Jetzt auch vom Rechtsanwalt: Abmahnungen wegen Nutzung von Google Fonts
Bereits seit einigen Wochen kursieren zahlreiche Schreiben von diversen Privatpersonen, die eine angebliche Rechtsverletzung beim Besuch der Webseite des Empfängers wegen einer Datenübertragung durch die Nutzung von Google Fonts rügen. Aktuell kommt eine neue Dynamik in die Sache.
[UPDATE 25.08.2022]: Es scheint eine wahre Abmahnwelle geworden zu sein. Die IT-Recht Kanzlei hat deswegen weitere Infos sowie ein Musterschreiben für eine Zurückweisung der Abmahnung hier veröffentlicht.
Worum geht es überhaupt?
Anlass für die Beschwerde bzw. Abmahnung ist jeweils die Verwendung des Dienstes Google (Web) Fonts. Dabei bietet Google Webseitenbetreibern eine kostenfreie Bibliothek von Schriftarten und Typographieelementen an, wodurch eine störungsfreie Darstellung von Webseiten auf allen Endgeräten gewährleistet werden soll.
Google Fonts wird von sehr vielen Webseitenbetreibern genutzt, unabhängig davon, ob es um eine reine Präsentationswebseite oder um einen Onlineshop geht. In vielen Fällen „aktiviert“ auch der Webdesigner bzw. die betreuende Web-Agentur diesen Dienst und der Betreiber der Webseite weiß nicht einmal um dessen Nutzung.
Seit Juni 2022 kursieren in Deutschland hunderte, wenn nicht gar tausende Schreiben von diversen Privatpersonen gerichtet an Webseiten- und Shopbetreiber, mit denen diese eine angebliche Datenschutzverletzung rügen. Gestützt wird diese darauf, dass durch die dynamische Einbindung von Google Fonts die IP-Adresse des Schreiberlings ungefragt an Google übermittelt worden ist.
Die Übermittlung der IP-Adresse als personenbezogenes Datum an Dritte ohne vorherige Einwilligung sei rechtswidrig und würde einen Schadenersatzanspruch des Betroffenen Webseitenbesuchers und Verfasser des Schreibens auslösen. Verwiesen wird diesbezüglich gerne auf das Urteil des LG München I vom 20.01.2022 (Az.: 3 O 17493/20), mit welchem das Gericht einem Geschädigten aufgrund er einwilligungslosen Übertragung seiner IP-Adresse an Google ein „Schmerzensgeld“ in Höhe von 100,-- Euro zusprach.
Die in weiten Teilen meist identisch formulierten Schreiben münden nahezu sämtlich mehr oder weniger plump in der Forderung eines pauschalisierten Schadensersatzes von 100,-- Euro. Aus den Schreiben lässt sich zumeist entnehmen, dass bei Zahlung des Betrags der Vorgang erledigt sei. Nur ganz vereinzelt wird auch die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert.
Während diese privatschriftlichen Beschwerden in vielen Fällen schon aufgrund von Schreibfehlern und der plumpen Formulierungsweise keine ernsthaften Konsequenzen bei Nichtbeachtung befürchten lassen, kommt nun neue Unruhe auf.
Neue Qualität: Rechtsanwalt aus Österreich mahnt ab
Der IT-Recht Kanzlei wurden mehrere Schreiben eines Rechtsanwalts aus Groß-Enzersdorf, Österreich vorgelegt.
Mit seinem anwaltlichen Schreiben beanstandet der österreichische Rechtsanwalt für seine Mandantin eine „Google Fonts Datenschutzverletzung“. Es sei ohne Zustimmung der die Webseite des Empfängers besuchenden Mandantin deren IP-Adresse an „eine Gesellschaft des US-amerikanischen „Alphabet Inc.“-Konzerns („Google“) weitergeleitet“ worden.
In der Folge stünden der Mandantin Ansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz, Ersatz der Rechtsverfolgungskosten sowie auf Auskunft hinsichtlich der Datenverarbeitung zu.
Auf der letzten Seite des Schreibens wird „im Hinblick auf die durchaus differenzierte Rechtsprechung in diesem Bereich“ ein Vergleichsangebot zur Gesamterledigung der Angelegenheit unterbreitet: Wer binnen 14 Tagen den Betrag von 190 Euro (zusammengesetzt aus 100 Euro Schadenersatz und 90 Euro Rechtsverfolgungskosten) auf das Konto des abmahnenden Anwalts überweist, ist aus der Sache raus. Nicht einmal eine schriftliche Bestätigung des Vergleichsschlusses sei erforderlich, weder von Seiten des Verletzers noch der Abmahnerin, so der abmahnende Rechtsanwalt.
Auf seiner Webseite präsentiert der abmahnende Anwalt zudem angebliche Musterklagen, die von ihm in vergleichbaren Fällen bereits erhoben worden sein sollen.
Im Ergebnis dürfte vieles für einen Datenschutzverstoß sprechen, wenn Google Fonts dynamisch auf der Webseite eingebunden wurde und Daten von Google nachgeladen werden, wozu die IP-Adresse des Webseitenbesuchers an Google übertragen wird. Auf einen Rechtsstreit sollte sich der Seitenbetreiber dann besser nicht einlassen. Fraglich ist jedoch auch bei den Abmahnungen aus Österreich, ob es dazu auch kommen wird, wird der Vergleich nicht angenommen. Es scheint hier eine sehr hohe Zahl von Fällen zu geben, bei deren sämtlicher Verfolgung sich ein Einzelanwalt durchaus schwer tun könnte. Ferner müsste auch die Abmahnerin die erheblichen Prozesskostenrisiken überhaupt wirtschaftlich im Kreuz haben.
Wichtig: Google Fonts ausschließlich lokal einbinden!
Egal, ob dubiose Anschreiben von Privatleuten oder anwaltliche Abmahnung: Dieser Ärger ist definitiv vermeidbar!
Wenn Sie (Google) Web Fonts auf Ihrer Internetseite verwenden, stellen Sie bitte unbedingt sicher, dass ausschließlich eine lokale Einbindung erfolgt. Sie müssten (Google) Web Fonts lokal auf dem eigenen Server bzw. Webspace abgelegen und integrieren.
Wie eine solche lokale Speicherung und Einbindung erfolgen kann, können Sie am Beispiel von Google Web Fonts hier nachlesen.
Ärger und Kosten vermeiden durch Wissensvorsprung!
Udpate-Service-Mandanten der IT-Recht Kanzlei werden im Rahmen der Konfiguration ihrer Datenschutzerklärungen für eigene Webseiten / eigene Onlineshops bei Auswahl der Nutzung von Webfonts ausdrücklich darauf hingewiesen, dass deren Einbindung zwingend lokal erfolgen muss.
Wer diesen Hinweis beachtet und umsetzt, der bekommt keine solch ärgerliche Post und vermeidet die damit verbundenen Kosten.
Wenn auch Sie künftig vom datenschutzrechtlichen Know-how der IT-Recht Kanzlei profitieren möchten, empfehlen wir Ihnen unsere Schuztpakete
Sofern Sie sich nicht sicher sind, ob auf Ihrer Webseite (Google) Web Fonts eingebunden sind bzw. ob die Einbindung (wie zwingend erforderlich) lokal erfolgt ist, sollten Sie die technisch für Ihre Webseite verantwortliche Person (Webdesigner, Internetagentur etc.) kontaktieren und dazu befragen.
Die Erfahrungswerte bezüglich der aktuellen Schreiben zeigen leider, dass die Problematik bezüglich Web Fonts bei den technisch Verantwortlichen oft noch nicht angekommen ist.
Was kann ich als Agentur bzw. Webdesigner nun unternehmen?
Vermutlich sind derzeit mehrere hundert, wenn nicht gar mehrere tausende Abmahnschreiben wegen Google Fonts im Umlauf.
Es besteht daher die Gefahr, dass es früher oder später auch Seiten Ihrer Kunden bzw. Projekte von Ihnen trifft, wenn Sie beim Kunden Google Fonts eingebunden haben, aber nicht auf eine rein lokale Einbindung gesetzt wurde.
Sofern Ihnen bekannt ist, dass auf Seiten Ihrer Kunden die dynamische Einbindung von Google Fonts vorliegt, sollten Sie die betroffenen Kunden proaktiv kontaktieren, auf das Problem hinweisen und dringen die lokale Einbindung empfehlen bzw. anbieten, diese vorzunehmen. Eine Anleitung finden Sie weiter oben verlinkt.
Falls Ihnen nicht (mehr) bekannt, empfiehlt sich jedenfalls eine allgemeine Information (gerne unter Bezugnahme auf diesen Artikel, den Sie jederzeit gerne verlinken dürfen), um weitere Abmahnungen und weitere Schäden zu vermeiden. In diesem Zug können Sie die Kunden gerne auch auf die Notwendigkeit einer DGSVO-konformen Webseiten-Datenschutzerklärung hinweisen. Eine solche können Ihre Kunden unter diesem Link beziehen.
Die Datenschutzerklärung ist auch für Webseiten in Österreich geeignet.
Wenn Sie sich als Agentur / Webdesigner eine rechtliche Absicherung für Ihre Kunden wünschen, sprechen Sie uns doch gerne wegen einer möglichen Zusammenarbeit an - wir freuen uns auf Sie!
Fazit:
Dubiose Anschreiben von diversen Privatpersonen und nun auch Post vom österreichischen Rechtsanwalt kursieren aktuell.
Allen gemein: Es geht um’s Geld (und um Google (Web) Fonts).
Wichtig zu wissen: Wer Web Fonts statt lokal dynamisch auf seiner Seite eingebunden hat, kann deswegen schnell Probleme bekommen.
Es steht zu vermuten, dass sich die Beschwerde- und Abmahnwelle bezüglich (Google) Web Fonts noch massiv ausweiten wird. Handeln Sie jetzt – die Problematik ist durch lokale Einbindung der Web Fonts vermeidbar.
Sie wünschen sich einen rechtssicheren Internetauftritt? Wir helfen Ihnen dabei mit unseren Schutzpaketen.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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12 Kommentare
ich hatte das gleiche Problem. Die Werbeagentur MAZMEDIA.de hat ein mit Kontaktformular eingebaut, welches ohne die google Font problematik mit Recaptcha auskommt. Funktioniert genau so gut wie vorher
At the moment I am removing all google services from my website, the rest of the fonts are loaded locally.
für WordPress gibt es eine einfache Lösung, damit Google Schriften lokal geladen werden:
https://www.youtube.com/watch?v=v4gsQ-EVYMk
Aufpassen:
Auch GoogleDienste, die reingeladen werden, nutzen GoogleFonts, z.B. GoogleMaps.
danke für die Informationen. Eine Frage dazu: Wie kann ich denn die Google Fonts auf Shopify lokal einbinden? Wissen Sie, ob es hierzu eine Anleitung gibt?
Beste Grüße
wird automatisch die Google Schrift roboto mitgeladen.
Zudem noch ein kleines Bild von yt3.ggpht.com, einer Domain die ebenfalls Google zuzurechnen ist.
Bei captcha detto, wie auch auf genau dieser Seite:
4 x GET https://fonts.gstatic.com/s/roboto/v18/KFOmCnqEu92Fr1Mu4mxK.woff2
Und bei Einbindung von Google Maps -mit Standortabfrage- wird es besonders lustig.
Bei der Zahl an Videos, Maps & Captchas die zur Zeit in Webseiten auftauchen
brechen goldene Zeiten für Anwälte & Programmierer an.
Es müsste doch möglich sein, darauf in den Datenschutzeinstellungen hinzuweisen
um dem Datenschutzrecht genüge zu tun.
GET /s/roboto/v18/KFOmCnqEu92Fr1Mu4mxK.woff2 HTTP/3
Host: fonts.gstatic.com
Ist das weiterhin erlaubt?
Wenn es nicht ist, dann sehe ich jetzt gerade beim schreiben dieses Kommentars das Ihr selber abmahnbar wärt?
Ich bedanke mich für klärende Worte.