Urteil vom LG Leipzig 5. Zivilkammer
Entscheidungsdatum: 17.08.2006
Aktenzeichen: 5 O 4757/05
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Endverbrauchern das eigene Sortiment an Küchen im Verhältnis zum Sortiment anderer Anbieter als das preiswerteste Sortiment zu bewerben, ohne die in Bezug genommenen anderen Anbieter namentlich zu benennen, wie aus der Anlage K 1 (nachfolgend verkleinert wiedergegeben) ersichtlich geschehen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 189,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. 12. 2005 zu bezahlen .
3. Der Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR.
Beschluss:
Streitwert:bis zu 15.000,00 EUR
Tatbestand
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen. Er verfolgt die Aufgabe, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen und den lauteren Geschäftsverkehr zu fördern. Er begehrt vorliegend von der Beklagten die Unterlassung eines Wettbewerbsverstoßes sowie den Ersatz entstandener Auslagen.
Die Beklagte betreibt in ..ein Möbelhaus. Am 21.08.2005 bewarb sie in dem .. für den ... ihr Küchenstudio. Sie schaltete eine Werbeanzeige mit dem Hinweis auf den KÜCHEN-DIREKTVERKAUF. In dieser Anzeige heißt es unter anderem:
"So urteilen unsere Kunden! z.B.:
Ich habe die Preise mit vier Anbietern aus der Umgebung verglichen. Und tatsächlich: Möbel ...war bei bester Qualität mit Abstand der preiswerteste!" ...."
Auf die Abmahnung des Klägers gab die Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Dem Kläger sind Abmahnkosten in Höhe von 189,00 EUR brutto entstanden.
Der Kläger rügt den Wettbewerbsverstoß des Beklagten unter allen rechtlichen Gesichtspunkten und beschränkt sich nicht auf die Wettbewerbsverstöße nach §§ 3 und 4 Nr. 1 und Nr. 10 UWG. In der Werbeanzeige finde ein pauschaler, nicht nachvollziehbarer Preisvergleich statt, der keinen Informationsgehalt habe und deswegen geeignet sei, Verbraucher von eigenen, an den persönlichen Bedürfnissen ausgerichteten Vergleichen der Angebote der Beklagten mit denen anderer Anbieter, abzuhalten. Indem die Beklagte in der geschilderten Weise ihr Angebot pauschal als "das preislich Beste und qualitativ Hochwertigste" anpreise, werde der Verbraucher davon abgehalten, einen selbständigen Vergleich der Sortimente der Mitbewerber der Beklagten vorzunehmen und von diesen anderen weggelockt. Er werde so unsachlich in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt.
Wie viele Mitbewerber die Beklagte im Einzugsgebiet von ..hat, ist streitig.
Es liege ein erheblicher Wettbewerbsverstoß vor, denn die allgemeine Lebenserfahrung begründe die ernsthafte, unbestreitbare Besorgnis, dass die Beklagte in gleicher Weise wieder so handele.
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, zu Zwecken es Wettbewerbs gegenüber Endverbrauchern das eigene Sortiment an Küchen im Verhältnis zum Sortiment anderer Anbieter als das preiswerteste Sortiment zu bewerben, ohne die in Bezug genommenen anderen Anbieter namentlich zu nennen, wie aus der Anlage K 1 ersichtlich geschehen;
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 189 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängig zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt ihre Werbung als nicht wettbewerbswidrig. Eine vergleichende Werbung liege nicht vor. Mitbewerber würden namentlich nicht benannt und seien nicht erkennbar. Auch würden Mitbewerber nicht herabgesetzt oder gezielt behindert. Es gebe in ihrem Einzugsbereich, den sie bewerbe, 20 Mitbewerber. Die nicht namentliche Erwähnung von vier Anbietern rufe daher beim angesprochenen Verkehr nicht die Annahme hervor, die Beklagte nehme gegenüber den gesamten Mitbewerbern eine Vorzugsstellung ein. Sie nenne für die von ihr beworbenen Küchen keine Preise, so dass allenfalls der Eindruck vermittelt werde, bei ihr bestehe ein gutes Verhältnis zwischen Qualität und Preis. Es handele sich dabei um eine wahre Angabe eines ihrer Kunden namens Kade. Der Ausdruck "preiswerteste" sei wertend und sie berühme sich damit nicht einer Spitzenstellung.
Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die diesen beiliegenden Anlagen verwiesen. Der Gang der mündlichen Verhandlung ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift vom 25.07.2006, auf die Bezug genommen wird.
Gründe
I.
Die zulässige Klage hat Erfolg.
1. Das Landgericht Leipzig ist das sachlich und örtlich zur Entscheidung berufene Gericht, §§ 13, 14 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Anlage 1, Nr 5 SächsJuZustVO.
Die Werbeanzeige wurde im Bereich des Muldentalkreises veröffentlicht. Die Wettbewerbshandlung wurde damit im Bezirk des Landgerichts Leipzig begangen. Zudem hat die Beklagte dort ihren allgemeinen Gerichtsstand.
Der Kläger ist unstreitig ein von der ständigen Rechtsprechung des BGH als klagebefugt anerkannter, rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Dagegen bringt die Beklagte auch nichts vor, so dass es keines weiteren Eingehens hierauf bedarf.
2.
Die Beklagte war antragsgemäß zur Unterlassung zu verurteilen, da ihre im ...für den .... vom 21. 08. 2006 geschaltete Werbung, mit der sie ihr Sortiment an Küchen im Verhältnis zum Sortiment vier anderer, namentlich nicht genannter Anbieter als den "bei bester Qualität mit Abstand preiswerteste(n)" bezeichnete, wettbewerbswidrig ist, §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 1, 5 UWG.
a) Die Werbeaussage der Beklagten verstößt als unzutreffende Alleinstellungsbehauptung gegen §§ 3, 5, 4 Nr. 1 UWG.
Mit der Aussage "Ich habe die Preise mit 4 Anbietern aus der Umgebung verglichen. Und tatsächlich: Möbel ... war bei bester Qualität mit Abstand der preiswerteste!" nimmt die Beklagte eine im Ergebnis nicht nachprüfbare Alleinstellung für sich in Anspruch und handelt damit wettbewerbswidrig. Die angegriffene Werbeaussage, die unter der Überschrift im Direktverkauf steht, vermittelt den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, bei bester Qualität der preiswerteste Anbieter zu sein. Diese Aussage versteht der damit von der Beklagten angesprochene durchschnittlich informierte, der Situation entsprechend aufmerksame und verständige Verkehrsteilnehmer dahin, die Beklagte sei quasi in "Preis und Qualität" unschlagbar, die Beklagte biete "die qualitativ besten (Küchen-) Möbel zum günstigsten Preis" (vgl. dazu schon OLG Nürnberg BB 1968, 1399). Zum angesprochenen Verkehr zählen auch die Mitglieder der Kammer als potentielle Käufer von Küchen. Daher können sie den Sachverhalt grundsätzlich aus eigener Sachkunde beurteilen (vgl. BGH GRUR 2004, 786 - Größter Online- Dienst).
Wegen der andernfalls bestehenden Gefahr einer Irreführung des Publikums setzt die Zulässigkeit einer Allein- oder Spitzenstellungswerbung voraus, dass
- die Werbeaussage wahr ist,
- der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat
- und der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet.
Dabei unterfallen jedoch bloß reklamehafte Übertreibungen und reine Werturteile nicht dem Irreführungsverbot, weil sie keine inhaltlich nachprüfbaren Aussagen über geschäftliche Verhältnisse (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG) enthalten (std. Rspr. BGH, vgl. BGH GRUR 2004, 786 - Größter Online- Dienst; GRUR 2003, 800 - Schachcomputerkatalog; GRUR 2002, 182 - Das Beste jeden Morgen).
Die irreführende Alleinstellungsbehauptung besteht hier einerseits aus der Kombination von Qualitäts- und Preiswerbung, die sie von einer bloß reklamehaften Übertreibung abhebt, andererseits darin, dass sie sich in dieser Hinsicht je auf die vier Anbieter bezieht, die darin namentlich nicht genannt werden und zu denen je bei Preis und Qualität eine Spitzenstellung in Anspruch genommen wird.
Diese Behauptung der Spitzenstellung wird auch nicht dadurch beseitigt, dass sie voranstellt, dass die Preise (nur) mit vier Anbietern aus der Umgebung verglichen wurden, es nach der Behauptung der Beklagten jedoch in ihrem Werbegebiet es ca. 20 Anbieter des gleichen Sortiments gäbe.
Einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der das Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt, ist die Anzahl der möglichen Konkurrenten in dem Gebiet nicht bekannt, das die Beklagte als ihren Einzugsbereich ansieht. Er wird, wie der von der Beklagten zitierte Kunde, zudem seinen Vergleich von Preisen und Qualität des Küchensortiments der Beklagten auf eine beschränkte Anzahl von Mitbewerbern beschränken, nämlich diejenigen, die er aus konkurrierender Werbung, dem Branchenverzeichnis oder sonstigen ihm zugänglichen Erkenntnisquellen kennt.
Vorliegend wird die Aussage der behaupteten Spitzenstellung noch dadurch unterstrichen, dass der Preisvergleich mit Anbietern "aus der Umgebung" erfolgt ist, also dem Umfeld des dies verlautbarenden Kunden oder dem geschäftlichen Einzugsbereich der Beklagten und sie lässt dabei auch offen, auf welchen Bereich sie sich räumlich denn bezieht. Der so angesprochene Teilnehmer des Verkehrs wird dabei in erster Linie davon ausgehen, dass sich dies auf den räumlichen Bereich bezieht, wo die Werbeanzeige den Verbraucher erreicht, also dem Verbreitungsgebiet des Anzeigenblattes.
Die Einschätzung der Werbung als irreführende Alleinstellungsbehauptung der Beklagten wird noch durch das sonstige Erscheinungsbild der Anzeige unterstrichen und hervorgehoben. Denn darin heißt es weiter "Bestpreis/Garantie. Bei uns finden sie immer die preiswerteste Küche! Höchste Qualität bei riesiger Typenvielfalt". Auf diese Äußerung bezieht sich, die Beklagte auch, indem sie den sie preisenden Kunden sich wie zurecht von dem Kläger beanstandet, äußern lässt: "Und tatsächlich: Möbel ...war bei bester Qualität mit Abstand der preiswerteste!".
2.
Damit macht die Beklagte Angaben, die nicht hinreichend transparent und deswegen auch für den der Situation nach angemessen aufmerksamen und durchschnittlich informierten Teilnehmer des Verkehrs zur Irreführung geeignet sind. Sie nennt keine objektiv überprüfbaren Tatsachen, die für den angesprochenen Verkehr nachvollzieh- und objektivierbar sind. Weder benennt sie die anderen Anbieter, noch die für ihre Aussage zu der Beurteilung gegenübergestellten konkreten Produkte und schließlich grenzt sie den Bereich nicht räumlich ein, für den der Vergleich von Preis und Qualität Geltung haben soll und zutrifft. Ihre Behauptung, bei bester Qualität der preiswerteste zu sein, macht sie mithin nicht transparent.
Deswegen nimmt sie mit ihrer Werbung auf diese Weise auch unsachlichen Einfluss auf die Kaufentscheidung des angesprochenen Verkehrs. Diesen lässt sie sich in der vermeintlichen Gewissheit wiegen, dass er bei ihr beste Qualität am preiswertesten einkaufen kann. Dabei setzt sie zudem auf die für den Verkehr bedeutsame Äußerung eines Dritten, nämlich des Kunden Kade. Dessen Angaben misst der Verkehr nach der Lebenserfahrung als solche eines außenstehenden, neutralen Dritten mehr Gewicht bei, als einen "Eigenlob" (mit gleichem Aussagegehalt) der Beklagten selbst.
3.
Da sich der Unterlassungsanspruch schon aus den vorgenannten Gründen ergibt, kann offen bleiben, ob er auch aus §§ 4 Nr. 10, 6 UWG folgt. Dies setzt jedoch eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern voraus, für sich individuell auszuwirken droht (§ 4 Nr. 10 UWG) oder den Mitbewerber erkennbar macht. Daran dürfte es fehlen, weil die Beklagte in der Werbeanzeige die Mitbewerber nicht benennt und diese auch sonst nicht durch anderweite Angaben so individualisiert sind, dass sie erkennbar gemacht werden.
II.
Dem Kläger war der begehrte Aufwendungsersatz für die ihm durch die Abmahnung entstandenen erforderlichen Kosten zuzusprechen, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
Da die Beklagte einen Wettbewerbsverstoß nach dem Vorstehenden begangen hat, ist die Abmahnung zu Recht erfolgt. Die dem Kläger vorgerichtlich entstandenen, der Höhe nach wegen ihrer Notwendigkeit unstreitigen Kosten von 189,-- Euro hat die Beklagte daher zu ersetzen.
Die darauf begehrten Zinsen beansprucht der Kläger zutreffend nach §§ 288 Abs. 2, 291 BGB. Da die Klage am 30. 11. 2005 zugestellt wurde, stehen ihr die Zinsen ab 01. 12. 2005 zu (§§ 186, 187, BGH NJW- RR 519).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 ff GKG, 3, 4 ZPO, § 12 Abs. 4 UWG.
Der Gegenstandswert von 7.500,-- Euro, den der Kläger für den Unterlassungsantrag angibt, erscheint freilich bei objektiver Bewertung nur für ein Verfügungs- nicht aber für ein Hauptsacheverfahren der vorliegenden, relativ überschaubaren Art angemessen, da die einstweilige Verfügung häufig lediglich eine vorläufige Regelung bewirkt. Der Kläger legt regelmäßig in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes denn auch selbst bei Wettbewerbsverstößen vergleichbarer Art und ähnlichen Gewichtes einen Wert von 7.500,-- Euro zugrunde. Für eine Hauptsache erscheint dies indes als zu gering, zumal der Kläger den Wettbewerbsverstoß im öffentlichen Verbraucherinteresse verfolgt. Hinzu kommt, dass die Angriffsschwere nicht unerheblich ist. Deswegen war der doppelte Betrag festzusetzen, also 15.000,-- Euro. Dies entspricht auch in etwa dem, was der BGH schon in früheren Jahren bei ähnlichen Verbandsklagen angenommen hat (30.000,-- DM).
Bei dem mit dem Antrag 2 verfolgten Aufwendungsersatz handelt es sich um vorgerichtliche Kosten, die nach § 4 ZPO dem Wert des Antrags 1 nicht hinzuzurechnen sind.
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