LG Essen zur Verkürzung der Gewährleistungsfrist beim Verkauf von B-Ware
Ansprüche bei Mängeln der gekauften Ware verjähren in den meisten Fällen nach 2 Jahren, § 438 Abs. 1 Nr. 3. Grundsätzlich kann auch vereinbart werden, dass eine Frist kürzer sein soll, als die gesetzliche. Im Fall eines Kaufvertrags zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher steht jedoch der Verbraucherschutz im Vordergrund. Daraus folgt gem. § 475 Abs. 2 BGB, dass eine Verkürzung der Verjährungsfrist zulasten des Verbrauchers im Fall der Mängelansprüche nicht möglich ist. Genauer darf sie nicht weniger als zwei Jahre, bei gebrauchten Sachen nicht weniger als ein Jahr betragen.
Inhaltsverzeichnis
Ob B-Ware eine solche gebrauchte Ware darstellt und somit die Gewährleistungsfrist verkürzt werden kann, hatte das LG Essen genauer zu untersuchen.
Sachverhalt
Die Klägerin verkaufte auf eBay Haushalts- und Elektroartikel, ebenso wie der Beklagte.
Der Beklagte bot dabei mehrere Smartphones unter der Kategorie „Neu: Sonstige“ an.
In den Artikelinformationen befand sich der Hinweis „B-Ware (Kundenretoure) kann daher minimale Test-/Gebrauchsspuren aufweisen, Verpackung beklebt/beschädigt!“. Außerdem wurde auf eine Gewährleistungsfrist von 12 Monaten hingewiesen.
Der Zustand des Artikels wurde beschrieben mit „Artikelzustand: Neu. Sonstige (siehe Artikelbeschreibung): Neuer, unbenutzter Artikel ohne Gebrauchsspuren.“
Die Klägerin als Mitbewerber forderte den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bezüglich der Verwendung des Hinweises auf die verkürzte Gewährleistungsfrist auf. Die Beklagte änderte daraufhin diesen Hinweis und gab eine Unterlassungserklärung in einer nur eingeschränkten Fassung ab.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Verkürzung der Frist einen Wettbewerbsverstoß darstelle und ihr insoweit ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 UWG sowie ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zustehe.
Der Beklagte behauptet, ein solcher Verstoß liege nicht vor. Insbesondere sei die Einordnung der B-Ware in die Kategorie „Neu: Sonstige“ richtig, selbst eBay würde bei seiner Ware so verfahren. Jedenfalls handele es sich hier nur um einen einmaligen und unbewussten Verstoß, eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht.
Entscheidung
Mit Urteil vom 25.02.2016, Az. 43 O 83/15, hat das LG Essen entschieden, dass der Beklagte es zu unterlassen habe, für die mit „Neu: Sonstige“ beworbene B-Ware die Gewährleistungsfrist von 24 auf 12 Monate zu verkürzen. Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG iVm. § 475 Abs. 2 BGB zu.
Zur Begründung führt das Gericht folgendes aus:
B-Ware werde in der juristischen Literatur definiert als sog. „Ladenhüter“ oder unbenutzte Retouren aus dem Versandhandel mit beschädigter oder nicht mehr vorhandener Verpackung oder Testspuren. Sie sei jedoch gerade keine Gebrauchtware. Eine solche liege zum Beispiel bei Vorführgeräten oder Second-hand Ware vor, die bereits ihrer gewöhnlichen Verwendung zugeführt wurde. Nach der Beschreibung der Smartphones, wiesen diese nur minimale Test-/Gebrauchsspuren und eventuelle Beklebung/Beschädigung der Verpackung auf. Somit sei die B-Ware eher mit Neuware vergleichbar.
Da es sich also nicht um Gebrauchtware handele, könne die Frist nicht auf 12 Monate verkürzt werden. Bei Neuware bzw. mit Neuware vergleichbarer B-Ware müsse es bei der gesetzlichen Frist von 24 Monaten bleiben, § 475 Abs. 2 BGB.
Damit liege in der dennoch erfolgten Verkürzung auf 12 Monate eine Zuwiderhandlung gegen die gesetzliche Vorschrift des § 475 Abs. 2 BGB. Diese werde wettbewerbsrechtlich gem. § 3 a UWG iVm § 475 Abs. 2 BGB sanktioniert.
Zur Einwendung des Beklagten, eBay verfahre selbst ähnlich, weist das Gericht darauf hin, dass der Anspruch nach § 8 UWG verschuldensunabhängig gewährt werde. Dass der Verstoß nur einmalig erfolgte, sei ebenfalls nicht relevant, da bereits bei einem einmaligen Verstoß eine Vermutung für die Wiederholungsgefahr bestehe.
Fazit
Wird B-Ware angeboten, darf eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist nicht erfolgen, da sonst ein Verstoß gegen § 475 Abs. 2 BGB vorliegt. Dieser hat dann auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach dem UWG zur Folge.
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1 Kommentar
Die Rechtsprechung wirkt also nicht oder auch nur, wenn der Kunde klagt? Oder gibt es hier neue, ergänzende Rechtsprechungen?