Änderungen im AGB-Recht: „Schriftformklauseln“ sollten bis zum 01.10.2016 überprüft werden
Das neue Gesetz „Gesetzt zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“ ist bereits seit dem 24.02.2016 in Kraft und erfordert ab dem 01.10.2016 die Anpassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die Schriftformklauseln enthalten. Die Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei sind hiervon selbstverständlich nicht betroffen.
Neue unzulässige AGB-Klauseln
Im Rahmen der AGB-Kontrolle gibt es einen in § 309 BGB festgelegten Katalog von Klauseln, die in jedem Fall unzulässig sind. Dieser Katalog wurde durch die Gesetzesänderung derart ergänzt, dass auch einige Online-Händler gezwungen sein werden ihre AGB entsprechend anzupassen. Eine der Änderungen betrifft § 309 Nr. 13 BGB.
§ 309 Nr. 13 BGB lautet ab dem 01.10. 2016 wie folgt:
„Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam...
Nr. 13. (Form von Anzeigen und Erklärungen)
... eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem
Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werdena) an eine strengere Form als die schriftliche Form in
einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oderb) an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in
Buchstabe a genannten Verträgen oderc) an besondere Zugangserfordernisse.“
Textform statt Schriftform
Im Klartext bedeute das, dass zumindest all diejenigen AGB-Klauseln von der Gesetzesänderung betroffen sind, die vorsehen, dass für die Ausübung eines Rechts (z.B. der Kündigung) mehr als die Einhaltung der Textform erforderlich ist. Das Erfordernis der Schriftform ist zukünftig nur noch für Verträge zugelassen, die der notariellen Beurkundung bedürfen.
Auch das Aufstellen anderer Zugangserfordernisse als die, die sich durch das zur Einhaltung der Textform gewählte Medium (Brief, Fax, E-Mail) ergeben, ist ab dem 01.10.2016 unzulässig.
Der Unterschied zwischen Text- und Schriftform
Gem. § 126 BGB erfordert die Schriftform, dass eine Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird.
Bei der Textform ist gem. § 126 b BGB eine lesbare Erklärung ausreichend, die die Person des Erklärenden erkennen lässt und auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Der Unterschied zur Schriftform besteht demnach darin, dass die Erklärung nicht vom Erklärenden eigenhändig unterzeichnet werden muss. Damit reicht auch eine E-Mail ohne elektronische Signatur oder ein Fax aus, um die Anforderungen des § 126 b BGB zu erfüllen.
Für die durch Rechtsgeschäft, also durch Vertrag vereinbarte Schriftform galten schon immer die Erleichterungen des § 127 Abs. 1, 3 BGB, nach welchen eine eigenhändig unterschriebene Erklärung gerade nicht erforderlich ist. Ein individualvertraglich vereinbartes Schriftformerfordernis ist demnach de facto ein Textformerfordernis und bereits dann erfüllt, wenn die Voraussetzungen des § 126 b BGB vorliegen.
Damit, sich als AGB-Verwender auf das Argument zurückzuziehen, dass eine durch AGB vereinbarte Schriftform wegen § 127 Abs. 2 BGB tatsächlich eine Textform i.S.d. § 126 b BGB ist, ist jedoch Vorsicht geboten.
Viele Verbraucher gehen bei vereinbarter „Schriftform“ davon aus, dass für die Ausübung ihrer Rechte eine eigenhändig unterschriebene Erklärung erforderlich ist, weil ihnen die Regelung des § 127 Abs. 2 BGB nicht bekannt ist. Mit diesem Irrtum wollte der Gesetzgeber durch die Novellierung des § 309 Nr. 13 BGB laut Gesetzesbegründung gerade aufräumen. Ausdrücklich erklärtes Ziel des Gesetzgebers ist es, es dem Verbraucher zu ermöglichen einfach feststellen zu können, wie die vertraglich vereinbarte Form zu erfüllen ist. § 309 Nr. 13 BGB n.F. könnte demnach so auszulegen sein, dass eine AGB, die eine rechtliche Textform nicht auch als solche bezeichnet, in jedem Fall nichtig ist.
Um unnötige Komplikationen zu vermeiden sollten Händler mit „Schriftformerfordernis“ in ihren AGB die entsprechenden Klauseln jedenfalls eingehend prüfen und gegebenenfalls anpassen. Die Rechtstexte der IT-Recht Kanzlei sind hiervon selbstverständlich nicht betroffen.
Bei Verstoß ist die komplette Klausel nichtig
Für AGB gilt das Verbot der geltungserhaltenen Reduktion. Wenn eine in AGB enthaltene Regelung nach den §§ 307 ff. BGB nichtig ist, ist demnach die gesamte Klausel als unwirksam und damit als nicht bestehend zu betrachten. Ein eventuell bestehender und mit den Voraussetzungen des BGB in Einklang stehender Kern der Regelung wird nicht aufrechterhalten und wird im Ergebnis gleichfalls „aus dem Vertrag gestrichen“. Darüber hinaus widerspricht die Verwendung unwirksamer AGB regelmäßig den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt und kann ein abmahnfähiges Verhalten darstellen.
Zu beachten ist außerdem, dass alle Klauseln, die zur Standardisierung und Konkretisierung von Massenverträgen verwendet werden, AGB sind. Damit unterliegen auch Standardarbeitsverträge der AGB-Kontrolle. Online-Händler sollten demnach nicht nur ihre im Kontakt mit Kunden verwendeten AGB, sondern auch die Arbeitsverträge für Mitarbeiter auf deren Konformität mit den zum 01.10.2016 eingeführten Neuerungen überprüfen.
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