Bundesgerichtshof entscheidet über die Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Pay-TV-Verträgen

Bundesgerichtshof entscheidet über die Wirksamkeit Allgemeiner      Geschäftsbedingungen in Pay-TV-Verträgen

Die Beklagte, Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG, bietet über einen so genannten Pay-TV-Sender bundesweit Bezahlfernsehen an. Ihre Kunden empfangen private Fernsehprogramme im Abonnement gegen Entgelt; die Abonnementpakete variieren nach Inhalt, Umfang und Laufzeit.

 

Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, beanstandet unter anderem folgende von der Beklagten verwendete Klauseln:
/"1.3… 2 Unabhängig davon behält sich Premiere vor, das Programmangebot, die einzelnen Kanäle, die Nutzung der einzelnen Kanäle sowie die Zusammensetzung der Programmpakete zum Vorteil der Abonnenten zu ergänzen, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu verändern. …

3.61 Premiere kann die vom Abonnenten monatlich zu zahlenden Beträge erhöhen, wenn sich die Kosten für die Bereitstellung des Programms erhöhen. … 3 Der Abonnent ist berechtigt, den Vertrag auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung zu kündigen, wenn die Erhöhung 5 % oder mehr des ursprünglichen Abonnementpreises ausmacht. …

6.51 Premiere behält sich vor, bei einer Änderung/Umstrukturierung des Programmangebots die Abonnementbeiträge abweichend von Ziffer 3.6 zu ändern. 2 In diesem Fall ist (der Abonnent/)Premiere berechtigt, das Abonnement zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der geplanten Änderung schriftlich zu kündigen. 3 Stimmt der Abonnent der Leistungsänderung zu, kann Premiere die Preisstruktur anpassen, ohne dass dies ein Kündigungsrecht des Abonnenten auslöst."/

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 15. November 2007 III ZR 247/06) hat diese Klauseln als unwirksam angesehen.

Der weit gehende Vorbehalt zur Änderung des Programmangebots (Nummer 1.3) sei bereits deshalb unzulässig, weil er sich nicht auf bestimmte und triftige Gründe beziehe. Die Beschränkung auf Programmänderungen "zum Vorteil der Abonnenten" gewährleiste für den Kunden nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit und Transparenz. Der Abonnent, der aus dem breiten Angebot der Beklagten ein seinen individuellen Wünschen und Bedürfnissen entsprechendes Programmpaket auswähle, könne bei Vertragsschluss nicht absehen, welche Programmänderungen er nach Vertragsbeginn ohne seine Zustimmung hinzunehmen hätte. Für die Zumutbarkeit des Leistungsänderungsvorbehalts genüge es nicht, dass sich eine Programmänderung für die Mehrheit der Abonnenten vorteilhaft auswirke.

Die Befugnis zur Preiserhöhung für den Fall der Erhöhung der Bereitstellungskosten (Nummer 3.6) benachteiligt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Abonnenten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Diese Preisanpassungsklausel sei schon zu unbestimmt, weil sie ganz allgemein an eine Erhöhung der nicht näher umschriebenen Bereitstellungskosten anknüpfe und weder die Voraussetzungen noch den Umfang einer Preiserhöhung näher regele. Für den Abonnenten sei deshalb weder vorhersehbar, in welchen Bereichen Kostenänderungen auftreten können, noch habe er eine realistische Möglichkeit, etwaige Preiserhöhungen anhand der Klausel auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen. Die Unangemessenheit der Preisanpassungsklausel werde nicht dadurch kompensiert, dass dem Abonnenten ein Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt werde, dass die Preiserhöhung 5 % oder mehr des ursprünglichen Abonnementpreises ausmache. Wenn eine Konkretisierung der Anpassungsmaßstäbe wegen der Besonderheit der Vertragsbeziehung auf unüberwindbare Schwierigkeiten stoße, könne im Einzelfall ein angemessener Interessenausgleich dadurch erreicht werden, dass dem Vertragspartner ab einem bestimmten Umfang der Preissteigerung ein Kündigungsrecht eingeräumt werde. Einen solchen Ausnahmefall hielt der Bundesgerichtshof nicht für gegeben.

Der Vorbehalt zur Preisanpassung bei einer Änderung/Umstrukturierung des Programmangebots (Nummer 6.5 Satz 1) bedeute für die Abonnenten ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung. Diese Klausel erlaube eine einseitige Preisänderung durch die Beklagte, ohne dass der Abonnent aus der Formulierung der Klausel ersehen könne, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen könnten und nach welchen Maßstäben die Preise erhöht würden. Zudem mache die Bestimmung eine einseitige Preiserhöhung allein von einer Änderung oder Umstrukturierung des Programmangebots abhängig und stelle damit Anlass und Ausmaß einer Preiserhöhung in das Belieben der Beklagten. Das den Abonnenten eingeräumte Kündigungsrecht (Nummer 6.5 Satz 2) schaffe schon deshalb keinen angemessenen Ausgleich, weil willkürliche Preisanhebungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Das für diesen Fall im Gegenzuge auch der Beklagten eingeräumte Kündigungsrecht weiche von dem gesetzlichen Grundgedanken ab, wonach eine außerordentliche Kündigung nur zulässig sei, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Auch der Preisänderungsvorbehalt unter Nummer 6.5 Satz 3 genügt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht den Anforderungen an eine zulässige Preisanpassungsklausel, weil er nur an eine Zustimmung des Abonnenten zur Leistungsänderung anknüpfe und kein Einverständnis mit der anschließenden Preisänderung erfordere.

Quelle: Pressemitteilung des BGH

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Bildquelle:
Urs Mücke / PIXELIO

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