UWG - Schwarze Klausel Nr. 7 - Jetzt oder nie - Wenn Angebote länger gelten als man denkt
Angebot eines TV-Geräts in einem Elektro-Markt: „Krundik Plasma-TV JBG-203, HD ready – Nur heute 499,- Euro (unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers: 1499,- Euro)“. Was ist eigentlich, wenn das gar nicht stimmt und Sie den Fernseher auch morgen, übermorgen oder sogar noch nächste Woche zu diesem Preis dort kaufen können? Das ist ein Fall für die Schwarze Klausel Nr. 7. Lesen Sie dazu jetzt den achten Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei.
Die Klausel
„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind…
Nr. 7: …die unwahre Angabe, bestimmte Waren oder Dienstleistungen seien allgemein oder zu bestimmten Bedingungen nur für einen sehr begrenzten Zeitraum verfügbar, um den Verbraucher zu einer sofortigen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, ohne dass dieser Zeit und Gelegenheit hat, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden;“
Einführung
Wie so oft im Wettbewerbs- bzw. Lauterkeitsrecht ist ein Umstand allein nicht dafür verantwortlich, dass ein bestimmtes Verhalten eines Verkäufers als unlauter angesehen wird. In aller Regel erfordert der Tatbestand einer Vorschrift im UWG, insbesondere auch bei den sog. Schwarzen Klauseln im Anhang nach § 3 Absatz 3, dass mehrere Handlungen und teilweise auch bestimmte Absichten eines Verkäufers vorliegen. Erst dann wird gegen das UWG verstoßen.
Bei Klausel Nr. 7 ist dies nicht anders. Allein die Tatsache, dass in einem Geschäft bestimmte Waren oder Dienstleistungen nur für einen – wie es in der Klausel formuliert ist – „sehr begrenzten Zeitraum“ verfügbar sind, reicht nicht aus, um einen Wettbewerbsverstoß anzunehmen. Im Gegenteil betrifft Klausel Nr. 7 gerade die Fälle, in denen ein Produkt tatsächlich länger oder auch länger zu einem bestimmten Preis angeboten wird und der Verkäufer den Eindruck erweckt, die Aktion gelte nur für einen viel kürzeren Zeitraum. Schließlich muss noch hinzukommen, dass durch diese Täuschung der Kunde den Eindruck gewinnt, er hat keine Zeit und Gelegenheit sich ausreichend über das Produkt und seine Kaufentscheidung zu informieren. Die typische Verkaufssituation, die der Gesetzgeber vor Augen hatte, als er Klausel Nr. 7 schuf, ist die, dass ein Verkäufer einen Kunden mit der knappen Zeitangabe unter Druck setzt und diesen damit gewissermaßen zum Kauf „nötigt“.
Die Lüge
Wie schon bei der ein oder anderen Schwarzen Klausel angesprochen worden ist, kommt es darauf an, dass der Verkäufer ausdrücklich behauptet, die (Verkaufs-)Aktion sei zeitlich begrenzt, bzw. dies so – etwa in Form von Schildern oder Plakaten – in dem Geschäft dargestellt wird (z.B. „Nur bis übermorgen so günstig. Gleich zugreifen!“). Wenn somit der Verkäufer lediglich versucht, anderweitig beim Kunden den Eindruck zu erwecken, es läge eine zeitliche Begrenzung des Angebots vor, ohne dass er dies ausdrücklich behauptet, so ist Klausel Nr. 7 nicht anwendbar.
Die in der Klausel als „unwahre Angabe“ (s.o.) bezeichnete Lüge muss zudem objektiv unrichtig sein. Dies bedeutet, dass die Klausel auch dann nicht angewendet werden kann, wenn die Behauptung objektiv richtig die Wirklichkeit darstellt, von den Kunden aber falsch verstanden wird. Es kommt somit allein darauf an, ob die Werbung des Verkäufers wahre oder falsche Tatsachen wiedergibt.
Nur ganz kurz!
Die Klausel setzt voraus, dass der Verkäufer die Lage so darstellt, dass er das fragliche Angebot nur für eine sehr begrenzte Zeit aufrechterhält. Da in der Vorschrift wortwörtlich von „sehr begrenzt“ die Rede ist, ist sie auch so zu verstehen, dass ein Verkäufer nur dann gegen sie verstößt, wenn er das fragliche Produkt wirklich nur sehr kurz angeboten hat bzw. den Eindruck erweckt hat, es nur für eine derart kurze Zeit zu verkaufen.
Was dabei als knapp anzusehen ist, hängt davon ab, was bei derartigen Produkten sonst üblich ist. Werden z.B. Jeans-Hosen, die der Verkäufer mit einem Schild „Nur heute und morgen“ versehen hat, üblicherweise eine Woche lang angeboten, so sind die zwei Tage eine „sehr begrenzte Zeit“ im Sinne der Vorschrift.
Um Missverständnissen vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, dass Verlängerungen von Verkaufsaktionen/Angeboten selbstverständlich nicht von Klausel Nr. 7 erfasst werden. Dies bedeutet etwa, dass – um das gerade genannte Beispiel noch einmal aufzugreifen – der Verkäufer, wenn er die Jeans-Hosen bereits eine Woche lang angeboten hat, diese auch noch ein oder zwei Tage darüber hinaus günstig anbieten kann, um auch die restlichen Exemplare zu verkaufen. Wenn er dies mit einem Schild mit der Aufschrift „Nur noch heute und morgen“ bewirbt, so fällt dies nicht in den Anwendungsbereich von Klausel Nr. 7. Denn der Verkäufer hat die Hosen ja bereits eine Woche lang angeboten. Deshalb ist die Verlängerung des Angebots nicht als „sehr begrenzte Zeit“ im Sinne der Vorschrift anzusehen.
Entscheide dich schnell!
Klausel Nr. 7 setzt voraus, dass der Verkäufer die Absicht hat, den Kunden zu einer sofortigen Entscheidung zu bewegen. Durch den Druck, der so bei dem Kunden entsteht, will der Verkäufer erreichen, dass dieser das Produkt kauft, ohne noch einmal gründlich darüber nachzudenken und womöglich wieder Abstand von dem Kauf zu nehmen.
Zwar müsste grundsätzlich der Betroffene bzw. Anspruchsteller dem Verkäufer nachweisen, dass er eine solche Absicht hatte, als er den Kunden über die Länge der Angebotsfrist täuschte. Allerdings kann ähnlich wie bei Klausel Nr. 6 davon ausgegangen werden, dass regelmäßig vermutet wird, dass diese Absicht vorliegt, wenn der Verkäufer die Länge des Angebotsfrist falsch angibt.
Dennoch bleiben „unlauteren Verkäufern“ Verteidigungsmöglichkeiten, wenn ihnen vorgeworfen wird, gegen Klausel Nr. 7 verstoßen zu haben.
Beispielsweise kann ein Verkäufer – wenn sich nicht aus Schildern im Laden bereits offensichtlich etwas Anderes ergibt – behaupten, er habe einfach vergessen, die Produkte wieder im Preis heraufzusetzen. Denn wenn dies tatsächlich zuträfe, so läge kein Verstoß gegen Klausel Nr. 7 vor: es ist ja keinem Verkäufer verboten, Produkte nur für eine kurzen Zeitraum – man denke an Angebote in Kaufhäusern („nur heute“) bzw. an die sog. „Happy Hour“ in der Gastronomie – anzubieten; ganz im Gegenteil wird dem Verkäufer in den Fällen von Klausel Nr. 7 vorgeworfen, er würde seine Produkte tatsächlich (viel) länger anbieten, als er dem Kunden gegenüber behauptet. Wenn sich nun aber ein Verkäufer darauf berufen möchte, dass er die Preisheraufsetzung vergessen hat, so muss er dies selbst beweisen. Wenn ihm dies nicht gelingt, so bleibt es dabei, dass er gegen Klausel Nr. 7 verstoßen hat.
Von der Vorschrift ebenfalls nicht erfasst ist der Fall, dass sich ein Verkäufer nachträglich dazu entscheidet, ein Produkt länger als ursprünglich geplant zu dem günstigen Preis anzubieten. Wenn nun also der Verkäufer der Jeans (s.o.) ursprünglich geplant hatte, das Angebot tatsächlich nur zwei Tage („heute und morgen“) aufrecht zu erhalten, sich aber am Ende des zweiten Tages dazu entschließt, das Angebot zu verlängern, so ist dies nach Klausel Nr. 7 nicht zu beanstanden. Allerdings müsste in diesem Fall ebenfalls der Verkäufer nachweisen, dass er nicht unlauter gehandelt hat, d.h. dass er ursprünglich tatsächlich die Absicht hatte, die Aktion nur für den kürzeren Zeitraum durchzuführen.
Happy Hours sind kein Problem
Am Schluss der Vorschrift findet sich die Formulierung „ohne dass dieser (gemeint ist der Kunde) Zeit und Gelegenheit hat, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden“. Dieser Passus ist als Beschränkung des Tatbestandes zugunsten des Verkäufers anzusehen. Dies bedeutet, dass im Ergebnis ein Verkäufer dann lügen darf, ohne gegen Klausel Nr. 7 zu verstoßen, wenn der Kunde – etwa aufgrund der Art des Produktes – gar nicht mehr Zeit benötigt, um eine überlegte Kaufentscheidung zu treffen. Diese Einschränkung kann als eine Art Bagatellkontrolle verstanden werden, dann Bagatellfälle sollen nicht reihenweise zu Verstößen gegen Klausel Nr. 7 führen. Wenn beispielsweise ein Lebensmitteldiscounter plant, eine bestimmte Joghurt-Marke so lange im Preis herabzusetzen, bis sie ausverkauft ist, weil sie bald verfallen, verstößt er nicht gegen Klausel Nr. 7, wenn er – damit der Ausverkauf schneller klappt – ein Schild aufstellt, auf dem es heißt „Nur Heute xy Cent“ und dieses Schild schlichtweg Tag für Tag stehen lässt. Zwar würde diese „Verkaufsstrategie“ auf den ersten Blick gegen die Vorschrift verstoßen, doch brauchen Kunden bei einem Joghurt nicht so viel Zeit, dass man sagen könnte, der Kunde wird aufgrund der unwahren Information („nur heute“) so sehr unter Druck gesetzt, dass er nicht die Gelegenheit bekommt, eine informierte Entscheidung zu treffen. Eine solche überlegte Entscheidung ist bei einem Joghurt möglich.
Anders läge der Fall natürlich, wenn es nicht – wie hier – um einen Alltagsgegenstand ginge, sondern um etwas eher Unalltägliches, wie einen teuren Fernseher. In einem solchen Fall will ein Kunde, der auf ein günstiges Angebot gestoßen wird, in aller Regel eine informierte Entscheidung treffen. Dies ist aber gerade nicht der Fall, wenn er durch die unwahre Angabe („nur heute“) unzulässigerweise unter Druck gesetzt wird.
Somit sind auch „Happy Hours“ in der Gastronomie nicht von Klausel Nr. 7 betroffen, wenn über das Ende der Angebotsfrist (also das Ende der Happy Hour) getäuscht wird und diese doch länger gilt als angegeben. Zudem: in aller Regel freut sich das trinkende Volk darüber, dass das Bier und die Cocktails auch außerhalb des angegebenen Zeitraums günstiger zu haben sind.
Beispiel
Klausel Nr. 7 lässt sich ganz gut anhand eines kurzen Beispielfalles erläutern.
Konstantin Käufer sucht ein Sanitärfachgeschäft auf, um sich über eine neue längliche Badewanne zu informieren, die das frisch renovierte Bad im Hause Käufer zukünftig schmücken soll. Als der Verkäufer ihn im Verkaufsgespräch jedoch darauf hinweist, dass bis einschließlich morgen eine kreisrunde Badewanne mit Whirlpool-Funktion erheblich im Preis heruntergesetzt ist, kommt Konstantin „ins Schwitzen“ und überlegt sich, ob er umplanen soll. Noch den ganzen Abend lang vermisst er das Badezimmer, rechnet und grübelt darüber, ob sich auch das ihm so günstig angebotene „Luxusbad“ sinnvoll in das renovierte Bad integrieren lässt. Schließlich entscheidet er sich dagegen, da er nicht rechtzeitig herausfinden kann, ob die dafür notwendigen Umbauarbeiten zu bewältigen und zu finanzieren sind, und hält an seinem ursprünglichen Plan fest, eine klassische längliche Badewanne zu kaufen.
Als Konstantin eine Woche später wieder das Sanitärfachgeschäft aufsucht, fällt ihm auf, dass das „Luxusbad“ immer noch im Preis heruntergesetzt ist. Wie ihm ein anderer Mitarbeiter des Geschäfts mitteilt, versuche man schon länger, diese „riesigen Kübel“ loszuwerden und biete sie deshalb erheblich reduziert an – bis alle aus dem Lager seien.
Im genannten Beispiel hat der (erste) Mitarbeiter, dessen Aussagen dem Verkäufer, d.h. dem Inhaber des Sanitärfachgeschäfts zuzurechnen sind, gegen Klausel Nr. 7 verstoßen. Wie sich somit zeigt, ist für einen Verstoß nicht erforderlich, dass der Kunde das Produkt kauft. Es reicht aus, dass der Verkäufer durch seine Lüge, das Produkt sei nur für einen kurzen Zeitraum (so günstig) erhältlich, in eine Drucksituation bringt und dieser deshalb keine informierte Entscheidung treffen kann. Zwar hat sich Konstatin im vorliegen Fall noch innerhalb genannten Verkaufszeitraums Gedanken über das Produkt machen können, doch konnte er keine informierte Entscheidung treffen.
Anzumerken ist zudem, dass der Verkäufer nicht gegen Klausel Nr. 7 verstoßen hätte, wenn das Bad tatsächlich nur bis zum Ende des nächsten Tages vergünstigt erhältlich gewesen wäre. Denn die Vorschrift will – wie bereits erwähnt – nicht sanktionieren, dass Produkte für einen (sehr) kurzen Zeitraum günstig angeboten werden, sondern nur verhindern, dass Verkäufer bei Kunden wahrheitswidrig einen solchen Eindruck erwecken.
Fazit
Der Kunde wird geschützt. Die Verkäufer sollen nur das tun, was lautere Kaufleute, die einen guten Umgang mit ihren Kunden pflegen, tun: wahrheitsgemäß und ehrlich über die angebotenen Produkte sowie deren Konditionen informieren. Es sollte selbstverständlich sein, dass ein Verkäufer nicht darüber täuschen darf, wie lange das Produkt zu dem angebotenen Preis gekauft werden kann. Und für die meisten Händler ist dies auch eine Selbstverständlichkeit. Daher dürfte die Vorschrift in der Praxis kaum eine nennenswerte Rolle spielen. Sie fordert nur dasjenige ein, was die meisten Verkäufer sowieso schon beachten. Und für diejenigen, die dies nicht tun, ist sie ein geeignetes Abschreckungsmittel.
In der nächsten Woche erfahren Sie mehr über Klausel Nr. 8!
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