AG Stuttgart-Bad Cannstatt: elektronische Werbung in automatisierter Eingangsbestätigung grundsätzlich verboten

AG Stuttgart-Bad Cannstatt: elektronische Werbung in automatisierter Eingangsbestätigung grundsätzlich verboten
19.05.2014 | Lesezeit: 4 min

Prinzipiell stellt elektronische Werbung ein geeignetes und wenig kostenintensives Mittel dar, eine Vielzahl von potentiellen Kunden zu erreichen und diese durch den Hinweis auf besondere Angebote zu spezifischen Kaufentscheidungen zu bewegen. Allerdings stellt das unaufgeforderte Zusenden von elektronischer Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers nicht nur per Gesetz eine unlautere Handlung dar, sondern kann zudem als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach ständiger Rechtsprechung private Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung auslösen.

Mit Urteil vom 25. April 2014 (Az.: 10 C 225/14) hat das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt festgestellt, dass elektronische Werbung als Teil einer automatischen Empfangsbestätigung in Mail-Form ebenso dem Verbotstatbestand der §§1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB unterfällt – selbst dann, wenn diese lediglich im Abspann der Mail aufgeführt wird.

Der Sachverhalt

Dem Urteil lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem der Kläger, ein Verbraucher, per Mail einen bei der als Versicherungsdienstleister tätigen Beklagten geführten Versicherungsvertrag gekündigt hatte.

In der darauf hin eingehenden automatischen Empfangsbestätigung wies die Beklagte unter dem Punkt „übrigens“ mit den Ausführungen

"Unwetterwarnungen per SMS kostenlos auf Ihr Handy...“ und
„Neu für iPhone-Nutzer: Die App inkl. Push Benachrichtigungen für ...“

auf spezielle Service-Leistungen hin, was der Kläger als unaufgeforderte Werbung verstand und mithin auf Unterlassung klagte.

Die Beklagte änderte sodann die Gestaltung ihrer „Autoreplies“ unter Verzicht auf Leistungsanpreisungen ab.

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Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht gab der Unterlassungsklage des Verbrauchers statt, indem es zunächst bestätigte, dass das unaufgeforderte Zusenden von E-Mails mit werbendem Inhalt stets einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG darstelle. Jener werde durch derlei Kontaktaufnahmen nämlich regelmäßig in seiner selbstständigen Lebensführung beeinträchtigt, da ihm durch den sodann durch die notwendige Kenntnisnahme, Sichtung und Aussortierung ein zusätzlicher Arbeitsaufwand entstehe.

Im zweiten Zuge bestätigte das Gericht die Anwendbarkeit des Unterlassungsanspruchs auf alle von §823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte, unter die das allgemeine Persönlichkeitsrecht als „sonstiges Recht“ regelmäßig fiele.

Im Folgenden befasste sich das Gericht mit der Frage, inwiefern die Anpreisungen der Beklagten im „Autoreply“-Schreiben als rechtswidrige Werbung einzustufen waren.

Als Werbung seien nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind, zu verstehen. Insbesondere die Hervorhebung eigener Dienste sei insofern als der Absatzförderung dienliches Verhalten stets als Werbung anzusehen und verletzte bei unaufgeforderter Übermittlung stets das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers.

Dem stehe im konkreten Fall nicht entgegen, dass diese Werbung erst im Abspann der Autoreply-Mail angeführt wurde und mithin vom Empfänger gar nicht zwingend wahrgenommen werden musste. Für die Erfüllung des Verbotstatbestands genüge nämlich regelmäßig der Versuch, ein Produkt oder eine Leistung anzupreisen, sodass es auf die tatsächliche Kenntnisnahme nicht zwingend ankomme.

Insbesondere die Zusendung von werbenden Inhalten im Rahmen einer Antwort auf einen Betreff des Empfängers müsse sodann als rechtswidrig erachtet werden. Was für unaufgeforderte Werbung generell gelte, müsse erst recht dann Berücksichtigung finden, wenn der Verbraucher im Vertrauen auf die Seriosität und die Kundenorientierung eines Unternehmens ein Begehr per Mail übermittle und die private Mailadresse sodann als Zielscheibe für in ein automatisiertes Bestätigungsschreiben integrierte Anpreisungen herhalten müsse.

Selbst aber, wenn man die Kombination aus Empfangsbestätigung in Werbung als Mail mit „auch werbendem Charakter“ einstufte, könne deren Rechtswidrigkeit ausschließlich mit einer ausdrücklichen Einwilligung seitens des Empfängers beseitigt werden.

Dem Anspruch aus §1004 Abs. 1 Satz 2 BGB stehe auch nicht die erforderliche und hier vermeintlich mangelnde Wiederholungsgefahr entgegen. Diese ergebe sich nämlich bereits aus der Erstbegehung und müsse dementsprechend nachträglich eintretende Umstände wie die Abänderung der Bestätigungsschreiben durch die Beklagte unberücksichtigt lassen.

Fazit

Die unaufgeforderte Übermittlung von werbenden Inhalten verletzt den Empfänger regelmäßig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und kann so private Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche aus den §§1004 Abs. 1 Satz 823 Abs. 1 BGB auslösen.

Dem Verbotstatbestand unterfallen auch werbende Aussagen im Rahmen einer automatischen Empfangsbestätigung („Autoreply“) unabhängig von deren Platzierung innerhalb der Mail, da der Empfänger vernünftigerweise ausschließlich eine inhaltlich auf sein Begehr bezogene Antwort erwarten darf und im Regelfall mit einem Initiativschreiben gerade nicht sein Einverständnis in die Zusendung von elektronischer Werbung erklärt.

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