"Bewertung Anfordern“-Button auf Amazon: Rechtssichere Verwendung möglich?
Seit Ende 2019 stellt Amazon Händlern eine neue Funktion bereit. Über die sog. Seller Central können Händler über Amazon eine standardisierte Bewertungsanfrage für abgeschlossene Transaktionen an den Käufer versenden. Als Absender tritt hierbei Amazon selbst auf. Warum die neue Funktion aber mit Vorsicht zu genießen ist und Händler sie im Zweifel selbst rechtlich verantworten müssen, beantworten wir in der heutigen Frage des Tages.
Inhaltsverzeichnis
- I. Bewertungsaufforderungen nur mit entsprechender Einwilligung zulässig
- II. Vorliegen von Einwilligung gegenüber Amazon fraglich
- 1.) Unzureichende Einwilligungskategorien
- 2.) Einwilligung überhaupt Kriterium für den Mailversand durch Amazon?
- III. Amazon als Absender: Händler nicht von Haftung befreit
- IV. Fazit
I. Bewertungsaufforderungen nur mit entsprechender Einwilligung zulässig
Aufforderungen zur Abgabe einer Bewertung für ein Produkt oder einen Verkauf, die per E-Mail versendet werden, stellen immer tatbestandliche Werbung dar. Sie dürfen daher grundsätzlich nur versendet werden, wenn der Empfänger in ihren Erhalt zuvor ausdrücklich eingewilligt hat. Dies ergeht aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
Nutzt ein Händler die neue Amazon-Funktion unter Betätigung des Buttons „Bewertung anfordern“, wird über die Systeme von Amazon automatisiert eine Bewertungsanfrage für das verkaufte Produkt generiert und an die für die Transaktion maßgebliche Mailadresse des Käufers versandt.
Rechtlich stellt dies mithin die Zusendung von Mail-Werbung dar, für deren Zulässigkeit eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Käufers vorliegen muss.
Absender der Bewertungsanfragen ist allerdings Amazon und nicht der Händler selbst.
II. Vorliegen von Einwilligung gegenüber Amazon fraglich
Inwiefern Amazon sich für den Versand der Bewertungsanfragen über den Button „Bewertung Anfordern“ auf hinreichende ausdrückliche Einwilligungen der registrierten Käufer stützen kann, ist allerdings mehrfach fraglich.
1.) Unzureichende Einwilligungskategorien
In ihren Mail-Einstellungen („Kommunikationseinstellungen“) können bei Amazon registrierte Käufer zwar verschiedene Themen auswählen, zu denen sie per Mail informiert werden möchten. Unter anderem existieren hier Kategorien wie „Umfragen und Feedback“ sowie „Verkäufer-Feedback“.
Selbst aber, wenn ein Kunde diese Kategorien akzeptiert hätte, ist mehr als fraglich, ob die Häkchensetzung auch als Einwilligungserteilung für den Erhalt von Bewertungsanfragen gelten kann. Eine Einwilligung für Werbemails muss, um wirksam zu sein, nämlich unter Kenntnis der konkreten zu erwartenden Inhalte und thematischen Schwerpunkte abgegeben werden.
Vernünftigerweise dürften Amazon-Käufer selbst bei Aktivierung der beiden in Frage kommenden Kategorien aber nicht mit dem Erhalt von Bewertungsanfragen rechnen. „Verkäufer-Feedback“ deutet nämlich an, dass die akzeptierten Mails vom Verkäufer stammen, während „Umfragen und Feedback“ zu generell gehalten sind und eher einen Bezug zu den Leistungen von Amazon, nicht aber denen des Händlers nahelegen.
Auch bei Opt-In in die besagten Mailkategorien ist die Annahme einer Einwilligung auch in Bewertungsanfragen rechtlich also sehr zweifelhaft.
2.) Einwilligung überhaupt Kriterium für den Mailversand durch Amazon?
Unabhängig von der Frage, ob die derzeitigen Einwilligungsmöglichkeiten auf Amazon auch den Erhalt von Bewertungsanfragen abdecken, ist bislang nicht klar, ob Amazon diese Anfragen überhaupt von Einwilligungen abhängig macht.
Nicht nachvollzogen werden kann derzeit, ob das Setzen von Häkchen in den benannten Mail-Kategorien überhaupt Kriterium dafür ist, dass Amazon über den Button ausgelöste Anfragen versendet oder den Versand unterlässt.
Mithin besteht derzeit ein Risiko also auch deswegen, weil für den Händler nicht transparent ist, ob Amazon überhaupt eine (irgendwie gelagerte) Kundeneinwilligung voraussetzt.
III. Amazon als Absender: Händler nicht von Haftung befreit
Amazon bewirbt seine neue „Bewertung anfordern“-Funktion maßgeblich damit, dass Amazon selbst als Mailabsender auftrete und Händler bei der Verwendung der Funktion insofern „abgesichert“ seien.
Dies ist rechtlich allerdings kaum haltbar.
Die „Bewertung Anfordern“-Funktion ist rechtlich mit der sogenannten „Tell a friend“-Werbung gleichzusetzen, die ebenfalls im Hause Amazon propagiert wurde. Bei der „Tell a friend“-Werbung konnte ein Interessent den Artikel eines Händlers unter Eintragung einer fremden Mailadresse einer anderen Person empfehlen. Absender war auch hier Amazon.
Die deutsche Rechtsprechung (etwa das OLG Hamm, Urteil vom 09.07.2015 , Az.: I-4 U 59/15) nahm aber die Händler wettbewerbsrechtlich in die Pflicht, weil der maßgebliche Anknüpfungspunkt der Werbung ihre Angebote waren. Händler mussten sich also das Verhalten von Amazon bzw. die Mail-Urheberschaft von Amazon so zurechnen lassen, als hätten Sie die Werbemails selbst versandt. Fehlte beim Empfänger eine Einwilligung, haftete auch der Händler nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG für den Spam.
In einer früheren Grundsatzentscheidung nahm auch der BGH an, dass fremdvermittelten Werbemails immer demjenigen zuzurechnen seien, in dessen Interesse die Werbung versendet wird.
Wendet man diese rechtlichen Parallelen mit den dazugehörigen Grundsätzen auf die „Bewertungs-Anfordern“-Funktion von Amazon an, liegt nahe, dass der Händler für einwilligungslose Bewertungsanfragen zur Verantwortung gezogen werden kann. Immerhin ergeht die Anfrage für ein von ihm vertriebenes Produkt und kommt damit unmittelbar auch ihm zugute.
Dass sich Amazon als Absender präsentiert, dürfte insofern kaum relevant sein.
IV. Fazit
Die neue Amazon-Schaltfläche „Bewertung anfordern“ für Amazon-Händler erhebliche rechtliche Risiken. Die von Amazon auf Betätigung der Schaltfläche hin versendeten Mails gelten als Werbung und sind nur zulässig, wenn der jeweilige Käufer in deren Erhalt eingewilligt hat.
Zwar ist Amazon Absender der Mails. Händler werden sich das Handeln von Amazon rechtlich aber zurechnen lassen müssen, da die Werbung (auch) ihren wirtschaftlichen Interessen dient.
Ob Amazon wirksame Einwilligungen von registrierten Käufern einerseits einholt und eine irgendwie gelagerte Einwilligung für den Mailversand überhaupt voraussetzt, ist aber nach derzeitigem Stand fraglich.
Händlern wird daher empfohlen, aus Gründen der Rechtssicherheit auf die Verwendung der „Bewertung Anfordern“-Funktion auf Amazon zu verzichten.
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2 Kommentare
spannender Artikel, danke dafür!
Wenn man nun die Ausgangssituation folgendermaßen ändert. Und zwar Versand von Bewertungsaufforderungen über ein Tool (zB. Helium 10 Follow Up) .
Die Nachricht wird über eine von Amazon verifizierte Emailadresse des Tools versandt und landet im AMZ Käufer-Verkäufer-Nachrichtenpostfach.
Wie würden Sie diesen Versand von Bewertungsaufforderungen einschätzen? Danke, Moritz von Wardenburg
sehr interessanter Artikel.
Gibt es dann für Verkäufer auf Amazon überhaupt einen rechtsicheren Weg ein Verkäuferfeedback anzufragen? Als Beispiel habe ich darüber nachgedacht nach der Bestellung eine E-Mail zu versenden um nachzufragen ob mit dem Produkt/Bestellung alles in Ordnung war und in diesem Zuge um die Abgabe eines Feebacks bitte.
Vielen Dank für die Klarstellung. Viele Grüße, Philipp