Abmahnung: Fehlende CE-Kennzeichnung für Wärmekissen in Tierform

Abmahnung: Fehlende CE-Kennzeichnung für Wärmekissen in Tierform
22.11.2024 | Lesezeit: 5 min

Viele DIY-Händler haben ihr Hobby zum Beruf gemacht und vertrauen darauf, ihre Produkte gewerblich unter denselben Anforderungen wie im privaten Bereich verkaufen zu können. Für Wärmekissen in Tierform erhalten diverse Handmade-Anbieter aktuell aber Abmahnungen wegen fehlender Spielzeug-Compliance. Wir klären auf.

Handmade-Wärmekissen in Tierform: Spielzeugverordnung gilt

Spielzeug unterliegt wegen der Verwendungsgefahren für Kinder besonderen produktsicherheitsrechtlichen Konzeptions- und Produktionsanforderungen, die in Deutschland in der Spielzeugverordnung niedergelegt sind.

1. Wärmekissen in Tierform als Spielzeug

Von der Verordnung erfasstes Spielzeug sind gemäß der Legaldefinition in § 2 Nr. 24

Alle Produkte, die ausschließlich oder nicht ausschließlich dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Personen unter 14 Jahren für den Gebrauch beim Spielen verwendet zu werden.

Die Frage, ob Wärmekissen in Tierform als Spielzeug gelten, wurde von der EU-Kommission auf Basis der EU-Spielzeugrichtlinie durch Einschätzung eines Expertengremiums im sogenannten EC Type Approval Protocol Nr. 5 von 2018 über mikrowellenerhitzbares Spielzeug verbindlich bejaht.

Dort wird ausgeführt:

Microwavable warmers in the form of plush animals and similar articles are to be classed as toys and are within the scope of Directive 2009/48/EC.

Zu Deutsch:

Mikrowellengeeignete Wärmer in Form von Plüschtieren und ähnliche Artikel sind als Spielzeug einzustufen und fallen in den Geltungsbereich der Richtlinie 2009/48/EG [Spielzeugrichtlinie].

Weil es für den Spielzeugcharakter maßgeblich auf die Plüschtierform von mikrowellenerhitzbaren Produkten mit Wärmfunktion ankommen soll, sind tierförmige Wärmekissen unabhängig von ihrer Füllung als tatbestandliches Spielzeug einzustufen.

Der Spielzeugcharakter wird objektiv durch das Design der Wärmer in Tierform bedingt und lässt sich insofern nicht, insbesondere nicht durch herstellereigene anderslautende Verwendungsbestimmungen, absprechen.

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2. Konformitäts- und CE-Anforderungen

Spielzeug muss, um in der EU verkehrsfähig zu sein, gemäß den Vorschriften der Spielzeugverordnung unter anderem

  • ein Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben,
  • als Ergebnis der Bewertung über eine EG-Konformitätserklärung verfügen und
  • mit einer CE-Kennzeichnung versehen werden

Im Konformitätsbewertungsverfahren ist zu prüfen, ob das Spielzeug alle relevanten gesetzlichen Sicherheitsanforderungen einhält.

Für mikrowellenerhitzbares Spielzeug ist die Konformitätsbewertung in Form einer EG-Baumusterprüfung durch eine unabhängige Prüfstelle zu absolvieren.

Ein positives Prüfergebnis ist mit der EG-Konformitätserklärung zu bescheinigen, mit welcher der Hersteller die Produktkonformität attestiert. Diese Konformitätserklärung dient lediglich internen Compliance-Zwecken, muss dem Produkt nicht beiliegen und nur auf behördliches Verlangen vorgelegt werden.

Ihre Ausstellung ist aber wiederum Voraussetzung für die Erlaubnis zur Anbringung der verpflichtenden CE-Kennzeichnung auf dem Spielzeug.

Da Wärmekissen in Tierform unabdingbar als Spielzeug im Sinne des Gesetzes einzustufen sind, ist die Konformitätsbewertung und CE-Kennzeichnung zwingende Voraussetzung für ihre Verkehrsfähigkeit.

Ohne die Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens, die Ausstellung der Konformitätserklärung und die Anbringung der CE-Kennzeichnung dürfen Wärmekissen in Tierform nicht auf dem Markt bereitgestellt werden, vgl. § 10 Abs. 1 der Spielzeugverordnung.

3. Sicherheitskennzeichnung

Unabhängig von den spezialgesetzlichen Konformitätsanforderungen sind für Spielzeug auch die allgemeinen Herstellerkennzeichnungspflichten nach

  • § 6 Abs. 1 ProdSG bis zum 13.12.2024
  • Art. 9 Abs. 5 und 6 der EU-Produktsicherheitsverordnung für ab dem 13.12.2024 in Verkehr gebrachte Produkte

zu beachten.

Außerdem gelten Warnhinweispflichten nach § 11 der Spielzeugverordnung.

Danach ist Spielzeug zwingend mit

  • Name und Anschrift sowie ab dem 13.12.2024 mit einer elektronischen Adresse (E-Mail oder URL) des Herstellers sowie
  • einer eindeutigen Identifikationsnummer (Typen-, Chargen-, Serien- oder Artikelnummer)
  • besonderen Spielzeugwarnhinweisen (sofern einschlägig)

physisch zu kennzeichnen.

Bei textilem Spielzeug wie tierförmigen Wärmekissen muss die Kennzeichnung grundsätzlich auf einem angenähten Etikett erfolgen.

Umfangreiche Informationen zu den neuen Produktsicherheitspflichten nach EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) stellen wir hier bereit.

Diverse Abmahnungen wegen fehlender Konformität

Viele DIY-Hersteller von tierförmigen Wärmekissen sehen sich aktuell mit Abmahnungen eines Mitbewerbers konfrontiert.

Diese Marktakteure boten selbstgefertigte Körnerkissen in verschiedenen possierlichen Tierdesigns an, ohne sich über die rechtliche Spielzeugeigenschaft ihrer Produkte und die damit einhergehenden produktsicherheitsrechtlichen Anforderungen im Klaren zu sein.

Folglich fehlte den Wärmekissen eine CE-Kennzeichnung auf Grundlage einer erfolgreichen Konformitätsbewertung.

Ebenso vernachlässigt wurden in einer Vielzahl von Fällen die allgemeinen Kennzeichnungspflichten bezüglich der Herstellerkontaktdaten und der Identifikationsnummer.

Korrekt stuft das abmahnende Unternehmen die begangenen produktsicherheitsrechtlichen Verstöße als Wettbewerbsverletzungen im Sinne des § 3a UWG ein und fordert von den abgemahnten DIY-Händlern zur Vermeidung einer gerichtlichen Eskalation neben Abmahnkosten in Höhe von mehr als 1.700,00€ und der Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung auch

  • den Ersatz der Kosten eines durchgeführten Testkaufs,
  • eine vollständige Auskunft über die Menge der verkauften Waren und den damit generierten Umsatz seit Marktbereitstellung und
  • das Anerkenntnis einer Ersatzpflicht für alle Schäden, die dem Unternehmen durch den rechtswidrigen Produktabsatz in Form entgangenen Gewinns entstanden sind.

Fazit

DIY-Händler, die meist ein privates Hobby in die Gewerblichkeit überführen, vertrauen vielmals arglos darauf, ihre selbstgemachten Produkte ohne besondere Compliance-Anforderungen absetzen zu können.

Ein derartiges blindes Vertrauen kann, wie aktuelle Abmahnungen für tierförmige Wärmekissen zeigen, schnell zur juristischen und finanziellen Falle werden, die Existenzen bedroht.

Wärmekissen in Tierform sind unabdingbar als Spielzeug im Rechtssinne einzustufen und nur verkehrsfähig, wenn für sie nach ordnungsgemäßem Durchlaufen eines Konformitätsbewertungsverfahrens eine EG-Konformitätserklärung ausgestellt und sie mit einer CE-Kennzeichnung versehen wurden. Außerdem müssen sie wie jedes Verbraucherprodukt mit Herstellerkontaktdaten und einer eindeutigen Identifizierung gekennzeichnet sein.

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Bildquelle:
Iryna Mylinska/Shutterstock.com

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1 Kommentar

C
CF 22.11.2024, 11:38 Uhr
Ein kaum lösbarer Spagat
Einerseits ist die Produktsicherheit ein wichtiger Punkt, aber es wird wohl kaum jemand eine Baumusterprüfung einer Zertifizierten Stelle durchlaufen um ein paar selbstgemachte Produkte zu verkaufen.
Die Konsequenz ist also, dass irgendwann nur noch Massenprodukte von Großherstellern verfügbar sind. Alle diese vielen kleinen schönen handgefertigten Produkte verschwinden vom Markt und der Schritt in die Selbständigkeit wird fast unmöglich, da die Erstinvestitionen viel zu hoch sind.
Die Konsequenz wird dann wohl sein, dass es irgendwann einen Schwarzmarkt für Handarbeitsprodukte gibt, wenn jemand ein individuelles hgehäkeltes Tischdeckchen oder ähnliches sucht.
Was ist nun für den Wirtschaftsstandort Deutschland bzw. EU besser? Lieber etwas locker bleiben und ein paar Verordnungen weniger, oder die Wirtschaft langfristig nur noch auf Großkonzerne reduzieren?

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