Lieferportale in der Pflicht: Abmahnungen wegen fehlender Lebensmittelinformationen nach der LMIV

Lieferportale in der Pflicht: Abmahnungen wegen fehlender Lebensmittelinformationen nach der LMIV
15.04.2015 | Lesezeit: 4 min

Seit Inkrafttreten der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) haben Lebens-mittelunternehmer neben umfangreichen Vorgaben zur Verpackungskennzeichnung von Lebensmitteln auch spezifische Pflichtinformationen im Fernabsatz zu beachten. Online-Shops, welche dies versäumen oder die Erfordernisse nur ungenügend umsetzen, sehen sich vermehrt Abmahnungen ausgesetzt. Jüngst sind nun Lieferportale und Einkaufsdienstleister aufgrund fehlender Lebensmittelinformationen zur Zielscheibe von Unterlassungsaufforderungen geworden.

I. Verpflichtende Lebensmittelinformationen im Fernabsatz

Wird ein vorverpacktes Lebensmittel per Fernabsatz vertrieben, greift der Regelungsbereich von Art. 14 LMIV.

Hiernach sind dem Verbraucher vor Vertragsschluss stets alle nach Art. 9 und 10 einschlägigen Informationen (außer das Mindesthaltbarkeitsdatum und die Nährwertdeklaration, welche erst zum 13.12.2016 verpflichtend wird) verfügbar zu machen und auf dem jeweiligen Trägermaterial des Fernabsatzgeschäfts bereitzuhalten.

Umfassende FAQ zu den Bestimmungen der LMIV und den sich daraus ergebenden Pflichten finden sich hier.

Grundsätzlich hat der Lebensmittelunternehmer so verpflichtend über Folgendes zu informieren

  • die Bezeichnung des Lebensmittels
  • die Liste der Zutaten
  • alle in Anhang II der LMIV aufgeführten Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die im Enderzeugnis vorhanden sind und die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen
  • die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten
  • die Nettofüllmenge des Lebensmittels
  • ggf. besondere Anweisungen für Aufbewahrung und/oder Anweisungen für die Verwendung
  • den Namen oder die Firma und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers nach Artikel 8 Absatz 1
  • ggf. das Ursprungsland oder den Herkunftsort nach Maßgabe von Art. 26
  • eine Gebrauchsanleitung, falls es schwierig wäre, das Lebensmittel ohne eine solche angemessen zu verwenden
  • ggf. den vorhandenen Alkoholgehalts in Volumenprozent
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II. Verstöße von „Shopwings“ und Co.

Die gänzlich ausbleibende oder unzulängliche Bereitstellung der im Fernabsatz anzuführenden lebensmittelspezifischen Pflichthinweise können als Verstoß gegen Art.14 LMIV über §4 Nr.11 UWG bzw. §5a II, IV UWG als unlautere geschäftliche Handlung geahndet werden und sind damit wettbewerbswidrig.

Besonders im Online-Handel zeigen sich noch immer gravierende Umsetzungslücken, die zum einen daraus resultieren, dass sich viele Händler der neuen Anforderungen noch immer nicht hinreichend bewusst sind, und zum anderen auf den erheblichen zeitlichen und organisatorischen Aufwand einer Umstellung und Optimierung jeglicher Angebote zurückzuführen. Gerade Betreiber von großen Lebensmittelhandelsportalen werden hier mit besonderen Zuordnungs- und Spezifizierungsschwierigkeiten konfrontiert, weil die verschiedenen Lebensmittel ob ihrer Zusammensetzung nicht selten die unterschiedlichsten Hinweise erfordern.

Hinweis: typische Fehlerbeispiele und deren Auflösung finden sich in diesem Beitrag.

Grundsätzlich sind die Informationen von jedem Online-Unternehmer bereitzustellen, der eine mit dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausübt (Art. 2 Abs. 1 a LMIV i.V.m. Art 3 Nr. 2 u. 3 VO (EG) Nr. 178/2002). Der Anwendungsbereich des Pflichtenprogramms erschöpft sich somit nicht in dem klassischen Fall des Direktvertriebs von Lebensmitteln, sondern umfasst auch Service-Dienstleister, die sich auf die Abwicklung von Bestellungen bei großen Supermärkten und Discountern und die anschließende Lieferung an Verbraucher spezialisiert haben.

Wichtig: Online-Lieferdienste von frisch zubereiteten Mahlzeiten (Pizza, Asiatisch etc.) müssen den Anforderungen indes nicht genügen. Die Pflichten nach der LMIV greifen nur für vorverpackte Lebensmittel.

Dies musste jüngst das Online-Startup „Shopwings.de“ schmerzlich erfahren, das eine Website betreibt, auf der Artikel von bestimmten Einzelhandelsketten in einen virtuellen Warenkorb gelegt und sodann bestellt werden können. Die Leistung von Shopwings.de besteht hierbei aber nicht in der Lieferung vorrätiger Waren, sondern in der zeitnahen Abwicklung der aufgegebenen Bestellungen Einkäufe bei den zuständigen Einzelhändlern.
Dass aufgrund der Ausweisung einzelner Lebensmittel auf der Website und der Bereitstellung eines kohärenten Lieferdienstes ein Vertrieb von Lebensmitteln im weitesten Sinne gegeben und eine Einhaltung der Online-Informationspflichten mithin obligatorisch sei, befand nun das LG Berlin. Dieses hatte auf Begehr des Feinkost-Versandhandels „Bavarian House GmbH“ auf Grundlage eines Verstoßes gegen Art. 14 LMIV eine einstweilige Verfügung gegen das Portal erlassen, weil die verpflichtenden Lebensmittelinformationen nicht bereitgestellt wurden.

Von einer Rechtskraft der erlassenen Verfügung ist allerdings (noch) nicht auszugehen, da Shopwings.de weiterhin auf verordnungskonforme Online-Hinweise für die zum Einkauf verfügbaren Lebensmittel verzichtet und sich mit einem Verweis auf die ausschließliche Relevanz der Produktinformationen auf der Verpackung begnügt:

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III. Fazit

Die nach der LMIV im Fernabsatz bereitzustellenden lebensmittelspezifischen Pflichthinweise gelten gegenüber jedem Unternehmer, dessen Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Lebensmitteln steht. Naheliegend ist somit, dass nicht nur die klassischen Online-Lebensmittelhändler die Anforderungen einzuhalten haben, sondern auch die Anbieter von neuartigen Geschäftsmethoden wie Einkaufsservices mit Online-Bestellmöglichkeit. Sobald diese nämlich auf Geheiß der Besteller Einkäufe und die darauf folgenden Lieferungen veranlassen, betätigen sie sich unternehmerisch am Lebensmittelvertrieb. Obwohl eine Erfassung sämtlicher Pflichtinformationen für Lebensmittel, die sich nicht im eigenen unternehmerischen Bestand befinden, sondern erst bei entsprechender Bestellung von Edeka, Aldi und Co. bezogen werden, mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden sein mag, ist Betreibern von Lieferportalen eine Einhaltung der fernabsatzspezifischen Lebensmittelinformationspflichten dringend zu raten.

Unbekannt ist im Fall Shopwings.de bisher der Verfahrensgang, sodass eine Beurteilung der Konstellation durch die Rechtsprechung abzuwarten bleibt.

Bei weitergehenden Fragen zur rechtskonformen Ausgestaltung ihres Lebensmittel-Shops und zur Umsetzung der LMIV steht Ihnen die IT-Recht Kanzlei gerne zur Verfügung.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
© Aamon

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