Neue Serie der IT-Recht-Kanzlei: Das deutsche Urheberrecht nach seiner Novellierung aus IT-rechtlicher Sicht (Teil 3: Die allgemeinen Verwertungsrechte)

Neue Serie der IT-Recht-Kanzlei: Das deutsche Urheberrecht nach seiner Novellierung aus IT-rechtlicher Sicht (Teil 3: Die allgemeinen Verwertungsrechte)
22.02.2010 | Lesezeit: 7 min

Die zahlreichen Änderungen des Urhebergesetzes, die nach der am 01.01.2008 in Kraft getretenen Novellierung des Urheberrechts (zweiter Korb) erlassen worden sind, veranlassten die IT-Recht-Kanzlei zur Überarbeitung und erneuten Veröffentlichung dieser Serie. Von den Gesetzesänderungen sind insbesondere alle Urheber, Verwerter und Nutzer von digitalen Werken betroffen. Der Aufklärungsbedarf ist weiterhin groß. Die IT-Recht-Kanzlei will mit der neuen Serie das Urheberrecht samt der Änderungen, insbesondere aus IT-rechtlicher Sicht, darstellen. Der folgende Beitrag (Teil 3) beschäftigt sich mit den allgemeinen Verwertungsrechten.

I. Begriff

Die Verwertungsrechte sind die Rechte, die das Urheberrecht dem Urheber zuerkennt, um ihn in die Lage zu versetzten, sein Werk alleine und ausschließlich in jeglicher Art und Weise zu verwerten. Sie werden Nutzungsrechte, wenn sie einem anderen eingeräumt werden. Sie sollen die wirtschaftliche Position des Urhebers sichern und verhindern, dass Dritte das Werk unberechtigt nutzen und verwerten.

Das UrhG unterscheidet im Bereich der Verwertungsrechte zwischen der Verwertung i*n körperlicher* (§ 15 Abs. 1 UrhG) und in unkörperlicher Form (§ 15 Abs. 2 UrhG) . Die körperliche Verwertung befasst sich in Abgrenzung zu der unkörperlichen Verwertung unmittelbar mit dem Werk als solchem im Original oder als Vervielfältigungsstück. Für Computerprogramme weist § 69c UrhG gesondert Verwertungsrechte (siehe Beitrag:*Verwertungsrechte an Computerprogrammen* ) aus.

II. Recht zur körperlichen Verwertung

Zu den Rechten zur körperlichen Verwertung gehören:

- Das Vervielfältigungsrecht gemäß § 16 UrhG. Dieses besagt, dass es zunächst nur dem Urheber erlaubt ist, Vervielfältigungsstücke eines Werkes, gleich in welchem Verfahren und in welcher Form, herzustellen. Diese Vervielfältigung muss jedoch auf einem festen Medium erfolgen, zum Beispiel auf einer CD.

Beispiel für Vervielfältigungen.

Anfertigung von vielen Druckexemplaren einer Zeitung oder eines Buches, Fotokopien, Fabrikationen der Ton- und Bildträgerindustrie (Kassetten, CDs, Schallplatten, Videokassetten usw.) sowie Mitschnitte von Fernsehsendungen.

Nach aktueller Rechtsprechung ist aber auch in der Digitalisierung von Werken (z.B. durch Scannen) eine Vervielfältigungshandlung zu sehen. Durch die Digitalisierung verlieren die Werke zwar ihre eigentliche körperliche Form, das Werk an sich verändert sich jedoch nicht. Außerdem dient die digitale Festlegung im Sinne des § 16 UrhG der mittelbaren Wahrnehmung des Werkes.

  • Das Verbreitungsrecht gemäß § 17 UrhG. Dieses ist das Recht „das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Der Begriff der Öffentlichkeit wird in § 15 Abs. 3 UrhG definiert. Demnach ist die Wiedergabe eines Werkes für den Gesetzgeber öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist. Das gilt nicht für einen abgegrenzten Personenkreis, dessen Mitglieder durch eine persönliche Beziehung untereinander verbunden sind.
  • Das Ausstellungsrecht gemäß § 18 UrhG. Dieses ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines unveröffentlichten Werkes der bildenden Künste oder eines unveröffentlichten Lichtbildwerkes öffentlich zur Schau zu stellen. Als körperliches Verwertungsrecht ist es insbesondere im Bereich der bildenden Kunst von Bedeutung. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass immer streng zwischen dem Eigentum am Werk und der Ausübung von Nutzungsrechten zu unterscheiden ist. Der Eigentümer eines Werkes ist allein aufgrund der Tatsache, dass er das Eigentum an dem Werk erworben hat, grundsätzlich nicht zur Ausübung urheberrechtlicher Befugnisse berechtigt (§ 44 Abs. 1 UrhG) . Er ist jedoch zur Ausstellung berechtigt, wenn nichts anderes vereinbart wurde.
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III. Das Recht zur unkörperlichen Verwertung

Zu den Verwertungsrechten in unkörperlicher Form gehört:

- Das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht gem. § 19 UrhG. Das Aufführungsrecht ist das Recht, ein Werk der Musik durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen oder ein Werk öffentlich bühnenmäßig darzustellen (§ 19 Abs. 2 UrhG) .

Es muss sich dabei um eine persönliche Darbietung in der Öffentlichkeit, d. h. vor anwesenden Zuschauern bzw. Zuhörern handeln oder um Darbietungen, die per Bildschirm oder Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar gemacht werden (§ 19 Abs. 3 UrhG) .

Das Vorführungsrecht ist das Recht, ein Werk der bildenden Künste, ein Lichtbildwerk, ein Filmwerk oder Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art durch technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen. Das Vorführungsrecht umfasst nicht das Recht, die Funksendung solcher Werke öffentlich wahrnehmbar zu machen (§§ 22 i.V.m. 19 Abs. 4 UrhG) .
Auch beim Vorführungsrecht findet die Darbietung des Werkes vor einem anwesenden Publikum statt. Jedoch handelt es sich hierbei nicht um eine persönliche Darbietung, sondern um eine Darbietung durch technische Einrichtungen, z. B. Vorführgeräte in einem Kino, usw.. Vom Vorführungsrecht ist das Senderecht abzugrenzen.

  • Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gem. § 19a UrhG. Dieses ist ein Recht, das durch das*Internet* erforderlich wurde. Es gewährt dem Urheber das ausschließliche Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos in der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Voraussetzung ist, dass das Werk den Mitgliedern der Öffentlichkeit unabhängig von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Das Verwertungsrecht der öffentlichen Zugänglichmachung knüpft allein an das Bereitstellen für die Öffentlichkeit an; auf die „Öffentlichkeit“ der einzelnen Abfrager kommt es nicht an.
  • Das Senderecht gem. § 20 UrhG. Das Senderecht ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Drahtfunk oder ähnliche technische Einrichtungen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Funksendungen fallen dementsprechend nicht unter das Vorführungsrecht (§ 19 Abs. 4 UrhG) . Während beim Vorführungsrecht das Auditorium die Darbietung des Werkes gemeinsam wahrnimmt, muss das bei Funksendungen nicht der Fall sein.

Es ist nicht entscheidend, ob das Werk auch tatsächlich in der Öffentlichkeit empfangen wird.

Zum Senderecht zählen der digitale und analoge terrestrische Rundfunk in gleicher Weise wie die Satelliten- oder die Kabelsendung. § 20a UrhG weist europäischen Satellitensendungen den Ort der Verwertungshandlung zu. Zunächst stellt er in Abs. 1 auf den aussendenden Mitgliedstaat der Europäischen Union ab (sog. Sendelandtheorie). Ist der aussendende Staat nicht von Abs. 1 erfasst, dann gilt nach Abs. 2 primär der Mitgliedstaat, in dem die Erdsendefunkstation liegt, und sekundär der Mitgliedstaat, in dem das Sendeunternehmen seine Niederlassung hat, als Ort der Verwertungshandlung

  • Das Recht zur Kabelweitersendung gem. § 20b UrhG. Dieses ist das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme weiterzusenden. Es ist ein selbständiges Nutzungsrecht, welches sich aus dem Senderecht nach § 20 UrhG ableitet und kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Aufgrund dieser Vorschrift sind weitersendende Unternehmen nicht gezwungen, die einzelnen Urheberrechte an den weitergesendeten Programmteilen gesondert zu erwerben.
  • Das Recht der Wiedergabe von Funksendungen gem. § 22 UrhG. Dieses ist das Recht, Funksendungen des Werkes durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen, im Gegensatz zu dem Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21 UrhG) .

Beispiel

Ladengeschäfte und Gaststätten, die Rundfunksendungen als musikalische Untermalung für ihre Kundschaft im Hintergrund laufen lassen.

- Das Bearbeitungsrecht gem. § 23 UrhG. Bearbeitungen oder sonstige Umgestaltungen eines Werkes dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Eine Bearbeitung ist jedoch zulässig, solange diese nicht öffentlich zugänglich gemacht wird Eine Bildbearbeitung am heimischen PC, um eine Fotografie in ein Desktop-Hintergrundbild zu verwandeln, ist somit erlaubt. Software hingegen darf nicht umgestaltet und bearbeitet werden (siehe § 69c Nr.2 UrhG Verwertungsrechte an Software).

IV. Freie Benutzung

Die Verwertungsrechte finden ihre Schranken in der so genannten freien Benutzung. Die freie Benutzung eines Werkes ist jederzeit möglich (§ 24 UrhG) . Voraussetzung dafür ist, dass das benutzte Werk nicht vollständig, sondern lediglich in umgestalteter Form übernommen wird. Das Werk darf nur als Vorlage, also als Anregung für das neue, selbstständige Werk dienen. Die entliehenen Züge des geschützten älteren Werkes dürfen nicht mehr erkennbar sein Die freie Benutzung von urheberrechtlich geschützten Werken ist unverzichtbar, da jeder Schöpfer von geistigen Inhalten für die Erstellung seiner neuen Werke sich von fremden Werken inspirieren lässt.

Beispiel für freie Benutzung

  • Wiedergabe des Inhalts eines Gedichts in einem Gemälde
  • Parodien und Travestien als Kritik anderer Werke

Beispiel für zustimmungspflichtige Benutzung

  • Übersetzung oder Verfilmung eines Sprachwerkes
  • Fortsetzungen von Literaturwerken (so genannter Serienroman)

Die Rechtsprechung hat für die Abgrenzung der freien Benutzung von der zustimmungspflichtigen Bearbeitung eines Werkes die so genannte „Verblassenstheorie“ entwickelt. So entschied der BGH im Jahre 2003, dass eine Karikatur des Bundesadlers freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG sei.

Er führte aus (BGH, Urteil vom 20.03.2003; Az.:I ZR 117/00):

„Die freie Benutzung eines älteren geschützten Werks setzt voraus, dass angesichts der Individualität des neuen Werks die Züge des benutzten Werks verblassen. Dies geschieht in der Regel dadurch, dass die dem geschützten älteren Werk entlehnten Züge in dem neuen Werk zurücktreten, so dass die Benutzung des älteren Werkes durch das neuere nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint."

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1 Kommentar

A
Armin Haffner 23.02.2010, 09:48 Uhr
Novellierung des UrhG
Von den hier aufgezählten Paragraphen wurden lediglich zwei geändert bzw. neu geschaffen. Deutlich sichtbar ist dies an dem Buchstaben "a", wie etwa bei §19a UrhG. Schade, dass Ihr Artikel gar nicht auf die Neuerungen (wie es der Titel erhoffen lässt) eingeht, sondern eher eine Präsentation des Urhebergesetzes darstellt.

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