OLG Hamm zur Unwirksamkeit einer Abtretungsklausel in B2C-AGB

OLG Hamm zur Unwirksamkeit einer Abtretungsklausel in B2C-AGB
18.10.2010 | Lesezeit: 4 min

Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 21.09.2010 (Az. 4 U 134/10) entschieden, dass die Klausel „Die Abtretung der Mängelansprüche des Kunden ist ausgeschlossen.“ in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die auch gegenüber Verbrauchern verwendet werden, gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt und damit unwirksam ist.

 

Der Entscheidung lag ein Streit zweier konkurrierender Internethändler über die Wirksamkeit der Klausel „Die Abtretung der Mängelansprüche des Kunden ist ausgeschlossen.“ zugrunde, die der eine Händler in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch gegenüber Verbrauchern verwendete. Der Mitbewerber sah in dieser Klausel – soweit sie gegenüber Verbrauchern verwendet wurde - einen Verstoß gegen §§ 305c, 307 Abs. 1 Satz 1 und §§ 474, 475 BGB und somit auch einen Verstoß gegen Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.

Nach fruchtloser Abmahnung des Klauselverwenders beantragte der Mitbewerber u. a. wegen der vorgenannten Klausel beim LG Bochum eine einstweilige Verfügung, die antragsgemäß erlassen wurde. Hiergegen legte der Klauselverwender zunächst erfolglos Widerspruch zum LG Bochum und anschließend Berufung zum OLG Hamm ein.

Er hielt die Klausel für wirksam, da sie weder überraschend sei noch den Verbraucher unangemessen benachteilige. Dieser Auffassung folgte das OLG Hamm im Ergebnis nicht und wies die Berufung des Klauselverwenders zurück.

Das OLG Hamm sah in der Klausel zwar weder einen Verstoß gegen § 475 BGB noch gegen § 307 Abs. 2 BGB noch gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ob die Klausel gegen § 305c BGB verstößt, ließ das Gericht ausdrücklich offen, da es letztlich jedenfalls einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB bejahte.

Nach Auffassung des OLG Hamm benachteiligt die Klausel den privaten Käufer unangemessen. Zwar seien Abtretungsausschlüsse im Geschäftsverkehr unter Unternehmern regelmäßig wirksam, da es ein anerkennenswertes Interesse daran gebe, die Vertragsverhältnisse klar und übersichtlich zu halten. Diese Gesichtspunkte seien jedoch nicht ohne Weiteres auf den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern zu übertragen. Andererseits belaste das Abtretungsverbot von Gewährleistungsansprüchen im Internethandel den Verbraucher und führe daher zu Benachteiligungen von einigem Gewicht, die § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vermeiden soll.

Hierzu führt das Gericht auszugsweise Folgendes aus:

„(…) Typischerweise trifft die Benachteiligung eines Abtretungsverbotes unmittelbar den Wiederkäufer, mittelbar aber auch den Vertragspartner des Verwenders, weil der faktische Ausschluss der Gewährleistung gegenüber dem gewerblichen Erstverkäufer den Wiederverkauf erschweren, jedenfalls aber das Verhältnis zwischen Erstkäufer und Wiederverkäufer mit unnötigem Streit in Fällen belasten kann, in denen eine von Anfang an mangelhafte Sache weiterverkauft wurde. Solche Fallkonstellationen können im Internethandel durchaus häufig auftreten, da bekanntermaßen beim Internethandel oft nicht der eigentlich Interessierte, sondern ein mit dem Medium versierter Käufer die Ware direkt erwirbt, sei es dass der Enkel für seine Großeltern, die Kinder für ihre Eltern oder aber sonstige Personen für Freunde und Bekannte erwerben. (…)“

Zwar seien nach Auffassung des OLG Hamm auch Konstellationen denkbar, in denen dem Klauselverwender auch im Verbraucherverhältnis ein berechtigtes Interesse an einem solchen Abtretungsausschluss zuzubilligen ist. Allerdings differenziere der Klauselverwender vorliegend nicht nach solchen Konstellationen. Die Klausel schließe vielmehr pauschal jede Abtretung aus. Sie betreffe daher auch Fälle, in denen der Verbraucher seinerseits ein anerkennenswertes und überwiegendes Interesse an einer Abtretung hat, die häufig den Unternehmer auch gar nicht belasten wird, weil sie seine Gewährleistungshaftung nicht ausdehnt, sondern lediglich verlagert. Insoweit sei die Klausel zu weit geraten. Da eine Reduktion ihres Anwendungsbereichs regelmäßig nicht in Betracht kommt, sei sie insgesamt unzulässig.

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Fazit

Das OLG Hamm hält die Klausel „Die Abtretung der Mängelansprüche des Kunden ist ausgeschlossen.“ in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die auch gegenüber Verbrauchern verwendet werden, für unwirksam. Da die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung auch ein wettbewerbswidriges Verhalten darstellt, kann die Verwendung dieser Klausel auch zu einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung durch Mitbewerber oder sonstige aktivlegitimierte Institutionen wie etwa die Wettbewerbszentrale führen. Die IT-Recht Kanzlei empfiehlt daher allen Händlern, ihre AGB, die sie auch im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern (B2C) verwenden, danach zu überprüfen, ob diese oder eine inhaltsgleiche Klausel enthalten ist und diese ggf. zu entfernen.

 

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