Abmahnen in der Krise – muss das ernsthaft sein?
Unser Land und damit auch die Wirtschaft ringen aktuell mit den größten Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Insbesondere die Unternehmer und Händler stehen derzeit vor großen Problemen. Einige Serienabmahner, wie etwa der IDO-Verband, können es aber auch in Krisenzeiten nicht lassen und preschen aktuell gleich mit mehreren Abmahnungen vor.
Worum geht es?
In diesen bangen Tagen geht es für viele Händler ums Überleben, und zwar in zweierlei Hinsicht: Die Gesundheit ist ebenso bedroht, wie die Zukunft des Unternehmens.
Es geht um die Sicherung des Fortbestands von Unternehmen und Arbeitsplätzen und um Minimierung von Gesundheitsgefahren für die Händler, deren Angestellte, Beteiligte in der Logistikkette und Kunden.
Die schon in „Normalzeiten“ lästige Abmahnung ist in der aktuellen Situation schlicht vollkommen deplatziert.
Im kollegialen Austausch in der Kanzlei fiel in den letzten Tagen daher mehrfach die Aussage „In diesen Tagen wird wohl kaum einer abmahnen“.
Falsch gedacht. Ganz im Gegenteil, nehmen sich manche Serienabmahner auch in Tagen wie diesen nicht zurück und sprechen gleich reihenweise Abmahnungen aus.
„Alte Bekannte“ sind anscheinend krisenfest
Wie sollte es auch anders sein, fallen in diesen Tagen viele alte Bekannte negativ mit ihren mehrfachen Abmahnschreiben auf.
So liegen der IT-Recht Kanzlei vom bekannten Abmahnverband IDO aus Leverkusen aktuell gleich drei Abmahnschreiben, datierend auf den 17.03. und 18.03.2020 vor.
Ebenfalls in Krisenzeiten „aktiv“ ist die Wetega UG (haftungsbeschränkt), die durch Rechtsanwalt Sandhage mit Abmahnschreiben vom 17.03.2020 einen angeblichen Wettbewerbsverstoß ahnden lässt.
So richtig in Abmahnlaune kam wohl Ende letzter Woche Harald Durstewitz. Von ihm liegen der IT-Recht Kanzlei gleich drei Abmahnschreiben mit Datum 20.03.2020, ausgesprochen über die FAREDS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH durch RA Dr. Bernd Fleischer vor.
Schlechtes Gewissen?
So ganz vorüber gegangen scheint die derzeitige Situation der Welt auch an den aktiven Abmahnern nicht. Bei einigen Abmahnungen ist zu beobachten, dass die sonst üblichen Wochenfristen für eine Unterwerfung um einige Tage verlängert worden sind.
Man weiß also wohl genau, was man da tut…
Ein schlechtes Gewissen dürfte damit aber kaum verbunden sein, setzt man doch immerhin großzügige Fristen.
Über 20.000 Euro Vertragsstrafe on top – kein Problem in diesen Zeiten
Ein Abmahnverein garniert die aktuelle, wiederholte Abmahnung sogar noch mit der Forderung einer Vertragsstrafenzahlung von über 20.000 Euro – diese immerhin zahlbar bis nach Ostern.
In Tagen, in denen etliche Firmen massive Zukunftssorgen plagen und staatliche Hilfen in Milliardenhöhe versprochen werden, so überflüssig wie ein Kropf.
Dieser Abmahnverein ist der IT-Recht Kanzlei in der Vergangenheit bereits mit der Forderung einer Vertragsstrafe von über 500.000 Euro (!) gegenüber einem (!) Abgemahnten aufgefallen.
Mag sein, dass man daher nun die aktuelle Forderung von etwas über 20.000 Euro als „Peanuts“ wertet, die ein halbwegs krisenfestes Unternehmen doch mal eben schultern können muss.
Fazit
Anscheinend ist gewissen „Akteuren“ inzwischen jegliches Anstandsgefühl verloren gegangen.
Wer in diesen schweren Zeiten Anlass und Zeit für die Aussprache von Serienabmahnungen und Realisierung von Vertragsstrafen findet, sollte sich schämen.
Dies umso mehr, als es in den uns aktuell vorliegenden Abmahnungen der vorgenannten Protagonisten wahrlich nicht um schwerwiegende, dringliche Wettbewerbsverletzungen geht, die eine eilige Beseitigung erforderlich machen, sondern um bloße Formalitäten wie bspw.
- veraltete Rechtstexte,
- abweichende Widerrufsfristen,
- nicht klickbarer OS-Link und
- Werbung mit Garantien ohne die nötigen Informationen.
Leider müssen Onlinehändler somit auch in Krisenzeiten wie der aktuellen mit dem Erhalt einer Abmahnung rechnen und können sich nicht auf die derzeit wirklich wichtigen Dinge konzentrieren.
Ein derartiges Abmahnverhalten macht trotz langer Jahre der Begleitung wettbewerbsrechtlicher Abmahnvorgänge sprachlos und ist in höchstem Maße unanständig, um nicht zu sagen ekelhaft.
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7 Kommentare
Bleibt gesund :)
Es sind haarsträubende Kinkerlitzchen, die hier immer wieder Abmahngrund sind. Was ich nicht verstehen kann ist, dass es in unserem ausdifferenzierten Rechtssystem offenbar nicht möglich ist zwischen anklickbarem Streitschlichtungslink und falschen Angaben in betrügerischer Absicht zu unterscheiden. Auch ist für mich nicht nachvollziehbar, wo hier bitte ein Schaden in Höhe einer Fantasiesumme von 500-100000 Euro für meinen mickrigen Mitbewerber entstanden sein soll.
Insgesamt muss ich sagen, dass die politischen Verantwortlichen sich offenbar nur für Akteure interessieren, die solche Summen aus der Portokasse zahlen. Der Einzelne kann ruhig untergehen, solang er nicht systemrelevant ist!
Dieser Zustand ist abartig und erschütternd.
https://www.crn.de/markt/dhl-hilft-lokalem-einzelhandel-ins-online-geschaeft.122235.2.html