Urteil vom LG Oldenburg
Entscheidungsdatum: 23.10.2008
Aktenzeichen: 15 O 1295/08
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 2.500,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem Monat, zu unterlassen, ihren Namen in an das Publikum gerichteten Darstellungen, Werbungen, Adressverzeichnissen u.ä. mit "Praxis für Psychotherapie und Traumatherapie" zu verbinden,
2. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 2.500,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem Monat, zu unterlassen, in an das Publikum gerichteten Darstellungen in Bezug auf ihrer Tätigkeit den Begriff "Praxis für Traumatherapie" zu verwenden, wenn nicht sichergestellt ist, dass in vergleichbarer Größe in engem Zusammenhang deutlich hervorgehoben wird, dass es sich um die Tätigkeit einer Heilpraktikerin handelt,
3. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 2.500,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem Monat, zu unterlassen, ihren Namen in an das Publikum gerichteten Darstellungen, Werbungen, Adressverzeichnissen u.ä. mit den Schwerpunkttätigkeiten Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Traumatherapie zu verbinden, ohne in vergleichbarer Größe in engem Zusammenhang deutlich hervorzuheben, dass es sich um die Tätigkeit einer Heilpraktikerin handelt,
4. an die Klägerin einen Betrag von 461,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2007 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 75%, die Klägerin 25% der Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, deren Aufgabe darin besteht, u.a. die Berufsinteressen ihrer Mitglieder zu wahren. Mitglieder der Klägerin sind approbierte Psychotherapeuten.
Die Beklagte ist als Heilpraktikerin tätig und hat eine umfangreiche Aus- und Fortbildung zur Traumatherapie getätigt. Ihre Briefbögen sind überschrieben mit "Praxis für Psychotherapie & Traumatherapie". Es folgt der Name der Beklagten sowie folgende Auflistung: Gesundheitsmanagerin/FAG (U); Gepr. Psychologische Beraterin/ALH, Heilpraktikerin für Psychotherapie/ALH, Supervisorin (U), Traumatherapeutin (ZPTN/ DeGPT). Als Praxisschwerpunkt ist angegeben: Frauen und Mädchen in schwierigen Lebenslagen, als Schwerpunkttätigkeit: tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Traumatherapie. Die Internetseite der Beklagten ist ebenso aufgebaut.
Die Klägerin meint, diese Werbung sei irreführend, weil sie nicht hinreichend deutlich mache, dass die Beklagte keine approbierte Berufsträgerin, also keine Psychotherapeutin im Sinne des Psychotherapeutengesetzes sei.
Sie beantragt,
1. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 2.500,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem Monat, zu unterlassen, ihren Namen in an das Publikum gerichteten Darstellungen, Werbungen, Adressverzeichnissen u.ä. mit "Praxis für Psychotherapie und Traumatherapie" zu verbinden,
2. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 2.500,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem Monat, zu unterlassen, in an das Publikum gerichteten Darstellungen in Bezug auf ihrer Tätigkeit den Begriff "Praxis für Traumatherapie" zu verwenden, wenn nicht sichergestellt ist, dass in vergleichbarer Größe in engem Zusammenhang deutlich hervorgehoben wird, dass es sich um die Tätigkeit einer Heilpraktikerin handelt,
3. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 2.500,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem Monat, zu unterlassen, ihren Namen in an das Publikum gerichteten Darstellungen, Werbungen, Adressverzeichnissen u.ä. mit den Schwerpunkttätigkeiten Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Traumatherapie zu verbinden, ohne in vergleichbarer Größe in engem Zusammenhang deutlich hervorzuheben, dass es sich um die Tätigkeit einer Heilpraktikerin handelt,
4. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 2.500,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem Monat, zu unterlassen, ihren Namen in an das Publikum gerichteten Darstellungen, Werbungen, Adressverzeichnissen u.ä. mit der Bezeichnung "Heilpraktikerin für Psychotherapie" zu verbinden.
5. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 461,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, ihre Werbung sei nicht irreführend. In der wertenden Gesamtschau rücke die Bezeichnung Heilpraktikerin keinesfalls in den Hintergrund. Sie weise sich eindeutig als Heilpraktikerin für Psychotherapie aus und führe ihre Zusatzqualifikationen an. Zudem führe sie Zusätze an, wo sie die Ausbildung gemacht habe. Diese Zusätze seien durchaus üblich und geeignet, um potentiellen Patienten Ort und Umfang der Ausbildung darzustellen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
1. Die Klägerin ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Sie ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts und unstreitig aufgrund ihrer Satzung verpflichtet, die beruflichen Interessen ihrer Mitglieder zu wahren. Die Mitglieder der Klägerin und die Beklagte stehen auch in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander. Beide werben auf dem Markt um potentielle Interessenten für psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlung.
2. Der Klägerin steht gem. § 8 Abs. 1 UWG ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der im Klageantrag zu Ziffer 1-3 genannten Bezeichnungen zu, denn die von der Beklagten verwendete und im Klageantrag bezeichnete Werbung stellt eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne der §§ 3, 5 UWG dar. Nicht zu beanstanden ist hingegen nach Auffassung des Gerichts die Verwendung der Bezeichnung "Heilpraktikerin für Psychotherapie".
Unlauter gem. § 3 UWG handelt unter anderem, wer irreführend wirbt, § 5 UWG. Bei der Beurteilung dieser Frage sind alle Bestandteile der Werbung zu berücksichtigen, insbesondere die Merkmale der angebotenen Dienstleistung, die geschäftlichen Verhältnisse des Werbenden, sowie seine besondere persönliche Befähigung, § 5 Abs. 2 UWG.
Die Berufsbezeichnung des Psychotherapeuten ist in § 1 Abs. 1 Satz 4 des Psychotherapeutengesetzes geschützt. Danach ist es nicht-approbierten Personen verboten die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" zu verwenden.
Aufgrund der Klangähnlichkeit des gewählten Wortes "Psychotherapie" mit dem Begriffe des Psychotherapeuten besteht für den angesprochenen Personenkreis eine Verwechslungsgefahr. Beide Bezeichnungen beinhalten sowohl den Begriff "Psycho" als auch den Begriff "Therapeut bzw. Therapie". Sie werden in enger sprachlicher Verbundenheit genutzt.
Eine irreführende Werbung der Beklagten liegt darin begründet, dass durch die Verwendung des Begriffs Praxis für Psychotherapie und Traumatherapie – ohne hinreichenden Hinweis darauf, dass die Beklagte als Heilpraktikerin tätig wird - bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt wird, dass es sich bei der die Praxis führenden Personen um eine solche mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium handelt. Sowohl der Psychotherapeut als auch der Psychologe müssen jeweils über ein abgeschlossenes Hochschulstudium verfügen, im Gegensatz zu der auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkten Heilpraktikerin, die diesen Titel ohne ein entsprechendes Hochschulstudium erreichen kann, allein durch Durchführung eines entsprechenden Lehrganges und anschließender Prüfung.
Gleiches gilt für den Begriff der Traumatherapie. Die Traumatherapie ist ein eigenständiger Zweig der von approbierten Psychotherapeuten angewandten Therapiearten. Die Verwendung dieses Begriffs im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit vermittelt dem unbefangenen Verbraucher ebenfalls den Eindruck, dass die Beklagte in diesem Bereich eine Ausbildung im Rahmen eines Hochschuldstudiums absolviert hat. Die umfassende Weiterbildung der Beklagten, die die Klägerin auch nicht in Abrede stellen will, genügt diesen Anforderungen nicht.
Aus dem gleichen Grund ist auch der von der Beklagten angegebene Tätigkeitsschwerpunkt der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, Traumatherapie irreführend. Schon aus der Wortwahl vermittelt sich der Eindruck, dass hier eine besondere Form der Psychotherapie angeboten wird. Ohne einen deutlichen Hinweis darauf, dass diese Tätigkeit von der Beklagten als Heilpraktikerin ausgeübt wird, besteht eine Verwechslungsgefahr mit den approbierten Psychotherapeuten.
Hierfür spricht auch, dass die aus Vertretern der obersten Landesgesundheitsbehörden und des Bundesgesundheitsministeriums bestehende Arbeitsgruppe "Berufe des Gesundheitswesens" die Führung der Berufsbezeichnung: Therapeutische heilkundliche Psychotherapie", "Psychotherapeutische Praxis" und "Praxis für Psychotherapie" aufgrund von Verwechslungsgefahren untersagt haben.
Auch die Verwendung der Zusätze, die die Beklagte verwendet, ändern nichts daran, dass die Werbung der Beklagten zur Irreführung geeignet ist, da für die angesprochenen Verkehrskreise nicht erkennbar ist, was sich hinter diesen Kürzeln verbirgt.
Verhindert werden kann die vorgenannte Irreführung, indem die Beklagte in vergleichbarer Größe in engem Zusammenhang mit der Verwendung der Begriffe deutlich hervorhebt, dass es sich um Tätigkeiten einer Heilpraktikerin handelt.
Keine Gefahr der Irreführung vermochte das Gericht mit dem Begriff der "Heilpraktikerin für Psychotherapie" zu erkennen. Hierbei ist deutlich zu erkennen, dass die Beklagte als Heilpraktikerin die Psychotherapie ausübt. Eine Verwechslung mit approbierten Psychotherapeuten erscheint der Kammer daher ausgeschlossen. Eine Entscheidung darüber, ob eine Verwechslungsgefahr mit Heilpraktikern, die eine unbeschränkte Zulassung haben möglich ist, ist hier nicht zu treffen.
Die Kosten der Abmahnung hat die Beklagte gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu tragen. Die Klägerin hat ihre Prozessbevollmächtigten mit der Abmahnung beauftragt. Diese können nach §§ 2 Abs. 2, 13 RVG iVm Nr. 2400 VV eine Geschäftsgebühr mit einem Rahmen von 0,5 bis 2,5 geltend machen; da die Tätigkeit nicht umfangreich oder schwierig ist, ist die Mittelgebühr auf 1,3 begrenzt. Da die Abmahnung ist erfolglos geblieben und es zum gerichtlichen Verfahren gekommen ist, ist die für die Abmahnung entstandenen Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV zu § 2 Abs. 2 RVG) anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV zu § 2 Abs. 2 RVG). Bei einem Streitwert von 15.000,00 Euro beträgt die Mittelgebühr 735,80 Euro, da die Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist, verbleiben 367,50 Euro zzgl. 20,00 Euro Auslagenpauschale und 19% MwSt ergibt den ausgeurteilten Betrag von 461,13 Euro.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
Bei der Festsetzung des Streitwertes hat das Gericht den beim Landgericht Oldenburg geltenden Regelstreitwert von 15.000,00 Euro halbiert, da die Beklagte dem Gericht glaubhaft vermitteln konnte, dass sie nur eine sehr geringe Geschäftstätigkeit ausübt. Der halbierte Regelstreitwert war jedoch zu verdoppeln, da der Unterlassungsanspruch von einer Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3,4 UWG geltend gemacht wird.
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