Darf bei Ab-Preisen ein Ab-Grundpreis angegeben werden?

Darf bei Ab-Preisen ein Ab-Grundpreis angegeben werden?
24.06.2022 | Lesezeit: 5 min

Fehlende Grundpreise im Online-Shop stellen eine der größten Zielscheiben für Abmahnungen dar. Händler werden, um der Pflicht zur Grundpreisangabe bestmöglich Folge zu leisten, aber teilweise überobligatorisch erfinderisch. Ausprägung davon sind etwa "Ab-Preisen" beigestellte "Ab-Grundpreise". Wir gehen der Frage nach deren Zulässigkeit nach.

Die Ausgangssituation: Ab-Gesamtpreise in Artikelübersichten

Grundsätzlich ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV immer dann, wenn Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach einer bestimmten Maßeinheit (Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche) angeboten oder beworben werden, dem ausgewiesenen Gesamtpreis der entsprechende Grundpreis zur Seite zu stellen.

Diese Pflicht ist immer dann unproblematisch umzusetzen, wenn in Online-Shops nur eine Produktgröße angeboten oder beworben wird, aus deren mengenmäßiger Preisberechnung der Grundpreis eindeutig abgeleitet werden kann.

Allerdings kann es je nach Art des Shops und nach Gattung der darin angebotenen Waren vorkommen, dass dem Verbraucher die Wahl zwischen verschiedenen Mengen eines Produktes überlassen wird und er mithin bestimmen kann, wie viel er zu einem von der Menge abhängigen Gesamtpreis erwerben will.

In derlei Fällen existiert von vornherein kein eindeutig festgesetzter Gesamtpreis. Vielmehr ergibt sich dieser erst nach einer mengenmäßigen Festlegung durch den Kunden, die er über eine Auswahl-Schaltfläche auf der Artikelseite vornehmen kann.

Im Regelfall werden den produktspezifischen Seiten, über die der Kauf letztlich getätigt werden kann, aber Artikelübersichten vorgeschaltet, auf denen in Anbetracht der Platzknappheit eine Darstellung aller zur Verfügung stehenden Produktmengen nicht möglich ist. Hier helfen sich die betroffenen Anbieter durch die Angabe von „Ab-Gesamtpreisen“, die sich regelmäßig auf die kleinste verfügbare Warenmenge beziehen und indizieren, dass andere Optionen mit höheren Mengen zu entsprechend höheren Gesamtpreisen verfügbar sind.

Zur Veranschaulichung der beschriebenen Situation soll im Folgenden die Übersichtsseite eines Online-Teehauses dienen, das losen Tee verkauft und dem Kunden die Möglichkeit eröffnet, verschiedene Mengen desselben Produktes zu erwerben.

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(Quelle: www.teehaus.com/teesortiment/)

Hier wird auf Ab-Gesamtpreise zurückgegriffen, da der endgültige Kaufpreis erst nach einer im Folgenden durchzuführenden Mengenbestimmung durch den Kunden angegeben werden kann.

Auch hier werden Waren nach Mengeneinheit angeboten. Weil Übersichtsseiten aufgrund der klaren Zuordnung von Preisen zu Produkten tatbestandlich schon als Werbung im Sinne der PAngV gelten, müssen hier nach § 4 Abs. 1 PAngV grundsätzlich Grundpreise angeführt werden.

Fraglich ist aber, ob dieselbe Pflicht angenommen werden kann, wenn die Grundpreise – wie im obigen Beispiel – keinem fixen Gesamtpreis zugeordnet werden können, weil sich dieser nicht im Vorfeld berechnen lässt. Kann hier mit „Ab“-Grundpreisen gearbeitet werden?

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Grundpreisangabepflicht bei Ab-Gesamtpreisen?

Bevor sich der Frage gewidmet werden kann, ob die Angabe von Ab-Grundpreisen in Korrespondenz zu angeführten Ab-Gesamtpreisen zulässig ist, muss zunächst analysiert werden, ob bei Ab-Gesamtpreisen überhaupt Grundpreise anzugeben sind.

Grundpreise sollen dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV normierten Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit Rechnung tragen und so eine effiziente Vergleichsgrundlage für Verbraucher schaffen, an der sie ihre Kaufentscheidung orientieren können. Die Angabe von Preisen je Mengeneinheit erleichtert es so, das Preisniveau eines Artikels zu demjenigen eines gleichartigen in Relation zu setzen, und stellt eine Preistransparenz her, die eine zuverlässige Einschätzung der Kostenträchtigkeit eines Angebots ermöglicht.

Nach eindeutiger gesetzgeberischer Anordnung in § 4 Abs. 1 PAngV ist ein Grundpreis aber immer nur dann anzugeben, wenn auch ein konkreter Gesamtpreis angegeben wird.

Bei grundsätzlich grundpreispflichtigen Variantenartikeln entsteht die Grundpreispflicht mithin erst dann, wenn der Verbraucher eine konkrete Ausführung auswählt, der sodann ein Gesamtpreis zugeordnet wird.

Auf Übersichtsseiten, auf denen bloß die günstigste Ausführung mit einem "Ab-Preis" gekennzeichnet wird, ist mangels fixen Gesamtpreises kein Grundpreis darzustellen (so im Tenor auch das LG Düsseldorf, Urteil v. 15.08.2014 – Az. 38 O 70/14).

Zulässigkeit von Ab-Grundpreisen?

Auch wenn eine Pflicht zur Anführung von Ab-Grundpreisen, die sich auf Ab-Gesamtpreise beziehen, nicht besteht, so stellt sich dennoch die Frage, ob über den Gesetzeswortlaut hinaus derartige Angaben in zulässiger Weise gemacht werden dürfen.

Dagegen sprechen mehrere Erwägungen.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV ist der Grundpreis der „Preis je Mengeneinheit“. Der Ab-Grundpreis nähme hierbei aber nur auf eine Abnahmemenge Bezug und ließe damit kleinere Abnahmemengen unberücksichtigt.

Ferner wird nicht ersichtlich, wann die ausgewiesenen Ab-Grundpreise erzielt werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass regelmäßig der Ab-Gesamtpreis die kleinste abnehmbare Menge und mithin den höchsten Grundpreis indiziert, der Ab-Grundpreis als kleinster Grundpreis aber nur für die größte Abnahmemenge gilt.

Bei Formulierungen oder Darstellungen wie

Produkt X – Ab 20,00€ – Preis pro 1 kg ab 12,00€

würden mithin die Gebote der Preisklarheit und –wahrheit nicht nur nicht beachtet, sondern vielmehr erheblich verletzt. Es würde auf Basis des Ab-Grundpreises nämlich ein besonders günstiges Angebot suggeriert, das in Wirklichkeit erst bei einer hohen Abnahmemenge und einem korrespondieren hohen Gesamtpreis bestünde.

Durch die zusammenhängende Darstellung von Ab-Grundpreisen und Ab-Gesamtpreisen könnte insofern die Fehlvorstellung des Verbrauchers hervorgerufen werden, der attraktive Ab-Grundpreis beziehe sich unmittelbar auf die Gesamtpreisuntergrenze.

Zur gleichen Ansicht gelangte das VG Freiburg mit Urteil v. 24.11.2004 (Az. 2 K 384/04), das die Angabe von Grundpreisen als Ab-Preise für ausnahmslos rechtswidrig erklärte.

Fazit

Können in Online-Shops, etwa auf Artikelübersichten, verbindliche Gesamtpreise nicht angegeben werden, weil deren Berechnung von der Wahl einer bestimmten Kaufmenge durch den Kunden abhängt, so können Ab-Preise Abhilfe schaffen.

Grundpreise müssen Ab-Preisabgaben aber nicht beigestellt werden und sind erst erforderlich, wenn dem Verbraucher nach Auswahl einer Variante der Gesamtpreis für eben diese angezeigt wird.

Ab-Grundpreise, die Ab-Preisen beigestellt werden, sind sogar rechtswidrig und zwingend zu unterlassen, weil sie das Preisniveau durch die Suggestion eines besonderen Preisvorteils verfälschen, der tatsächlich erst bei einer besonders hohen Abnahmemenge besteht.

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Bildquelle:
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1 Kommentar

M
Michael S. 28.08.2015, 09:16 Uhr
Auch bei gleichem Gesamtpreis könnte es Probleme geben
Vielen Dank für diesen sehr interessanten Artikel. Aber genau genommen könnte dieses Problem auch bei einem eindeutigen Gesamtpreis auftreten. Wenn z.B. alle Sorten Schokolade für 0,99 Euro angeboten werden, gibt es keinen "Ab-Preis", denn der Betrag steht fest. Allerdings könnte saisonbedingt ein Sorte Schokolade mehr Inhalt haben und dadurch einen anderen Grundpreis.

Mit freundlichen Grüßen,
Michael S.

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