Weg mit falsch: Löschung von Bewertungen mit Mustern für typische Fallkonstellationen
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Exklusiv für Mandanten der IT-Recht Kanzlei: Produkt- und unternehmensbezogene Kundenbewertungen können für Händler Fluch und Segen zugleich sein. Fallen sie positiv aus, wirkt sich das umsatzfördernd aus. Bei negativen Bewertungen kann dies stark geschäfts- und reputationsschädigend wirken. Auch wenn Händler hier aus Gründen der Meinungsfreiheit vieles hinnehmen müssen, so gibt es doch auch bei Bewertungen rechtliche Grenzen. Diese sind dort erreicht, wo die Bewertung entweder eine Schmähkritik oder unwahre Tatsachenbehauptungen enthält. Der folgende Beitrag skizziert kurz die Rechtslage und stellt hilfreiche Handlungsanleitungen samt Musterformulierungen bereit.
A. Rechtslage
Die Rechtslage in Sachen Löschen von Bewertungen ist von widerstreitenden Interessen der Beteiligten geprägt. Auf der einen Seite steht die Meinungsfreiheit desjenigen, der eine Bewertung abgeben will, auf der anderer Seite das allgemein und unternehmensbezogen Persönlichkeitsrecht des Händlers. Rechtswidrig und damit löschungsreif sind Äußerungen Dritter nur dann, wenn sie im Einzelfall die weiten Grenzen der Meinungsfreiheit überschreiten, was hinlänglich bei falschen Tatsachenbehauptungen oder Schmähkritik/Formalbeleidigungen angenommen wird.
I. Falsche Tatsachenbehauptungen
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit schützt neben wertenden Meinungsäußerungen grundsätzlich jede Form von Tatsachenbehauptungen.
Das Aufstellen von Tatsachen, die sich als beweisbar falsch herausstellen, muss aber nicht hingenommen werden. Aber: Die Tatsache gilt grundsätzlich solange als wahr, bis das Gegenteil vom Betroffenen, der aus der behaupteten Persönlichkeitsrechtsverletzung Ansprüche abzuleiten versucht, tatsächlich bewiesen worden ist (so zuletzt wieder das OLG München, Beschluss vom 12.02.2015 – Az. 27 U 3365/14). Begehren Händler also die Löschung von Kundenbewertungen, denen sie den Charakter einer unwahren Tatsachenverbreitung beimessen, sind sie prinzipiell verpflichtet, die Unrichtigkeit nachzuweisen. Das gilt vom Grundsatz her auch bei Kundenrezensionen.
II. Rechtswidrige Werturteile: Schmähkritik und Formalbeleidigungen
Von den Tatsachenbehauptungen sind im Geltungsbereich der Meinungsfreiheit zwingend sämtliche wertende Äußerungen zu unterscheiden. Werturteile genießen den Schutz der Meinungsfreiheit.
Ausnahmsweise können Werturteile aber unzulässig und rechtswidrig sein, wenn sie in Form der sogenannten Schmähkritik oder als Formalbeleidigung („Idiot“, „Dummkopf“, „Trottel“, „Mistkerl“ etc.) ergehen.
Faustformel: Dies ist immer dann der Fall, wenn bei der jeweiligen Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht und die persönliche Kränkung das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängt (so zuletzt wieder das Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. September 2015 – Az. 1 BvR 3217/14).
Sonderfall: Bewertungssymbole
Einen Sonderfall der Werturteile stellen shop- oder plattformeigene Bewertungssysteme in Form von Symbolen (Sternchen, Smileys, Punkte, +- oder – -Zeichen etc.) dar.
Eine Ausnahme von der Unantastbarkeit der Vergabe von Bewertungszeichen wird allerdings dann gemacht, wenn dieses Werturteil ausschließlich mit einer als falsch erwiesenen Tatsache begründet wird. Hier kann sich der Löschungsanspruch für die Tatsache auch auf das – auf einer falschen Grundlage fußende – Bewertungszeichen erstrecken (OLG München, Urteil vom 28.10.2014 – Az. 18 U 1022/14).
B. Handlungsanleitung zur Durchsetzung von Löschungsansprüchen
I. Negativbewertungen im eigenen Online-Shop
Der Händler, der unerwünschte Bewertungen auf seiner eigenen Shop-Präsenz erhält, verfügt grundsätzlich über ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten, um sich dieser selbst zu entledigen. Eine Musterformulierung in der Auseinandersetzung mit dem Bewertenden ist daher nicht zwingend erforderlich. Ggf. kann es sich aber natürlich lohnen, den Bewertenden, sofern identifizierbar, auf mögliche Fehlvorstellungen hinzuweisen, um Konflikte zu vermeiden.
Aber Achtung: Das Entfernen oder die Nichtanzeige von berechtigten Negativbewertungen wird in der Regel als wettbewerbswidrige Irreführung durch Unterlassen zu qualifizieren sein (so auch das LG Duisburg, Urteil vom 21.3.2012 – Az. 25 O 54/11).
II. Negativbewertungen auf Verkaufsplattformen
Hier ist der betroffene Händler grundsätzlich auf die Mitwirkung des Plattformbetreibers angewiesen, der allein die Organisationshoheit über die Gestaltung und Anzeige der Bewertungen ausübt, oder muss den jeweiligen rechtswidrig handelnden Verfasser zur Rücknahme seines Kommentars auffordern.
Wird eine persönlichkeitsrechtsverletzende, rechtswidrige Kundenbewertung auf einer händlerfremden Plattform veröffentlicht, so kommen für die Inanspruchnahme auf Löschung also grundsätzlich 2 Adressaten in Betracht.
- Zum einen ist als Täter und richtiger Adressat stets der Verfasser der Bewertung selbst für deren rechtswidrigen Gehalt verantwortlich, sodass das Verlangen einer Löschung bzw. Rücknahme stets an diesen gerichtet werden kann.
- Zum anderen kann auch der jeweilige Seitenbetreiber, welcher die Bewertungen auf seiner Online-Plattform für die Öffentlichkeit bereithält, unter den spezifischen Anforderungen der von der Rechtsprechung entwickelten Störerhaftung auf Löschung in Anspruch genommen werden.
Gegen wen vorgehen?
Vor dem Hintergrund der Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Seitenbetreibers einerseits und des Bewertungsverfassers andererseits stellt sich nun die Frage, wem gegenüber der Anspruch auf Löschung am effektivsten und wirkungsvollsten geltend zu machen ist. Ein besonderes Augenmerk soll hierbei auf Kundenbewertungen auf den Plattformen eBay und amazon gelegt werden, welchen eine besondere Breiten- und Indizwirkung zukommen dürfte.
Wir empfehlen grds. zunächst erstmal gegen den Seitenbetreiber vorzugehen – das ist am effektivsten und spart Zeit und Nerven. Denn die Auseinandersetzung mit dem Verfasser ist oft emotional und anstrengend, die Lösungssuche mit dem Plattformbetreiber dagegen eher sachlicher.
Amazon: Amazon stellt hier für jede Bewertung eine direkte Rügemöglichkeit durch einen Link mit der Aufschrift „Missbrauch melden“ bereit.
Und was ist in Sachen Bewertung so alles zulässig auf Amazon? Infos zu den Nutzungsbedingungen in Sachen Bewertung finden Sie hier
Praxistipp Amazon: Bei unzulässigen Bewertungen oder Rezensionen auf der Plattform Amazon müssen betroffene Händler vorsichtig sein. In der Praxis passiert es leider immer wieder, dass Amazon nach einer Auseinandersetzung über Bewertungen den Händler sperrt – wenngleich natürlich dies so nicht kommuniziert wird und nicht nachweisbar ist. Um aber einer möglichen Sperre zuvorzukommen, sollte genau abgewogen werden, ob die Bewertung wirklich so störend ist und ggü. dem Plattformbetreiber angegangen werden muss.
eBay: eBay bietet im Rahmen des Kundenservices Überarbeitungsanträge an. Weitere Infos zum Thema Bearbeiten und Entfernen von Bewertungen finden Sie hier.
Praxistipp eBay: Hier ist Eile geboten. eBay lässt Überarbeitungsanträge nur innerhalb von 30 Tagen ab Bewertungsabgabe zu. Je klarer gegen die Nutzungsbedingungen des Plattformbetreibers verstoßen wurde, umso schneller dürfte es mit der Löschung gehen.
C. Muster
Im Folgenden stellt die IT-Recht-Kanzlei Musterschreiben für die Geltendmachung von Löschungsansprüchen bereit, die zum einen die Konstellation einer Durchsetzung gegenüber dem jeweiligen Verfasser und zum anderen den Hinweis auf die Verletzung und den darauf aufbauenden Störerhaftungsanspruch gegen Seitenbetreiber umfassen.
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Sofern Sie in diesen Fällen doch lieber einen Anwalt einschalten möchten oder die Verwendung der Muster nicht zu dem erwünschten Erfolg geführt haben, dann können wir Ihnen unsere Kooperationskanzlei Andrae&Simmer, hier Herrn Rechtsanwalt Florian Decker empfehlen: decker@andrae-simmer.de. Die Kanzlei hat in der Vergangenheit mehrfach diese Fälle erfolgreich bearbeitet.
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