AG Kassel: Bestätigungs-Mail beim Double-Opt-In Verfahren ist kein Spam
Unaufgeforderte E-Mails sind oft wettbewerbswidrig. Um dies zu vermeiden, nutzen viele das Double-Opt-In-Verfahren (DOI), bei dem Nutzer ihre Anmeldung per Bestätigungs-Mail verifizieren. Das AG Kassel entschied am 26.04.2022 (Az.: 435 C 1051/21), dass solche Bestätigungs-Mails selbst dann kein Spam sind, wenn der Empfänger sich nicht aktiv angemeldet hat.”
Worum ging es im Fall des AG Kassel?
Im zugrunde liegenden Fall betrieb der Kläger als Gesellschafter eine Firma für Telekommunikationsdienstleistungen. Die Beklagte betrieb unter anderem einen Online-Shop und hatte dem Kläger eine Check-Mail zugesandt, um die Eintragung in ihren Newsletter im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens zu überprüfen.
Der Kläger führte aus, sich in keinen E-Mail-Verteiler eingetragen zu haben und mahnte die Beklagte wegen Zusendung unbestellter Werbung ab.
Die Abmahnung blieb erfolglos, sodass schließlich das AG Kassel den Fall zu entscheiden hatte.
Was ist nochmal eine Double-Opt-In-Mail?
Zur Erinnerung und Klarstellung: Beim Double-Opt-In-Verfahren wird an die bei der Registrierung für einen Newsletter angegebene E-Mail-Adresse eine Bestätigungs-E-Mail (oftmals auch Einladungs-E-Mail oder Check-Mail genannt) zugesendet.
In dieser Bestätigungs-E-Mail wird der Adressat gebeten, seine Einwilligung durch das Anklicken eines Bestätigungslinks zu bestätigen. Klickt der Adressat den Bestätigungslink an, kann damit bewiesen werden, dass tatsächlich der Inhaber der E-Mail- Adresse, die bei der Registrierung angegeben wurde, auch die Einwilligung abgegeben hat.
TIPP: Weitere Informationen zum Thema E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO haben wir in diesem Leitfaden zusammengetragen!
So hat das AG Kassel entschieden
Das AG Kassel kam zum Schluss, dass die Check-Mail im DOI-Verfahren keine unerlaubte Werbung darstellt.
Vielmehr stellte das Gericht zunächst fest, dass der Kläger mit der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich gehandelt habe.
Denn nach Auffassung des Gerichts lagen gewichtige Indizien für ein planmäßiges Vorgehen auf Seiten des Klägers vor:
"Hier hat die Beklagte durch die Präsentation von Ablichtungen von Internetseiten gewichtige Indizien vorgebracht, die für ein planmäßiges Vorgehen des Klägers sprechen, welches nicht vorrangig seinem eigenen Schutzinteresse vor der Zusendung von unerbetenen Werbe-E-Mails dient. […] Ferner liegt damit auch ein Indiz dafür vor, dass durch die gehäufte Vorgehensweise des Klägers gegen nahezu unbedeutende Verstöße vorrangig Einkünfte erzielt werden. Zwar entstehen diese nicht beim Kläger persönlich, sondern bei dessen Prozessbevollmächtigten, weil die von den Anspruchsgegnern eingeforderten Erstattungsbeträge für Abmahnkosten oder prozessuale Rechtsanwaltsgebühren im Endergebnis Letzterem zugutekommen. Im Rahmen der durch § 8c Abs. 1 UWG vorzunehmende Gesamtabwägung handelt es sich dabei gleichwohl um einen berücksichtigungsfähigen Aspekt."
Die Zusendung einer Bestätigungs-Mail (im Double-Opt-In-Verfahren) zur Anmeldung für den Newsletter durch die Beklagte sei hingegen wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden:
"Demgegenüber steht der vom Kläger auch eingeräumte geringfügige Aufwand für das Löschen unerbetenen Werbe-E-Mails durch einfachen Mausklick. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine E-Mail der hier streitgegenständlichen Art wie diejenige der Beklagten vom 14.11.2020 handelt. Denn es ist nicht damit zu rechnen, dass für den Fall einer ausbleibenden Bestätigung der E-Mail-Anschrift des Empfängers einer solchen Werbung Folge-E-Mails eingehen. Dies gilt erst recht dann, wenn nach dem insoweit nachvollziehbaren Vortrag der Beklagten im Termin vom 26.04.2022 im System der Beklagten die Empfängeranschrift einer solchen E-Mail händisch eingegeben werden muss und nicht durch einen automatisierten Vorgang eingesetzt werden kann. Folglich kommt es auch nicht darauf an, dass die in der E-Mail vom 14.11.2020 verwendete E-Mail-Anschrift des Klägers bereits Gegenstand eines vom Kläger erfolgreich bekämpften Adresshandels war und nach dem Vorbringen des Klägers dessen belastete E-Mail-Anschrift sei (im Unterschied zu seinen sonstigen). Hinzu berücksichtigt das Gericht im Rahmen der Gesamtabwägung auch, dass der Kläger vorgetragen hat, diesen offenbar unzulässigen Adresshandel durch ein erfolgreiches Verfahren aus dem Jahr 2014 unterbunden zu haben. Deswegen wäre naheliegend damit zu rechnen gewesen, dass eine E-Mail der streitgegenständlichen Art von der Beklagten bereits mehrere Jahre zuvor versendet worden wäre, was der Kläger aber gar nicht behauptet."
Double-Opt-In-Mail als Werbung - wie haben andere Gerichte hierzu entschieden?
Die Beurteilung der Zulässigkeit von ohne Einwilligung versendeten Double Opt-In-Mails hängt von der Frage ab, ob die E-Mail „Werbung“ im Sinne des § 7 UWG enthält oder nicht. Der Tatbestand des § 7 Abs. 2 Nr. 4 erfordert somit grundsätzlich das Vorliegen einer „Werbung“. In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung umstritten, ab wann einer E-Mail Werbecharakter zuzusprechen ist.
Teilweise wird vertreten, dass eine Werbung gegeben ist, selbst wenn die E-Mail zwar selbst keine konkrete Werbung für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen enthält, jedoch dazu diene, dem Adressaten den Newsletter zukommen zu lassen. Dies diene wiederum typischerweise dem Absatz der Waren/Dienstleistungen, so die Argumentation des LG Berlin (Beschl. v. 19.09.2019, Az. 15 O 348/19).
Das LG Berlin vertrat in einer anderen Sache die Ansicht, dass bereits dann eine unzulässige Werbung vorliegen soll, wenn in der Double-Opt-In-Mail lediglich ein Unternehmens-Slogan aufgenommen wird.
Auch das OLG München (Urt. v. 27.9.2012, Az. 29 U 1682/12) stützte sich auf ähnliche Erwägungen, wonach auch eine E-Mail, mit der zur Bestätigung einer Bestellung im Double-Opt-In-Verfahren aufgefordert wird, als Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 UWG zu verstehen sei.
Dem gegenüber stehen jedoch unter anderem die Entscheidungen des OLG Celle sowie des OLG Düsseldorf aus den Jahren 2014 bzw. 2016.
Das OLG Celle (Urt. v. 15.05.2014, Az. 13 U 15/14) führte zu der Problematik zunächst grundsätzlich aus, dass es „dazu neige“, das Double-Opt-In-Verfahren als praxisgerechte Möglichkeit anzusehen, um die Einwilligung in E-Mail-Werbung nachzuweisen. Im Hinblick auf die angesprochene Entscheidung des OLG München „neigt“ das OLG Celle auch dazu, die Bestätigungs-Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens nicht als unzulässige Werbung i. S. d. § 7 UWG anzusehen.
Das LG Stendal entschied ebenfalls, dass die Bestätigungsmail im Double-Opt-In-Verfahren grundsätzlich zulässig sei, da sie einem schützenswerten Zweck diene (= Nachweis der Newsletteranmeldung). Enthält eine Bestätigungs-Mail hingegen selbst werblichen Inhalt (im dortigen Fall das Logo des Absenders und ein einladender Spruch) liege ein Fall unzulässiger Werbung vor.
Fazit
Die Entscheidung des AG Kassel bestätigt im Grundsatz einmal mehr, dass das Double-Opt-In-Verfahren im Rahmen der Newsletteranmeldung ein zulässiges, sicheres und geeignetes Mittel ist, um den Vorwurf der unerlaubten Zusendung von elektronischer Werbung zu vermeiden.
Es kommt nach Ansicht des Gerichts nicht darauf an, ob sich der Empfänger der Bestätigungs-Mail tatsächlich selbst in eine Verteilerliste eingetragen hat - denn die Bestätigungs-Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens sei nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich zulässig und stelle für sich genommen keinen Spam dar.
Diese Auffassung des AG Kassel dürfte allerdings nur für solche Fälle gelten, in denen die Bestätigungs-Mail über keinen die Bestätigungsfunktion hinausgehenden werblichen Inhalt verfügt.
Aber Achtung: Das AG Potsdam erblickt auch in einer bloßen Double-Opt-In-Mail eine unzulässige Spam-Nachricht für den Fall, dass der Absender der Nachricht verschleiert bzw. verheimlicht wird.
Wenn Sie mehr zum Thema "Werbung in Double-Opt-In-Mails" erfahren möchten, dürfen wir Ihnen unseren Beitrag "E-Mail-Marketing richtig gemacht – Werbung in Double-Opt-In- und Auto-Reply-Nachrichten sind tabu" als Vertiefungslektüre empfehlen!
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