BGH zur PAngV: Überregional tätiger Autovermieter ist nicht zum Aushang einer Preisliste verpflichtet
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Preisangabenverordnung"
Niederlage für die Verbraucherzentrale: Ein überregional tätiger Autovermieter ist nicht zum Aushang einer Preisliste verpflichtet, wenn aufgrund der Vielzahl der möglichen Tarifkombinationen eine einzelne Liste nicht praktikabel erscheint. In diesem Falle genügt es, wenn entsprechende Listen in den Niederlassungen vorgehalten werden bzw. wenn der Interessent aktuelle Preise dort auf einem Bildschirm abfragen kann (vgl. aktuell BGH, Urt. v. 22.03.2012, Az. I ZR 111/11).
Ein Landesverband der Verbraucherzentrale hatte einen bekannten deutschen Autovermieter abgemahnt, weil dieser in seinen Niederlassungen keine Preistafeln angeschlagen hat – stattdessen finden interessierte Verbraucher dort Monitore vor, auf denen sie konkrete Preise und Angebote abrufen können.
Die Verbraucherzentrale sah in dieser Praxis einen Wettbewerbsverstoß, denn schließlich schreibt § 5 Abs. 1 PAngV vor:
„Wer Leistungen anbietet, hat ein Preisverzeichnis mit den Preisen für seine wesentlichen Leistungen […] aufzustellen.“
Der Autovermieter lehnte jedoch die Abgabe einer Unterlassungserklärung ab, da er nach eigener Auffassung gerade nicht zum Aufstellen eines Preisverzeichnisses verpflichtet ist; in § 5 Abs. 2 PAngV heißt es schließlich:
„Werden entsprechend der allgemeinen Verkehrsauffassung die Preise und Verrechnungssätze für sämtliche angebotenen Leistungen in Preisverzeichnisse aufgenommen, so sind diese zur Einsichtnahme am Ort des Leistungsangebots bereitzuhalten, wenn das Anbringen der Preisverzeichnisse wegen ihres Umfangs nicht zumutbar ist.“
Eine solche Unzumutbarkeit liege hier vor, da bedingt durch die Vielzahl der Berechnungsfaktoren eine Preistabelle mit mehreren Millionen Posten ausgehängt werden müsste.
Die Verbraucherzentrale zog daraufhin vor Gericht – und meinte es offensichtlich ernst: Nachdem schon das erstinstanzliche Gericht der Rechtsauffassung des Autovermieters gefolgt war, legten die Verbraucherschützer erfolglos Berufung und anschließend, ebenso erfolglos, Revision zum Bundesgerichtshof ein.
Auch nach Ansicht des BGH kann der Autovermieter sich auf die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 PAngV stützen; insbesondere sei es tatsächlich nicht zumutbar, eine derart umfangreiche Preisliste in den Geschäftsräumen anzuschlagen (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2012, Az. I ZR 111/11; mit weiteren Nachweisen):
„Unstreitig bestehen beim Angebot der Beklagten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Fahrzeugklassen, Abholtage, Dauer der Anmietung, Abholung und Rückgabe am selben Ort oder an unterschiedlichen Orten, Alter und Anzahl der zugelassenen Fahrer, Umfang des Versicherungsschutzes, Rabatte beispielsweise für Mitglieder von Automobilclubs oder Großkunden, Sonderzubehör des gemieteten Fahrzeugs und weiterer Kriterien mehr als 15 Millionen Kombinationsmöglichkeiten.“
Auch das Argument der Verbraucherzentrale, zumindest die „wesentlichen Leistungen“ im Sinne von § 5 Abs. 1 PAngV müssten ausgehängt werden, blieb ohne weiteren Erfolg:
„Angesichts der unstreitig mehr als 15 Millionen unterschiedlichen Leistungsangebote ist es der Beklagten nicht zuzumuten, die wesentlichen Leistungen darzustellen, weil eine Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Leistungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht möglich ist.“
Und auch an der Praxis, das Preisverzeichnis nicht in physischer, sondern in elektronischer Form vorzuhalten, konnten die Richter keinen Verstoß gegen die PAngV erkennen:
„Mit der den Mietinteressenten eröffneten Möglichkeit, die jeweiligen Preise in ihrem elektronischen System einzusehen, genügt die Beklagte der Verpflichtung, ihr Preisverzeichnis bereitzuhalten. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 PAngV soll es dem Kunden ermöglichen, unmittelbare Kenntnis von den Preisen der von ihm nachgefragten Leistung zu erlangen. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob das Preisverzeichnis unmittelbar in körperlicher Form vorgelegt oder auf einem Bildschirm abgerufen werden kann […].“
Eine klare Niederlage für die Verbraucherzentrale: Gerade angesichts der recht eindeutigen Rechtslage und der stringenten Argumentation des Autovermieters ist es völlig unverständlich, warum diese aussichtslose Klage mit solcher Verbissenheit durch sämtliche Instanzen verfolgt wurde.
Ebenso unverständlich ist hier, warum hier überhaupt von einem Wettbewerbsverstoß ausgegangen wurde. Die Möglichkeit, Preise und Angebote auf einem Bildschirm abzurufen, dürfte wesentlich komfortabler und transparenter sein als ein entsprechendes physisches Preisverzeichnis, das den Verbraucher zu einer längerfristigen Recherche und eigener Rechenarbeit zwingen würde. Überdies dürfte ein solches Verzeichnis bei den angeführten 15 Millionen Tarifkombinationen das Format eines mittelgroßen Telefonbuchs haben. Wie genau eine entsprechende Preisliste nach den Vorstellungen der Verbraucherzentrale ausgehängte werden soll, bleibt der Phantasie des Lesers überlassen – möglicherweise hatten die Verbraucherschützer ja eine Art Tarif-Tapete im Sinn.
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