BGH zur Textilkennzeichnung in englischer Sprache: „Cotton“ ist erlaubt, „Acrylic“ hingegen nicht
Tipp: Weiterführende Informationen finden Sie hier: "Leitfaden zur Textilkennzeichnungsverordnung: Abmahnsicher Textilien verkaufen"
Die EU-Vorgaben hinsichtlich der Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen sind zwingend zu beachten, andernfalls drohen kostenpflichtige Abmahnungen. Der BGH hatte sich nunmehr mit der Frage zu beschäftigen gehabt, ob englischsprachige Textilkennzeichnungen („Cotton“ und „Acrylic“) zulässig sind. Lesen Sie hierzu mehr in unserem Beitrag.
Hintergrund
Alle Textilerzeugnisse, die auf dem Unionsmarkt in den Verkehr gebracht werden sollen, sind ordnungsgemäß im Sinne der Verordnung zu kennzeichnen.
Zudem sieht die EU-Textilkennzeichnungsverordnung vor, dass folgende Erzeugnisse Textilerzeugnissen gleichgestellt werden – also auch entsprechend im Internet gekennzeichnet werden müssen:
1.) Erzeugnisse mit einem Gewichtsanteil an Textilfasern von mindestens 80 %,
2.) Bezugsmaterial für Möbel, Regen- und Sonnenschirme mit einem Gewichtsanteil an Textilkomponenten von mindestens 80 % (Achtung: Gewichtsanteil am Bezug, nicht am Gesamtprodukt!),
3.) die Textilkomponenten
- der oberen Schicht mehrschichtiger Fußbodenbeläge,
- von Matratzenbezügen,
- von Bezügen von Campingartikeln,
sofern diese Textilkomponenten einen Gewichtsanteil von mindestens 80 % dieser oberen Schichten oder Bezüge ausmachen,
4.)Textilien, die in andere Waren eingearbeitet sind und zu deren Bestandteil werden, sofern ihre Zusammensetzung angegeben ist.
Daher fallen etwa auch Bürostühle unter die Kennzeichnungspflicht nach der Verordnung, wenn diese über einen Bezug verfügen, der einen Gewichtsanteil an Textilkomponenten von mindestens 80% aufweist.
Gemäß Artikel 5 Absatz 1 der EU-Textilkennzeichnungsverordnung dürfen für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen nur exakt die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der EU-Textilkennzeichnungsverordnung verwendet werden.
Tipp: Weitere Informationen zur EU-Textilkennzeichnungsverordnung können Sie in unserem umfassenden Beitrag nachlesen!
Welcher Sachverhalt lag der BGH-Entscheidung zugrunde?
Der Beklagte verkaufte auf einer Internetverkaufsplattform eine Jogginghose, diese war wie folgt etikettiert:
Die englischsprachigen Bezeichnungen „Cotton“, als auch „Acrylic“ sind nicht in Anhang I der *deutschsprachigen“ Fassung der EU-Textilkennzeichnungsverordnung vorhanden. Die deutschen Faserbezeichnungen nach der EU-Textilkennzeichnungsverordnung wären richtigerweise „Baumwolle“ bzw. „Polyacryl“ gewesen.
Hinweis: Zwar hatte der BGH einen Fall der (Offline-) Etikettierung an der Ware selbst entschieden gehabt, die Vorgaben des BGH gelten allerdings 1:1 für die Online-Kennzeichnung von Textilwaren!
Das OLG München hatte in der Vorinstanz geurteilt gehabt, dass die Bezeichnung "Cotton" zulässig, die Bezeichnung "Acrylic" hingegen unzulässig sei.
Entscheidung des BGH
Der BGH geht, ebenso wie das OLG München als Vorinstanz, davon aus, dass es sich bei der Bezeichnung „Cotton“ an sich um einen Verstoß gegen die EU-Textilkennzeichnungsverordnung handelt:
"Die Kennzeichnung der von der Beklagten vertriebenen Hosen mit der Bezeichnung "Cotton" verstoße gegen Art. 5 Abs. 1 TextilKennzVO, wonach für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen auf Etiketten und Kennzeichnungen von Textilerzeugnissen allein die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der Verordnung zu verwenden seien, und gegen Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO, wonach die Etikettierung oder Kennzeichnung in der Amtssprache des Mitgliedsstaates zu erfolgen habe, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt würden. Die Bezeichnung "Cotton" sei im Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung nicht aufgeführt; vielmehr wäre nach Nummer 5 dieses Anhangs I die Bezeichnung "Baumwolle" zu verwenden gewesen."
ABER: Die Faserbezeichnung "Cotton" beeinträchtigt die Interessen der Verbraucher nicht spürbar im Sinne von § 3a UWG, so der BGH. Denn mit der Verwendung der Faserbezeichnung „Cotton“ würden dem angesprochenen Verbraucher keine wesentlichen Informationen vorenthalten werden, da er diese Bezeichnung ohne weiteres im Sinne von „Baumwolle“ verstehe. Versteht der angesprochene Durchschnittsverbraucher den verwendeten Begriff "Cotton" ohne weiteres als "Baumwolle", benötigt er diese Information für eine informierte Kaufinformation nicht in deutscher Sprache. Das Vorenthalten dieser Information ist daher nach Anischt des höchsten deutschen Zivilgerichts nicht geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei Angabe des Begriffs "Baumwolle" nicht getroffen hätte.
Anders hingegen sieht der BGH die Bezeichnung „Acrylic“: In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 TextilKennzVO vor. Im Gegensatz zur Bezeichnung "Cotton" gibt es nach Auffassung des BGH in Bezug auf die Bezeichnung „Acrylic“ nämlich gerade kein allgemeines Verkehrsverständnis, dass es sich bei dieser Bezeichnung um die Faser „Polyacryl“ handeln soll. Daher ist dieser Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorgaben nach dem BGH auch spürbar und zugleich wettbewerbswidrig!
Hinweis: Das OLG Hamm hatte erst kürzlich entschieden, dass auch die Bezeichnung Merinowolle keine zulässige Faserbezeichnung nach der EU-Textilkennzeichnungsverordnung darstellt!
Fazit
Bei der Kennzeichnung von Textilwaren verbleibt es beim Grundsatz, dass betreffend der textilen Kennzeichnung nach Artikel 5 Absatz 1 der EU-Textilkennzeichnungsverordnung für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen nur die Textilfaserbezeichnungen nach Anhang I der Verordnung verwendet werden dürfen. Gemäß Art. 16 Abs. 3 TextilKennzVO hat die Etikettierung bzw. Kennzeichnung der Amtssprache des Mitgliedsstaates zu erfolgen, in dessen Hoheitsgebiet die Textilerzeugnisse dem Verbraucher bereitgestellt werden. Das bedeutet für deutsche Online-Händler, die ihre Ware in Deutschland verkaufen, dass die gesamte Textilkennzeichnung zwingend die deutschen Faserbezeichnungsbegriffe aufweisen muss. Nur im Falle der Bezeichnung „Cotton“ macht der BGH eine Ausnahme und sieht diese Bezeichnung als zulässige Ersatzbezeichnung für die sonst vorzunehmende Bezeichnung „Baumwolle“!
Tipp: Der EuGH hatte entschieden, dass es bei Textilien aus einer einzigen (!) Faser nicht notwendig ist, die Angaben „rein“, „ganz“ oder „100%“ im Rahmen der Materialkennzeichnung zu tätigen. So kann z.B. ein Textilstück, welches aus reiner Baumwolle besteht im Rahmen der Materialkennzeichnung als "Baumwolle" deklariert werden. Sollte auf freiwilliger Basis die Angabe „rein“, „ganz“ oder „100%“ für solche Produkte getroffen werden, können diese Angaben auch kombiniert verwendet werden.
Leitfäden der IT-Recht Kanzlei zum Thema Textilkennzeichnung
Einen der umfassendsten Internetbeiträge zu diesem Thema finden Sie hier.
Eine Auflistung der dabei alleine zulässigen Faserbezeichnungen halten wir hier für Sie vor.
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