Verbotene Angabe von Kundenbewertungen in Produktbeschreibungen
Positive Kundenbewertungen triggern Aufmerksamkeit, Kunden und schließlich Absatzerfolge. Wird ein Webshop oder Unternehmen von Kunden positiv bewertet, kann dies auch auf dessen Produkte ausstrahlen. Allerdings ist die Werbung mit Kundenbewertungen unzulässig, wenn in Produktbeschreibungen oder in sonstiger Produktwerbung suggeriert wird, bestimmte Kundenbewertungen würden sich auf das konkret beworbene Produkt beziehen, die Bewertung aber in Wirklichkeit das Unternehmen betrifft. Wir ordnen diese für Online-Händler wichtige Thematik anhand eines aktuellen Urteils des OLG Braunschweigs ein.
I. Irreführende Angaben sind verboten
Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind irreführende geschäftliche Handlungen (z.B. Produktbeschreibungen, Produktwerbung, allgemeine Werbung), die geeignet sind, andere zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, unlauter (§ 5 Abs. 1 UWG) und deshalb unzulässig (§ 3 Abs. 1 UWG) , d.h. von Gesetzes wegen verboten. Händlern, die dennoch irreführend werben, drohen Abmahnungen durch Mitbewerber oder durch sonstige nach dem Gesetz hierzu Berechtigte.
Ein offensichtlicher Fall der Irreführung liegt vor, wenn etwa in Produktbeschreibungen gelogen wird, d.h. wenn diese unwahre Angaben enthalten, die de facto nicht stimmen. Ob eine bestimmte Angabe in einer Produktbeschreibung oder in der Werbung wahr oder unwahr ist, hängt zunächst einmal davon ab, wie die betreffenden Angaben zu interpretieren sind. Man muss also bestimmen, welche konkrete Aussage mit einer bestimmten Werbung verbunden ist. Dies ist nicht immer ganz eindeutig, insbesondere wenn Werbeaussagen mehrdeutig gehalten sind oder bewusst einen größeren Interpretationsspielraum lassen.
II. Interpretation von Werbeaussagen
Ob eine Angabe in einer Produktbeschreibung oder in einer Werbeanzeige wahr oder unwahr ist, kann erst dann bestimmt werden, wenn zuvor der Aussagegehalt der jeweiligen Produktbeschreibung oder sonstigen Werbung feststeht.
Die Rechtsprechung stellt den Aussagegehalt fest, indem sie die Werbeangaben und ihre weitergehenden Bezüge interpretiert. Entscheidend ist dabei der Blickwinkel der Interpretation: Die Gerichte nehmen dabei nicht etwa die Perspektive eines perfekten, idealen Verbrauchers ein, der alles bis ins kleinste Detail aufmerksam liest und versteht, sondern die Sichtweise eines durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers. Ein solcher Durchschnittsverbraucher kann auch einmal etwas übersehen, wenn es nicht hinreichend klar und deutlich dargestellt ist, oder nicht vollständig verstehen, wenn es zu kompliziert beschrieben ist.
Häufig werden die entscheidenden Richterinnen und Richter selbst zu dem adressierten Verkehrskreis zählen, der durch eine bestimmte Werbung angesprochen werden soll; da sie allerdings „vom Fach“ sind, also sich mit der Interpretation von Werbeaussagen besser auskennen als Laien, kann ihre Einschätzung der Sichtweise des Durchschnittsverbrauchers in manchen Fällen auch zweifelhaft sind.
III. Irreführender Hinweis auf Kundenbewertungen
In einem Fall des OLG Brandenburg (Urteil vom 7. Februar 2023 - Az. 6 U 55/22) entschied das Gericht, dass die konkrete Art der Einbindung von Kundenbewertungen in die Produktbeschreibung des beklagten Website-Betreibers irreführend ist.
Das Gericht hielt einen konkreten Bezug bzw. Hinweis in einer Produktbeschreibung des werbenden Unternehmens auf eine Bewertung des Bewertungsportals Trustpilot für irreführend, da der angesprochene Verkehrskreis aus Sicht eines durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers den Hinweis auf die Trustpilot-Kundenbewertung in diesem Fall so verstünde, als würde sich die Bewertung auf das beworbene Produkt beziehen. Dabei - und das wüssten die angesprochenen Verkehrskreise in der Regel nicht - stellten Truspilot-Bewertungen bloße Unternehmensbewertungen und nicht etwa Bewertungen von konkreten Produkten dar.
Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei nach Ansicht des Gerichts nicht anzunehmen, dass der größte Teil der angesprochenen Verkehrskreise Kenntnis davon habe, dass es sich bei Sterne-Bewertungen des Online-Portals Trustpilot nicht um Produktbewertungen handle, wie sie dem Verbraucher aus einer Vielzahl von Online-Shops bekannt und vertraut sind, sondern sich diese Bewertungen ausschließlich auf ein bestimmtes Unternehmen beziehen. Selbst ein Verbraucher, der sich in der Vergangenheit näher mit diesem Bewertungsportal befasst hat, würde nicht ausschließen können, dass das Unternehmen Trustpilot sein Angebot mittlerweile möglicherweise auch auf Produktbewertungen ausgeweitet haben könnte.
IV. Für Händler: Handlungsempfehlung für Hinweise auf Kundenbewertungen
Für Online-Händler ist im Zusammenhang mit Hinweisen auf Bewertungen durch Kunden, z.B. in Produktbeschreibungen oder in sonstiger Produktwerbung, Folgendes zu empfehlen:
- In einzelnen Produktbeschreibungen zu bestimmten Produkten sollten bestenfalls keine Kundenbewertungen eingebunden werden, die sich nicht auf das konkret beworbene Produkt beziehen.
- Möchten Händler nicht auf die Einbindung von Kundenbewertungen verzichten, die sich nicht auf das konkret beworbene Produkt, sondern etwa auf das Unternehmen insgesamt beziehen, sollte dies jedenfalls durch entsprechend sichtbare und deutliche Angaben im Zusammenhang mit der dargestellten Kundenbewertung hinreichend klargestellt werden.
- In keinem Fall sollten in einen Webshop oder in einer sonstigen Verkaufspräsenz solche Kundenbewertungen in einzelne Produktbeschreibungen eingebunden werden, die sich auf das Unternehmen insgesamt beziehen, ohne dass hierzu auch eine sichtbare und deutliche Klarstellung erfolgt, dass sich diese nicht auf das konkrete Produkt beziehen.
V. Fazit: Das Wichtigste in Kürze
Das Wichtigste lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Produktbeschreibungen und sonstige (Produkt-)Werbung dürfen keine unwahren Angaben enthalten.
- Werbeaussagen werden stets aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers interpretiert: Hält ein Durchschnittsverbraucher den Hinweis auf eine Kundenbewertung in einer Produktbeschreibung für eine Bewertung des Produkts, obwohl es sich um eine Bewertung des Unternehmens handelt, ist dies eine irreführende geschäftliche Handlung und kann abgemahnt werden.
- Händler sollten auf Hinweise auf Unternehmensbewertungen in Zusammenhang mit Produktbeschreibungen bestenfalls ganz verzichten.
- Alternativ sollten Händler jedenfalls hinreichend sichtbare und deutliche Klarstellungen vornehmen, dass sich die Kundenbewertungen auf das Unternehmen und nicht auf das Produkt beziehen.
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1 Kommentar
das Unternehmen eines Freundes nimmt für bestimmte Prozesse Geld vom Kunden (Außerplanmäßige Kündigung des Kunden, obwohl Mindestvertragslaufzeit vereinbart zum Beispiel). Das ist auch Vertraglich festgehalten, und okay soweit.
Sein Unternehmen bietet den Kunden jedoch auch an, für gute Bewertungen diese Kosten zu erlassen.
Ich finde das ein wenig fraglich, ist das okay?
LG Nick