BGH: Ist die Telefonnummer im Impressum genannt, muss diese auch in der Widerrufsbelehrung enthalten sein!
Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu, so kann er den Widerruf auf vielfache Weise ausüben. Damit ist auch die telefonische Ausübung des Widerrufsrechts möglich, wenn der Unternehmer in der Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer angibt. Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 21.01.2021 (Az.: I ZR 17/18) unter anderem damit befasst, ob ein Online-Händler verpflichtet ist, seine Telefonnummer in die Widerrufsbelehrung aufzunehmen, wenn diese bereits im Impressum aufgeführt ist. Lesen Sie mehr zur Entscheidung des BGH in unserem Beitrag.
I. Der Sachverhalt
Der Kläger versteigerte im Dezember 2014 und im Januar 2015 Tonerkartuschen auf der Online-Auktionsplattform eBay. Dabei trat er als gewerblich angemeldeter Verkäufer auf. Der Beklagte war bis Dezember 2015 auf der Internetplattform Amazon angemeldet und verkaufte dort Drucker und Druckerzubehör. In diesem Rahmen verwendete er eine Widerrufsbelehrung ohne Angabe der Telefonnummer, welche wiederum im Impressum zu finden war.
Mit anwaltlichen Schreiben vom Januar 2015 mahnte der Kläger den Beklagten ab. Der Kläger monierte eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Der Beklagte habe bei Amazon Drucker und diverses Zubehör angeboten, ohne dabei in seiner Widerrufsbelehrung die im Impressum genannte Telefonnummer anzugeben.
Der Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht. Der Kläger nahm den Beklagten daraufhin auf Unterlassung in Anspruch. Der Kläger beantragte dem Beklagten untersagen zu lassen, Waren aus dem Produktsegment Drucker und Druckerzubehör im geschäftlichen Verkehr im Internet anzubieten und zu verkaufen, ohne dabei in der Widerrufsbelehrung eine verfügbare Telefonnummer anzugeben.
II. Die Informationspflichten des Online-Händlers
Dem Verbraucher steht nach § 312g Abs. 1 BGB bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b BGB) und bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu.
Die Vorschriften des § 312d BGB und Art. 246a EGBGB regeln die Informationspflichten, welche der Online-Händler gegenüber dem Verbraucher erfüllen muss. Danach hat der Online-Händler den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.
Diese Informationspflichten kann der Online-Händler erfüllen, indem er über das in der Anlage 1 EGBGB enthaltenen gesetzliche Muster für die Widerrufsbelehrung in zutreffend ausgefüllter Form informiert.
Die Muster-Widerrufsbelehrung enthält den folgenden Hinweis
"Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (2) mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren."
In den Gestaltungshinweisen zu (2) heißt es:
"Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ein. [Hervorhebung durch den Zitierenden]"
Bei diesen Informationspflichten handelt es sich um eine dem Verbraucherschutz dienende Marktverhaltungsregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF (§ 3a UWG) .
III. Die Entscheidung
Der BGH hat mit Urteil vom 21.02.2021 (Az.: I ZR 17/18) entschieden, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht. Der Beklagte habe mit seiner Widerrufsbelehrung wettbewerbswidrig im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG aF (§ 3a UWG) gehandelt.
Der Beklagte habe das gesetzliche Muster, welches er für seine Widerrufsbelehrung verwendete, unzutreffend ausgefüllt. Er habe die verfügbare Telefonnummer nicht, wie im Muster vorgesehen, eingetragen. Damit sei er seiner Informationspflicht nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2 nicht nachgekommen.
Der Beklagte gebe auf der Website seines Angebots bei Amazon in der Rubrik Impressum eine Telefonnummer an. Damit erwecke er gegenüber dem Durchschnittsverbraucher den Eindruck, dass er diese Telefonnummer für Kontakte mit Verbrauchern nutze.
Damit sei eine Telefonnummer des Beklagten nach Ansicht der obersten Zivilrichter verfügbar im Sinne der Musterwiderrufsbelehrung gemäß Anhang 1 des EGBGB. Es komme für die Verfügbarkeit nicht darauf an, ob es sich bei dieser Telefonnummer tatsächlich um die private Rufnummer des Beklagten handele.
Der Beklagte hätte die verfügbare Telefonnummer auch in der von ihm bei Amazon verwendeten Widerrufsbelehrung angeben müssen. Der Beklagte verstoße dadurch gegen die einschlägigen Marktverhaltensregeln.
Dieser Verstoß sei nach dem Urteil des BGH auch geeignet, die Interessen der Verbraucher gemäß § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen. Mit seiner Widerrufsbelehrung erwecke der Beklagte den unrichtigen Eindruck, der Widerruf könne ihm gegenüber nur schriftlich erklärt werden.
Die Nichtangabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung sei geeignet, den Verbraucher glauben zu lassen er könne seinen Widerruf nicht telefonisch ausüben. Das könne sogar dazu führen den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.
Der BGH verfestigt damit seine Rechtsprechung vom 24.09.2020 (Az.: I ZR 169/17).
IV. Muss eine Telefonnummer (im Impressum) zur Verfügung gestellt werden?
Fraglich ist, ob Online-Händler verpflichtet sind, eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen. Hier kommt es entscheidend darauf an, ob eine diesbezügliche Pflicht besteht, eine Telefonnummer im Impressum vorzuhalten.
Die Pflichtinhalte des Impressums ergeben sich aus § 5 Abs. 1 TMG.
Nach dessen Nr. 2 müssen im Impressum unbedingt Angaben erscheinen, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit dem Anbieter ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post.
Während die Angabe der Mailadresse nach der Vorschrift verpflichtend ist, sieht dies für die Telefonnummer augenscheinlich anders aus. Erforderlich ist nach dem Gesetz neben der Mailadresse nur eine weitere Angabe zur Ermöglichung einer „unmittelbaren Kommunikation“.
Zur Frage, ob nun nur eine Telefonnummer die geforderte „unmittelbare“ Kommunikation gewährleistet, hat sich mit Urteil vom 16.10.2009 (Az.: C-298/07) abschließend der EuGH positioniert.
Nach Ansicht des höchsten europäischen Gerichts muss eine Telefonnummer dann nicht angegeben werden, wenn ein anderer vergleichbarer und ebenso effizienter Kontaktweg bereitsteht.
Als gleichwertig effizienten Kontaktweg sieht der Gerichtshof etwa ein elektronisches Anfrageformular an, wenn hierüber Anfragen der Nutzer regelmäßig innerhalb von 30 bis 60 Minuten beantwortet werden können.
Problematisch ist hierbei für Online-Händler, dass bei Verzicht auf die Angabe einer Telefonnummer Zweifel an der Effizienz eines alternativen Kommunikationsweges zu ihren Lasten gehen.
Auch ruft das Fehlen einer Telefonnummer im Impressum viel eher Wettbewerbshüter auf den Plan, denen gegenüber im Falle von Auseinandersetzungen die Effizienz eines alternativen Kontaktweges nachgewiesen werden müsste. Einen solchen Nachweis aber gerichtsfest zu erbringen, dürfte schwierig bis unmöglich sein.
Auch wenn die Angabe einer Telefonnummer im Impressum also nicht zwingend ist und alternative, gleicheffiziente Kontaktmöglichkeiten sie ersetzen können, empfiehlt die IT-Recht Kanzlei:
Geben Sie im Impressum eine Telefonnummer an.
Dies verhindert das Risiko, dass ein alternativ bereitgestellter Kommunikationsweg als unzureichend bewertet wird, und beugt potenziellen Auseinandersetzungen mit Mitbewerbern und Wettbewerbsverbänden wirksam vor.
Wer (verständlicherweise) seine private Rufnummer nicht für alle Welt im Impressum sichtbar machen will, der lege sich eine zusätzliche Mobilfunknummer nur für das Impressum zu.
Die Angabe einer Mobilfunknummer im Impressum ist in jedem Fall ausreichend.
V. Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei setzen Erfordernis seit langem um
Die Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei setzen im Bereich der Widerrufsbelehrung die nun gerichtlich entschiedene Rufnummer-Angabepflicht bereits seit langem um.
Mandanten, welche die professionellen Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei für den Online-Handel beziehen, müssen also im Angesicht der Entscheidung keine Änderungen vornehmen.
Die Telefonnummer ist innerhalb der Kontaktangaben der Widerrufsbelehrung schon standardmäßig eingefügt.
V. Fazit
Das Urteil des BGH vom 21.02.2021 (Az.: I ZR 17/18) zeigt, dass Online-Händler zur Angabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung verpflichtet sind, sofern die Telefonnummer anderweitig auf der Website für den Verbraucher zur Verfügung steht.
Sofern eine Telefonnummer im Impressum eines Online-Händlers angegeben wird, ist davon auszugehen, dass diese im rechtlichen Sinne „verfügbar ist“. In all diesen Fällen muss die Telefonnummer sodann auch in der Widerrufsbelehrung (*ACHTUNG:* Nicht im Widerrufsformular!) mitgeteilt werden.
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