Amazon: A-bis-z-Garantie deckt nun auch Personen- und Sachschäden ab
Wer bei Amazon verkauft, dürfte bereits leidgeprüft in Sachen der von Amazon angebotenen A-bis-z-Garantie sein: Der Kunde bekommt, stellt er einen dahingehenden Antrag, in den meisten Fällen „Recht“ und Amazon nimmt eine Erstattung vor. Die Verkäuferinteressen kommen bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht selten zu kurz. Nun droht neuer Ärger, da der Umfang der Garantie kürzlich erweitert worden ist.
Worum geht es heute?
Amazon will bekanntlich der kundenfreundlichste Anbieter der Welt sein. Dieser Anspruch betrifft auch dritte Verkäufer, die über den Amazon Marketplace handeln, und nicht nur Amazon selbst. Denn Amazon überträgt seine sehr käuferfreundlichen Grundsätze nahezu vollständig auf Händler, die via Marketplace verkaufen.
Kauft ein Amazon-Nutzer via Amazon bei einem Drittverkäufer, wird der Käufer durch die A-bis-z-Garantie abgesichert, seit über 20 Jahren.
Das geschieht bereits jetzt schon oft zum Leidwesen der dort aktiven Seller. Denn in einer Vielzahl von Fällen kann man den Eindruck gewinnen, dass Amazon dabei um jeden Preis das Ansinnen des Käufers über die Interessen des betroffenen Händlers stellt.
Die von Amazon angebotene Garantie schützt(e) Käufer insbesondere in den Fällen, in denen die Ware nicht, verspätet, beschädigt, unvollständig, nicht im beschriebenen Zustand oder sonst mangelhaft beim Kunden eintrifft.
Beantragt ein Käufer Schutz im Sinne der A-bis-z-Garantie, entscheidet Amazon in den in sehr vielen Fällen zugunsten des Käufers (und damit zugleich zulasten des Verkäufers).
Über die Jahre wurde der IT-Recht Kanzlei von etlichen Fällen berichtet, in denen trotz evidenter Zweifel an der Berechtigung der Reklamation des Kunden dennoch eine Entscheidung zugunsten des Käufers getroffen wurde.
Der Verkäufer muss dann die Ware zurücknehmen und „verliert“ die Zahlung des Kunden an Amazon bzw. steht in manchen Fällen dann sogar ohne Ware und ohne Kaufpreis dar, ist dann also maximal geschädigt.
Aus diesem Grund fürchten viele Amazon-Seller A-bis-z-Garantieanträge, da auch bei durchgreifenden Argumenten bzw. Nachweisen kaum gegen die überbordende Kundenfreundlichkeit Amazons anzukommen ist.
Nun wurde der Schutzumfang der Garantie erweitert, was vielen Amazon-Händlern nicht besonders gefallen dürfte.
Erweiterung der Garantie auf Sach- und Personenschäden
Amazon teilte Ende Mai 2024 mit, dass die A-bis-z-Garantie nun auch Kunden in Bezug auf solche Sach- und Personenschäden absichert, welche diese durch Produkte erleiden, die via Amazon bei einem Marketplace-Händler gekauft wurden.
Mit anderen Worten: Ist ein von einem Marketplace-Seller verkauftes Produkte fehlerhaft und entsteht dem Käufer hierdurch ein Schaden an seinem Körper oder einer dritten Sache – die A-bis-z-Garantie soll es dann richten.
Beispielhaft: Färbt die via Amazon gekaufte, bunte Wolldecke auf die weiße Ledercouch des Kunden ab, so dass deren Leder dauerhaft verfärbt ist, liegt ein Sachschaden vor. Geht der bei Amazon gekaufte Akku für den E-Scooter beim Laden in Flammen auf und der Käufer erleidet beim Löschversuch eine Rauchgasvergiftung, liegt ein Personenschaden vor.
Derlei Schäden können Amazon-Käufer nun über die Ende Mai 2024 erweiterte A-bis-z-Garantie regulieren lassen.
Laut Amazon solle die Garantie Kunden nunmehr auch für den seltenen Fall schützen, dass ein bei Amazon gekauftes, fehlerhaftes Produkt zu Sach- oder Personenschäden führt. Die Abwicklung solcher Schäden über die von Amazon angebotene A-bis-z-Garantie soll dabei „einfach und unkompliziert“ gestaltet werden. Sollte ein solcher Schaden eintreten, können sich Amazon-Kunden nun direkt an den Amazon-Kundenservice wenden.
Es ist davon auszugehen, dass Amazon auch in diesen beiden neuen Punkten der A-bis-z-Garantie äußerst kundenfreundlich (und damit spiegelbildlich händlerfeindlich) agieren wird.
Dabei steht zudem zu befürchten, dass „professionelle“ Kunden Mittel und Wege finden könnten, entweder Erstattungen für gar nicht existente bzw. nicht kausal vom gekauften Produkt ausgelöste Schäden „abzugreifen“ oder aber für minimale Schäden überzogene Erstattungen herauszuholen.
Amazon wird sich in Bezug auf die Ersatzleistung vermutlich beim betroffenen Händler schadlos halten.
Auch könnte damit ein „neues Feld“ für die aktuell schon oft erfolgenden Amazon-Kontosperrungen eröffnet werden. Denn wenn Amazon befürchtet, dass ein Händler ein unsicheres Produkt vertreibt, aus welchem Haftungsrisiken für Amazon im Rahmen der A-bis-z-Garantie erwachsen, wird Amazon geneigt sein, den weiteren Vertrieb des Produkts zu unterbinden.
Kennen Sie schon die Option „Kontoschutz“ der IT-Recht Kanzlei, durch Sie sich im Falle einer künftigen Sperrung Ihres Verkaufsaccounts auf einer deutschsprachigen Verkaufsplattform anwaltliche Beratung sichern können?
Was heißt das nun für Amazon-Seller?
Für die bei Amazon tätigen Händler dürfte der Stress mit A-bis-z-Garantieanträgen durch den erweiterten Schutzumfang perspektivisch weiter zunehmen.
Generell sollten Verkäufer von Produkten, die typischerweise Sach- und/ oder Personenschäden verursachen können, im eigenen Interesse eine Produkthaftpflichtversicherung unterhalten, da gerade bei Personenschäden schnell Summen erreicht werden können, die Händler in finanzielle Bedrängnis bringen können.
Amazon schreibt Händlern unter bestimmten Voraussetzungen sogar vor, eine solche Haftpflichtversicherung zu unterhalten.
Dazu heißt es in der o.g. Nachricht von Amazon:
Um bei Amazon zu verkaufen, müssen Sie eine gültige gewerbliche Haftpflichtversicherung abschließen und diese beibehalten, sobald in einem Monat der Bruttoumsatz Ihrer Transaktionen die geltenden Versicherungspflichtgrenze für Verkäufe überschreitet. Wir können auch jederzeit auf Sie zukommen und Sie bitten, diese Informationen vorzulegen. Weitere Informationen zur Versicherungspflichtgrenze finden Sie im Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag.
Die Auszahlungsmodalitäten in Bezug auf die erweiterte A-bis-z-Garantie klingen jedoch bereits wieder stark nach einer „Lex Amazon“. Dazu heißt es in der Information:
Bei Anträgen unter 1.000 € bzw. 1.000 £, die nachweislich auf ein fehlerhaftes Produkt zurückzuführen sind, zahlen wir nach unserem Ermessen eine Erstattung direkt an den Käufer. Wir informieren Sie, sobald ein Antrag bearbeitet wurde und Sie in Seller Central unter A-bis-Z-Garantieanträge verwalten den Status des Antrags einsehen können. Solange Sie einen gültigen Versicherungsnachweis vorlegen und sich an unsere Richtlinien halten, verlangen wir keine Erstattung von Ihnen oder Ihrer Versicherung.
Bei Anträgen über 1.000 € bzw. 1.000 £ werden wir oder unser externer Verwalter Sedgwick mit Ihnen gemeinsam den Antrag überprüfen und die Erstattung an den Käufer auszahlen.
Hier steht leider zu befürchten, dass Amazon bis zu einem Betrag von 1.000 Euro im Zweifel nach eigenem Gusto entscheiden wird, ob der Käufer eine Erstattung erhält.
Fazit:
Die Erweiterung des Anwendungsbereichs der A-bis-z-Garantie dürfte nicht für Begeisterung bei den Händlern, die über Amazon verkaufen, sorgen.
So schön die Ankündigung Amazons klingt, dass sich durch die Abwicklung von Sach- und Personenschäden über einen Garantieantrag bei Amazon künftig die Beteiligten Aufwand, Zeit und Geld sparen würden, so real könnte die Befürchtung werden, dass Amazon – wie auch bisher schon – in vielen Fällen über die Köpfe der Händler hinweg entscheiden wird.
Im Endeffekt werden die Händler bzw. deren Versicherungen die Zeche für geleistete Erstattungen bezahlen müssen.
Denn wie schon beim bisherigen Garantieumfang wird es auch in Bezug auf die Erweiterung Käufer geben, die sich etwas verschaffen wollen, was ihnen eigentlich gar nicht zusteht.
Und je dreister bzw. gewiefter entsprechende Versuche ablaufen, umso schwerer und aufwändiger wird es auch für Amazon, diese zu erkennen und erfolgreich abzuwehren. Wenngleich Amazon angekündigt hat, entsprechende Systeme zur Vorbeugung bzw. Erkennung von Missbrauch und Betrug einzusetzen, bleibt abzuwarten, wie wirksam diese in der Praxis sein werden.
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