Achtung Abmahnung: Irreführende Aufklärung über Gewährleistungsrechte des Verbrauchers
Ein Abmahnbrennpunkt: die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers. Eine uns aktuell vorliegende Abmahnung hat eine irreführende Aufklärung über Gewährleistungsrechte eines Verbrauchers zum Gegenstand. Was konkret abgemahnt wurde und wie Sie rechtssicher über die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers aufklären, lesen Sie in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- I. Was war der Anlass für die Abmahnung?
- II. Rechtliche Bewertung: Irreführende Aufklärung über Verbraucher-Gewährleistungsrechte = Wettbewerbsverstoß
- III. Best Practice: Rechtssichere Aufklärung über die Gewährleistungsrechte eines Verbrauchers
- IV. Fazit
- V. Sie haben eine Abmahnung erhalten - so reagieren Sie richtig!
I. Was war der Anlass für die Abmahnung?
Anlass für die uns vorliegende Abmahnung war u.a. der Inhalt der Aufklärung über die gesetzlichen Gewährleistungsrechte eines Verbrauchers.
Danach wurde auf der Homepage des Online-Shops unter dem Punkt „gesetzliche Gewährleistung für Privatverbraucher“ wie nachstehend wiedergegeben erläutert:
Es geht dabei insbesondere um diesen Abschnitt:
"Für die ersten 6 Monate nach Übergabe an den Käufer wird vermutet, dass die Ware bereits bei Übergabe mangelhaft war, es sei denn, der Verkäufer weist nach, dass Mangel bei Übergabe noch nicht vorhanden war. Reklamiert der Käufer nach Ablauf von 6 Monaten ab Kaufdatum, erfolgt eine Beweislastumkehr; in diesem Fall muss der Käufer nachweisen, dass das Gerät bereits zum Zeitpunkt der Übergabe defekt war. Dies gilt gleichermaßen für Neu- und Gebrauchtware."
II. Rechtliche Bewertung: Irreführende Aufklärung über Verbraucher-Gewährleistungsrechte = Wettbewerbsverstoß
Die Angabe zur Beweislastumkehr nach 6 Monaten bei Verbrauchern ist falsch und damit wettbewerbsrechtlich irreführend. Mit dieser Formulierung verstieß die Online-Händlerin gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot gemäß § 5 UWG.
Kauft ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache (*„Verbrauchsgüterkauf“*, § 474 BGB) , gilt seit dem 01.01.2022 die verlängerte gesetzliche Mängelvermutung von einem Jahr ab Übergabe.
In diesem Fall ergibt sich aus § 477 Abs. 1 BGB: Bei einem Verbrauchsgüterkauf wird zu Lasten des Verkäufers vermutet, dass Mängel, die sich innerhalb von 12 Monaten nach Übergabe der Sache zeigen, bereits bei Übergabe vorlagen.
Für den Verkäufer heißt dies, dass er im ersten Jahr nach der Übergabe nachweisen muss, dass der Mangel nicht bereits bei Übergabe bestand.
Lesetipp: Sie möchten sich ausführlicher über die Beweislastumkehr nach § 477 BGB im Gewährleistungsrecht informieren? In diesem Beitrag beantworten wir alle wichtigen Fragen zur Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf!
III. Best Practice: Rechtssichere Aufklärung über die Gewährleistungsrechte eines Verbrauchers
Dies wirft die Frage auf, wie rechtssicher über die Gewährleistungsrechte eines Verbrauchers aufgeklärt wird.
1. Hinweis auf die Gewährleistungs- / Mängelrechte eines Käufers, § 437 BGB
Für eine abmahnsichere Aufklärung ist der Verbraucher zunächst grundsätzlich über die ihm im Falle eine mangelhaften Ware zustehenden gesetzlichen Gewährleistungsrechte nach § 437 BGB zu informieren:
Kauft ein Verbraucher bei einem Händler eine Sache, die sich jedoch als fehlerhaft herausstellt, hat er das Recht, die mangelhafte Sache zu reklamieren und Abhilfe zu fordern.
Der Hinweis sollte auch die Information beinhalten, dass der Käufer für eine Inanspruchnahme dieser Rechte eine solche Erklärung gegenüber dem Händler abgegeben muss. Dies ist formfrei möglich, der Käufer kann die Gewährleistungsrechte also auch mündlich ausüben.
Übrigens: Gemäß § 312d Absatz 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nrn. 11 EGBGB besteht für Online-Händler gegenüber Verbrauchern eine vorvertragliche Informationspflicht über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für Waren aufzuklären!
2. Wissenswertes zur Beweislastumkehr nach § 477 BGB
Grundsätzlich hat die Partei die Voraussetzungen für den Anspruch, den sie geltend macht, auch zu beweisen (Beweislast). Für einen höheren Verbraucherschutz wurde eine Ausnahme von diesem Grundsatz in § 477 BGB bestimmt (Beweislastumkehr). Daher ist beim Verkauf an einen Verbraucher auch an den Hinweis auf die Beweislastumkehr zu denken.
Bezüglich der Beweislast zwischen Verbraucher und Verkäufer gilt folgendes: Zeigt sich innerhalb von 12 Monaten nach Übergabe ein Mangel der Sache, wird vermutet, dass die Sache bereits bei Übergabe fehlerhaft war.
Die Beweislast liegt also im ersten Jahr nach Übergabe (nicht ab Kaufdatum!) der Ware beim Verkäufer. Nur wenn der Verkäufer nachweisen kann, dass der Mangel nicht schon bei Übergabe der Kaufsache vorlag, muss er sie nicht reparieren bzw. austauschen.
Ab dem 13. Monat trägt der Verbraucher die Beweislast: Erweist sich die Ware erst nach einem Jahr ab Übergabe als fehlerhaft, muss nun der Verbraucher beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe bestand.
Achtung Ausnahme: Beim Verbrauchsgüterkauf über lebende Tiere gilt die Mängelvermutung nur innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe (§ 477 Abs. 1 Satz 2 BGB) .
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IV. Fazit
Gemäß § 312d Absatz 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nrn. 11 EGBGB besteht für Online-Händler gegenüber Verbrauchern eine vorvertragliche Informationspflicht über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für Waren aufzuklären.
Informiert ein Online-Händler über die sog. Beweislastumkehr nach § 477 BGB (beim Verkauf an einen Verbraucher), muss diese Information zutreffend sein - andernfalls liegt ein relevanter wettbewerbsrechtlicher Verstoß vor. Die Beweislastumkehr besagt, dass in den ersten 12 Monaten nach Übergabe der Kaufsache vermutet wird, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag.
Insoweit ist es am Händler nachzuweisen, der Mangel habe nicht schon bei Übergabe der Ware bestanden. Ab dem 13. Monat trägt der Verbraucher die Beweislast, die Kaufsache habe den Mangel schon bei Übergabe besessen.
V. Sie haben eine Abmahnung erhalten - so reagieren Sie richtig!
Lassen Sie die Abmahnung trotz der regelmäßig kurzen Fristen anwaltlich von einem Spezialisten überprüfen - in diesen Abmahnungen geht es oft um hohe Zahlungsforderungen, hier sollte der Betroffene nicht vorschnell handeln. Auch die vorformulierte Unterlassungserklärung ist in den uns vorliegenden Fällen fast immer einseitig und zudem gefährlich vorformuliert und sollte in dieser Form nicht abgegeben werden!
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