Reise-AGB – wo soll’s denn hingehen?

Reise-AGB – wo soll’s denn hingehen?
12.09.2013 | Lesezeit: 6 min

Das Kleingedruckte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Pauschalreisen kann den Reiseveranstalter teuer zu stehen kommen: Verstoßen Klauseln z.B. gegen das AGB-Recht, können Sie kostenpflichtig abgemahnt werden. Außerdem: Auf eine unwirksame Klausel kann man sich als Verwender der AGB nicht berufen. Lesen Sie, worauf Verwender von Reise-AGB achten sollten…

1. Die besonderen BGB-Vorschriften für Pauschalreisen

Erbringt ein Reiseveranstalter eine Gesamtheit von Reiseleistungen (z.B. Fahrt, Verpflegung, Hotel), gelten die die besonderen reisevertraglichen Vorschriften der §§ 651 a bis 651 m BGB.

An diesen Regelungen und an den allgemeinen Regelungen des AGB-Rechts (§§ 305 ff BGB) müssen sich die Reise-AGB des Veranstalters messen lassen. Für die AGB besonders zu beachten ist, dass gemäß § 651 m BGB von den Vorschriften der §§ 651 a bis 651 l BGB nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden kann (§ 651 m BGB) .

2. Typische Klauseln in Reise-AGB

Nachfolgend einige typische Klauseln in Reise-AGB und was jeweils beachtet werden sollte:

Rücktritt des Veranstalters bei Nichterreichen der Mindestteilnehmerzahl

Will sich der Veranstalter wirksam vorbehalten, bei Nichterreichen einer Mindestteilnehmerzahl vom Vertrag zurückzutreten, muss bereits im Prospekt bei dem jeweiligen Angebot auf die erforderliche Mindestteilnehmerzahl hingewiesen haben – und darüber hinaus auch in seiner Buchungsbestätigung an den Reiseteilnehmer. In den AGB könnte eine Klausel etwa heißen:

"Bei Nichterreichen einer festgesetzten Mindestteilnehmerzahl ist der Veranstalter berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, wenn in der Leistungsbeschreibung gemäß Prospekt und Buchungsbestätigung für die entsprechende Reise auf die Mindestteilnehmerzahl hingewiesen wird."

Sinnvoll ist es, auch zu regeln, dass der Rücktritt bis spätestens zwei Wochen vor Antritt der Reise erklärt werden kann und etwaig bereits geleistete Zahlungen unverzüglich rückerstattet werden.

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Sicherungsschein und Fälligkeit des Reisepreises

Bei Pauschalreisen muss dem Reiseteilnehmer zusammen mit der Buchungsbestätigung ein Nachweis über den gemäß § 651 k BGB erforderlichen Versicherungsschutz für die von auf die gebuchten Reiseleistungen zu leistenden Zahlungen überlassen werden (so genannter „Sicherungsschein“). Dies sollte der Reiseveranstalter in den AGB erwähnen und darauf hinweisen, dass der Sicherungsschein dem Teilnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalles den direkten Anspruch gegen den Versicherer, der namentlich genannt werden sollte, verbrieft.

Zudem sollte klargestellt werden, dass Zahlungen nicht vor Erhalt des Sicherungsscheines fällig sind. Das ist eine gesetzliche Vorgabe, von denen in den AGB nicht abgewichen werden kann.

Ersatzteilnehmer

Gemäß § 651 BGB muss dem Reiseteilnehmer eine Vertragsübertragung auf einen Dritten möglich sein:

"Bis zum Reisebeginn kann der Reisende verlangen, dass statt seiner ein Dritter in die Rechte und Pflichten aus dem Reisevertrag eintritt. Der Reiseveranstalter kann dem Eintritt des Dritten widersprechen, wenn dieser den besonderen Reiseerfordernissen nicht genügt oder seiner Teilnahme gesetzliche Vorschriften oder behördliche Anordnungen entgegenstehen."

Dieser Passus kann in die AGB übernommen werden (eine zu Lasten des Buchenden abweichende Regelung wäre nicht zulässig). Zusätzlich sollte der Reiseveranstalter entsprechend § 651 Abs.2 BGB darauf hinweisen, dass sowohl der Buchende als auch der Ersatzteilnehmer bei einem solchen Vertragseintritt dem Reiseveranstalter für den Reisepreis und die durch den Eintritt des Dritten entstehenden Mehrkosten als Gesamtschuldner haften.

Buchung für eine Reisegruppe durch einen Teilnehmer

Bucht jemand für andere Reiseteilnehmer mit, z.B. bei einer Gruppenreise, haftet er nicht automatisch für deren Verbindlichkeiten. Denn in der Regel kommt mit jedem einzelnen Reiseteilnehmer ein eigener Reisevertrag zustande. Will sich der Reiseveranstalter besser vor Zahlungsausfällen schützen, kann er sich in solchen Fällen vom Buchenden zusätzlich eine ausdrückliche schriftliche Erklärung geben lassen, dass er für die Verbindlichkeiten der anderen Reisenden einsteht wie für eigene, und in den AGB regeln:

"Bucht ein Teilnehmer die Reise für mehrere in seiner Buchung aufgeführten Teilnehmer, steht er auch für deren Vertragsverpflichtung ein wie für eigene Verpflichtungen ein, wenn er eine entsprechende gesonderte Verpflichtung durch ausdrückliche und gesonderte Erklärung übernommen hat."

Rücktritt des Reisenden vor Reisebeginn

Vor Reisebeginn kann der Reisende gemäß § 651 i Abs.1 BGB jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Bei einem solchen Rücktritt verliert der Reiseveranstalter zwar seinen Anspruch auf Vergütung, aber stattdessen erhält er einen Anspruch auf angemessene Entschädigung (§ 651 i Abs.2, Satz 1 und 2 BGB) .

Dieser Entschädigungsanspruch kann quasi als Stornogebühr mit einem Prozentsatz des Reisepreises pauschaliert werden (§ 651 i Abs.3 BGB) . Dieser Prozentsatz kann jedoch nicht willkürlich festgelegt werden. So sind bei der Höhe einer Pauschalierung die gewöhnlich ersparten Aufwendungen und der gewöhnlich mögliche anderweitige Erwerb zu berücksichtigen, was bei einer Festsetzung in AGB schwierig ist. Klauseln, die einen konkreten Betrag (z.B. 50 Euro pro Stornierung) festlegen, sind grundsätzlich unwirksam. Zulässig in AGB wäre eine angemessene prozentuale Pauschalierung, die am Reisepreis anknüpft (z.B. „x % des Reisepreises“).

Darüber hinaus muss nach allgemeinem AGB-Recht klargestellt werden, dass dem Buchenden der Nachweis offensteht, dass ein Schaden überhaupt nicht oder wesentlich niedriger als die Stornogebühr entstanden ist.

Bei Buchungsmöglichkeit über ein Reisebüro als Vermittler ist ein Hinweis in den AGB sinnvoll, dass die Rücktrittserklärung dem Veranstalter gegenüber abzugeben ist, bei Buchung über ein Reisebüro aber der dortige Zugang der Erklärung genügt.

Umbuchung durch den Reisenden

So mancher Buchender wünscht nach Abschluss des Reisevertrages Änderungen. Dabei handelt es sich um einen Antrag auf Vertragsänderung. Veranstalter sind hier oft kulant, soweit möglich. In diesen Fällen kommt es zu einer nachträglichen, einvernehmlichen Vertragsänderung.

In Reise-AGB finden sich bisweilen Klauseln, nach denen eine Umbuchung als Rücktritt des Kunden gilt und anschließender Neubuchung. Eine solche Fiktion eines Rücktritts ist jedoch nach AGB-Recht (§ 308 Nr.5 BGB) unwirksam.

Wohl zulässig wäre eine Klausel, wonach nach der Veranstalter ab einem bestimmten Zeitpunkt vor Reisebeginn eine Umbuchung davon abhängig macht, dass der Kunde den Rücktritt erklärt und eine Neuanmeldung vornimmt. Dann könnte der Veranstalter aufgrund des Rücktritts eine Stornogebühr verlangen, wenn er das in den AGB festgelegt hat (siehe oben „Rücktritt des Reisenden vor Reisebeginn“).

Auch kommt die Festlegung einer Umbuchungspauschale in Betracht

Es muss sich jedoch um einen angemessenen, dem Umbuchungsaufwand entsprechenden Betrag handeln (vgl. § 308 Nr. 7 b BGB) und auch die Vorgaben in § 309 Nr. 5 BGB sind bei der Formulierung zu berücksichtigen.

Kündigung des Reisenden nach Reiseantritt wegen Mängeln

Bei Mängeln haben Reisende die Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen. Von den entsprechenden Vorschriften des gemäß § 651 e BGB kann in AGB nicht wirksam abgewichen werden. Es steht dem Veranstalter aber frei, in den AGB zu regeln, dass der Reisende bei unberechtigter Kündigung die tatsächlichen Mehrkosten des Veranstalters zu tragen hat.

Hinweis: Auch von den Mangelhaftungsregelungen der §§ 651 c bis 651 f BGB kann in AGB nicht wirksam abgewichen werden.

Haftungsbeschränkung

Gemäß § 651 h BGB kann der Reiseveranstalter seine Haftung für Schäden, die nicht Körperschäden sind, auf den dreifachen Reisepreis beschränken, jedoch nur

  • soweit ein Schaden des Reisenden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt wird oder
  • soweit der Reiseveranstalter für einen dem Reisenden entstehenden Schaden allein wegen eines Verschuldens eines Leistungsträgers verantwortlich ist.

Hinweis: Die Haftungsbeschränkung kann sich auf alle vertraglichen Ansprüche beziehen. Nicht umfasst werden können dahingegen Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung.

3. Fazit

Reise-AGB müssen den Anforderungen der §§ 651 a bis 651 m BGB und der §§ 305 ff BGB entsprechen. Von den besonderen reiserechtlichen Regelungen der §§ 651 ff BGB kann in AGB nicht wirksam abgewichen werden. Lediglich die zwei-jährige Verjährung von Mangelhaftungsansprüchen des Reisenden kann unter den Voraussetzungen des § 651 m Satz 2 BGB auf ein Jahr verkürzt werden.

Hinweis: Allgemein ist es wichtig, auch für die wirksame Einbeziehung der AGB, die Regelungen von § 6 der BGB-Informationspflichten.

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1 Kommentar

P
Peter Klüber 11.06.2018, 22:45 Uhr
Schade
Sie schreiben über Reise-AGB, bieten jedoch keine an.
Ich hatte diesbezüglich Kontakt mit Herrn RA Nagel, welcher nicht einmal die Höflichkeit besaß, wie gewünscht telefonisch zurückzurufen.
Ich hatte Sie meinem Kunden, einem Reiseunternehmer, empfohlen und stehe nun mit leeren Händen da. Auch ein Individual-Auftrag wurde nicht angeboten, echt enttäuschend.

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