Urteil vom LG Frankfurt
Entscheidungsdatum: 16.11.2009
Aktenzeichen: 21 O 139/09
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, die Registrierung der Domainnamen ... und ... aufzuheben.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- Euro pro Domainnamen vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Aufhebung einer Internetregistrierung in Anspruch.
Das Staatsgebiet des Klägers ist in sieben Verwaltungsbereiche eingeteilt, die eine Bezeichnung laut Tenor, jeweils mit dem Zusatz "Regierungsbezirk" tragen. Der Kläger selbst und auch die Regierungsbezirke verfügen über eigene Internetseiten, die über die Adresse ... jeweils angewählt werden können und mit diesem Namen auch registriert sind.
Die Beklagte ist genossenschaftlich organisiert und verwaltet die in Deutschland für das Länderzusatzkürzel ".de" geführten Anträge auf Domainbezeichnungen im Internet. Im Hinblick auf die großen Mengen entsprechender Anträge passiert dies zunächst vollautomatisch und ohne Prüfung der jeweiligen materiellen Berechtigung des Anmelders. Dieser zahlt für die Tätigkeiten der Beklagten, die gemeinnützig agiert, eine Gebühr und ist mit dieser über "Allgemeine Bedingungen" sowie unter Berücksichtigung der von der Beklagten erstellten "Richtlinien" vertraglich gebunden. Wegen der Einzelheiten dieser Vorschriften wird auf die Anlagen B 4 und B 5 verwiesen.
Dem Kläger wurde bekannt, dass die Registrierung der Bezeichnungen gemäß Tenor sowie zwei weitere, die ... lauten, bei der Beklagten zu Gunsten dreier Firmen erfolgte, die ihren Sitz in P haben. Für sämtliche Registrierungen fungierte seinerzeit als administrativer Kontakt (Admin-C) eine natürliche Person mit Wohnsitz in H.
Der Kläger sieht sich in seinem Namensrecht beeinträchtigt und nahm zunächst den vorbezeichneten Admin-C auf Unterlassung und Abgabe einer entsprechenden Verzichtserklärung gegenüber der Beklagten in Anspruch. Hierüber erging ein unterdessen rechtskräftiges Versäumnisurteil des Landgerichts München (Anlage K 3).
Die beiden weiteren Einträge bei der Beklagten mit den Zusätzen ... wurden bei der Beklagten unter dessen gelöscht und zu Gunsten des Klägers im März 2009 eingetragen. Die Parteien haben insoweit übereinstimmend die Erledigung der Hauptsache erklärt.
Der Admin-C für die verbleibenden Internetadressen hat mehrfach gewechselt und wurde für die Eintragungen gemäß Tenor, nach einer zwischenzeitlichen Aufteilung der Domains auf zwei unterschiedliche Personen, zuletzt mit einer Anschrift in Unterföhring geführt. Der Kläger hat Recherchen in P angestellt und ein weiteres Klageverfahren gegen den Inhaber des Eintrags mit dem Zusatz "Oberpfalz" über dessen Admin-C ausgebracht, welches ebenfalls mit einem Versäumnisurteil zugunsten des Klägers endete. Das Landgericht München konnte dieses allerdings in U nicht zustellen und forderte den Kläger auf, eine entsprechende Anschrift bekannt zu geben. Der Kläger leitete diese Anforderungen an die Beklagte weiter, die diesbezügliche Aktivitäten mit einem Schreiben von 27. August 2009 zunächst zurückwies, sodann mit Schreiben am 25. September 2009 aber darüber informierte, dass bei dem Mitglied darum gebeten wurde, "für Abhilfe zu sorgen". Eine Reaktion auf diese Bitte ist bis zu dem Termin, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, nicht dargestellt worden.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe auch unter Berücksichtigung einer lediglich eingeschränkten Überprüfungspflicht jedenfalls vorliegend dafür Sorge zu tragen, dass die offenkundig rechtsmissbräuchlichen Registrierungen unterbunden werden. Ein wirksamer Rechtsschutz im Übrigen sei ihm nicht möglich, da die Anschriften in P seinen Recherchen zufolge augenscheinlich gar nicht operativen Briefkastenfirmen zugerechnet werden müssten, die auch keinerlei Geschäftsbetrieb, demgegenüber aber mehrere 1000 Internetadressen aus naheliegenden und rechtsmissbräuchlichen Gründen unterhielten. Der zunächst genannte admin-C sei im Netz für seine grundlegend rechtsmissbräuchlich Einstellung in diesem Zusammenhang bekannt, der gesamte Ablauf insbesondere auch in diesem Fall lasse den eindeutigen Rückschluss darauf zu, dass nur versucht werde, rechtliche Maßnahmen zu Gunsten des tatsächlich Berechtigten zu vereiteln. Die Beklagte könne sich jedenfalls in dieser Konstellation und unter Berücksichtigung der bereits ergangenen Versäumnisurteile nicht mehr auf ihre eingeschränkte Prüfungspflicht zurückziehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Registrierung der Domainnamen ... und ... aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ein entsprechender Anspruch des Klägers bestehe schon dem Grunde nach nicht. Nach den bisher in diesem Bereich ergangenen Entscheidungen dürfe eine direkte Inanspruchnahme der Beklagten überhaupt nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn eine Rechtsverletzung durch Urteil festgestellt sei oder ganz offenkundig zu Tage treten. Daran fehle es hier in jeder Hinsicht, zumal die verwendete Internetadresse jeweils noch nicht einmal dem Wortlaut nach "identisch" mit der tatsächlichen Bezeichnung der fraglichen Gebietskörperschaften sei. Sie selbst habe alles Erforderliche getan und auf freiwilliger Basis durch ihre Richtlinien auch verschiedene Möglichkeiten für die vermeintlich beeinträchtigten namens Inhaber geschaffen. Der Kläger sei deswegen auf diese sowie darauf zu verweisen, zunächst den tatsächlichen Inhaber der Domain zu verklagen. Die bereits ergangenen Urteile seien insoweit nicht bindend, denn zum einen sei gar keine Sachprüfung erfolgt, zum anderen wird zunächst in Anspruch genommene Admin-C als solcher gar nicht mehr tätig, der spätere nach ihren Unterlagen durchaus noch unter der bezeichneten Anschrift anzutreffen. Insoweit es seien die dargelegten Zustellungsprobleme nicht nachvollziehbar.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet, denn der Kläger kann von der Beklagten jedenfalls aufgrund der besonderen Konstellation im vorliegenden Fall die gewünschte Aufhebung verlangen.
I.
Das Gericht hat dabei zunächst keine Bedenken gegen die Aktivlegitimation des Klägers. Diese hat die Beklagte zwar mehr oder weniger pauschal bezweifelt. Die diesbezüglichen Darlegungen des Klägers sind aber ohne weiteres nachvollziehbar, schlüssig dargelegt und führen zu der Bewertung, dass insoweit eine Handlungsbefugnis des Flächenstaat selbst, vorliegend in nicht bestrittener Weise vertreten durch das Landesamt für Finanzen, besteht. Dies wird, wie die anderen Verfahren zeigen, von den Gerichten des Klägers selbst offensichtlich genauso bewertet.
II.
Ungeachtet der rechtlichen Grundsatzfragen, die nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Falle nur eine äußerst untergeordnete Rolle spielen, kann in diesem Zusammenhang ein Anspruch gegenüber der Beklagten aufgrund der Besonderheiten, die sich bezüglich der hier streitgegenständlichen Domains und teilweise noch während des Prozesses herausgestellt haben, bejaht werden.
1.
Das Gericht geht dabei mit der Beklagten allerdings zunächst davon aus, dass diese eine lediglich äußerst eingeschränkte Nachprüfungspflicht bei der Eintragung von Internetadressen trifft. Im Hinblick auf die vertraglichen Grundlagen und - von den Parteien im Kern auch übereinstimmend dargestellt - besonderen Implikationen im Zusammenhang mit dem hier fraglichen Massenverkehr kommt eine "persönliche Überprüfungspflicht" zulasten der Beklagten nur unter besonderen Umständen zum Tragen. Dieser Grundsatz findet auch für den späteren Ablauf der Tätigkeit der Beklagten ab dem Zeitpunkt der Erlangung entsprechender Information von Dritten, wenngleich in abgestufter Form, seine Fortsetzung. Insgesamt geht das Gericht in diesem Bereich und im Anschluss an die von der Beklagten skizzierten weiteren höchst- und instanzgerichtlichen Entscheidungen davon aus, dass die Beklagte eine Nachprüfung sowohl bei der erstmaligen Anmeldung als auch im späteren Verlauf nur dann vorzunehmen hat, wenn es sich um eine ganz offenkundige Eingriffe in die Rechte Dritter oder sonst, z. B. durch Gerichtsentscheidungen, dokumentierte Vorgänge handelt.
2.
Davon ist vorliegend indessen auch auszugehen.
Das Gericht hat bereits in der mündlichen Verhandlung und auch dem späteren Hinweisbeschluss deutlich gemacht, dass vorliegend jedenfalls durchaus eine Besonderheit besteht, weil nicht ein Markenbegriff oder zumindest im Wettbewerb verwendeter Produktname streitgegenständlich ist. Zwar ist sicherlich denkbar, dass auch öffentlich-rechtliche Begriffe oder Bezeichnungen von Gebiets- und sonstigen Körperschaften einen "Berühmtheitsgrad" im Sinne von wettbewerbsrechtlichen oder Markenvorschriften entfalten. Darauf kommt es nach Auffassung des Gerichts vorliegend aber nicht an. Die Bezeichnungen der hier fraglichen Gebietskörperschaften und ihre Beschreibung als Regierungsbezirke des Klägers stellt einen eindeutigen und einmaligen Vorgang dar, bei dem schon dem Ansatz nach nicht erkannt werden kann, aus welchem Grunde eine anderweitige Verwendung durch Dritte in sinnvoller Weise überhaupt nur in Betracht gezogen werden müsste. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall schon dem Grundsatz nach von den Entscheidungen des BGH zu "Ambiente" und beispielsweise auch "Kurt Biedenkopf". Während es sich bei dem ersten um einen allgemein üblichen und beschreibenden Begriff handelt, der seine besondere Bedeutung überhaupt erst im Zusammenhang mit dem jeweils dafür verwendeten Produkt gewinnt, ist der persönliche Name im zweiten Fall grundsätzlich schon nicht geeignete, eine Alleinstellung zu beanspruchen, weil naturgemäß mehrere Personen den gleichen Namen tragen können. Daran ändert dem Grundsatz nach auch der Umstand nichts, dass es sich in dem entschiedenen Fall beim Kläger um eine bekannte Persönlichkeit des politischen Zeitgeschehens handelt. Insofern besteht eine Vergleichbarkeit mit den hier fraglichen Vorgängen schon im Ansatz nicht. Die Verwendung der hier streitgegenständlichen Begriffe außerhalb ihrer "Bezugsobjekte" und im Rahmen in der damit einhergehenden öffentlich-rechtlichen Verwaltung ist schlicht und ergreifend sinnlos. Der Hinweis darauf, dass es durchaus vergleichbare Beschreibungen, etwa im Bereich der Gastronomie, und damit eine der Überprüfung durch die Beklagte nicht zugänglichen Parallelnutzung geben könnte, wird nach Auffassung des Gerichts jedenfalls auch im vorliegenden Fall durch den jeweiligen Sitz des Inhabers und den Umstand, dass es nicht um eine einzige, sondern wie der Kläger insoweit unbestritten vorgetragen hat, wiederholte und umfassende Nutzung dieser Bezeichnungen geht, derart nachhaltig entkräftet, dass jeder vernünftige Zweifel schweigen muss. Vor diesem Hintergrund besteht jedenfalls im vorliegenden Fall keinerlei Zweifel daran, dass eine offensichtlich unzulässige Nutzung der fraglich Bezeichnungen durch den bislang registrierten Inhaber erfolgt.
3.
Es tritt außerdem der Umstand hinzu, dass das vom Kläger verfolgte Klageziel in einem Fall umfänglich, in einem weiteren Fall in Teilaspekten bereits den Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gebildet hat.
Es ist zwar zutreffend, dass diese Entscheidung zumindest in dem ersten Fall den damaligen Admin-C betraf, gegen den eine Umsetzung des Urteils schon deswegen nicht mehr erfolgen konnte, weil dieser die entsprechende "Tätigkeit" aufgegeben hatte. Im zweiten Fall scheitert eine Umsetzung bis lange nach dem Vortrag des Klägers daran, dass eine Zustellung des Urteils noch nicht erfolgt ist.
In diesem Zusammenhang ist aber ausdrücklich hervorzuheben, dass nicht die Frage nach einer formvollendeten und rechtskräftigen Übermittlung von behördlichen Schriftstücken im Vordergrund steht, sondern jene nach einer für die Beklagte ganz offenkundig zu Tage tretenden rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung eines Internetauftritts. Das Gericht hat bereits in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es die Auffassung der Beklagten nicht teilt, nach der es beispielsweise für eine "Offenkundigkeit" in diesem Sinne mindestens ein Urteil mit Entscheidungsgründen bedürfe. Es ist nicht die Sache der Beklagten, in eigener Machtbefugnis und durch ihre eigenen Mitarbeiter die Sinnhaftigkeit von gerichtlichen Entscheidungen zu hinterfragen. Das Gericht versteht den diesbezüglichen Vortrag der Beklagten dahin, dass sie ein Versäumnisurteil, weil es eben nicht mit für die Beklagte nachvollziehbaren Gründen versehen ist, noch nicht einmal dann respektieren müsste, wenn es gegen den auch ihrer Auffassung nach richtigen Anspruchsgegner gerichtet wäre. Dieser Auffassung kann sich das Gericht nicht anschließen. Denn auch die Münchner Entscheidung hat, worauf hingewiesen wurde, zumindest eine Schlüssigkeitsprüfung vor Erlass des Versäumnisurteils vornehmen müssen und hätte demzufolge dem Kläger die gewünschte Rechtsfolge nicht zusprechen dürfen, wenn es insoweit keine Grundlage gesehen hätte. Denn für die Inanspruchnahme des Admin-C gelten, worauf gleich noch einzugehen sein wird, ähnlich Anforderungen wie für jene der Beklagten selbst.
Spätestens nach dem Erlass des zweiten Versäumnisurteils gegen den tatsächlichen Inhaber hätte die Beklagte, im übrigen auch ihrer noch in der Erwiderung selbst vertretenen Auffassung nach, die entsprechenden Konsequenzen ziehen und die Aufhebung dieser Registrierung veranlassen müssen. Dass dies nicht geschah, ist nach diesseitiger Auffassung durchaus bemerkenswert, worauf ebenfalls noch einzugehen sein wird.
Die Frage der "Offenkundigkeit" einer Rechtsverletzung ist aus diesen Gründen heraus aber jedenfalls in der Gesamtschau deswegen zu bejahen, weil neben der tatsächlichen Bewertung gemäß vorstehender Ziffer 1. zusätzlich noch zumindest zwei weitere Gerichtsentscheidungen bestehen, die gegen die an diesen Vorgang Beteiligte solche Verpflichtungen festgeschrieben haben und die der Beklagten bekannt sind.
4.
Dass es sich jedenfalls bei dem ersten und umfassenden Fall "nur" um ein Urteil gegen den Admin-C und nicht gegen den Inhaber handelt, steht der bevorstehenden Bewertung nach Auffassung des Gerichts nicht entgegen, im Gegenteil. Nach den ersichtlichen Gerichtsentscheidungen kommt auch eine persönliche Inanspruchnahme des Admin-C unter dem Gesichtspunkt eines "Störers" nur in äußerst eingeschränkten Fallkonstellationen in Betracht. Denn auch der Admin-C ist nicht selbst der Nutznießer der beanstandeten Registrierung. Das Gerichtet teilt allerdings auch nicht die Auffassung etwa des OLG Stuttgart, nach der infolgedessen eine Haftung gänzlich ausgeschlossen wäre. Vielmehr dürfte der Meinung der Vorrang zu geben sein, derzufolge auch der admin-C in Anspruch genommen werden kann, wenn ihn ein eigenes schuldhaftes oder gar kollusives Verhalten vorzuwerfen ist. Aufgrund der eingangs dargestellten Erwägungen ist dies nach Auffassung des Gerichts vorliegend der Fall, was durch den Erlass des Versäumnisurteils das Landgericht München gegen den ersten Admin-C und bezüglich der hier fraglichen Registrierungen durchaus untermauert wird. Vor dem Hintergrund dieser Verurteilung kann sich die Beklagte dann auch nicht mehr darauf zurückziehen, dass diese Entscheidung falsch oder unangemessen wäre. Diese gegen das Urteil gerichtete Feststellung setzt eine eingehende Prüfung des Sachverhalts voraus, zu der die Beklagte ihre eigenen Bekundungen nach eigentlich gar nicht in der Lage ist. Es ist deswegen insgesamt auch nicht recht ersichtlich, aus welchem Grunde sich die Beklagte einer Umsetzung eines Urteils gegen den zumindest im Zeitpunkt der Klageerhebung noch hierfür ausdrücklich eingetragenen Admin-C widersetzt, welches eingedenk der oben beschriebenen Diskussionen zur Inanspruchnahme des "Mittelsmannes" gegen den Inhaber erst recht gelten müsste.
5.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass zwischen den hier streitgegenständlichen Domains und den tatsächlichen Bezeichnungen der Körperschaften beziehungsweise der Regierungsbezirke eine Abweichung und damit nicht mehr die erforderliche "Identität" besteht.
Das Gericht teilt insoweit die von den Kläger zitierte Auffassung des Landgerichts Hannover (MMR 02, 134), nach der bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ein weiter Beurteilungsrahmen im Bereich des Namensschutzes angezeigt ist, um etwaige "Zuordnungsverwirrungen" zu vermeiden. Denn nach diesem aus dem Wettbewerbsrecht stammende Grundsatz, der dort im Zusammenhang mit Kunstbegriffen und der Verwendung allgemein gebräuchlicher Wörter in Kombination mit einem speziellen Produkt durchaus seine Berechtigung hat, kommt es vorliegend im wesentlichen auf die Verwechslungsfähigkeit, insbesondere bei Internetrecherchen durch die damit angesprochenen Verkehrskreise an. Nicht zuletzt aus diesem Grunde wird dem Inhaber ein Unterlassungsanspruch, wie etwa in dem Urteil des LG Hamburg gemäß Hinweisbeschluss, auch gegen die so genannte "Tippfehler-Domain" zugesprochen.
Insgesamt stellt sich so der vom Kläger beklagte Sachverhalt als ein spätestens durch den Erlass der verschiedenen Urteile auch für die Beklagte ganz offenkundig zu Tage tretender missbräuchlicher Registrierungsvorgang dar.
6.
Es ist dabei insgesamt und für den vorliegenden Fall auch festzuhalten, dass die Verhaltensweise der Beklagten in einigen Teilbereichen auch während des Prozessverlauf nicht vollständig nachvollziehbar ist.
a)
Dass die Beklagte die vermeintlich Berechtigten zunächst auf die von ihr "erfundenen" Regularien nach den Richtlinien verweist, mag möglicherweise noch einer gewissen Praktikabilität geschuldet und im Ergebnis für den "Normalfall" durchaus hinreichend sein. In rechtlicher Hinsicht ist allerdings anzumerken, dass die im Verhältnis zum Inhaber der Domain vereinbarte Vorgehensweise nicht ohne weiteres unmittelbare Wirkungen auch gegenüber dem Berechtigten zeitigt, der in dieses Vertragsverhältnis nicht eingebunden ist. Es ist aus diesem Grunde auch durchaus fraglich, ob die Beklagte den jeweiligen Anspruchsteller aufgrund ihrer eigenen Vereinbarung nicht mit diesem, sondern dem Inhaber der Domain auf eine anderweitige Anspruchsmöglichkeit verweisen kann. Auch die von der Beklagten mit ihrem Vertragskunden vereinbarte Zustellungsfiktion kann, da sie nicht auch gleichzeitig zwischen dem Kunden der Beklagten und dem hiesigen Kläger vereinbart wurde, insoweit keine Wirkung entfalten. Dem Kläger bleibt vor diesem Hintergrund nichts anderes übrig, als eine Zustellung im "normalen" Postverkehr zu unternehmen. Ob dabei dann im Verhältnis zum Inhaber der Domain insgesamt tatsächlich bereits eine Zustellungen an den Admin-C, der im Verhältnis zur Beklagten für Deutschland bezeichnet wird, ausreicht, dürfte fraglich sein, ist vorliegend aber nicht entscheidungserheblich.
b)
Im vorliegenden Fall ergeben sich allerdings noch weitere "Merkwürdigkeiten".
Es ist sicherlich richtig, dass generell ein Sitz im Ausland und die Frage der Durchsetzbarkeit von Prozesskosten keine Veranlassung für die Beklagte bilden können, eine Eintragung abzulehnen oder gar im weiteren Verlauf eine die oben geschilderten Anforderungen bei weitem übersteigende Überprüfung des Antrags vorzunehmen. Nach Auffassung des Gerichts hat der Kläger im vorliegenden Fall aber ganz konkrete und vielfältige Anhaltspunkte zusammengetragen, die ebenfalls in der Gesamtschau erheblichen Anlass für die Vermutung bilden, dass mit den fraglichen Eintragungen rechtsmissbräuchlich verfahren werden soll. Abgesehen von den verschiedenen Elementen, die weiter oben zur Begründung der "Offenkundigkeit" für die Beklagten herangezogen worden sind, können hier die von der Beklagten nicht weiter hinterfragten Umstände, wie etwa die Verwendung und mit geschäftlichen Belangen kaum noch zu erklärende Menge von Internetadressen, der häufige Wechsel des Admin-C, die weiteren Zustellungsprobleme in diesem Zusammenhang sowie insbesondere auch die Tatsache gewertet werden, dass der letztgenannte admin-C auf die immerhin noch im September von der Beklagten gestartete Initiative offensichtlich gar nicht geantwortet hat. Dass die Beklagte bislang trotz des laufenden Prozesses noch keine Reaktion vermeldet hat, ist erstaunlich. Es ist auch erstaunlich, dass die Beklagte offensichtlich der Verfügung des Landgerichts München zur Zustellung des weiteren Versäumnisurteils eine sehr viel intensivere Sachüberprüfung entgegenbringt, als ihr dies ihrer Bekundung nach für den eigentlichen Geschäftsbereich möglich und zumutbar ist. Das Landgericht München hatte mit seiner Verfügung vom 17. August 2009 ganz unmissverständlich darauf hingewiesen, dass das Versäumnisurteil unter der bezeichneten Anschrift nicht zugestellt werden konnte. Dass die Mitarbeiter der Beklagten dies als "merkwürdig" bezeichnen, ändert an dieser objektiven Feststellung nichts. Denn dass diese Anschrift in den Unterlagen der Beklagten noch als jene geführt wird, die zutreffend sein sollte, ist jedenfalls dann logisch, wenn der Verwender dieser Anschrift damit gerade beabsichtigt, sich weiteren, insbesondere staatlichen, Zugriffen zu entziehen. Die Beklagte, der für Handlungen ihrerseits in Ziffer VIII der eigenen Richtlinien durchaus die entsprechende Vorsorge getroffen hat, stellt nach Auffassung des Gerichts und jedenfalls für den konkreten Fall an den Kläger Anforderungen, die über das zumutbare Maß jedenfalls im jetzigen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung der gesamten Chronologie der Angelegenheit hinausgehen. Das Gericht teilt die Auffassung der Beklagten, siehe Hinweisbeschluss, dass der Kläger zunächst den "richtigen" Ansprechpartner angehen muss. Wenn aber wie vorliegend die hierfür in Deutschland - auch nach Auffassung der Beklagten - zuständigen Ansprechpartner gar nicht mehr anzutreffen sind und zudem der Rechtsmissbrauch durch verschiedene weitere Aspekte äußerst nahe liegt, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Kläger noch weitere Aktivitäten unternehmen sollte.
Die Beklagte war daher, soweit eine Löschung der Eintragungen nicht bereits erfolgt ist, antragsgemäß zu verurteilen.
7.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und, soweit die Parteien übereinstimmend die Erledigung des Rechtsstreits erklärt haben, auf § 91 a ZPO. die Streitwertfestsetzung des entsprechend den Vorstellungen der Beklagten und insgesamt unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Angaben auch der Klägerin in dem Parallelverfahren vorgenommen worden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO, wobei das Vollstreckungsinteresse mit 5.000,- Euro pro Domain geschätzt wurde.
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