OLG Hamburg: Verwendung des Begriffs „LowCarb“ für die Bezeichnung eines Müslis nach der Health-Claims-Verordnung unzulässig

OLG Hamburg: Verwendung des Begriffs „LowCarb“ für die Bezeichnung eines Müslis nach der Health-Claims-Verordnung unzulässig
Stand: 05.09.2014 4 min

In der Werbung und im Vertrieb von Nahrungsmitteln ist der Einsatz von Angaben, welche die förderliche Wirkung bestimmter Inhaltsstoffe oder aber positive, gesundheitsrelevante Eigenschaften des Produktes selbst hervorheben, weit verbreitet. Die Zulässigkeit derartiger Aussagen hängt aufgrund ihres Gesundheits- oder Nährwertbezugs aber maßgeblich davon ab, ob eine entsprechende Entwendung durch die Health-Claims-Verordnung (HCV) genehmigt wurde, welche mit Blick auf bestimmte Inhaltsstoffe abschließende kategorische Listen erlaubter Angaben anführt.

Mit Urteil vom 24.04.2014 (Az. 3 W 27/14) hat das OLG Hamburg entschieden, dass die Bezeichnung eines Müslis mit dem Titel „Low Carb“ mangels einer entsprechenden Aufführung in der Liste zulässiger Angaben eine unerlaubte Verwendung einer nährwertbezogenen Angabe nach Art. 8 Abs. 1 HCV darstellt und damit wettbewerbswidrig ist.

Der Sachverhalt

Das Gericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Mitbewerber gegen einen Hersteller von Protein-Müslis auf Unterlassung klagte, der diese auf den Verpackungen mit der Angabe „LowCarb“ oder „mit wenig Kohlenhydraten“ bewarb.

Nach Ansicht des Klägers handelte es sich hierbei um unzulässige nährwertbezogene Angaben, die mangels Zulassung im Anhang der HCV gegen Art. 8 Abs. 1 HCV verstießen.

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Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Hamburg gab der Unterlassungsklage statt, indem es einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 HCV bejahte, der nach §4 Nr. 11 UWG eine wettbewerbswidrige Handlung bedeute.

Bei der Angabe „LowCarb“ und „mit wenig Kohlenhydraten“ handle es sich um nährwertbezogene Angaben im Sinne der HCV. Diese seien nach der Definition in Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 alle Angaben, mit denen erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt. Im vorliegenden Fall werde die besondere Eigenschaft des Müslis dadurch impliziert, dass es bestimmte Nährstoffe, zu denen Kohlenhydrate nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 ausdrücklich zählten, in verminderter Menge enthalte, Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 lit. b ii) HCV.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 HCV bedürften jedoch nährwertbezogene Angaben für ihre Verwendung grundsätzlich der Zulassung, die sich aus dem Anhang der Verordnung mit Blick auf konkret genehmigte Formulierungen ergebe.

Zwar fänden sich im Anhang für die Begrifflichkeit „arm an..“ – im Englischen „low“- zugelassene Angaben, die sich auf den nur geringen Gehalt eines bestimmten Nährstoffes beziehen (Salze, Fette etc.). Kohlenhydrate allerdings würden nicht genannt, sodass auch eine Zulassung wegen einer voraussichtlich identischen Bedeutung der verwendeten Angabe nicht möglich sei. Eine identische Bedeutung komme immer nur dann in Betracht, wenn Angaben für einen konkreten Nährstoff bereits zugelassen wurden, dürfe aber nicht auf solche Stoffe erstreckt werden, für die die HCV vergleichbare Aussagen überhaupt nicht vorsieht.

Ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 HCV liege somit vor.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass im Anhang zur HCV die Verwendung der Angabe „reduzierter Kohlenhydrate-Anteil“ zugelassen wurde. Insofern müsse nämlich deutlich zwischen den Begriffen „gering“ und „reduziert“ unterschieden werden. Letzterer impliziere nämlich stets einen Vergleich zu dem konkreten Nährweltgehalt anderer Produkte der gleichen Gattung, demgegenüber eine niedrigere Menge hervorgehoben werden dürfe.
Gegen einen solchen Vergleich spreche aber bereits das Verkehrsverständnis, nach dem die Angabe „low“ bzw. „gering“ nicht auf einen Vergleichsobjekt hinweise, sondern vielmehr eine generelle, individuelle Aussage über den geringen Kohlenhydrat-Anteil treffe.

Selbst aber, wenn man eine Gleichstellung der Angabe mit dem Begriff „reduziert“ annehmen wolle, erfordere Art. 9 Abs. 1 Satz 2 HCV allerdings stets, dass ein Vergleich erfolge, also der Unterschied in der Menge des Nährstoffs im Vergleich zu Lebensmitteln derselben Kategorie und in Bezug auf dieselbe Menge angegeben werde. Dies sei nicht geschehen.

Auch der Ausnahmetatbestand des Art. 1 Abs. 3 HCV greife nicht. Nach dieser Vorschrift dürfen zwar Markennamen oder Phantasiebezeichnungen als nährwertbezogene Angaben ohne Zulassungsverfahren verwendet werden. Dies gilt aber nur insofern, als der verwendeten Bezeichnung eine zugelassene nährwertbezogene Angabe beigefügt ist, an der es hier ebenfalls mangele.

Fazit

Nährwertbezogene Angaben müssen stets ihrem konkreten Wortlaut nach in Bezug auf einen bestimmten Nährstoff nach der HCV zugelassen sein. Verwendungen jenseits der Zulässigkeit stellen nach §4 Nr. 11 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 HCV Wettbewerbsverstöße dar.

Die Bezeichnung eines „Müslis“ mit den Formulierung“ LowCarb“ ist in Ermangelung einer nach der HCV genehmigten Ausweitung der Begriffe „low“ oder „gering“ auf Kohlenhydrate unzulässig. Sie kann vor allem auch nicht als zugelassene Formulierung im Sinne von „reduzierter Kohlenhydrat-Anteil“ verstanden werden, da der reduzierte Gehalt stets in Relation zu einem Vergleichsobjekt gesetzt werden muss.

Eine ausnahmsweise zulässige Phantasiebezeichnung scheitert daran, dass auch diese stets die Kombination mit einer erlaubten nährwertbezogenen Angabe erfordert.

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