Werbung für alkoholische Getränke: Gesundheitsbezogene Werbung wird derzeit abgemahnt
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Leitfaden zum rechtssicheren Verkauf von Wein über das Internet"
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Health-Claims-Verordnung"
A Guinness a day keeps the doctor away: Nicht ohne Grund hat die berühmte irische Brauerei diesen Werbeslogan aufgegeben; nach Maßgabe der Health Claims-Verordnung ist er mittlerweile schlichtweg unzulässig. Und auch weniger berühmte Biermarken sollten so nicht mehr beworben werden, da der Verbraucherzentrale Bundesverband derzeit rigoros mit Abmahnungen gegen gesundheitsbezogene Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit Alkoholischen Getränken vorgeht.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) rühmt sich in einer Pressemitteilung, des Öfteren gegen Werbung für alkoholische Getränke – insbesondere Bier – im Wege der Abmahnung und auch auf dem Rechtsweg vorzugehen, da gesundheitsbezogene Werbung für Getränke mit einem Volumenalkoholgehalt von mehr als, 1,2 % gegen die Health Claims-Verordnung (HCV) verstoße. Konkret genannt wurden etwa folgende Werbeaussagen:
- „Wer moderat Alkohol genießt, ist im Alter weniger gefährdet, an Demenz zu erkranken.“
- „Wer mäßig Alkohol trinkt, verringert die Gefahr, an Alters-Diabetes zu erkranken um rund 30 Prozent.“
- „Bier ist reich an Vitaminen und arm an Kalorien, es regt den Stoffwechsel und die Durchblutung an, stärkt die Knochen und mindert das Herzinfarktrisiko. Manchen Inhaltsstoffen des Hopfens wird sogar nachgesagt, sie könnten das Krebsrisiko mindern.“
- „Eine simple Möglichkeit die Knochen zu stärken und zu erhalten ist: jeden Tag ein Glas Bier trinken […]. Das ist vor allem für Frauen interessant: Osteoporose, einer Schwächung des Knochenbaus, von der verstärkt Frauen in den Wechseljahren betroffen sind, kann durch Bier vorgebeugt werden. Verantwortlich für diese Wirkung des Bieres ist die Gerste, in der das mineralische Silizium enthalten ist.“
Nach einem aktuell vom VZBV erstrittenen Urteil (vgl. LG Berlin, Urt. v. 10.05.2011, Az. 16 O 259/10; nicht rechtskräftig) seien diese Aussagen irreführend für den Verbraucher, insbesondere da sie keine kritische Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen des Bierkonsums erkennen lassen.
Wir raten daher Händlern und Herstellern dringend an, beim Wettstreit um die Gunst des gesundheitsbewussten Trinkers Werbeaussagen zu veröffentlichen, in denen ein Zusammenhang zwischen alkoholischen Getränken und einer gesundheitlich vorteilhaften Wirkung hergestellt wird.
Rechtlicher Hintergrund
Gemäß Artikel 4 III der sog Health-Claims Verordnung dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen. Zudem sind bei Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent nur nährwertbezogene Angaben zulässig, die sich auf einen geringen Alkoholgehalt oder eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder eine Reduzierung des Brennwerts beziehen. Hinweis: Laut Erwägungsgrund 13 der Verordnung sind die in der Nahrungsergänzungsmittelrichtlinie definierten Nahrungsergänzungsmittel, die die in flüssiger Form dargereicht werden und mehr als 1,2 % vol. Alkohl enthalten, nicht von diesem Totalverbot betroffen.
Natürlich gilt Artikel 4 Abs. 3 HCV auch für Werbeaussagen, die im Internet getätigt werden. Die Formulierung, wonach die Getränke keine gesundheitsbezogenen Angaben "tragen" dürfen, beschränkt laut LG Berlin den Verbotsumfang nicht auf Angaben, die dem Lebensmittel unmittelbar anhaften wie bspw. solche auf der Etikettierung (vgl. Urteil vom 10.05.2011, Az. 16 O 259/10):
"Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, dass der Gebrauch des Verbs "tragen" weder dem üblichen juristischen, noch dem üblichen allgemeinen Sprachschatz entsprocht und Raum für Zweifel lässt. Die HCV gilt gemäß Art. 1 Abs. 2 und 3 Absatz. 1 HCV für die Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln und die Werbung dafür. Der beide Anwendungsbereiche einschließende Oberbegriff ist die "Verwendung". Diesen Sprachgebrauch greift Art. 4 Abs. 1 HCV auf. Danach legt die Kommission Nährwertprofile fest, denen die Lebensmittel entsprechen müssen, um gesundheitsbezogene Angaben "tragen" zu dürfen. Außerdem (zweiter Halbsatz) legt sie die Bedingungen fest, unter denen gesundheitsbezogene Angaben "verwendet" werden düfen, was die Werbung einschließt. Dieser Teil bildet den Obersatz, in dem der Anwendungsbereich des gesamten Art. 4 beschrieben ist. Die Absätze 2 bis 4 des Art. 4 HCV enthalten sodann für bestimmte Konstellationen Abweichungen zu Abs. 1, was in Abs.2 einleitend sogar ausrücklich angegeben ist. Abs. 3 enthält eine Ausnahme für alkoholische Getränke, für die ein Totalverbot gesundheitsbezogener Angaben gilt, so dass sich die in Abs. 1 erwähnten Nährwertprofile generell erübrigen. Unter diesen systematischen Voraussetzungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass Art. 4 Abs. 3 HCV auch insoweit eine Ausnahme postulieren wollte, das gesundheitsbezogene Angaben auf den Etiketten alkoholischer Getränke verboten, in der Werbung aber erlaubt sein sollten. Dafür spricht auch der Umstand, dass in Art. 10 Abs. 2 HCV der Begriff des "Tragens" - dort in der Form des "Informationen tragen" - ausdrücklich auf die Werbung bezogen wird, die bestimmte Informationen "tragen" muss, damit gesundheitsbezogene Angaben zulässig sind. Dieser Sprachgebrauch lässt erkennen, dass das Verb "tragen" in der Verordnung synonym für "enthalten" oder "aufeisen" gebraucht wird, wofür auch die französische Fassung mit dem Verb "comporter" (aufweisen) und die spanische Fassund mit dem Verb "figurer" (erscheinen) spricht (OVG Koblenz, Urteil vom 19.08.2009 - 8 A 10579/09-).“
Auch stelle Artikel 4 Absatz 3 der HCV keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Meinungsfreiheit dar (vgl. Urteil des LG Berlin vom 10.05.2011, Az. 16 O 259/10:
„Das Totalverbot betrifft nur kommerzielle Mitteilungen und Werbung. Außerhalb dieses Bereichs darf der Beklagte selbstverständlich über alle, auch positive gesundheitliche Auswirkungen von Alkohol berichten, soweit sie bestehen. Ebenso können Forschungsergebnisse bekannt gegeben werden. Desm Beklagten ist deshalb keineswegs jede Möglichkeit genommen, dem Verbraucher Informationen zu vermitteln, die ihm aus seiner Sicht als nützlich erscheinen. Er darf dies nur nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Produktpäsentation tun.“
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