Kein wirksamer Ausschluss der Gewährleistung bei Beschaffenheitsvereinbarung
Bei Mängeln der Kaufsache haben die Käufer gesetzliche Sachmängelrechte gegenüber dem Verkäufer, wie z.B. die Nacherfüllung. Das Gesetz erlaubt allerdings, die Gewährleistung im bestimmten Rahmen vertraglich zu beschränken. Ausgeschlossen ist dies allerdings bei solchen Mängeln, die im Widerspruch zu einer Beschaffenheitsvereinbarung stehen. Dies zeigt ein aktueller Fall des BGH.
Inhaltsverzeichnis
- I. Die gesetzliche Gewährleistung (Sachmängelrechte)
- II. Mögliche vertragliche Haftungsbeschränkungen
- III. Kein Ausschluss der Gewährleistung bei Beschaffenheitsvereinbarung
- 1. Der Sachverhalt
- 2. Die Entscheidung des Gerichts
- IV. Vertragliche Haftungsbeschränkungen in Kaufverträgen
- V. Das Wichtigste in Kürze
I. Die gesetzliche Gewährleistung (Sachmängelrechte)
Der Verkäufer einer Kaufsache wird nach § 433 BGB durch den Kaufvertrag verpflichtet, dem Käufer die Sache nicht nur zu übergeben oder das Eigentümer an dieser zu verschaffen, sondern auch frei von Sach- und Rechtsmängeln.
Wann eine Kaufsache frei von Sachmängeln ist, richtet sich im Wesentlichen nach den Vorgaben des § 434 BGB. Demnach ist eine Sache mangelfrei, wenn sie bei Gefahrübergang vom Verkäufer an den Käufer den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entspricht. Dabei meinen die subjektiven Anforderungen vor allem die sog. Beschaffenheitsvereinbarung, durch die Verkäufer und Käufer eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache verbindlich vereinbaren können. Wirbt der Verkäufer für das zu verkaufende Produkt in seiner Verkaufsanzeige bzw. in seinem Produktangebot mit besonderen Eigenschaften des Produktes, die möglicherweise ganz besonders in den Vordergrund gestellt werden, so muss die Kaufsache diese besonderen Eigenschaften auch tatsächlich haben, um mangelfrei im Sinne des Gesetzes zu sein.
Fehlt die besondere, vereinbarte Beschaffenheit, so liegt nach § 434 Abs. 1 BGB grundsätzlich ein Sachmangel der Kaufsache vor, es sei denn, es besteht ein wirksamer sonstiger, gesetzlicher oder vertraglicher Haftungsausschluss. Insbesondere könnte es sein, dass Verkäufer und Käufer die Haftung ganz allgemein für die Gewährleistung oder ggf. auch nur unter bestimmten Gesichtspunkten wirksam vertraglich ausgeschlossen haben.
II. Mögliche vertragliche Haftungsbeschränkungen
Händler und Käufer können nicht nur vereinbaren, dass eine Kaufsache eine bestimmte Eigenschaft haben soll, sondern umgekehrt auch, dass die Haftung des Verkäufers für Mängel der Kaufsache (Gewährleistung oder auch Sachmängelrechte) unter bestimmten Gesichtspunkten ausgeschlossen oder zumindest beschränkt sein soll.
Allerdings sieht das Gesetz bestimmte Rahmenbedingungen vor, innerhalb derer der Verkäufer seine Haftung ausschließen kann. Dies gilt insbesondere für Haftungsausschlüsse in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), aber auch für Beschränkungen der Gewährleistung durch individualvertragliche Vereinbarungen, also ohne dass diese für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. In jedem Fall gilt, dass ein Verkäufer grundsätzlich für solche Mängel haftet, die der dem Käufer arglistig verschweigt bzw. verschwiegen hat (§ 444 BGB) .
III. Kein Ausschluss der Gewährleistung bei Beschaffenheitsvereinbarung
1. Der Sachverhalt
In einem jüngeren Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ging es um einen 40 Jahre alten Gebrauchtwagen, der vom Verkäufer unter Einbeziehung eines allgemeinen Haftungsausschlusses verkauft worden ist (Entscheidung vom 10. April 2024 – Az. VIII ZR 161/23).
In dem Fall hatte der Käufer im Rahmen eines Online-Privatverkaufs, also von Verbraucher zu Verbraucher, vom Verkäufer ein Fahrzeug gekauft, das erstmalig 40 Jahre zuvor zugelassen worden war. Die Verkaufsanzeige des Verkäufers im Internet enthielt unter anderem die Formulierung:
"Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung."
Wenige Wochen später monierte der Käufer beim Verkäufer, dass die Klimaanlage defekt sei, also nicht vollständig funktioniere, wie dies doch aber in der Verkaufsanzeige zugesichert worden sei, und machte Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend. Der Verkäufer wies die Ansprüche des Käufers zurück und verwies auf die Formulierung in der Verkaufsanzeige, wonach der Verkauf des Fahrzeugs unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung und damit jeglicher Ansprüche aus Gewährleistung erfolgt sei.
Nach der Zurückweisung der Ansprüche durch den Verkäufer entschied sich der Käufer, die Klimaanlage des Fahrzeugs auf eigene Faust Instand setzen zu lassen, und machte anschließend die Reparaturkosten gegenüber dem Verkäufer geltend, verlangte diese also vom Verkäufer ersetzt. Der Verkäufer lehnte die Erstattung ab, so dass der Käufer schließlich den Verkäufer verklagte. Schlussendlich landete der Fall letztinstanzlich beim BGH.
2. Die Entscheidung des Gerichts
Der BGH entschied, dass der Verkäufer sich letztlich nicht mit Erfolg gegenüber dem Käufer auf den Haftungsausschluss aus der Verkaufsanzeige berufen könne.
Nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH sei in den Fällen einer Beschaffenheitsvereinbarung ein parallel hierzu vereinbarter, allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel bzw. für die Gewährleistung dahingehend auszulegen, dass dieser Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der ausdrücklich oder stillschweigend vereinbarten, besonderen Beschaffenheit gelten soll, sondern ausschließlich für sonstige, darüber hinausgehende Mängel.
Diese Grundsätze seien auch auf den Fall hier anzuwenden. Insbesondere sei der Haftungsausschluss in der Verkaufsanzeige nicht so auszulegen, dass er sich auch gerade auf die Funktionstüchtigkeit der Klimaanlage beziehe. Was der Käufer nicht erst im später schriftlich vereinbarten Kaufvertrag, sondern bereits in der zunächst unverbindlichen Online-Verkaufsanzeige erklärt habe, dass der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung erfolge, dürfe nicht so verstanden werden, dass dieser Haftungsausschluss sich auch auf die Beschaffenheitsvereinbarung erstrecken würde. Denn gerade die Parallelität von Beschaffenheitsvereinbarung auf der einen Seite und dem Ausschluss der Sachmängelhaftung auf der anderen Seite führe dazu, dass aus Sicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung der allgemein formulierte Haftungsausschluss sich nicht auf die konkrete, ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung, hier hinsichtlich der Funktionstüchtigkeit der Klimaanlage, beziehen würde. Würde man dies anders sehen, hätte die ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien getroffene Beschaffenheitsvereinbarung keinen Sinn. Sie wäre überflüssig, was nicht gewollt sein kann, wenn man sie doch ausdrücklich getroffen habe.
Entgegen der Argumentation der Instanzgerichte zuvor nimmt der BGH auch nicht aus anderen Gründen eine Wirksamkeit des Haftungsausschlusses im Hinblick auf die Funktionstüchtigkeit der Klimaanlage an. Die Instanzgerichte hatten noch angemerkt, dass wegen des Alters des Fahrzeugs bzw. des betreffenden Bauteils und auch wegen des allgemeinen Verschleißes der Klimaanlage im konkreten Fall eine Ausnahme gemacht werden müsse und der Haftungsausschluss sich auch auf die Funktionstüchtigkeit der Klimaanlage beziehen müsse. Der BGH wiederum sieht dies anders. Zwar seien sowohl das Alter des Fahrzeugs als auch der Verschleiß von bestimmten Bauteilen, wie der Klimaanlage wichtige Eigenschaften, die beim Kauf eines gebrauchten Gegenstandes typischerweise eine Rolle spielen. Dies gelte aber gerade nicht bei Vorliegen einer - wie hier - konkreten Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich genau dieser Eigenschaften und einem allgemein formulierten Haftungsausschluss.
IV. Vertragliche Haftungsbeschränkungen in Kaufverträgen
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung des BGH, die letztlich bloß die bereits bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage bestätigt, können die Vertragsparteien auch weiterhin beim Verkauf von Waren Beschränkungen der Gewährleistung bzw. der Sachmängelrechte des Käufers vertraglich vereinbaren.
Regelt der Verkäufer hierzu etwas in seinen AGB, unterliegt die gesetzliche Gewährleistungshaftung - insbesondere bei Lieferung neu hergestellter Sachen - einem strengen gesetzlichen Schutz durch das AGB-Recht der §§ 305 ff. BGB. Allerdings sind individualvertraglich und insbesondere bei Gebrauchtwaren weitreichende vertragliche Haftungsbeschränkungen hinsichtlich der Gewährleistung durchaus möglich.
Hinweis: Mandanten der IT-Recht Kanzlei, die eines der Schutzpakete gebucht haben, profitieren von bestmöglichen Haftungsbeschränkungen in den Rechtstexten, die wir ihnen erstellen. Soweit das Gesetz vertragliche Haftungsbeschränkungen zulässt, können unsere Mandanten diese in ihren Verträgen mit ihren Kunden auch nutzen. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zu unseren Schutzpaketen oder zu unseren sonstigen Leistungen haben.
V. Das Wichtigste in Kürze
- Verkäufer haften von Gesetzes wegen grundsätzlich auf Mangelfreiheit der Kaufsache, die sie verkaufen.
- Allerdings kann die Gewährleistung durch vertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen werden. Dies gilt im B2B- und B2C-Bereich und auch zwischen Privatleuten.
- Hierfür gibt das Gesetz gewisse Rahmenbedingungen vor. So ist im Rahmen von AGB im B2C-Bereich etwa ein Ausschluss der Gewährleistung nur in engen Grenzen möglich. Zwischen Privatleuten oder im B2B- Bereich ist dies einfacher, insbesondere, wenn es sich etwa um Gebrauchtwaren handelt. Haben Verkäufer und Käufer jedoch eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen, bezieht sich ein allgemeiner Ausschluss der Gewährleistung im Verkaufsangebot oder im schriftlichen Kaufvertrag jedenfalls nicht auf die Beschaffenheit, die ausdrücklich vereinbart worden ist.
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