Reform des Telemediengesetzes: Neue Pflichten für Videosharing-Portale und Influencer
Der Bundestag hat jüngst einen Entwurf zur Änderung des deutschen Telemediengesetzes (TMG) beschlossen, welcher eine geänderte EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste umsetzen soll. Die Gesetzesänderung soll einerseits ein einheitliches Beschwerdeverfahren für Videosharing-Anbieter wie Youtube & Co. einführen und die Plattformen zu weitergehenden Werbekennzeichnungsmaßnahmen verpflichten. Andererseits werden Influencer in sozialen Medien künftig mit einer erweiterten Impressumspflicht konfrontiert. Die IT-Recht Kanzlei klärt über die Änderungen auf.
I. Hintergrund
Mit der Richtlinie 2018/1808 (EU) vom 14. November 2018 führte die Europäische Union maßgebliche Änderungen der ursprünglichen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD) von 2010 ein. Maßgebliche Änderungsziele waren unter anderem die Schaffung angemessener gesetzlicher Mechanismen für die Durchsetzung von Nutzerrechten gegenüber Videosharing-Plattformen in Bezug auf dort verbreitete Inhalte sowie die Reaktion auf neue Werbeformen im Internet zur transparenten Ausgestaltung kommerzieller Kommunikation.
Die Änderungsrichtlinie verpflichtet Mitgliedsstaaten insofern dazu, in Ihrem Hoheitsgebiet operierende Videosharing-Dienste zur Einrichtung eines homogenen und effizienten Nutzerbeschwerdeverfahrens anzuhalten und erweitere Kennzeichnungsmaßnahmen für kommerziell geprägte Videoinhalte einzurichten.
Gleichzeitig werden aber auch sog. Influencer zu mehr Transparenz verpflichtet und von neuen personenbezogenen Kennzeichnungsanforderungen erfasst.
Die Änderungsrichtlinie ist vom deutschen Gesetzgeber bis spätestens zum 19.09.2020 in deutsches Recht umzusetzen.
Ein Entwurf des Bundeskabinetts vom 01.04.2020 wurde am 02.07.2020 im Bundestag beschlossen. Nunmehr wird der Entwurf dem Bundesrat vorgelegt.
II. Wesentliche Regelungsinhalte
Die Änderung des Telemediengesetzes wird im Online-Bereich drei wesentliche Änderungen herbeiführen.
1.) Einheitliches Verfahren für Nutzerbeschwerden auf Videosharing-Plattformen
Um Nutzern mit effektiven Beschwerderechten für rechtsverletzende Videoinhalte auszustatten, werden Videosharing-Plattformen wie Youtube und Co. künftig verpflichtet sein, ein einheitliches Beschwerdeverfahren anzubieten und zu befolgen.
Nach Einreichen einer Nutzerbeschwerde über eine deutlich gekennzeichnete Beschwerdefunktion werden die Plattformen fortan unverzüglich prüfen müssen, ob ein rechtswidriger Inhalt vorliegt. Ist dem so, werden Sie zur unverzüglichen Löschung verpflichtet und müssen zusätzlich je nach Schwere des Verstoßes das Konto des Urhebers sperren. Damit potenziell weitere Ansprüche geltend gemacht werden können, muss die Plattform den betroffenen Inhalt aber fortan 10 Wochen speichern.
Aus Transparenzgründen werden die Plattformen fortan auch verpflichtet, sowohl dem Urheber als auch dem Beschwerdeführer den Ausgang des Verfahrens und die getroffenen Maßnahmen mitzuteilen. Gleichzeitig wird eine Information darüber verpflichtend, dass innerhalb von 2 Wochen nach der Mitteilung die Teilnahme an einem unparteiischen Schlichtungsverfahren sowie die Einreichung von Gegenvorstellungen möglich ist.
2.) Werbekennzeichnung auf Videosharing-Plattformen
Um die Anforderungen an die deutliche Kennzeichnung von kommerzieller Kommunikation auch auf Videosharing-Plattformen effizienter und vereinheitlicht auszugestalten, werden die Plattformen Nutzern fortan erweiterte Möglichkeiten zur Werbekennzeichnung bereitstellen müssen. Die Plattformen werden also eine Funktion schaffen müssen, mit der Nutzer ihre Videos als werblich oder werbefinanziert kennzeichnen können.
Auch werden die Plattformen per Nutzervereinbarung sicherstellen müssen, dass verbotene Tabak- und Heilmittelwerbemaßnahmen unterbleiben.
3.) Erweiterte Impressumspflichten für Influencer auf sozialen Netzwerken
Eine wesentliche Neuerung wird das Änderungsgesetz für Influencer mit sich bringen, die auf sozialen Netzwerken (inkl. Videosharing-Plattformen) werbende Inhalte verbreiten.
Nach einem neu einzufügenden § 5 Abs. 1 Nr. 8 TMG werden audiovisuelle Mediendiensteanbieter (vor allem Influencer, Youtuber und Co.) künftig verpflichtet sein, im Impressum zusätzlich
- den Mitgliedsstaat anzugeben, der ihr Sitzland (= Ort der Niederlassung) ist, und
- die zuständige Regulierungs- und Aufsichtsbehörde zu benennen
In Deutschland ergibt sich die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden aus dem Landesrecht. Zuständig ist in der Regel die jeweilige Landesmedienanstalt des Bundeslandes, in der der Betroffene seine Niederlassung hat.
III. Fazit
Die angestoßene Modifizierung des geltenden Telemediengesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie 2018/1808 (EU) nimmt primär Portal- und Plattformanbieter für Videosharing-Dienste in die Pflicht.
Beachtenswert werden die Änderungen aber für Influencer auf sozialen Medien sein, deren Impressum erweiterte Pflichtinformationen beinhalten muss.
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