Nährwertangaben bei Lebensmitteln: Bitte immer in Tabellenform!
Der rechtssichere Verkauf von Lebensmitteln im Internet ist eine hohe Kunst. Dennoch gibt es immer wieder typische Fallstricke, die in das Visier von Abmahnern geraten. So zuletzt die Angabe der Nährwertangaben im Fließtext statt in Tabellenform.
Was ist denn das Problem?
Der IT-Recht Kanzlei liegt aktuell eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung vor, mit der die Darstellung der verpflichtenden Nährwertangaben nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) für ein via Amazon angebotenes Lebensmittel beanstandet wird.
Der Abmahner rügt dabei, dass sich die Nährwertangaben hier ausschließlich in Form eines Fließtextes in der Artikelbeschreibung wiederfinden.
Die Darstellung der Nährwertangaben müsse jedoch nach den Vorgaben der LMIV in tabellarischer Form erfolgen.
Vorliegend geht es also gar nicht darum, dass Pflichtangaben nach der LMIV fehlen würden.
Die „Big7“ der Nährwerte werden im Angebot genannt.
Es geht hier vielmehr um einen rein „formalen“ Verstoß, weil die optische Darstellung der Nährwertangaben nicht den gesetzlichen Vorgaben genüge.
Verkäufer von Lebensmitteln müssen also nicht nur darauf achten, dass alle Pflichtangaben im jeweiligen Angebot vorhanden sind, sondern auch darauf, dass diese formal korrekt dargestellt werden, sollen Probleme wie etwa Abmahnungen vermieden werden.
Der Abmahner sieht in der fehlenden, tabellarischen Darstellung der Nährwertangaben einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß, weil dem Verbraucher auf diese Weise wesentliche Informationen im Sinne des § 5b Abs. 4 UWG vorenthalten würden. Dies sei unlauter im Sinne von § 5a Abs. 1 UWG.
Der Abgemahnte soll in Folge der Abmahnung nicht nur Abmahnkosten in Höhe von mehreren hundert Euro übernehmen, sondern darüber hinaus auch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnen.
Mit einer solchen Unterlassungserklärung würde sich der Abgemahnte vertraglich gegenüber dem Abmahner verpflichten, es künftig zu unterlassen, die Nährwertangaben bei einem Lebensmittel nicht in Tabellenform darzustellen.
Bereits ein einziger Verstoß gegen diese Verpflichtung, etwa aus Flüchtigkeit, würde dann die Pflicht zur Zahlung einer sogenannten Vertragsstrafe mit sich bringen. Hier geht es in der Regel um einen mittleren, vierstelligen Betrag – und zwar pro Verstoß. Nicht selten werden pauschal 5.000 Euro Vertragsstrafe je Verstoß gefordert.
Gerade bei Amazon-Angeboten käme dies einem unkalkulierbaren, wirtschaftlichen Risiko gleich. Schließlich können dort dritte Händler, die am selben Listing hängen, jederzeit Änderungen am Angebotsinhalt und damit auch der Nährwertdeklaration vornehmen, z.B. wenn diese eine Tabelle optisch störend empfinden deren Formatierung löschen, so dass die Angaben (wiederum) nur im Fließtext erscheinen würden.
Geht es dann noch um etliche Lebensmittellangebote bei Amazon, kommen so schnell zahlreiche Verstöße gegen ein Unterlassungsversprechen zustande.
Was bedeutet Tabellenform?
Die Vorschrift des Art. 34 Abs. 2 LMIV gibt vor, dass die Nährwertkennzeichnung grundsätzlich tabellarisch darzustellen ist.
Dies bedeutet, es ist erforderlich, die einzelnen Brennwert- und Nährstoffmengen sind bezogen auf den jeweiligen Brennwert oder Nährstoff untereinander in Tabellenform aufzulisten.
Pflichtinhalte der Nährwertkennzeichnung und freiwillige Zusatzangaben müssen zusammen in einer Tabelle ergehen.
Die Gestaltung der Tabelle müsste daher wie folgt vorgenommen werden:
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Ausnahme: Kein ausreichender Platz für vertikale Tabelle
Von der dargestellten gesetzlichen Vorgabe darf nur abgewichen werden, wenn Platzmangel herrscht, der eine vertikalen, tabellarischen Darstellung entgegensteht.
Nur dann (es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift) ist ausnahmsweise die Darstellung „hintereinander“ zulässig.
Der Händler sollte, will er die Nährwerte hintereinander darstellen, dafür also gute Gründe haben. Im Zweifel muss er belegen können, dass technische Gründe der Implementierung einer vertikalen Tabellenform entgegenstehen, da er sich auf eine Ausnahme beruft, deren Voraussetzungen er nachweisen können muss.
Denkbar ist ein solcher, relevanter Platzmangel etwa im Rahmen einer App-Darstellung oder im Zuge mobildarstellungsoptimierter Angebote.
Jedenfalls ist ein Argument rein aus optischen Gründen für den Entfall der vorgesehenen, vertikalen Tabellenform gerade nicht ausreichend. Es muss vielmehr tatsächlich kein ausreichender Platz vorhanden sein. Nur weil eine solche Tabelle optisch vielleicht störend wirkt, darf auf diese nicht verzichtet werden.
Mit anderen Worten: Im eigenen Onlineshop und auf üblichen, webbasierten Verkaufsplattformen (wie etwa Amazon und eBay) führt kein Weg an der vertikalen Tabelle für die Nährwertangaben vorbei.
Die Angaben sind doch trotzdem da – Wettbewerbsverstoß?
Die genannten Vorgaben wirken ein wenig wie bloße Förmelei, sind die Nährwertangaben in der Sache alle vorhanden und inhaltlich korrekt, aber eben optisch nicht in die vorgesehene Tabellenform gegossen worden.
Daher wird sich der ein oder andere Leser fragen, wo denn der abgemahnte Wettbewerbsverstoß liegen soll. Schließlich werden die geforderten, wesentlichen Informationen ja an sich gar nicht vorenthalten, sondern nur nicht in der erwünschen, optischen Gestaltung dargestellt.
Soweit ersichtlich, existiert zu dieser Thematik noch keine Rechtsprechung.
Es steht jedoch stark zu befürchten, dass sich ein Gericht der Argumentation des hiesigen Abmahners anschließen und einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß in der (bloß) fließtextartigen Darstellung der Nährwertangaben bejahen dürfte.
Schließlich handelt es sich hierbei um europarechtliche Vorgaben in einem Paradefall des Verbraucherschutzrechts, deren klare, formale Vorgaben missachtet wurden. Damit spricht Einiges dafür, dass der Abmahner vor Gericht Erfolg haben dürfte.
Fazit:
Finger weg von der Darstellung der Nährwertangaben in Form von Fließtext!
Die Nährwerte müssen in tabellarischer Form, und zwar untereinander, dargestellt werden, es sei denn, es besteht tatsächlich so extremer Platzmangel, dass diese ausnahmsweise einmal nicht möglich ist.
Es handelt sich dabei also nicht um eine „Kann-Vorschrift“. Rein optische Gründe sind nicht ausreichend für ein Abweichen von der vertikalen Tabellenform.
Gerade bei Amazon dürfte es tausender solcher fehlerhaft „formatierter“ Nährwertangaben geben und damit einen fruchtbaren Nährboden für entsprechende Abmahnungen.
Bei Amazon kommt das leidige, strukturelle Problem hinzu, dass der einzelne Händler nie (dauerhaft) Herr über die Gestaltung des Angebots ist, an dem er hängt. Nur allzu oft pfuschen dritte Händler oder Amazon selbst an den Artikelbeschreibungen herum.
Stört sich einer an der platzraubenden Tabelle mit den Nährstoffen, ist diese schnell in Fließtext verwandelt.
Wer hier eine entsprechende Unterlassungserklärung unterzeichnet hat, kommt so schnell in Teufels Küche.
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