Ein Preis für Alle? Vorbehalte gegen Apothekenstärkungsgesetz
Das Apothekenstärkungsgesetz der Bundesregierung stößt bei Gesundheits- und Sozialexperten auf erhebliche Vorbehalte. Die geplante Neuregelung zur Einhaltung des einheitlichen Abgabepreises für verschreibungspflichtige Medikamente wird von Experten als europarechtlich riskant eingestuft. Die Fachleute äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages über den Gesetzentwurf (19/21732) am Mittwoch in Berlin.
Mit der Reform will die Bundesregierung nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) von 2016 einheitliche Preise für verschreibungspflichtige Medikamente sicherstellen und Rabattangebote europäischer Versandapotheken verhindern. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Regelungen zur Einhaltung des einheitlichen Abgabepreises für Arzneimittel in das Sozialgesetzbuch V (SGB V) eingefügt werden.
Apotheker sollen zudem mehr Geld für Notdienste und spezielle Dienstleistungen bekommen, etwa für die Versorgung von Krebskranken oder Pflegefällen. Durch eine entsprechende Änderung der Arzneimittelpreisverordnung sollen 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden.
Der AOK-Bundesverband monierte, die Neuregelung zugunsten eines einheitlichen Abgabepreises könnte erneut eine Befassung des EuGH nach sich ziehen. Als sicherere Alternative wären Selektivverträge denkbar als Voraussetzung für eine Abrechnung mit der Krankenkasse. Es werde auch die Chance vertan, die regionale Arzneimittelversorgung zukunftsfähig aufzustellen, indem den Vertragspartnern vor Ort Gestaltungsspielräume eröffnet würden.
Ähnlich kritisch äußerte sich der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der sich dafür aussprach, den Apothekenmarkt für neue Versorgungsformen zu öffnen und die Vergütung umzustrukturieren. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen reichten nicht aus, um eine patienten- und zukunftsorientierte Versorgung langfristig sicherzustellen. Die Preisvorschrift berge die erhebliche Gefahr, dass sie mit Europarecht nicht vereinbar sei. Darüber hinaus bestehe mit den vorgesehenen Änderungen die Gefahr, dass die Geltung der gesamten Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) verloren gehe.
Der DGB sieht die jetzt geplante rechtliche Konstruktion als unnötig an. Von den 35 Milliarden Euro, die Apotheken mit rezeptpflichtigen Medikamenten umsetzten, entfielen ein bis zwei Prozent auf den Versandhandel. Damit bleibe die Vor-Ort-Apotheke die mit Abstand wichtigste Anlaufstelle für Versicherte. Dies werde sich voraussichtlich auch in Zukunft nicht ändern. Fraglich sei, ob die neue Rechtskonstruktion auf europäischer Ebene Bestand habe.
Quelle: PM des Bundestags
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