Müssen Auslandsversandkosten zwingend im Voraus angegeben werden?
Viele Online-Händler versenden ihre Waren auch ins Ausland. Dabei kommt es immer wieder zu Abmahnungen wegen nicht ausreichender Versandkostenangaben. Aber stellt die fehlende Information zu Auslandsversandkosten wirklich einen Wettbewerbsverstoß dar?
Inhaltsverzeichnis
1. OLG Hamm: „Auslandsversandkosten auf Anfrage“ ist wettbewerbswidrig
Schon 2011 stritten zwei Online-Händler aus dem Spielgerätebereich darüber, ob im Internet die konkreten Kosten für den Versand ins Ausland mitgeteilt werden müssen.
Das Argument der Antragsgegnerin, die Angabe der Versandkosten für das Ausland sei nicht möglich, ließ das OLG Hamm (Urteil vom 01.02.2011, Az. I-4 U 196/10) nicht gelten. Dem Verbraucher anzubieten, die Versandkosten gezielt anzufragen, genüge der Pflicht aus § 1 Abs. 2 PAngV nicht und sei damit wettbewerbswidrig.
2. OLG Frankfurt: Fehlende Angaben zum Versand bloße Bagatelle
Auch das OLG Frankfurt (Beschluss vom 27.07.2011, Az: 6 W 55/11) beschäftigte sich mit einem ähnlichen Fall. Zwar verstoße der Händler mit dem Hinweis „Auslandsversand auf Anfrage“ gegen die Vorgabe aus § 1 Abs. 2 PAngV, aber die Bagatellgrenze aus § 3 UWG sei damit noch nicht überschritten. Der Antragsgegner handle noch nicht wettbewerbswidrig.
Das Gericht führte zur Begründung hierzu aus:
Die sich aus der Preisangabenverordnung ergebenden Verpflichtungen gelten nur für Preisangaben gegenüber im Inland ansässigen Verbrauchern. Fälle, in denen inländische Verbraucher anlässlich eines Kaufs bei der Antragsgegnerin einen Versand des Kaufgegenstands an eine ausländische Adresse wünschen, sind zwar denkbar; sie sind jedoch derart selten, dass der beanstandete Preisangabenverstoß unterhalb der Bagatellgrenze des § 3 I, II UWG anzusiedeln ist (...)
3. KG Berlin: Versandkosten ins Ausland sind im Voraus anzugeben
Im Jahre 2010 (Beschluss vom 13.04.2010, Az: 5 W 62/10) hatte das KG Berlin noch wie das OLG Frankfurt entschieden. Die fehlende Angabe der Auslandsversandkosten stelle im Regelfall lediglich einen Bagatellverstoß da. Das gelte vor allem dann, wenn sich der Händler mit seinen Angeboten ohnehin erkennbar an Kunden aus Deutschland richte.
Mit Beschluss vom 02.10.2015 (Az.: 5 W 196/1) *änderte das KG ausdrücklich seine bisherige Rechtsprechung*.
Dem Beschluss lag folgender Fall zugrunde: Ein eBay-Händler bot seine Waren mit der Option des weltweiten Versands an. Statt aber die anfallenden Kosten für den Auslandsversand anzugeben, hieß es in seinem Angebot allgemein gehalten
"Versand Europa/Welt auf Anfrage."
Da es gerade bei einem weltweiten Versand unmöglich sei, alle Konstellationen der Versandoptionen zu erfassen, berief sich der Beklagte auf § 1 Abs. 2 S.2 PAngV. Demnach müssen Versandkosten nur dann von vornherein angegeben werden, wenn diese „vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können.“
Das sah das KG Berlin anders:
Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass nicht jedenfalls für die Länder der Europäischen Union jeweils die Höhe der Versandkosten ohne unzumutbaren Aufwand angegeben werden kann (...) Dies gilt umso mehr, als in der Europäischen Union die wirtschaftlichen Bedingungen weit gehend angeglichen sind und ein Warenaustausch zwischen diesen Ländern grundsätzlich frei möglich ist.
Die Änderung ihrer bisherigen Rechtsprechung begründeten die Berliner Richter damit, dass ihre ursprüngliche Ansicht durch die letzte Gesetzesreform hinfällig geworden sei. Durch die letzte UPG-Richtlinie im Wettbewerbsrecht sei eine vollständige Harmonisierung der EU bewirkt worden. Die nicht angegebenen Versandkosteninformationen seien mittlerweile wesentlich. Fehlen diese, liege ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vor.
Hinweis: Auch das LG Fulda (Beschluss vom 17.03.2010, Az. 7 O 26/10) sowie das LG Bonn (Beschluss vom 21.07.2010, Az. 30 O 75/10) sahen in der fehlenden Auslandsversandkostenangabe einen Wettbewerbsverstoß.
4. Fazit
Im Online-Handel muss der Verbraucher klar und deutlich informiert werden. Dazu zählt auch die deutliche Angabe über möglich anfallende Versandkosten in genauer Höhe. Diese Pflicht gilt nach der herrschenden Rechtsprechung nicht nur für innerdeutsche Lieferungen, sondern auch für Lieferungen ins Ausland. Der Hinweis, die genauen Versandkosten werden (erst) auf Anfrage mitgeteilt, stellt einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß dar.
Online-Händler, die ihren Kunden auch die Möglichkeit bieten, ins Ausland zu liefern, sollten die Versandkosten für sämtliche Lieferländer explizit angeben! Wer die Auslandsversandkosten nicht angibt, obwohl der Versand ins Ausland explizit angeboten wird, muss mit kostenpflichtigen Abmahnungen rechnen.
Hinweis: Für Mandanten der IT-Recht Kanzlei stellen wir ein Muster für die Angabe von Versandkosten bereit! Sie sind noch kein Mandant? Gerne können Sie sich über unsere Schutzpakete informieren!
5. Abmahnungen vermeiden - durch professionellen "Abmahnradar" der IT-Recht Kanzlei
Abmahnung erhalten wegen unterlassener Angaben zum Auslandsversand?
Als Mandant der IT-Recht Kanzlei wäre Ihnen das nicht passiert: Im Rahmen unserer Schutzpakete bieten wir nicht nur Rechtstexte sowie zahlreiche Leitfäden und Muster - insbesondere zum Thema "Versand- und Zahlungsbedingungen" - an.
Vielmehr informieren wir unsere Mandanten in unseren regelmäßig versendeten Update-Service-Newslettern auch gezielt über aktuelle Abmahnthemen - leicht verständlich formuliert und übersichtlich zusammengefasst. So haben wir unsere Mandanten bereits erstmals im Jahr 2011 und in vielen weiteren Newslettern danach zu genau dem Abmahnthema "Auslandsversandkosten" umfassend informiert.
Auch unsere Blacklist "Typische Abmahnfallen im E-Commerce", welche exklusiv Mandanten der IT-Recht Kanzlei zur Verfügung steht, geht auf das Problem der Versandkostenangaben für das Ausland ein.
Wer unsere Newsletter bezogen hat, war also gewarnt und konnte insoweit ein unnötiges Abmahnungsrisiko vermeiden.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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