Ist die Aufzeichnung von Kundentelefonaten nach DSGVO erlaubt?
Die DSGVO und das BDSG stellen hohe Anforderungen an Unternehmen, um rechtskonforme Prozesse zu gewährleisten. Neben E-Mail und Co. ist der klassische Telefonanruf nach wie vor eine beliebte Option bei Kunden. Häufig wird eine Aufzeichnung des Gesprächs - etwa zu Beweiszwecken - in Erwägung gezogen. Doch ist dies aus datenschutzrechtlicher Sicht überhaupt zulässig?
Inhaltsverzeichnis
I. Ist der Anwendungsbereich des Datenschutzrechts überhaupt eröffnet?
Daten fallen lediglich dann in den Anwendungsbereich der DSGVO, sofern diese „personenbezogen“ sind, vgl. Art. 2 Abs. 1 DSGVO. Personenbezogene Daten sind nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO
"alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;"
Die Identifizierbarkeit einer Person nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO ist nach Ansicht des BGH (BGH, Urteil vom 05.05.2018, Az.: VI ZR 233/17) weit zu fassen. Zu den personenbezogenen Daten zählt neben den „Klassikern“ wie Name, Adresse oder Geburtsdatum auch die menschliche Stimme.
Ein Telefongespräch fällt also unproblematisch in den Anwendungsbereich der DSGVO, sodass auch deren Vorgaben beachtet werden müssen.
II. Rechtmäßigkeit der Aufzeichnung
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn sie ausdrücklich erlaubt wird. Im Fall einer Telefonaufzeichnung als Verarbeitungshandlung kommen die Rechtfertigungstatbestände des Art. 6 DSGVO zum Zuge.
Achtung: Das Aufzeichnen von Telefongesprächen ist sogar strafbar, soweit dies unbefugt im Sinne des § 201 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) erfolgt.
Damit die Aufzeichnung eines Telefongesprächs nach den Grundsätzen der DSGVO zulässig ist, muss die Datenverarbeitung (also die Aufzeichnung selbst) durch einen Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 lit. a bis f DSGVO gestattet sein.
1.) Denkbar: Erfüllung eines Vertrags/ vorvertraglicher Maßnahmen oder berechtigte Interessen
Denkbar ist zunächst, dass die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung aufgrund der Erfüllung eines Vertrags oder der Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich sein könnte, Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO.
Die Verarbeitung für die Erfüllung eines bereits bestehenden Vertrags bzw. die Durchführung „vorvertraglicher Maßnahmen“ setzt jedoch voraus, dass die Verarbeitung auch erforderlich ist. Erforderlichkeit in diesem Zusammenhang bedeutet, dass der Vertrag ohne die Verarbeitung nicht so erfüllt werden könnte, wie die Parteien sich geeinigt haben bzw. dass vorvertragliche Maßnahmen nicht anders durchgeführt werden könnten.
Die Aufzeichnung eines Telefonats dürfte aber wohl in diesem Sinne nie erforderlich sein, um einen Vertrag zu erfüllen. Die Rechtfertigungsgrundlage der Erfüllung eines bestehenden Vertrags scheidet damit aus.
Weiter kommt grundsätzlich die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung aufgrund berechtigter Interessen des Verantwortlichen (Aufzeichners) in Betracht, vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Danach ist die Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn die „Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen (…) erforderlich“ ist.
Zwar zählen zu den „berechtigten Interessen“ nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche oder wirtschaftliche Interessen. Doch selbst wenn ein berechtigtes Interesse (z.B. Beweissicherung) angenommen werden sollte, müsste ferner eine Erforderlichkeit gegeben sein. Eine Erforderlichkeit dürfte aus vorbenannten Gründen nicht angenommen werden können. Auch der Rechtfertigungsgrund der berechtigten Interessen hilft hier also nicht weiter.
2.) Tatsächlich aber: Einwilligung
Für die Rechtmäßigkeit der Aufzeichnung von Telefongesprächen dürfte damit der Rechtsansicht der Datenschutzkonferenz (Beschluss vom 23.03.2018) zu folgen sein: Regelmäßig ist daher einzig eine Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) als Rechtfertigungsgrund tauglich.
Auch nach dem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022 (S. 99 ff) von der Sächsischen Datenschutz- und Transparenzbeauftragten kommt als Rechtsgrundlage für die Aufzeichnung von Telefongesprächen ausschließlich die Einwilligung der Anrufer gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO in Betracht.
Während grundsätzlich auch die oben genannten Rechtfertigungstatbestände in Betracht kommen können (insbesondere das berechtigte Interesse des Verantwortlichen, Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO), muss mangels einschlägiger Rechtsprechung und somit aktueller Rechtsunsicherheit zur Einholung einer Einwilligung geraten werden.
III. Einholen einer wirksamen Einwilligung
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IV. Fazit
Das Aufzeichnen von Telefongesprächen zwischen Online-Händler und Kunde ist zwar datenschutzrechtlich anspruchsvoll, aber nicht unmöglich. Hierbei sollte der Rechtsansicht der Datenschutzkonferenz gefolgt werden und als Rechtfertigungsgrund für eine Aufzeichnung die Einwilligung eingeholt werden.
Die Aufzeichnung eines Telefongesprächs ohne Einholen einer wirksamen Einwilligung ist nicht nur datenschutzrechtlich unzulässig, sondern kann darüber hinaus auch strafrechtlich (gem. § 201 StGB - Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) relevant werden.
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5 Kommentare
Ein EFET Vertrag (Rahmenvertrag über die Lieferung und Abnahme von Erdgas) schreibt in § 23 die Zulässigkeit einer Telefonaufzeichnung für Verträge für beide Seiten vor.
Bei Interesse erfasse ich personenbezogene Daten wie Name, E-Mail, Anschrift und im Falle einer Versicherung die Geburtsjahre aller mitzuversichernden Personen- so die Theorie.
Ich bin mir sicher ob ich als Freiberuflerin dieses Angebot annehmen soll, da mir gesagt wurde, ich solle eine Bandaufzeichnung vom Einverständnis des Kunden machen, dass ich die Daten weitergeben darf.
Komnisch ist nur, ich muss die Aufzeichnung ausserhalb des Systems machen-also mit meiner DiktierApp auf dem Handy, mir diese dann via E-Mail senden und aufheben.
Das kann doch nicht im Sinne der DSGVO sein oder?