„Gesund abnehmen, ohne zu hungern“ – ein unzulässiges Werbeversprechen
Gewichtsverlust ohne Hungergefühl? Ein phantastisches Versprechen. Etwas zu phantastisch, befanden das LG Hamburg (19.12.2006, Az. 416 O 44/05) und das OLG Hamburg (16.12.2010, Az. 3 U 15/07) und verboten diese Werbung. Das Urteil des OLG und die Hintergründe sollen in diesem Beitrag ein wenig ausgeleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
Ausgangslage
Der Gesundheitssektor ist mittlerweile ein riesiger Markt geworden, auf dem mit allerlei Produkten und Dienstleistungen um die Gunst des Verbrauchers gebuhlt wird. Allerdings gilt hier zu beachten, dass für diesen Sektor ein ganz eigenes – verschärftes – Werberecht gilt, das strengere Maßstäbe an den Wahrheitsgehalt von Werbeaussagen anlegt und vor allem die Beweislast hierfür dem Werbenden auferlegt. Und die hat es in sich: Da der Werbende sich hier letztlich in wissenschaftlichem Terrain bewegt (Gesundheitsvorsorge fällt schließlich in Disziplinen wie Medizin und Ernährungswissenschaft), müssen seine Beweisangebote auch wissenschaftlichen Standards genügen – und spätestens hier scheitern die meisten Beweisvorträge vor Gericht.
Dass im gesundheitlichen Sektor strengere Vorschriften gelten als im „normalen“ Wettbewerb, hat natürlich seinen Grund. So ist grundsätzlich zu bedenken, dass hier mit der Gesundheit des Bürgers Geschäfte gemacht werden – da sollte doch ein gewisses Maß an Objektivität herrschen. Und gerade bei dem empfindlichen Thema der Gewichtsreduktion darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die potenziellen Kunden oftmals unter einem erheblichen gesundheitlichen und sozialen Leidensdruck stehen; dementsprechend sind diese Personen sicherlich einer höheren Gefahr ausgesetzt, auf allzu verlockende Werbeaussagen hereinzufallen.
Der Fall
Der Beklagte bot Seminare zum Thema „Gesund abnehmen ohne zu hungern“ an und betrieb auch Werbung unter genau diesem Titel. Ein Wettbewerbsverein ging hiergegen gerichtlich vor, da nach seiner Auffassung ein solches Werbeversprechen unhaltbar ist – wer effektiv Gewicht verlieren will, muss schließlich auch dafür hungern.
Obwohl der Fall im Endeffekt nach „normalen“ Wettbewerbsrecht gelöst wurde, entwickelte sich die Sache – wie so oft in diesen Fällen – zu einem Wettkampf der wissenschaftlichen Gutachten, in dem schließlich – wie so oft – der Beklagte den Kürzeren zog: Der wissenschaftlich haltbare Nachweis, dass die von ihm angebotene Methode tatsächlich zu einer erheblichen Gewichtsreduktion führt, ohne dass die Teilnehmer ein merkliches Hungergefühl verspüren, gelang ihm nicht. Die Richter führten hierzu aus:
„Der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen, geht mit dem Landgericht davon aus, dass der angesprochene Verkehr der Aussage ‚Gesund abnehmen, ohne zu hungern‘ entnimmt, dass die Teilnehmer des ‚DEGASPORT Ernährungsseminars‘ beim Abnehmen mit diesem Programm nicht mehr Hungergefühle haben, als Personen, die sich einem solchen Gewichtsreduzierungsprogramm nicht unterziehen.
Nach dem Ergebnis des vom Landgericht sowie vom Hanseatischen Oberlandesgericht eingeholten Sachverständigengutachtens ist dem Kläger der ihm obliegende Beweis gelungen, dass die in diesem Sinne verstandene Werbeaussage falsch, und damit irreführend ist. Dies geht zu Lasten der Beklagten.“
Es folgt eine lange Auseinandersetzung zwischen Gutachten und Gegengutachten, wobei jedoch die vom Beklagten vorgelegten Gutachten allesamt methodische Mängel aufweisen und somit vom Gericht nicht als aussagekräftig anerkannt werden.
„Mithin steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die streitgegenständliche Werbeaussage falsch, und damit irreführend ist. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist somit begründet, die Verurteilung durch das Landgericht zu Recht erfolgt.“
Kommentar
Ohne Fleiß kein Preis – das gilt sowohl für diejenigen, die Gewicht verlieren wollen, als auch für diejenigen, am Gewichtsverlust anderer Geld verdienen wollen. Letztere sollten zumindest in ihre Werbekampagnen einige Mühe stecken; schließlich gelten hier verschärfte Regeln: Jede Aussage, die getroffen wird, muss auch wahr sein – und zwar „wahr“ im Sinne von „wissenschaftlich nachweisbar“.
Ausführliche Informationen zum Thema finden sich übrigens in diesem Artikel vom 17.02.2011.
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