Urteil vom LG Osnabrück 4. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsdatum: 09.07.2012
Aktenzeichen: 16 O 37/12
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, geschäftlich handelnd für den Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen mit Preisgegenüberstellungen zu werben, bei denen dem verlangten Preis ein "ehem. NP" gegenübergestellt und nicht erläutert wird, um welchen Preis es sich bei dem so bezeichneten Preis handelt wie geschehen mit Anlagen 1 und 2 dieses Urteils.
2. Der Beklagten wird für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld in Höhe bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Komplementärin der Beklagten zu vollstrecken ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 208,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.1.2012 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 88,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.1.2012 zu zahlen.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger verlangt Unterlassung einer Preisgegenüberstellung in einer Kraftfahrzeug-Verkaufswerbung.
Der Kläger ist ein Interessenverband, der gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG die Befugnis zur Verbandsklage hat. Die Beklagte betreibt ein Autohaus.
In den Ausgaben der ... Zeitung vom ... und ... erschienen Anzeigen der Beklagten, in denen sie zwei hochwertige gebrauchte Fahrzeuge unter Gegenüberstellung ihres aktuellen Preises mit einem "ehem. NP" bewarb. Die Einzelheiten ergeben sich aus Anlagen 1 und 2 des Urteils.
Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 1.3.2011 ab, verlangte die Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie Erstattung der entstandenen Kosten. Dies lehnte die Beklagte ab.
Der Kläger meint, die Beklagte habe gegen das Irreführungsverbot verstoßen, weil sie nicht angegeben habe, welcher Neuwagenpreis genau gemeint gewesen sei, da es mehrere Verständnismöglichkeiten gebe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, geschäftlich handelnd für den Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen mit Preisgegenüberstellungen zu werben, bei denen dem verlangten Preis ein "ehem. NP" gegenübergestellt und nicht erläutert wird, um welchen Preis es sich bei dem so bezeichneten Preis handelt wie geschehen mit Anlagen 1 und 2 zur Klageschrift.
2. der Beklagten für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld in Höhe bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten anzudrohen, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Komplementärin der Beklagten zu vollstrecken ist.
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 208,65 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 88,00 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, die Preisangabe sei nicht irreführend gewesen, da ein verständiger Verbraucher aus der Formulierung "ehemaliger Neuwagenpreis" ableiten könne, dass es sich bei dem angegebenen Preis um die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers handele. In der Anzeige sei nicht genügend Platz gewesen, um eine umfassende Differenzierung hinsichtlich des Neuwagenpreises vorzunehmen. Der abgemahnte Wettbewerbsverstoß sei nicht geeignet, den Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf die verlangte Unterlassung sowie die geltend gemachten Kosten.
Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 5 Abs. 1, 8 UWG. Es liegt ein Wettbewerbsverstoß gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG vor, weil die Beklagte durch die Preisangabe in ihren Anzeigen eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen hat, Die Gegenüberstellung des aktuellen Preises in der Anzeige mit einem nicht näher erläuterten "ehem. NP", was als "ehemaliger Neuwagenpreis" auszulegen ist, stellt eine zur Täuschung geeignete Angabe über den Preis einer Ware dar, da der in Bezug genommene Neuwagenpreis mehrdeutig ist. Die Bezugnahme auf einen anderen Preis muss aber stets klar und bestimmt sein. Der Kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei der Angabe "Neuwagenpreis" in den Anzeigen der Beklagten mehrere Verständnismöglichkeiten gibt, weil die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, der eigene frühere Neuwagenpreis oder der Neuwagenpreis eines anderen Händlers, bei dem das gebrauchte Fahrzeug im Neuzustand tatsächlich erworben wurde, gemeint sein kann.
Die Kammer folgt der Auffassung des Klägers, dass die Verschleierung des in Bezug genommenen Verkaufspreises geeignet ist, die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen. Der Verbraucher könnte, weil er eine Fehlvorstellung vom Ausmaß der Ersparnis hat, zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte verschafft sich damit einen Vorteil vor den Wettbewerbern, die die Preise klar und unzweideutig ausweisen.
Soweit die Beklagte die Rechtsprechung zu dieser Fallkonstellation für überholt hält, weil die Verbraucher durch die Möglichkeiten des Internets über die Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt umfassend informiert seien, ist dem nicht zu folgen. Die Printwerbung wendet sich gerade an die Verbraucher, die dem Internet eher fern stehen. Zudem kann eine Recherche im Internet auch nicht die Frage klären, welcher Neuwagenpreis für das angebotene Fahrzeug Gültigkeit hat bzw. welchen Preis die Beklagte konkret herangezogen hat. Der Schutz des Verbrauchers erfordert es deshalb weiterhin, an der strengen Auffassung festzuhalten. Soweit die Beklagte vorträgt, der vorhandene Platz in der Anzeige für die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen habe gefehlt, kann dem nicht gefolgt werden. Es hätte dann auf die Angabe "ehem. NP" vollständig verzichtet werden müssen.
Der Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Aufwendungen für die Abmahnung sowie für die Durchführung des Einigungsstellenverfahrens ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Der Höhe nach hat die Beklagte die Positionen nicht bestritten.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 286 ff. B 91, 709 ZPO.
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