Klägerin nach § 4 Nr. 1 UWG dar.
Nach § 4 Nr. 1 UWG handelt unlauter, wer die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft.
Bei der Veröffentlichung des Urteils unter Nennung der Klägerin handele es sich um eine beeinträchtigende wahre Tatsachenbehauptung. Eine solche sei eher zulässig, wenn die Information für die Adressaten nützlich sei oder aus anderen Gründen ein hinreichendes Informationsinteresse bestehe. Zusätzlich sei von Bedeutung, ob Anlass für die Kritik bestehe und wie sachlich diese präsentiert werde.
Der BGH verkenne in seinem Urteil nicht, dass die Klägerin durch Veröffentlichung des Urteils in ein negatives Licht gerückt werde. Die Güter- und Interessensabwägung ergebe jedoch, dass die Veröffentlichung des Urteils unter namentlicher Nennung der Klägerin sachlich gerechtfertigt und damit nicht unlauter sei.
Es liege ein überwiegendes Informationsinteresse der angesprochenen Verkehrskreise an der Veröffentlichung des Urteils vor. Die angesprochenen Verkehrskreise bestünden aus schützenswerten klein- bis mittelgroßen Unternehmen. Die Warnung vor den Geschäftspraktiken der Klägerin und die damit verbundene vereinfachte Rechtsverfolgung seien auch noch mehrere Jahre nach Erlass des Urteils verhältnismäßig. Wegen der schwerwiegenden Irreführung der untersagten Handlung der Klägerin seien die abgeurteilten Geschäftspraktiken von allgemeinen Interesse.
Die namentliche Nennung der Klägerin sei von besonderem Interesse, da diese geeignet sei, die Klägerin von der Wiederaufnahme der unlauteren und verbotenen Geschäftspraktiken abzuhalten. Zudem sei die namentliche Nennung für die angesprochenen Verkehrskreise nützlich, um eine sachgerechte und informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können.
Auch der Umstand, dass das gegenständliche Urteil bereits mehrere Jahre zurück liege, ändere nichts an der Entscheidung. Auch mehrere Jahre nach der Verurteilung der Klägerin bestehe ein Interesse des angesprochenen Verkehrskreises.
Schließlich werde auch die von § 823 Abs. 1 BGB geschützte Unternehmenspersönlichkeit der Klägerin nicht verletzt.
Ein rechtswidriger Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht ergebe sich nur, wenn das schutzwürdige Interesse der Klägerin die schutzwürdigen Belange des Beklagten überwiege. Vorliegend habe die Klägerin die Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Belange allerdings hinzunehmen. Das Recht auf Meinungsfreiheit des Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG überwiege die geschützten Belange der Klägerin. Wahre Tatsachenbehauptungen müssten in der Regel hingenommen werden, auch wenn diese für den Betroffenen nachteilig sind. Dem Beklagten komme hier zu Gute, dass die Veröffentlichung nicht nur der Gewinnung eigener Kunden diene, sondern auch ein erhebliches Informationsinteresse der gewerblichen Anzeigenkunden daran bestehe.
III. Fazit
Das Urteil des BGH vom 05.06.2021 (Az.: I ZR 167/20) zeigt, dass ein Unternehmen über das vor Gericht erstrittene Urteil gegen einen Mitbewerber auf seiner Website berichten darf. Dabei ist sogar die namentliche Nennung des Mitbewerbers zulässig. Voraussetzung hierfür ist ein schutzwürdiges Interesse an der Veröffentlichung, das umso stärker wiegt, esto mehr das veröffentliche Urteil eine Warnfunktion erfüllt und potenzielle Kunden bei einer geschäftlichen Entscheidung unterstützen kann.
Bei solchen wahren Tatsachenbehauptungen, die nicht nur für das Informationsinteresse der Öffentlichkeit eingesetzt werden, sondern auch zu eigennützigen wettbewerblichen Zwecken, sind die Maßstäbe wegen des Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb laut BGH strenger anzusetzen.
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