Rechtmäßigkeit der Verwendung eines geschützten Unternehmenskennzeichens mit Zusatz "blog" als Domain?

Rechtmäßigkeit der Verwendung eines geschützten Unternehmenskennzeichens mit Zusatz "blog" als Domain?
03.07.2007 | Lesezeit: 6 min

Wie würde Ihnen das gefallen, wenn ein Dritter einfach Ihr geschütztes Unternehmenskennzeichen in Kombination mit dem Zusatz „blog” als Internet-Domain verwenden und folgendes in seinem Blog ankündigen würde:

„Der schlimmste Alptraum für ein auf Image und Vertrauen aufgebautes Unternehmen wird Realität: www.... blog.de geht heute Nachmittag online und wird alles, was aus www…de herausquillt, unter extensiver Ausnutzung der Spielräume der grundgesetzlich garantierten Meinungsäußerungsfreiheit kritisch kommentieren.”

So erging es jedenfalls einem Unternehmen (im Folgenden: Antragsstellerin), welches es diesem Dritten (im Folgenden: Antragsgegner) verbieten wollte, die eigene Domain mit der Bezeichnung „blog” zu versehen und diese dann - in welcher Schreibweise auch immer - als Anschrift einer Internet-Domain zu benutzen und/oder benutzen zu lassen.

Das OLG Hamburg (Beschluss vom 31. Mai 2007, Az. 3 W 110/07) gab der Antragsstellerin jedenfalls Recht und nahm dabei einen Unterlassungsanspruch aus § 12 BGB an: Danach könne die Antragstellerin von dem Antragsgegner, der bei der DENIC als Inhaber der streitigen Domain registriert ist, verlangen, dass dieser den unbefugten Gebrauch ihres Namens zukünftig unterlässt.

Dies begründete das OLG Hamburg im Einzelnen wie folgt:

1. Zunächst stellte das OLG Hamburg fest, dass die unter dem Zeichen... blog.de entfalteten Aktivitäten kein Handeln im geschäftlichen Verkehr darstellen und damit markenrechtliche Ansprüche ausscheiden würden:

Die unter dem Zeichen... blog.de entfalteten Aktivitäten stellen allerdings kein Handeln im geschäftlichen Verkehr dar. Vielmehr sollen nach den Informationen, die die Antragsschrift dazu enthält, Beiträge auf die Seite gestellt werden, die sich kritisch mit den geschäftlichen Aktivitäten der Antragstellerin auseinandersetzen. Findet diese unter Nutzung des Namens eines anderen statt, ist dies eine private Benutzung und nicht eine solche im Geschäftsverkehr.

2. Sodann kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 BGB in der Fallgruppe eines unbefugten Namensgebrauchs- also einer Namensanmaßung –vorliegen würden:

Der BGH hat dazu unlängst in der Entscheidung „Segnitz" (WRP 2006, 90/91) unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung (BGHZ 149, 191, 198 „shell.de"; 155, 273, 275 f „maxem.de"; WRP 2005, 488 „mho.de") bekräftigt, dass auch einem Unternehmen ein Namensrecht nach § 12 BGB zusteht, auf Grund dessen es gegen einen nichtberechtigten Dritten vorgehen kann, der sich diesen Namen unbefugt als Domainnamen hat registrieren lassen. Der Funktionsbereich des Unternehmens kann nämlich ausnahmsweise auch durch eine Verwendung des Unternehmenskennzeichens außerhalb des Anwendungsbereichs des Kennzeichenrechts berührt werden.

In solchen Fällen kann der Namensschutz ergänzend gegen Beeinträchtigungen der Unternehmensbezeichnung herangezogen werden, die - weil außerhalb des geschäftlichen Verkehrs oder außerhalb der Branche und damit außerhalb der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr - nicht mehr im Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens liegen (BGH WRP 2005, 488, 490 „mho.de"). Eine Beeinträchtigung berechtigter geschäftlicher Interessen ist im Allgemeinen dann gegeben, wenn ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domainnamen - unter welcher Topleveldomain auch immer - benutzt und sich damit unbefugt, ein Recht an diesem Namen anmaßt, wobei ein unbefugter Namensgebrauch schon in der Registrierung der Domain liegen kann (BGH WRP 2005, a.a.O.).

Und weiter:

So ist es hier. Kennzeichnend in der von dem Antragsgegner verwendeten Kombination „www... blog.de" ist allein der Zeichenbestandteil ”...”, denn der Zusatz „blog" wird als auf den Gegenstand des Internet-Auftritts hinweisende Angabe vom Publikum als rein beschreibend verstanden werden. Jedenfalls wettbewerblich signifikante Anteile des Verkehrs werden annehmen, dass sich hinter dem so bezeichneten Internetauftritt das Unternehmen namens „...” verbirgt, um den Leuten im Rahmen eines „Corporate Blogs" ein offizielles Tagebuch des Unternehmens anzudienen. Insoweit ist jedenfalls den normal informierten, durchschnittlich verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Referenzverbrauchern heutzutage geläufig, dass ein „blog” ein Internettagebuch ist und aus der Anschriftenbildung aus dem allein kennzeichnungskräftigen Unternehmensschlagwort „..." mit dem rein beschreibenden Sachbegriff „blog” liegt jedenfalls der Schluss nahe, dass sich hinter der Anschrift eine Aktivität des Namensinhabers verbirgt.

Insoweit kommt es also noch nicht einmal darauf an, ob den Leuten Corporate Blogs anderer Unternehmen bekannt sind. Bezüglich der Identifizierung des hinter der Bezeichnung stehenden Anbieters kann das Publikum sich also allein an dem Bestandteil ”...” orientieren, so dass der Tatbestand des Gebrauchs des Namens der Antragstellerin vorliegt. Die Bezeichnung „... blog.de” ist in der Gesamtkombination auch nicht rein beschreibend und sie lässt - anders als die Begriffsbildung „awd-aussteiger.de" - schon gar nicht erkennen, dass sich dahinter jemand verbirgt, der sich kritisch mit den geschäftlichen Aktivitäten der Antragstellerin auseinandersetzen will.

3. Der Antragsgegner habe dagegen keine Rechte an diesem Namen:

Der Antragsgegner hat keinerlei Rechte an diesem Namen und kann als Nichtberechtigter auch nicht auf schützenswerte Belange verweisen, die im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären. Es ist ihm selbstverständlich unbenommen, sich mit den Aktivitäten der Antragstellerin kritisch auseinanderzusetzen und er dürfte auf den Gegenstand seines lnternetauftrifts möglicherweise sogar unter Benutzung des Firmenschlagworts „...” hinweisen. Dies kann aber nicht in einer Weise geschehen, die bei jedenfalls relevanten Anteilen des Publikums die unzutreffende Erwartung begründet, dass unter der verwendeten Anschrift Inhalte der Namensinhaberin zu finden sein werden.

4. Auch könne sich der Antragsgegner nicht auf sein Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit berufen:

Es ist auch nicht von dem Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt, sich mit den Aktivitäten der Antragstellerin unter einer Domain-Anschrift auseinandersetzen, die vom Publikum eben gerade wegen der Kombination mit dem Firmenschlagwort der Antragstellerin zugeordnet werden wird. Dass eine Aufklärung irgendwo auf der Website erfolgt ist und vermutlich zukünftig auch weiterhin erfolgen wird, führt aus dem Verletzungstatbestand nicht heraus, denn die Zuordnungsverwirrung ist bereits eingetreten, wenn die Domain in der Erwartung, dort von der Antragstellerin bereit gestellte Inhalte vorzufinden, aufgerufen worden ist.

5. Der Streitwert wurde „lediglich” auf 10.000 Euro angesetzt, da es nicht um ein Handeln im geschäftlichen Verkehr gehe:

Die Streitwertfestsetzung berücksichtigt, dass es nicht um ein Handeln im geschäftlichen Verkehr geht, sondern dass der Name der Antragstellerin zur Eröffnung eines kritischen Forums, also zur Meinungsbildung gebraucht worden ist. Abzuschätzen ist mithin unter Abwägung des Angriffsfaktors, der nur den Namensgebrauch und den Umstand, dass es um Beiträge zur Meinungsbildung und nicht ums Geschäft geht, das Interesse der Antragstellerin, allein über ihren Namen verfügen zu dürfen. Dem ist mit einer Bewertung von € 10.000.- Genüge getan.

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Fazit

Es ist natürlich nicht jedermann so einfach möglich, ungefragt ein geschütztes Unternehmenskennzeichen in Kombination mit dem Zusatz „blog” als Internet-Domain zu verwenden, unabhängig davon, ob diese Domain dann zu privaten oder zu gewerbliche Zwecke genutzt wird. Die Argumentation des OLG Hamburg ist nachvollziehbar und zeigt exemplarisch auf, dass eben auch das (im Grundsatz so wichtige) Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit nicht unbeschränkt wirken kann.

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Bildquelle:
Gerd Altmann(geralt) / PIXELIO

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