Ab 01.01.2025: Abgabebeschränkungen beim Biozid-Handel!

Ab 01.01.2025: Abgabebeschränkungen beim Biozid-Handel!
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Beitrag vom: 06.09.2024

Ab dem 1. Januar 2025 gilt innerhalb Deutschlands für bestimmte Biozid-Produkte im Einzel- und Online-Handel ein Selbstbedienungsverbot. Bei der Abgabe muss dann eine besondere Sachkunde der abgebenden Personen vorliegen und ein Abgabegespräch durchgeführt werden. Wie wirkt sich dies auf den Online-Handel mit Biozid-Produkten aus?

Rechtlicher Hintergrund

Am 26.08.2021 ist in Deutschland die Verordnung über die Meldung und die Abgabe von Biozid-Produkten sowie zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (ChemBiozidDV) in Kraft getreten. Die Verordnung regelt insbesondere die Meldung und Abgabe von Biozid-Produkten sowie die Anforderungen an die Abgabe von Biozid-Produkten im Online- und Versandhandel.

Die Verordnung gilt für Biozid-Produkte im Sinne von § 3 Nr. 11 des Chemikaliengesetzes. Dieses verweist für die Definition wiederum auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten in der jeweils geltenden Fassung. Danach ist ein Biozid-Produkt

  • jeglicher Stoff oder jegliches Gemisch in der Form, in der er/es zum Verwender gelangt, und der/das aus einem oder mehreren Wirkstoffen besteht, diese enthält oder erzeugt, der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen;
  • jeglicher Stoff oder jegliches Gemisch, der/das aus Stoffen oder Gemischen erzeugt wird, die selbst nicht unter den ersten Gedankenstrich fallen und der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen.

Hierunter fallen beispielsweise Ratten- oder Ameisengifte oder bestimmte Holzschutzmittel.

Die Verordnung gilt für

  • Hersteller und Einführer von Biozid-Produkten,
  • Personen, die Biozid-Produkte abgeben (abgebende Personen),
  • Personen, die Biozid-Produkte erwerben (Erwerber).
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Abgabebeschränkungen ab dem 01.01.2025

Ab dem 1. Januar 2025 gilt für bestimmte Biozid-Produkte im Einzel- und Online-Handel ein Selbstbedienungsverbot. Diese Produkte dürfen dann nur noch von sachkundigem Personal nach einem Abgabegespräch abgegeben werden. Dies gilt gemäß § 10 ChemBiozidDV insbesondere für folgende Biozid-Produkte:

  • Rodentizide (Produkte zur Bekämpfung von Mäusen, Ratten und anderen Nagetieren durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung),
  • Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden (Produkte zur Bekämpfung von Arthropoden (zum Beispiel Insekten, Spinnentiere und Schalentiere) durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung),
  • Antifouling-Produkte (Produkte zur Bekämpfung des Wachstums und der Ansiedlung von bewuchsbildenden Organismen (Mikroben und höhere Pflanzen- und Tierarten) an Wasserfahrzeugen, Ausrüstung für die Aquakultur und anderen im Wasser eingesetzten Bauten),
  • Beschichtungsschutzmittel (Produkte zum Schutz von Beschichtungen oder Überzügen gegen mikrobielle Schädigung oder Algenwachstum zwecks Erhaltung der ursprünglichen Oberflächeneigenschaften von Stoffen oder Gegenständen wie Farben, Kunststoffen, Dichtungs- und Klebkitten, Bindemitteln, Einbänden, Papieren und künstlerischen Werken),
  • Holzschutzmittel (Produkte zum Schutz von Holz, ab dem Einschnitt im Sägewerk, oder Holzerzeugnissen gegen Befall durch holzzerstörende oder die Holzqualität beeinträchtigende Organismen, Insekten einbegriffen),
  • Schutzmittel für Baumaterialien (Produkte zum Schutz von Mauerwerk, Verbundwerkstoffen oder anderen Baumaterialien außer Holz gegen Befall durch Schadmikroorganismen und Algen).

Sachkunde für die Abgabe

Sachkundig für die Abgabe von Biozid-Produkten ist gemäß § 13 ChemBiozidDV, wer die Anforderungen erfüllt nach:

  • § 11 Absatz 1 Nummer 1 und 2, auch in Verbindung mit Absatz 3, der Chemikalien-Verbotsverordnung, sofern die Sachkunde auch die Abgabe von Biozid-Produkten abdeckt,
  • § 9 Absatz 1 Nummer 4 des Pflanzenschutzgesetzes in Verbindung mit der Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung, sofern nachgewiesen werden kann, dass eine Fortbildungsveranstaltung nach § 11 Absatz 1 Nummer 2 der Chemikalien-Verbotsverordnung, die Kenntnisse über Biozid-Produkte vermittelt, erstmalig oder wiederholt besucht wurde und diese nicht länger als den in § 11 Absatz 1 Nummer 2 der Chemikalien-Verbotsverordnung jeweils genannten Zeitraum zurückliegt oder
  • § 15c Absatz 3 in Verbindung mit Anhang I Nummer 4.4 der Gefahrstoffverordnung, sofern sich die Sachkunde auf die Produktart bezieht, der das abgegebene Biozid-Produkt zuzuordnen ist.

Nachweise über berufliche Qualifikationen oder erworbene Sachkunde, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden sind, erfüllen die vorgenannten Anforderungen, soweit die für die Anerkennung der Gleichwertigkeit zuständige Behörde die Gleichwertigkeit festgestellt hat.

Die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit (BLAC) stellt auf ihrer Webseite erläuternde Hinweise zur Auslegung der Sachkunde gemäß § 13 ChemBiozidDV zur Verfügung.

Prüfung der Abgabevoraussetzungen

Biozid-Produkte der o. g. Produktarten dürfen nur abgegeben werden, wenn der abgebenden Person bekannt ist oder sie sich vom Erwerber hat bestätigen oder durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachweisen lassen, dass dieser zu der in der Zulassung genannten Verwenderkategorie gehört und die Biozid-Produkte in bestimmungsgemäßer und sachgerechter Weise verwenden will.

Abgabegespräch

Ferner dürfen Biozid-Produkte der o. g. Produktarten grundsätzlich nur abgegeben werden, wenn die abgebende Person den Erwerber im Rahmen eines Abgabegesprächs unterrichtet hat über

  • mögliche präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Schadorganismen sowie mögliche alternative Maßnahmen mit geringem Risiko,
  • die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung des Biozid-Produkts gemäß der Gebrauchsanweisung, insbesondere über Verbote und Beschränkungen,
  • die mit der Verwendung des Biozid-Produkts verbundenen Risiken und mögliche Risikominderungsmaßnahmen,
  • die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen beim bestimmungsgemäßen Gebrauch und für den Fall des unvorhergesehenen Verschüttens oder Freisetzens sowie
  • die sachgerechte Lagerung und ordnungsgemäße Entsorgung.

Ein Abgabegespräch ist nicht durchzuführen für Biozid-Produkte, bei denen eine oder mehrere Verwendungen gemäß der durch die Zulassung vorgegebenen Kennzeichnung nicht durch die breite Öffentlichkeit gestattet sind.

Ferner ist ein Abgabegespräch nicht erforderlich für Biozid-Produkte der Produktarten Beschichtungsschutzmittel, Holzschutzmittel und Schutzmittel für Baumaterialien, wenn der abgebenden Person bekannt ist oder der Erwerber ihr durch Vorlage geeigneter Unterlagen glaubhaft macht, dass die Anwendung des Biozid-Produkts in Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Erwerbers erfolgt.

Besonderheiten für den Online-Handel

Erfolgt die Abgabe im Online-Handel oder sonst im Versandwege, muss gemäß § 12 ChemBiozidDV durch technische oder organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass vor Abschluss des Kaufvertrages über das Biozid-Produkt

  • die Einhaltung der Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Nummer 1 ChemBiozidDV durch eine nach § 13 sachkundige Person überprüft wird und
  • ein fernmündliches oder ein per Videoübertragung geführtes Abgabegespräch nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 ChemBiozidDV durch eine nach § 13 ChemBiozidDV sachkundige Person nachweisbar erfolgt.

Ein entsprechendes Abgabegespräch kann etwa per Online-Videoübertragung erfolgen, die vor der Bestellmöglichkeit im Online-Shop durch den Kunden angestoßen werden muss, ähnlich wie dies etwa bei der Altersverifikation zur Erfüllung jugendschutzrechtlicher Anforderungen der Fall ist. Allerdings muss sich der Händler hierzu keines zertifizierten Dienstleisters bedienen, sondern er kann das Abgabegespräch durch eigenes Personal durchführen lassen, sofern dieses über die notwendige Sachkunde gemäß § 13 ChemBiozidDV verfügt. Das Abgabegespräch sollte zu Nachweiszwecken aufgezeichnet und im Rahmen datenschutzrechtlicher Aufbewahrungsfristen dauerhaft gespeichert werden.

Fazit

Ab dem 1. Januar 2025 gilt innerhalb Deutschlands für bestimmte Biozid-Produkte im Einzel- und Online-Handel ein Selbstbedienungsverbot. Bei der Abgabe muss dann eine besondere Sachkunde der abgebenden Personen vorliegen und ein Abgabegespräch durchgeführt werden.

Erfolgt die Abgabe im Online-Handel oder sonst im Versandwege, muss durch technische oder organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass vor Abschluss des Kaufvertrages über das Biozid-Produkt von einer sachkundigen Person die Abgabevoraussetzungen geprüft werden und ein Abgabegespräch durchgeführt wird. Hierzu kann sich der Händler einer Videoübertragung bedienen, die der Kunde vor der Bestellmöglichkeit im Online-Shop anstoßen muss.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: ogichobanov / shutterstock.com

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3 Kommentare

P
Peter Fritz 02.04.2025, 20:01 Uhr
Der unmündige Bürger
Hier Ameisendose Falle:
liebe Leser, heute habe ich besagtes Produkt online bestellen wollen. Um den Kauf abzuschließen muss man nun eine Beratung absolvieren, wie im Facheinzelhandel auch. Unabhängig davon, dass es Produkte gibt, die nicht in jede Hand gehören stellt sich aber die Frage: Was unterscheidet ein Beipackzettel mit Warnungen zu einer erzwungenen Beratung telefonisch oder vor Ort?
Hat der Berater die Aufgabe vormundschaftlich zu wirken oder setzt der Gesetzgeber voraus, dass der Bürger nicht lesen kann oder beratungsresistenz ist. Das könnte natürlich ein Argument nach der Flüchtlichsschwemme sein. Aber was soll der Berater letztendlich am Telefon bewirken? Muss der Berater am Telefon englisch, afghanisch, indisch etc. können, dass er jeden Käufer gesetzesgetreu beliefern darf? Nur die machtvolle Stimme eines lizensierten Beraters erfüllt die gesetzlichen Bedingungen für einen Verkauf/Kauf. Es gibt 100 Millionen Produkte, die nicht gesundheitsfördernd sind und sachgerecht gehandhabt werden sollten, aber wenn es um Bienen geht dann reicht es nicht, dass ein mündiger Bürger das liest, nein, er braucht eine Beratung!
Zu blöd zu lesen und auch verdächtig, der Umwelt zu schaden, muss man sich nun den Gesetzen beugen.
Ich akzeptiere hiermit, dass ich als unmündig eingestuft werde und warte auf einen Anruf bzw. persönliche Beratung, wie ich Batterien entsorge, wie ich Medikamente und Gift entsorge, wie ich Bienen und Umwelt schütze u.v.m. Solange ich nicht angerufen werde kann ich jetzt unbeschwert tun und lassen was ich will, weil lesen ist nicht bindend und gesetzlich wie es scheint unrelevant.
Oder kann mir jemand erklären, warum Ameisenköder eine mündliche Beratung verlangen?
unmündiges und frustriertes Hochachtungsvoll an die Gesetzgeber
Peter Fritz
PS: Diese Schreiben erfolgte auf Grund einer Beratung
Eine Kanzlei dürfte folgende Fragen interessieren:
Wenn ich mehrer Dosen Ameisenköder kaufe und dies ohne Beratung an andere Personen schenke oder auch bezahlen lasse, bin ich dann strafbar?
Wenn ja, zahlt mit der Staat eine Ausbildung zum Berater für Ameisenfallen, damit ich gesetzeskonform Dosen schenken kann?
Muss ich eine Selbstanzeige in diesem Falle bei der Polizei einreichen, damit ich nicht vom beschenkten angezeigt werden kann?
H
Herr Schipfer 20.11.2024, 17:54 Uhr
Marktplätze (EBAY, Amazon)
Wie wird Amazon auf die Verordnung reagieren? Werden von heute auf morgen alle Angebote gesperrt? Was sind Ihre Vermutungen?
F
Frau Jung 26.09.2024, 11:59 Uhr
Anforderungen Onlinehandel
Mir bleibt aufgrund der Systematik der Norm unklar, wie § 10 Absatz 1 im Onlinehandel umgesetzt werden soll. Denn § 12 bezieht sich "nur" auf den Absatz II und damit das Abgabegespräch. "keinen freien Zugriff" spielt dieses TBM im Onlinehandel keine Rolle- diese Info fehlt mir in Ihrem Beitrag. Ansonsten wir immer praxistauglich zusammengefasst- vielen Dank.

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