Rheinland-Pfalz

Urteil vom OLG Zweibrücken 3. Zivilsenat

Entscheidungsdatum: 27.10.2008
Aktenzeichen: 3 W 184/08

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

II. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

III. Die Antragstellerin hat die nach §§ 131a Abs 2, 128c Abs 2 KostO entstandenen Gerichtskosten zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im Verfahren der sofortigen Beschwerde hat die Antragstellerin zu 90 % zu tragen.

Die Antragsgegnerin hat die durch die Anschlussbeschwerde entstandenen Gerichtskosten zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Verfahren der sofortigen Beschwerde hat die Antragsgegnerin zu 10 % zu tragen.

IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin entwickelt und vermarktet u.a. Computer– und Videospiele. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um einen Internet–Provider.

Das sogenannte „A.“–Unternehmen L. AG aus der S. hat im Auftrag der Antragstellerin festgestellt, dass am 28. bzw. 29. August 2008 verschiedene Internetnutzer unter im Einzelnen aufgeführten, über die Antragsgegnerin als Provider zur Verfügung gestellten IP–Adressen eine als „E.“ bzw. „www.b......“ bezeichnende Datei über das sogenannte Peer–to–Peer–Netzwerk „B.“ anderen Nutzern zum Herunterladen angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht haben.

Die Antragstellerin wirbt auf ihrer Internetseite damit, bewusst darauf verzichtet zu haben, das Spiel mit einem Kopierschutz zu versehen. In einer Erklärung der Antragsstellerin vom 13. Mai 2008, die diese mit Schriftsatz vom 03.09.2008 als Anlage AST 9 vorgelegt hat, heißt es, die technische Implementierung eines Kopierschutzes mache angesichts der Kosten und des Aufwands, der letztlich von Raubkopierern in den meisten Fällen umgangen werde, keinen Sinn. Gleichzeitig hat sie in dieser Erklärung zu einem „Feedback“ zu ihrer Entscheidung aufgerufen.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs– und Verwertungsrechte an dem seit 5. Juni 2008 auf dem Markt erhältlichen Computerspiel „E.“. Bei den genannten Dateien handele es sich um vollständige und funktionsfähige Versionen dieses Computerspiels. Das stehe aufgrund der ermittelten Hashwerte fest. Vorliegend seien zwei verschiedene Hashwerte ermittelt worden, was darauf zurückzuführen sei, dass insgesamt fünf verschiedene Versionen des Spiels „E.“ im Umlauf seien, welche sich zwar nicht inhaltlich, aber durch ihre Dateigröße unterschieden und deshalb unterschiedliche Hashwerte aufwiesen. Die Verletzung ihres geistigen Schutzrechtes durch die zu den genannten Zeitpunkten unter den jeweiligen IP–Adressen im Internet aktiven Nutzer sei offensichtlich. Dies gelte aufgrund der den Anschlussinhaber treffenden Prüfpflichten auch für den Fall, dass die Verletzungshandlung nicht von ihm selbst, sondern von einem den Internetzugang nutzenden Dritten vorgenommen worden sei. Der Anschlussinhaber sei für die Handlungen, die über „seine“ Internetverbindungen vorgenommen werden, selbst dann als Störer verantwortlich, falls sein (unverschlüsselter) WLAN–Zugang durch unbekannte Dritte missbraucht werde, weil es jedem Inhaber technisch möglich und zumutbar sei, den Zugang durch geeignete Verschlüsselungsmaßnahmen vor Missbrauch zu schützen. Die hinter den mitgeteilten IP–Adressen verborgenen Nutzer hätten für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen im „gewerblichen Ausmaß“ erbracht, indem sie die eingangs genannten Dateien anderen Internetnutzern zum „Download“ zur Verfügung gestellt hätten. Das erforderliche „gewerbliche Ausmaß“, welches aus Anzahl und Schwere der Rechtsverletzungen abgeleitet werden könne, ergebe sich hier aus dem Umstand, dass es sich bei dem zum Herunterladen bereitgestellten Programm um ein aktuelles Produkt handele.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr - auch unter gegebenenfalls erforderlicher Verwendung von Verkehrsdaten – jeweils Auskunft über die vollständigen Namen und die Anschriften der Personen zu erteilen, denen im Rahmen der Nutzung der von der Antragsgegnerin erbrachten Dienstleistung die aus der mit AST 7 bezeichneten Auflistung ersichtlichen jeweils genannten IP–Adressen zu den jeweils genannten Zeitpunkten zugeordnet waren.

Die Antragsgegnerin hat die Zurückweisung des Antrags beantragt und hierzu vorgetragen, die von der L. AG eingesetzte Software arbeite nicht „ausnahmslos korrekt“. Fehler, Fehlbedienungen und Manipulationen seien vielmehr nicht auszuschließen. Zudem könne jeder Nutzer bei Einstellung einer Datei in ein Tauschbörsenprogramm das Herunterladen dieser Datei durch entsprechende Einstellungen technisch verhindern, so dass nicht automatisch davon ausgegangen werden könne, dass das Programm der Antragstellerin in den genannten Fällen tatsächlich zum Herunterladen zur Verfügung stand. Im Übrigen gebe es bei Nutzung eines Internetzugangs durch Dritte keine geeigneten Schutzmöglichkeiten, die Installation und Benutzung einer Tauschbörsensoftware zu verhindern. Eine Vermutung für die konkrete Nutzung des Zugangs durch den jeweiligen Anschlussinhaber gebe es nicht. Anhaltspunkte, die auf ein Handeln in „gewerblichem Ausmaß“ hindeuten könnten, seien nicht vorhanden. Außerdem dürfe auf gespeicherte Verkehrsdaten nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts derzeit nur bei Verdacht auf Vorliegen einer Straftat nach § 100 a Satz 2 StPO zugegriffen werden.

Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 15. September 2008 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es lägen keine Anhaltspunkte für eine urheberrechtliche Verletzung in „gewerblichem Ausmaß“ vor. Zwar sei dieser Begriff unklar. Die Voraussetzungen des Merkmals „gewerbliches Ausmaß“ im Zusammenhang mit dem urheberrechtlichen Auskunftsanspruch seien vorliegend jedenfalls nicht erfüllt. Auch wenn es sich bei dem zum Zeitpunkt des Angebots zum Herunterladen knapp drei Monate auf dem Markt verfügbaren Spiel – trotz der Schnelllebigkeit des Softwaremarktes – um ein noch relativ neues Produkt handele, könne aber aus dem Angebot lediglich eines Programmpaketes im Wert von etwa 25,00 € bzw. eines Teiles hiervon, nicht auf einen besonders schweren Verstoß gegen fremde Urheberrechte geschlossen werden, welcher wiederum möglicherweise auf eine gewerbliche Aktivität des Verletzers hindeuten könne. Aus der Anzahl der zur Verfügung gestellten Dateien (hier: eine Programmdatei) könne ebenfalls nicht auf ein „gewerbliches Ausmaß“ geschlossen werden.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin. Sie hält die Entscheidung für rechtsfehlerhaft und begehrt mit ihrer Beschwerde die richterliche Anordnung der Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten.

Die Antragsgegnerin hat gegen die Entscheidung des Landgerichts, die unter Hinweis auf §§ 101 Abs. 9 S. 5 UrhG, 13a FGG keine Kostenentscheidung enthält, sofortige Beschwerde mit dem Antrag der Auferlegung ihrer außergerichtlichen Kosten auf die Antragstellerin eingelegt.

II.

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§ 101 Abs. 9 S. 6 UrhG, § 22 FGG).

In der Sache ist die sofortige Beschwerde unbegründet.

Das Landgericht hat den Auskunftsanspruch der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen.

Zutreffend ist das Landgericht von der Statthaftigkeit des Antrags nach § 101 Abs. 9 UrhG ausgegangen. Bei den zur Ermittlung von Namen und Anschriften der jeweiligen Internetnutzer notwendigen dynamischen IP–Adressen handelt es sich um Verkehrsdaten im Sinne des § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG. Nach § 3 Nr. 30 TKG sind Verkehrsdaten solche Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Der Name des Nutzers und seine Anschrift sowie die Tarifoption sind daher Bestandsdaten. Die dynamischen IP-Adressen werden bei der Erbringung der Telekommunikationsleistungen genutzt und sind damit Verkehrsdaten. Diese Verkehrsdaten dürfen nur mit richterlicher Anordnung erhoben werden. Durch die Namensauskunft werden die IP-Adresse mit einer Person und diese somit mit einem konkreten Nutzungsvorgang und –zeitpunkt verknüpft. Die Zuordnung zur dynamischen IP-Adresse ist eine Verwendung der IP-Adresse, durch die Umstände eines Telekommunikationsvorgangs berührt und offenbart werden (vgl. Begr. z. RegE, BT-Drs. 16/5048, S. 59 zu § 101 Abs. 2 UrhG; Kitz, NJW 2008, 2374, 2376; Hoeren, NJW 2008, 3099, 3100; LG Darmstadt, K&R 2006, 290 ff = MMR 2006, 330 ff = GRUR-RR 2006, 173, 174; a.A. LG Offenburg, Beschluss vom 17.04.2008 – 3 Qs 83/07).

Das Landgericht hat zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 101 Abs. 9 TKG verneint.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag schon deshalb unbegründet ist, weil die Daten mittlerweile eventuell gelöscht und ein etwaiger Auskunftsanspruch sich daher erledigt haben könnte. Von einer Löschung der Daten kann nicht zwingend ausgegangen werden. Zwar kann es im Verfahren einer einstweiligen Anordnung richtig sein, bei der Prüfung eines Anordnungsgrundes auf die gerichtsbekannte Praxis, dass die hier in Rede stehenden Verkehrsdaten in der Regel nach spätestens sieben Tagen gelöscht werden, zu verweisen (vgl. hierzu LG Köln, Beschluss vom 2. September 2008, Az. 28 AR 4/08; LG Frankfurt, Beschluss vom 18. September 2008, Az. 2-06 O 534/06). Vorliegend wird der Antrag aber nicht (mehr) im Eilverfahren verfolgt und es wurde der Antragsgegnerin (Provider) rechtliches Gehör gewährt. Diese hat nicht behauptet, nicht mehr im Besitz der Daten zu sein, sondern hat mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2008, S. 19 (Bl. 213 d.A.) lediglich ausgeführt, dass Verkehrsdaten von Internet-Service-Providern nur wenige Tage, maximal fünf bis sieben Tage gespeichert würden; dies sei in der Branche allgemein und auch der Antragstellerin bekannt. Deshalb "könnten" sich die Anträge zwischenzeitlich erledigt haben. Dem Senat – und der Antragstellerin – ist aber nicht bekannt, ob die Antragsgegnerin die fraglichen Daten tatsächlich noch gespeichert hat. Es werden von der Antragstellerin „Downloads“ und „Uploads“ am 28. und 29. August 2008 behauptet. Ob bei den in Rede stehenden Internetanschlüssen eine längere Speicherung der Daten gemäß §§ 96 ff TKG beispielsweise zur Rechnungsstellung notwendig ist oder ob es sich um Flatrateanschlüsse handelt, bei denen in der Regel eine entsprechend kürzere Speicherungsdauer zulässig ist (vgl. hierzu LG Darmstadt, aaO), ist nicht vorgetragen. Danach kann von einer Erledigung des Auskunftsanspruchs jedenfalls nicht zwingend ausgegangen werden.

Aufgrund der Glaubhaftmachung der Antragstellerin ist auch davon auszugehen, dass diese Inhaberin der Urheberrechte an dem Computerspielprogramm "E." ist.

Ob zu ihren Gunsten auch unterstellt werden kann, dass unter den ermittelten IP-Adressen zu den mitgeteilten Zeitpunkten aktive Kunden der Antragsgegnerin im Internet eine vom Urheberrecht der Antragstellerin umfasste Datei zum Herunterladen zur Verfügung gestellt haben und dass diese Tätigkeit die Erbringung einer Dienstleistung im Sinne des § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG darstellt, ist schon fraglich, weil die zum „Download“ bereitgestellten Dateien auch nach dem Vortrag der Antragstellerin verschiedene Hashwerte hatten, was einer eindeutigen Identifikation der urheberrechtlich geschützten Spieldatei entgegenstehen könnte. Letztlich kann dies, wie die Frage, ob es sich um eine offensichtliche Rechtsverletzung durch die zu ermittelnden Inhaber der jeweiligen Internetanschlüsse im Sinne des § 101 Abs. 2 Satz 1 UrhG handelt, ebenfalls dahingestellt bleiben.

Die Antragstellerin hat jedenfalls eine Verletzungshandlung im „gewerblichen Ausmaß“ nicht glaubhaft gemacht.

Der Senat folgt im Ergebnis den Ausführungen der Kammer zu der Auslegung des Begriffs des "gewerblichen Ausmaßes" für den vorliegenden Fall. Auch der Drittauskunftsanspruch setzt entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin neben der Erbringung der Dienstleistung in "gewerblichem Ausmaß" durch den Dritten voraus, dass die Rechtsverletzung selbst in "gewerblichem Ausmaß" begangen worden ist. Dies belegen die Gesetzgebungsmaterialien. Bereits im Erwägungsgrund (14) der Richtlinie 2004/48/EG vom 29. April 2004 wird auf dieses Erfordernis hingewiesen. Auch wenn der Wortlaut des § 101 Abs. 2 UrhG grundsätzlich beide Auslegungen zulässt, wurde in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20. April 2007 (BT-Drs. 16, 5048; S. 49) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Drittauskunftsanspruch eine Verletzungshandlung in „gewerblichem Ausmaß“ voraussetze (so auch LG Frankfurt, aaO).

Das Merkmal „gewerbliches Ausmaß“ unterscheidet sich vom bisher nach § 101a UrhG a. F. erforderlichen Handeln im geschäftlichen Verkehr (vgl. hierzu Kitz aaO, S. 2375 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat diesen Begriff wortwörtlich aus Art. 8 Abs. 1 lit. c) der Richtlinie 2004/48/EG entnommen. Der Begriff findet weder in der Richtlinie noch in der Gesetzesbegründung eine nähere Präzisierung, obwohl das Problem im Gesetzgebungsverfahren bekannt und heftig umstritten war (vgl. hierzu Braun, juris PR-ITR 17/2008). Im Erwägungsgrund (14) der Richtlinie wird der Begriff im Zusammenhang mit den vorgenommenen Rechtsverletzungen durch den unmittelbaren Verletzer näher erläutert. Demnach zeichnen sich in "gewerblichem Ausmaß" vorgenommene Rechtsverletzungen dadurch aus, dass sie zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen werden. In Anlehnung an den Erwägungsgrund (14) der Richtlinie 2004/48/EG geht die Begründung davon aus, dass Handlungen, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen werden, hiernach in der Regel nicht erfasst werden. Der Begriff des "gewerblichen Ausmaßes" ist deshalb einschränkend dahin auszulegen, dass eine Rechtsverletzung von erheblicher Qualität vorliegen muss. Durch diese Einschränkung ist zumindest klargestellt, dass bei illegalen Kopien und Verbreitungen im Internet (z. B. über Tauschbörsen) ein Umfang erreicht werden muss, der über das hinausgeht, was einer Nutzung zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch entsprechen würde. Entgegen der Empfehlung des Bundesrates (BT-Drs. 16/5048, S. 59/60) hat der Gesetzgeber deshalb gerade nicht auf das einschränkende Merkmal verzichtet. Angesichts der häufig unklaren Urheberrechtslage im Internet, in dem sich auch eine Vielzahl nicht geschützter Werke (z. B. Computerspiele, Musikstücke und andere Software) befinden, wäre sonst zu befürchten, dass gutgläubige Nutzer sich dem Generalverdacht einer strafbaren Handlung ausgesetzt sähen oder zu Unrecht mit erheblichen finanziellen Schadenersatzforderungen von Rechtsinhabern bedroht würden.

Für den Fall der Rechtsverletzung stellt § 101 Abs. 1 S. 2 UrhG klar, dass für das Merkmal des "gewerblichen Ausmaßes" nicht nur die Anzahl der Rechtsverletzungen entscheidend sein soll, sondern auch die Schwere der Rechtsverletzungen das Vorliegen eines „gewerblichen Ausmaßes“ begründen kann. Letzteres könne nach der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages vom 9. April 2008 (BT-Drs. 16, 8783, S. 50) insbesondere dann der Fall sein, wenn etwa ein vollständiges Musikalbum vor oder unmittelbar nach der Veröffentlichung in Deutschland dem Internet zugänglich gemacht würde.

Das Landgericht hat unter Beachtung dieser Grundsätze im Ergebnis zu Recht für den vorliegenden Fall ein „gewerbliches Ausmaß“ des Herunter- und Hochladens von urheberrechtlich geschützten Daten durch die sich hinter den mitgeteilten IP-Adressen verbergenden Kunden der Antragsgegnerin verneint. Die Antragstellerin hat keine große Anzahl der „Down“- und „Uploads“ behauptet. Ein einmaliges Herunter- und/oder Hochladen von Dateien kann für sich alleine kein „gewerbliches Ausmaß“ begründen, und zwar auch dann nicht, wenn dies in einer Internettauschbörse geschieht. Dem steht der Vortrag der Antragstellerin nicht entgegen, aus technischen Gründen sei es in Internettauschbörsen nicht möglich, mehr als das gleichzeitige Anbieten eines Werkes, also eine große Anzahl von Rechtsverletzungen, nachzuweisen. Dieses Problem hatte der Bundesrat bereits in seiner Empfehlung (BT-Drs. 16/5058, S. 59/60) erkannt und auch deshalb, wie dargelegt, einen Verzicht der Einschränkung empfohlen. Der Gesetzgeber ist dem im Ergebnis gerade nicht gefolgt. Hätte der Gesetzgeber einen einmaligen „Down“- und/oder „Upload“ für sich alleine ausreichen lassen wollen, hätte er auf das einschränkende Merkmal des „gewerblichen Ausmaßes“ verzichtet. Ab welcher Anzahl von „Down“- und „Uploads“ von einem „gewerblichen Ausmaß“ auszugehen ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Die vom Landgericht in Anlehnung an die Praxis der Staatsanwaltschaften als Kriterium für die Annahme des „gewerblichen Ausmaßes“ genannten Zahlen (3.000 Musikstücke und 200 Filme) erscheinen dem Senat allerdings wenig praktikabel.

Aber auch die Schwere der Rechtsverletzung reicht im vorliegend zu beurteilenden Einzelfall nicht für die Annahme eines „gewerblichen Ausmaßes“ aus. Das Computerspiel war zum Zeitpunkt der behaupteten Urheberrechtsverletzung bereits knapp drei Monate auf dem Markt. Umstände, die eine besondere Schwere der Rechtsverletzung begründen könnten, hat die Antragstellerin nicht dargetan. So sind beispielsweise keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es sich bei ihrem Spiel um ein so gut am Markt positioniertes Produkt handelt, dass die Annahme eines „gewerblichen Ausmaßes“ bereits bei einem „Down“- und/oder „Upload“ ohne weiteres gerechtfertigt wäre. Weiter war für den vorliegenden Einzelfall zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ihr Produkt bewusst nicht mit einem Kopierschutz versehen hat, worauf sie auf Ihrer Internetseite ausdrücklich hinweist und zu Kommentaren dazu aufruft. Durch diesen Verzicht und das gezielte Werben mit dieser Geschäftspolitik hat die Antragstellerin das Fertigen von Raubkopien ihres Produkts erheblich vereinfacht und in gewissem Maße auch in Kauf genommen, was der Annahme einer das „gewerbliche Ausmaß“ begründenden Schwere der Rechtsverletzung im konkreten Einzelfall entgegensteht.

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts ist im Hinblick auf § 20 a FGG als zulässige unselbständige Anschlussbeschwerde anzusehen. Sie ist aber unbegründet. Entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin nennt § 101 Abs. 9 S. 5 UrhG lediglich die „Kosten“, gemeint sind damit die Gerichtskosten gem. § 128 c KostO (200,00 Euro). Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten ist gerade nicht geregelt, so dass das Landgericht zu Recht § 13a FGG angewandt und die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf die Antragstellerin mit zutreffenden Gründen abgelehnt hat.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG, §§ 131 Abs. 1, 131a Abs 2, 128 c KostO, § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

4. Den Gegenstandswert hat der Senat auf der Grundlage des § 23 Abs. 3 RVG, § 30 KostO bestimmt (Beschwerde 4.000 Euro, Anschlussbeschwerde 500 Euro).

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