Urteil vom OLG Oldenburg
Entscheidungsdatum: 16.09.2010
Aktenzeichen: 1 U 75/10
Tenor
Die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das am 21.4.2010 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 12. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Oldenburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Verfügungsbeklagten auferlegt.
Gründe
I.
Der Verfügungskläger (Kläger) hat die Verfügungsbeklagte (Beklagte) im Wege einstweiliger Verfügung auf Unterlassung eines angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens in Anspruch genommen.
Die Beklagte, die mit Fahrzeugen, insbesondere Jahreswagen, handelt, bot am 25.1.2010 auf der Internetplattform www.autoscout.de in der Kategorie "Jahreswagen" einen Pkw Ford Mondeo 1,6 TI-VCD Trend zum Preis von 15.490 € an. Im Angebotstext wurde das Fahrzeug als "Jahreswagen (1 Vorbesitzer)" beschrieben. Tatsächlich handelte es sich um einen Pkw mit einer Laufleistung von 20.800 km, der in einer gewerblich genutzten Fahrzeugflotte als Mietwagen eingesetzt worden war.
Auf Antrag des Klägers hat das Landgericht mit Beschluss vom 5.2.2010 eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Beklagten untersagt worden ist, im geschäftlichen Internetverkehr, insbesondere auf der Internetplattform www.autoscout.de, gegenüber Endverbrauchern Fahrzeuge als Jahreswagen anzubieten, ohne darauf hinzuweisen, dass diese bereits als Mietwagen gelaufen sind, wie dies im Angebotstext am 25.1.2010 geschehen ist.
Nach Widerspruch der Beklagten hat das Landgericht in einem Urteil vom 21.4.2010 die Beschlussverfügung aufrechterhalten.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des vom Landgericht dabei zugrunde gelegten Sachverhalts, des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens und der Begründung dieser Entscheidung wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil der 12. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Oldenburg vom 21.4. 2010 Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Sie wiederholt und vertieft in der Berufungsbegründung den bereits in erster Instanz geltend gemachten Einwand des Rechtsmissbrauchs. Hierzu wird insbesondere auf die erhebliche Zahl gleichgelagerter Verfahren und Abmahnungen verwiesen, die vom Kläger betrieben worden sind und bei denen es ebenfalls um als Jahreswagen angebotene Mietwagen gegangen sei. Weiterhin verweist die Beklagte auf den Umstand, dass der angebliche Wettbewerbsverstoß vom anwaltlichen Vertreter des Klägers recherchiert worden sei, der anwaltliche Vertreter dabei als Testanrufer tätig gewesen sei und bereits kurz darauf die Abmahnung erfolgt sei.
In der Sache liege - so macht die Beklagte weiterhin geltend - kein Wettbewerbsverstoß vor, insbesondere auch keine Irreführung. Die Nutzung eines Fahrzeugs als Mietwagen schließe die Eigenschaft als Jahreswagen und eine darauf bezogene Werbung nicht aus.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am ein 20.4.2010 verkündeten Urteils der 12. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - die einstweilige Verfügung vom 5.2.2010 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
Das Landgericht hat zu Recht die einstweilige Verfügung zugunsten des Klägers erlassen und durch Urteil bestätigt.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der von ihm geltend gemachte und durch einstweilige Verfügung gesicherte Anspruch zu, dass die Beklagte es unterlässt, im Internet Fahrzeuge als Jahreswagen mit (nur) einem Vorbesitzer anzubieten, ohne auf den tatsächlichen Einsatz des Fahrzeugs als Mietwagen hinzuweisen. Ein solcher Unterlassungsanspruch ergibt sich für den Kläger als Wettbewerber der Beklagten aus §§ 3, 5, 5a, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG.
a) Es ist von einem für die Klagebefugnis und die Aktivlegitimation des Klägers erforderlichen Wettbewerbverhältnis zwischen den Parteien auszugehen. Der Schwerpunkt der geschäftlichen Aktivitäten des Klägers liegt zwar im Handel mit reimportierten (Neu-)Fahrzeugen und nicht im Gebrauchtwagengeschäft. Für Verbraucher kann jedoch der Erwerb eines Jahreswagen als noch relativ junger, wenig genutzter Gebrauchtwagen mit einem Vorbesitzer sich als Alternative zum Kauf eines (unwesentlich teureren) reimportierten Neufahrzeugs darstellen. Insoweit ist ein Konkurrenz- und Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien gegeben. Hiervon ist bereits das Landgericht in dem angefochtenen Urteil (Seite 3/4) zutreffend ausgegangen. Auf die Begründung des Landgerichts hierzu wird ergänzend Bezug genommen. Die Aktivlegitimation des Klägers wird auch von der Beklagten mit ihrer Berufung nicht mehr relevant infrage gestellt.
b) Die hier vom Kläger beanstandete Internetwerbung des Beklagten auf der Verkaufsplattform www.autoscout.de war irreführend i.S.d. § 5 UWG und damit wettbewerbswidrig, weil sie geeignet war, bei einem durchschnittlich informierten und situationsangemessen aufmerksamen Verbraucher - da der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen, aber auch die Mitglieder des Senats zum angesprochenen Adressatenkreis gehören, können sie dies selbst beurteilen - Fehlvorstellungen hervorzurufen.
Unter einem "Jahreswagen" wird üblicherweise ein gebrauchtes Fahrzeug verstanden, das von einem Werksangehörigen unter günstigen Bedingungen erworben und nach der vom Hersteller vorgesehenen Mindestfrist (von einem Jahr) weiterveräußert wird (so etwa BGH NJW 2006, 2694, 2695; Köhler/ Bornkamm , UWG, 28. Aufl., § 5 UWG Rn. 4.64a). Allerdings wird der Begriff teilweise auch in einem weiteren Sinne verstanden. So hat etwa der BGH in einer späteren Entscheidung vom 10.3.2009 (VIII ZR 34/08) zum Begriff des "Jahreswagens" ausgeführt, dass es sich dabei um einen "jungen" Gebrauchtwagen aus erster Hand handele, der sich hinsichtlich seines Alters von einem Neufahrzeug im wesentlichen lediglich durch die einjährige Nutzung seit der Erstzulassung unterscheide, mithin bis zum Zeitpunkt seiner Erstzulassung keine Standzeit von mehr als 12 Monaten aufweise (BGH NJW 2009, 1588, 1589). Bornkamm (a.a.O.) zieht in Erwägung, dass als Jahreswagen ggf. auch Fahrzeuge aus der Fahrzeugflotte des Herstellers bezeichnet werden könnten, wenn seit ihrer Erstzulassung nicht wesentlich mehr als 12 Monate vergangen seien.
Für einen Jahreswagen ist danach jedenfalls kennzeichnend und zwingende Voraussetzung, dass es sich um ein nicht wesentlich länger als ein Jahr zugelassenes, auch nur rund ein Jahr altes Fahrzeug aus erster Hand handelt.
Ob Letzteres zwingende Eigenschaft eines Jahreswagens ist, kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben.
Im vorliegenden Fall kommt nämlich hinzu, dass in der hier beanstandeten Internetwerbung für den Pkw Ford Mondeo ausdrücklich hervorgehoben und werblich herausgestellt worden ist, dass es sich um ein Fahrzeug mit nur "einem Vorbesitzer" handelte.
Wenn es aber für einen Kaufinteressenten auf die beworbene Eigenschaft des angebotenen Fahrzeugs ankommt, insbesondere auch von wesentlicher Bedeutung ist, dass es sich um einen Jahreswagen aus erster Hand handelt, dann will er auch die typischen Vorzüge eines relativ jungen Fahrzeugs aus erster Hand haben, d.h. eines Fahrzeug, das nur von einem einzigen Eigentümer genutzt und von diesem dabei typischerweise pfleglich behandelt worden ist. Ein solcher Kaufinteressent denkt bei der hier relevanten Werbung nicht ohne weiteres daran und geht nicht davon aus, ein Fahrzeug zu erwerben, das durch eine Vielzahl von Händen gegangen ist, auch wenn es sich dabei um eine Vielzahl von Mietern gehandelt hat, die das Fahrzeug lediglich für einen beschränkten Zeitraum genutzt haben. Bei Mietern von Fahrzeugen kommt hinzu, dass diese vielfach nicht sonderlich pfleglich mit dem alsbald zurückzugebenden Fahrzeug umgehen, meist auch keine Veranlassung für einen (besonders) sorgfältigen Umgang mit dem Mietfahrzeug sehen und kein Interesse daran haben. Die Nutzung eines Fahrzeugs durch eine Vielzahl von Mietern mit unterschiedlichem Temperament und Fahrverhalten, unterschiedlichen Fahrfähigkeiten und Sorgfaltseinstellungen kann und wird vielfach (negative) Auswirkungen auf die Abnutzung (die Verschleißteile des Fahrzeugs) und den Pflegezustand haben. Im Hinblick darauf wird vom Rechtsverkehr in einer ins Gewicht fallenden Nutzung eines Fahrzeuges als Mietfahrzeug eine negative Eigenschaft gesehen, die vom Regelfall und Durchschnitt abweicht, ggf. einen Mangel und einen aufklärungsbedürftigen Umstand darstellen kann, dessen Verschweigen zu einer arglistigen Täuschung führt. (vgl. zu letzterem OLG Stuttgart NJW-RR 2009, 551).
Es mag hier dahingestellt bleiben, ob beim Verkauf eines PKW dessen gewerbliche Nutzung als Mietfahrzeug stets ein aufklärungsbedürftiger Umstand ist. Jedenfalls sind die spezielle Abnutzung des Fahrzeugs durch dessen nachhaltigen Einsatz als Mietfahrzeug und die damit verbundenen Nachteile ersichtlich unvereinbar mit den Qualitätsvorstellungen des Rechtsverkehrs von einem Fahrzeug aus erster Hand und insbesondere von einem Jahreswagen, der - wie ausgeführt - aus erster Hand stammt, einen vergleichsweise kurzen Zeitraum erst zugelassen ist und deshalb typischerweise noch relativ wenig genutzt worden ist. Unter Berücksichtigung des dargestellten Verkehrsverständnisses ist es danach irreführend, d.h. es besteht die Gefahr der Hervorrufung von Fehlvorstellungen beim Adressaten der Internetwerbung, wenn ein Mietfahrzeug mit dem dargestellten Risiko erhöhter Abnutzung und eines geminderten Pflegezustandes als ein Jahreswagen aus erster Hand zum Kauf angeboten wird (ebenso OLG Hamm, Urt. vom 20.7.2010, 4 U 101/10- BB 2010, 2186, Ablichtung des Urteils im Anhang des Schriftsatzes des Klägers vom 11.7.2010) .
Ein ins Gewicht fallender Einsatz des beworbenen Fahrzeugs als Mietfahrzeug ist somit nach der Verkehrsanschauung jedenfalls ein wesentlicher Umstand, der einen an einem Jahreswagen und einem Fahrzeug aus erster Hand interessierten Kaufinteressenten offensichtlich vom Kauf abhalten kann. Danach muss bei dem Angebot eines Jahreswagens auf die Tatsache eines gewerblichen Einsatzes des Fahrzeuges als Mietwagen jedenfalls nach § 5a Abs. 1 und 2 UWG als für den Kauf wesentlicher Umstand hingewiesen werden.
Da dies im konkreten Fall nicht geschehen ist, lag in der hier beanstandeten Internetpräsentation ein Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 5, 5a UWG vor, der unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG rechtfertigt.
c) Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte nach eigenem Vortrag auf eine Nutzung eines Fahrzeugs als Mietwagen jedenfalls bei bzw. vor einem bindenden Vertragsschluss hingewiesen haben will. Dies schließt den hier vorliegenden Wettbewerbsverstoß nicht aus. § 5 knüpft nämlich an jede irreführende geschäftliche Handlung an; er erfasst danach bereits die irreführende Werbung für ein Produkt oder eine Dienstleistung und begründet unter den - hier vorliegenden - Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und 2 UWG deren Wettbewerbswidrigkeit.
d) Der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendige Verfügungsgrund wird bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen vermutet und muss nach §§ 12 Abs. 2 UWG nicht gesondert dargelegt und glaubhaft gemacht werden.
2. Die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs seitens des Klägers ist hier auch nicht wegen Rechtsmissbrauchs nach § 8 Abs. 4 UWG ausgeschlossen.
Nach § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung des in Abs. 1 vorgesehenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Die vom Gericht zu würdigenden Gesamtumstände müssen nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass es dem Anspruchsteller bei der Rechtsverfolgung nicht um wirtschaftliche oder wettbewerbliche Interessen geht, sondern allein oder zumindest überwiegend wettbewerbsfremde Belange verfolgt werden, es etwa um Gebühreninteressen des Anspruchstellers oder seines Prozessbevollmächtigten geht (vgl. BGH GRUR 2001, 354, 355 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; GRUR 2010, 454 Tz. 19 - Klassenlotterie; Köhler /Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 4.11). Bei Gesamtwürdigung der Umstände darf der Grundsatz hier nicht aus den Augen verloren werden, dass die Abmahntätigkeit und die nachfolgende gerichtliche Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche durch Mitbewerber und Verbände dem Interesse der Allgemeinheit an der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs dienen (vgl. dazu BGH GRUR 2005,433,434 - Telekanzlei) und ein Wettbewerber ein nachvollziehbares, anzuerkennendes Interesse daran hat, dass jedenfalls eine Irreführung der Kunden, um die man untereinander konkurriert, unterbleibt. Danach können auch umfangreiche Abmahntätigkeiten und eine erhebliche Zahl von Prozessen für sich allein noch keinen Missbrauch belegen, wenn entsprechende Wettbewerbsverstöße in entsprechender Zahl und entsprechendem Umfang in Betracht kommen (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Hamm NJOZ 2010, 1419; Köhler /Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 4.12). Es müssen regelmäßig weitere Umstände hinzukommen, die für ein missbräuchliches Vorgehen des Anspruchstellers sprechen. In Betracht kommen dabei insbesondere das Verhältnis bzw. Missverhältnis zwischen der Zahl der Abmahnungen und dem Umfang der Geschäftstätigkeit sowie zwischen dem Umsatz/Gewinn des Anspruchstellers und der Höhe der durch Abmahntätigkeit und Prozessaktivitäten begründeten Kostenrisiken. Ergibt sich hier ein eindeutiges Missverhältnis, d.h. stehen die Abmahn- und Prozessaktivitäten in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zur eigentlichen Geschäftstätigkeit, ist davon auszugehen, dass sich die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen verselbständigt hat und missbräuchlich ist. Für Letzteres spricht insbesondere auch, wenn der beauftragte Rechtsanwalt das Abmahngeschäft "in eigener Regie" betreibt, insbesondere selbst Wettbewerbsverstöße ermittelt, die dann verfolgt werden (vgl. Köhler /Bornkamm, a.a.O.).
Bleiben bei der Feststellung der relevanten Umstände und der Gesamtwürdigung Zweifel hinsichtlich eines missbräuchlichen Verhaltens offen, muss dies zulasten des Anspruchsgegners gehen, da grundsätzlich von der Zulässigkeit der Geltendmachung des Anspruchs auszugehen ist (vgl. dazu KG WRP 2008,511; Köhler /Bornkamm, § 8 UWG Rn. 4.24).
Im vorliegenden Fall reichen die vorhandenen Indizien (noch) nicht aus, um eine missbräuchliche Rechtsverfolgung des Klägers anzunehmen.
Dabei ist zunächst von wesentlicher Bedeutung, dass der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat plausibel dargestellt hat, dass er als Händler von reimportierten Fahrzeugen ein wesentliches wirtschaftliches und wettbewerbliches Interesse daran hat, die nicht selten anzutreffende, um sich greifende irreführende Werbung von Gebrauchtwagenhändlern für zum Verkauf stehende Jahreswagen, die als Mietwagen verwendet worden sind, zu unterbinden. Da Jahreswagen durchaus als Kaufalternative zu reimportierten Fahrzeugen in Betracht kämen, habe er - so hat der Kläger ausgeführt - ein handfestes wirtschaftliches Interesse daran, die nach seiner Auffassung vorliegende irreführende Werbung zu verhindern, die zulasten der Chancen seines eigenen konkurrierenden Fahrzeugangebots gehe. Es erscheint dann auch in wirtschaftlicher Hinsicht verständlich und plausibel, dass der Kläger im Hinblick auf die Verbreitung des hier von ihm angegriffenen Wettbewerbsverstoßes entsprechende Unterlassungsansprüche nicht nur gegen einen einzelnen Gebrauchtwagenhändler, sondern gegen eine nicht unerhebliche Zahl von Verletzern geltend macht, um auf dem relevanten, von ihm bedienten Markt die gewünschte Wirkung erzielen zu können. Für das Verhalten des Klägers ist demnach kennzeichnend, dass er konsequent ein einziges, ganz bestimmtes wettbewerbswidriges Verhalten verfolgen lässt, das als Irreführung der Verbraucher durchaus erhebliches Gewicht hat und das sowohl die Verbraucherinteressen als auch die eigene Wettbewerbsposition des Klägers nicht unerheblich beeinträchtigt. Es werden danach also nicht im Internet vorhandene Verkaufsplattformen wahllos "durchgefischt", um irgendwelche in der Rechtsverfolgung erfolgversprechend erscheinende, ggf. auch in der Nähe des Bagatellbereichs liegende Wettbewerbsverstöße aufzufinden, wie dies bei missbräuchlichem Vorgehen, das allein oder vornehmlich der Erzielung von Abmahngebühren und dem Erwerb von Aufwendungsersatzansprüchen dient, typisch ist.
Unter Berücksichtigung des dargelegten und vom Kläger erläuterten Vorgehens, das sich immer auf die Verfolgung des hier relevanten Wettbewerbsverstoßes beschränkt hat, kommt auch der hohen Zahl der unter anwaltlicher Mithilfe durchgeführten Abmahnungen und gerichtlichen Verfahren keine durchschlagende Beweisbedeutung für die Begründung eines Rechtsmissbrauchs zu. Von November 2009 bis einschließlich April 2010 sind allerdings - wie der Kläger eingeräumt hat - insgesamt ca. 60 Verfahren mit Abmahnung und ggf. anschließenden gerichtlichen Verfahren durchgeführt worden. Nach eigenen Angaben des Klägers sind dabei zum überwiegenden Teil auch gerichtliche Verfahren (einstweilige Verfügungsverfahren) geführt worden. Insgesamt will der Kläger aber nur in ca. fünf Verfahren unterlegen sein. Kein Verfahren sei dabei bisher rechtskräftig entschieden worden. Auch wenn in die Betrachtung der Umstand einbezogen wird, dass die Abmahn- und die sich ggf. anschließenden einstweiligen Verfügungsverfahren zeitversetzt geführt werden konnten, der Kläger also zunächst Verfahren erfolgreich hat beenden können vor Aufnahme der Verfolgung weiterer gleichartiger Wettbewerbsverstöße anderer Konkurrenten, ergibt sich hier ein erhebliches Prozess- und Kostenrisiko, das der Kläger bei seinem Vorgehen eingegangen ist. Das Kostenrisiko dürfte dabei nach Schützung des Senats jedenfalls im gut sechsstelligen Bereich liegen. Bei einem Umsatz von 800.000 bis 1.000.000 €, wie ihn der Kläger selbst angegeben hat, muss das Vorgehen des Klägers wirtschaftlich zweifelhaft und höchst risikoreich erscheinen. Eine ihn begünstigende Gebührenvereinbarung oder eine Vereinbarung über eine Kostenfreistellung soll nach Angaben des Klägers mit dem für ihn tätigen Prozessbevollmächtigten nicht getroffen worden sein.
Was die Verfolgung der hier relevanten Wettbewerbsverstöße betrifft, hat der Kläger unwiderlegt dargelegt, dass er selbst am Computer "verdächtige" Internetangebote herausgesucht habe und dann die entsprechenden Daten zwecks Überprüfung seinem Prozessbevollmächtigten übermittelt habe. Dieser habe dann die erforderlichen Telefonanrufe mit den Anbietern getätigt, sei dabei teilweise als Kaufinteressent (Testkäufer) aufgetreten und habe dann ggf. als Zeuge für die in dem Gespräch erhaltenen Informationen zur Verfügung gestanden. Diese Beteiligung des Prozessbevollmächtigten erklärt dann auch das von diesem für Telefonnotizen verwendete Formular (vgl. Anlage K 1 zur Klageschrift). Für jedes einzelne Abmahn- und gerichtliche Verfahren soll dem Prozessbevollmächtigten aber eine gesonderte Vollmacht erteilt worden sein, so auch im vorliegenden Fall. Danach ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers zwar in die Ermittlungen vorliegender Wettbewerbsverstöße eingeschaltet worden. Er hat dabei jedoch das Abmahngeschäft und anschließende gerichtliche Verfahren nicht "in eigener Regie" betrieben; dies unterlag vielmehr der Entscheidung des Klägers und war von jeweils gesonderter Auftragserteilung des Klägers abhängig. Dieser vom Kläger dargestellte Verfahrensablauf ist jedenfalls nicht widerlegt worden; dagegen sprechende überzeugungskräftige Indizien sind nicht ersichtlich.
Als Gesamtbeurteilung und -bewertung ist festzuhalten, dass der Kläger sein wirtschaftliches und wettbewerbliches Interesse an der Verfolgung des hier relevanten Wettbewerbsverstoßes gegenüber einer erheblichen Zahl von Wettbewerbern plausibel dargelegt hat, dies objektiv nachvollziehbar und als auch im Grunde berechtigt anzuerkennen ist, dass allerdings das Vorgehen in wirtschaftlicher Hinsicht und unter Berücksichtigung des damit verbundenen ganz erheblichen Kostenrisikos problematisch ist. Ein unter den letztgenannten Gesichtspunkten problematisches Vorgehen, das letztlich dem Kläger selbst erhebliche Risiken aufbürdet und ihm entsprechende Schäden zufügen kann, kann jedoch allein nicht ausreichen, um die an sich berechtigte Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Verhältnis zu wettbewerbswidrig handelnden Konkurrenten als rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG erscheinen zu lassen. Das risikobelastete Vorgehen des Klägers widerlegt auch nicht das für den Kläger angeblich im Vordergrund stehende wettbewerbliche Interesse an der Rechtsverfolgung, das nicht nur in der subjektiven Ausrichtung vom Kläger plausibel dargelegt worden ist, sondern eben auch in objektiver Hinsicht vorhanden ist.
Das Landgericht hat nach alledem die einstweilige Verfügung zu Recht erlassen und durch Urteil bestätigt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Einer Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils bedarf es nicht, weil die vorliegende Entscheidung rechtskräftig ist.
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