Berlin

„Hautsache“ – Wertersatzpflicht, Widerruf- und Rückgaberecht

Urteil vom LG Berlin 52. Zivilkammer

Entscheidungsdatum: 15.03.2007
Aktenzeichen: 52 O 88/07

Leitsätze

1. Bleibt eine Wertersatzpflicht „wegen Verschlechterung der Ware, die durch bestimmungsgemäßen Gebrauch entstanden ist, außer Betracht“, so ist der Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss im Sinne von § 357 III S. 1 BGB darauf hinzuweisen.
2. Genügen die Angaben zur Wertersatzpflicht bei Rückgabe nicht, so ist darin ebenso ein Verstoß im Sinne von §§ 3, 4 RN. 11 UWG zu sehen.

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten

untersagt,

im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz Angebote von Waren aus dem Sortiment Haut- und Körperpflegeartikel zu veröffentlichen oder zu unterhalten, wenn bei den erforderlichen Informationen über das gesetzliche Widerrufs- und Rückgaberecht bei den Bedingungen über das Rückgaberecht nicht auf eine bestehende Wertersatzpflicht des Käufers hingewiesen wird, die eine Verschlechterung der Sache durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme ausnimmt, falls nicht bis zum Abschluss des Vertrages die Belehrung über die Wertersatzpflicht in Textform erfolgt.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sie im Internet, unter anderem auf der Handelsplattform “...” unter dem Namen “...” einen gewerblichen Handel mit Haut- und Körperpflegeartikeln betreibt und über den Versandhandel zum Verkauf anbietet. Sie hat ferner glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner ebenfalls gewerblich auf der Handelsplattform “...” unter dem Namen “...” gleichartige Waren zum Verkauf anbietet, wobei die im Rahmen des Belehrung über das gesetzliche Widerrufs- und Rückgaberechts gemachten Angaben über die Wertersatzpflicht nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

II.

Danach steht der Antragstellerin ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG zu.

Denn die vom Antragsgegner verwendete Formulierung über die Wertersatzpflicht bei der Belehrung über das gesetzliche Rückgaberecht verstößt gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. §§ 312 c BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Ziffer 10 InfoVO i.V.m. 357 Abs. 1 und 3, 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB, da der Verbraucher nicht darauf hingewiesen wird, dass eine Verschlechterung der Ware, die durch bestimmungsgemäßen Gebrauch entstanden ist, bei einer Wertersatzpflicht wegen Verschlechterung außer Betracht bleibt (§ 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) . Von dieser gesetzlichen Ausnahme von der Wertersatzpflicht wird zu Lasten des Verbrauchers nur dann abgesehen, wenn der Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss auf diese Rechtsfolge und die Möglichkeit, sie zu vermeiden, hingewiesen worden ist (§ 357 Abs. 3 Satz 1 BGB) . Eine Belehrung des Verbrauchers in Textform vor Vertragsschluss findet aber bei Verkäufen über die Internethandelsplattform “...” nicht statt, da die ins Internet gestellte Belehrung nicht in Textform vorliegt (KG Beschluss vom 05.12.2006 - 5 W 295 / 06 -).

Die Informationspflichten nach § 312 c Abs. 1 Nr. 1 BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO stellen Marktverhaltensregelungen i. S. d. § 4 Nr. 11 UWG dar.

Das Angebot des Antragsgegners unter der ...-Artikelnummer ... vom 29.01.2007 genügt in den Angaben zur Wertersatzpflicht bei Rückgabe den vorstehend aufgeführten Anforderungen nicht und verstößt damit gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

Der Antragsteller handelt auch gewerblich.

Die Dringlichkeit wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet.

Der Verfahrenswert war gemäß § 3 ZPO auf 7.500,00 € festzusetzen.

Die Kammer hat bei der Fassung der einstweiligen Verfügung von ihrem Ermessen gemäß § 938 Abs. 1 ZPO Gebrauch gemacht.

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