Brandenburg

„Alles meins“ – Verwertung von Filmaufnahmen

Urteil vom LG Potsdam

Entscheidungsdatum: 21.11.2008
Aktenzeichen: 1 O 330/08

Leitsätze

Werden Filmaufnahmen von einem Schlossgarten gefertigt, ist darin ein Verstoß gegen das Recht des Eigentümers zu sehen sein Eigentum gewerblich zu verwerten und ist im Sinne der §§ 1004 I S. 2, 903 BGB zu unterlassen.

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - zu unterlassen, Filmaufnahmen der von der Stiftung gemäß dem Staatsvertrag über ihre Errichtung vom 21. Dezember 1994 verwalteten Gebäude, Denkmäler, Gartenanlagen und sonstigen Kulturgüter zu vervielfältigen/vervielfältigen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen, soweit nicht die Fotoaufnahmen von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb der von der Stiftung verwalteten Anlagen gemacht wurden, insbesondere wenn dies wie aus DVD „P.“ in Anlage K 11 ersichtlich erfolgt.

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die in Ziffer 1 genannten Handlungen in der Vergangenheit begangen wurden, insbesondere unter Angabe der Anzahl der mit den Filmaufnahmen hergestellten und veräußerten DVDs sowie weiterhin unter Angabe der Gesamtumsätze mit diesen DVDs einschließlich Kostenfaktoren und des Gewinns.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin den durch die in Ziff. 1 genannten Handlungen entstandenen Schaden zu ersetzen hat.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10 zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 €.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerinist Eigentümerin mehrerer kunst- und kulturbedeutender Grundstücke und Gebäude in Berlin und Brandenburg. Sie hat gemäß § 1 ihrer Satzung die Aufgabe, die ihr übergebenen Kulturgüter zu bewahren, unter Berücksichtigung historischer kunst- und gartenhistorischer und denkmalpflegerischer Belange zu pflegen, ihr Inventar zu ergänzen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Auswertung dieses Kulturbesitzes für die Interessen der Allgemeinheit, insbesondere in Wissenschaft und Bildung zu ermöglichen. Nach Art. 2 Abs. 2 des Staatsvertrages über die Errichtung einer „Stiftung P.“ sind der Klägerin eine Vielzahl von Grundstücken und Gebäuden übereignet worden, u. a. der Park S..

Nach dem Beschluss des Stiftungsrates vom 3. Dezember 1998 über die Richtlinien über Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen stiftungseigener Baudenkmale, deren Ausstattung sowie der Gartenanlagen bedürfen solchen Aufnahme der vorherigen Zustimmung. Ausgenommen sind Aufnahmen von Gebäuden und Anlagen, die sich an öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen befinden (§ 59 UrhG) und Außenaufnahmen zu privaten Zwecken von geringem Umfang. Die Zustimmung erfolgt im Rahmen einer vorherigen schriftlichen Vereinbarung über ein angemessenen Nutzungsentgelt.

An den Eingängen des Parkes S. ist jeweils ein Schild „Parkordnung“ mit dem Hinweis aufgestellt: „Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen zu gewerblichen Zwecken bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung“. Die Klägerin gibt diverse Informationsbroschüren, ein Jahrbuch und das aktuelle Jahresprogramm heraus. Sie erstellt Postkarten, Bildbände und Broschüren mit Aufnahmen ihrer Bauten und Gärten und bietet diese zum Verkauf an.

Der Beklagte betreibt einen Verlag, der u. a. über sein Internet-Portal Filmreihen einzelnen Regionen und Orten Deutschlands anbietet, darunter auch eine DVD über P. und seine Parks und Schlösser. Diese DVD enthält Aufnahmen, die von dem Grundstück der Klägerin aus gefertigt wurden, u. a. Aufnahmen aus dem Park S. und am Schluss der DVD Nachtaufnahmen eines ungenehmigten, auf der Terrasse des Schlosses S.i veranstalteten Silvester-Feuerwerks.

Die Klägerin erfuhr Anfang Dezember 2007 von der DVD und mahnte den Beklagten mit Anwaltschreiben vom 14. Dezember 2007 ab.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 4. Januar 2008 wies der Beklagte die Abmahnung zurück. Weder das Fotografieren noch die gewerbliche Verwertung von Fotografien seien eine Einwirkung auf das Eigentum. Eine Anzahl von Betroffenen und die interessierte Öffentlichkeit würden dem Ausgang des angekündigten Prozesses mit großem Interesse entgegen sehen.

Die Klägerin trägt vor, zwischen den Parteien sei ein konkludenter Benutzungsvertrag zu den Bedingungen der an den Eingangsschildern abgedruckten Parkordnung zustande gekommen. Durch die Filmaufnahmen und die gewerbliche Verbreitung der DVD beeinträchtige der Beklagte ihr Eigentum. Die gewerbliche Verwertungsmöglichkeit sei als eine dem Eigentum unmittelbar anhaftende Eigenschaft von dessen Zuweisungsgehalt umfasst. Durch die Fertigung der Filmaufnahmen und deren gewerbliche Verwertung nutze der Beklagte unmittelbar ihr Eigentum. Ungenehmigte Aufnahmen, die unter Betreten ihres Grundstücks gefertigt worden seien, stellten, unabhängig von der Frage der freien Zugänglichkeit des Parkgeländes, einen die Abwehr- und Zahlungsansprüche auslösenden Eingriff in ihr Eigentum dar. Die Befugnis, ein Fotografierverbot für Aufnahmen zu gewerblichen Zwecken auszusprechen, sei durch das ihr als Eigentümerin zustehende Hausrecht gedeckt. Aufgrund der knappen öffentlichen Kassen sei sie auf die Vermarktung und Lizenzierung der Stiftungsmotive angewiesen, um die Gebäude und Gärten entsprechend ihrer Zielsetzung unterhalten zu können. Die Verbreitung der DVD führe daher zu einem fortlaufenden Schaden. Durch die Darstellung des ungenehmigten Feuerwerkes würden Käufer zum Abbrennen von Feuerwerken in der Nähe der Schlösser geradezu ermuntert.

Die Klägerin stellte folgende Anträge:

1.

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - zu unterlassen, Filmaufnahmen der von der Stiftung gemäß dem Staatsvertrag über ihre Errichtung vom 21. Dezember 1994 verwalteten Gebäude, Denkmäler, Gartenanlagen und sonstigen Kulturgüter zu vervielfältigen/vervielfältigen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen, soweit nicht die Fotoaufnahmen von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb der von der Stiftung verwalteten Anlagen gemacht wurden, insbesondere wenn dies wie aus DVD „P.“ in Anlage K 11 ersichtlich erfolgt.

2.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die in Ziffer 1 genannten Handlungen in der Vergangenheit begangen wurden, insbesondere unter Angabe der Anzahl der mit den Filmaufnahmen hergestellten und veräußerten DVDs sowie weiterhin unter Angabe der Gesamtumsätze mit diesen DVDs einschließlich Kostenfaktoren und des Gewinns.

3.

Der Beklagte wird verurteilt, sämtliche noch in seinem Besitz befindlichen Vervielfältigungsstücke nach Ziffer 1 zu vernichten.

4.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin den durch die in Ziffer 1 entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schäden zu ersetzen hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, weder das Ablichten eines Gebäudes noch die gewerbliche Verwertung der Ablichtungen seien eine Einwirkung auf das Eigentum. Die „Schloss-Tegel“-Entscheidung sei überholt und vom Bundesgerichtshof in der „Friesenhaus“-Entscheidung korrigiert worden. Aus der Verwendung der Begriffe, dass „jedenfalls“ und - an anderer Stelle - „zumindest dann“ eine Eigentumseinwirkung zu verneinen sei, wenn die Aufnahmen von der Straße aus gemacht worden seien, folge, dass der Bundesgerichtshof eine Eigentumsverletzung auch in den Fällen verneinen würde, bei denen die Aufnahmen nicht vom öffentlichen Verkehrsraum aus gemacht worden sind. Durch die Wahl des Standortes, von dem aus fotografiert worden sei, werde die Verwertung der Sachsubstanz in keiner Weise beschränkt. Selbst die nach verbotenem Zutritt gefertigten Aufnahmen hätten für sich genommen keine Auswirkung auf die Nutzung der Sache. Die in dem Staatsvertrag geregelte Zweckbestimmung, wonach der Klägerin das Grundstückseigentum nur und ausschließlich zu dem Zweck übertragen worden sei, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, überlagere jede dem Privateigentümer zustehende Befugnis, mit seinem Eigentum beliebig zu verfahren. Zudem seien die Aufnahmen des Feuerwerks in der Silvesternacht gefertigt worden, als der Park S. der Öffentlichkeit uneingeschränkt - der Benutzung des öffentlichen Verkehrsraumes vergleichbar - zugänglich gemacht worden sei. Ein konkreter Schaden und die Erwartung künftig drohender Schäden seien nicht schlüssig dargelegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Klageschrift vom 1. August 2008 (Bl. 1 ff.) und den Schriftsatz der Klägerin vom 17. September 2008 (Bl. 57 ff.) sowie die Klageerwiderung vom 21. August 2008 (Bl. 43 ff.) und den Schriftsatz des Beklagten vom 6. Oktober 2008 (Bl. 72 ff.) Bezug genommen.

Gründe

Die im Wesentlichen zulässige Klage ist überwiegend - in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang - begründet; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

I.

Der mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich wegen vertraglicher Pflichtverletzung bereits aus § 280 Abs. 1 BGB (vgl. BGH NJW 1995, 1284; OLG Hamburg, NJW 2005, 3003, 3004; Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., § 241 BGB Rdnr. 4 und § 280 BGB Rdnr. 33).

Zwischen den Parteien war zum Zeitpunkt der Fertigung der Aufnahmen durch den Beklagten unter Betreten des Parkgeländes konkludent ein Benutzungsvertrag nach den Bedingungen der ausgeschilderten Parkordnung zustande gekommen.

Im modernen Massenverkehr werden vielfach Leistungen in Anspruch genommen, ohne dass ausdrückliche vertragliche Abreden getroffen werden. Das Leistungsangebot des Unternehmers ist eine Realofferte, die vom anderen Teil gemäß § 151 BGB durch eine Gebrauchs- oder Aneignungshandlung angenommen wird („sozialtypisches Verhalten“, Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., Einführung vor § 145 BGB Rdnr. 25).

Die Bedingungen der Parkordnung sind wirksam in den Vertrag einbezogen worden (§ 305 Abs. 2 BGB) . Es ist anerkannt, dass bei konkludent geschlossenen Massenverträgen, bei denen ein Hinweis schon wegen des Fehlens eines persönlichen Kontaktes unmöglich ist, ein Aushang ausreicht. Beispiele sind die Benutzung automatischer Schließfächer, die Parkhausbenutzung, die Benutzung von Kfz-Waschanlagen oder Beförderungsverträge. Der Aushang muss so angebracht sein, dass er nicht übersehen werden kann, und sich am Ort des Vertragsschlusses befinden (Palandt/Heinrichs, 67 Aufl., § 305 BGB Rdnr. 31).

Im vorliegenden Fall befindet sich das großflächige Schild der Parkordnung unstreitig an jedem Parkeingang, mithin an dem Ort, an welchem der Besucher den Park betritt. Die darin enthaltenen Regelungen sind klar und leicht verständlich.

Gegen die Wirksamkeit der Regelung in der Parkordnung, wonach Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen zu gewerblichen Zwecken der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung bedürfen, bestehen keine Bedenken, da sie den Benutzer des Parkgeländes nicht unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) . Sie weicht von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), insbesondere den §§ 903, 1004 BGB, nicht ab, sondern ist, wie noch auszuführen sein wird, mit ihr zu vereinbaren.

II.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Verwertung der gefertigten Filmaufnahmen auch aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 903 BGB zu.

Unter Beeinträchtigung des Eigentums ist jeder dem Inhalt des Eigentums widersprechende Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers zu verstehen (BGH NJW 2005, 1366, 1367). Dabei ist eine Einwirkung auf die Sachsubstanz nicht erforderlich (Palandt/Bassenge, 67. Aufl., § 1004 BGB Rdnr. 6). Eine Beeinträchtigung des Eigentums liegt auch vor, wenn in die mit dem Eigentum verbundene Nutzungszuweisung (vgl. § 903 BGB „... mit der Sache nach Belieben zu verfahren ...“) eingegriffen wird.

Zu dem Recht eines Eigentümers, mit der Sache nach Belieben zu verfahren, zählt auch das Recht, sein Eigentum gewerblich zu verwerten. Können Fotografien eines im Privateigentum stehenden Gebäudes nur angefertigt werden, wenn ein dem Eigentümer des Gebäudes gehörendes Grundstück betreten wird, so steht es dem Eigentümer grundsätzlich frei, den Zutritt zu verbieten oder doch nur unter der Bedingung zu gewähren, dass dort nicht fotografiert wird. Der Eigentümer hat somit in einem solchen Fall aufgrund seiner Sachherrschaft die rechtliche und tatsächliche Macht, sich die Möglichkeit, auf seinem Gelände Aufnahme anzufertigen, ausschließlich vorzubehalten (BGH NJW 1975, 778 - „Schloss Tegel“).

Auch in Fällen einer allgemeinen Fotografiererlaubnis ergibt sich in der Regel eine stillschweigende Einschränkung auf Aufnahmen für private Zwecke. Denn es ist das natürliche Vorrecht des Eigentümers, den gewerblichen Nutzen, der aus seinem nur gegen seine Erlaubnis zugänglichen Eigentum gezogen werden kann, für sich zu beanspruchen. Auch ohne ausdrückliches Verbot darf der die Aufnahmen Fertigende nicht damit rechnen, dass der Eigentümer gewillt sei, die Verwertung der Aufnahmen ohne Entgelt zu gestatten (BGH a. a. O., 779; KG OLGE 20, 402). Schon deshalb kommt es auf den Vortrag des Beklagten, der Park Sanssouci sei der Öffentlichkeit in der Silvesternacht uneingeschränkt zugänglich gemacht worden, die Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten hätten interessierte Besucher durch die geöffneten Tore ohne Hinweise auf eine eingeschränkte Fotografiererlaubnis „hineingewinkt“, nicht an.

Zudem enthalten die an den Eingängen der Parks der Klägerin aufgestellten Parkordnungsschilder sogar den ausdrücklichen Hinweis, dass Aufnahmen zu gewerblichen Zwecken der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung bedürfen. Gleiches folgt aus den Richtlinien des Stiftungsrates vom 25. Juni 1992. Da es Sache der Klägerin ist, im Rahmen des Stiftungszwecks die Zugänglichkeit der Parkgelände zu regeln, steht es ihr auch frei, den allgemein gewährten Zugang von Bedingungen abhängig zu machen, soweit diese dem Stiftungszweck nicht entgegenstehen. Dies folgt aus dem jedem Grundstückseigentümer nach §§ 858 ff., 1004 BGB zustehenden und auch durch §§ 823 Abs. 2, 123 StGB geschützten Hausrecht. Dieses ermöglicht es dem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verweigert. Das schließt das Recht ein, den Zutritt zu bestimmten Zwecken zu erlauben oder rechtswirksam von Bedingungen wie der Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen (BGH, Urteil vom 8. November 2005 - KZR 37/03 -, GRUR 2006, 249, 250).

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Bundesgerichtshof von den Grundsätzen der „Schloss-Tegel“-Entscheidung (NJW 1975, 778) in der „Friesenhaus“-Entscheidung (NJW 1989, 2151) nicht abgerückt. Dies zeigt bereits der Leitsatz der letztgenannten Entscheidung: „Das ungenehmigte Fotografieren eines fremden Hauses und die gewerbliche Verwertung einer solchen Fotografie stellen dann keine Abwehr- und Zahlungsansprüche auslösende Einwirkung auf fremdes Eigentum dar, wenn die Fotografie - ohne dass das Hausgrundstück betreten wird - von einer allgemein zugänglichen Stelle aus angefertigt wird.“ Damit sind Abwehransprüche für die Fälle verneint worden, in denen es um Fotografien von einer öffentlichen Straße aus geht. Unter dieser Prämisse stehen auch die nachfolgenden Ausführungen, wonach der Fotografiervorgang als „Realakt“ die Verfügungsbefugnis des Eigentümers unberührt lässt (a. a. O., 2252). Den Unterschied zu der „Schloss-Tegel“-Entscheidung, bei der maßgebend darauf abgehoben worden ist, dass das Gebäude nur durch Betreten des Privatgrundstücks fotografiert werden konnte, hat der Bundesgerichtshof in der „Friesenhaus“-Entscheidung klar herausgestellt (a. a. 0., 2252 f.). Allein aus der Verwendung der Begriffe „jedenfalls“ und „zumindest“ kann entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gefolgert werden, dass die Ausführungen auch für einen - gar nicht zur Entscheidung stehenden - Fall gelten sollten, in dem das Grundstück zur Fertigung der Aufnahmen betreten wird.

Hiernach kommt dem Standort, von dem aus Foto- und Filmaufnahmen zu gewerblichen Zwecken gefertigt werden, entscheidende Bedeutung zu für die Frage, ob der Eigentümer solche Aufnahmen untersagen kann. Erfolgen die Aufnahmen von einer allgemein zugänglichen Stelle aus und ohne Betreten des Grundstücks, hat der Eigentümer dies hinzunehmen. In einem solchen Falle ist es dem Eigentümer bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich, Aufnahmen, die von seinem Haus von der Straße aus gefertigt werden, zu unterbinden. Damit hat er keine rechtlich und tatsächlich gesicherte Position inne, in die „eingegriffen“ werden könnte (OLG Bremen NJW 1987, 1420). Unbenommen bleibt dem Eigentümer jedoch kraft seiner Sachherrschaft die Möglichkeit, andere vom Zugang der Sache bzw. vom Anblick der Sache (bei einem Gebäude z. B. durch eine Grundstücksbepflanzung) auszuschließen und ihnen damit auch die Nachbildungsmöglichkeit abzuschneiden oder doch weitgehend zu erschweren (vgl. BGHZ 44, 289, 295 = NJW 1966, 542; NJW 1989, 2251, 2252).

Wird hingegen das Grundstück zur Fertigung der Aufnahmen betreten, dann hat der Eigentümer die rechtliche und aufgrund seiner Sachherrschaft die tatsächliche Macht, Foto- und Filmaufnahmen der in seinem Eigentum stehenden Sache zu unterbinden. Er kann die freie Zugänglichkeit des Grundstücks, etwa durch Errichtung eines das Parkgelände umgrenzenden Zaunes, durch Einführung von Eingangs- und Personenkontrollen und Schließzeiten, durch Überwachung der Parkbenutzer etc., auch so weit einschränken, dass ein ungenehmigtes Fotografieren faktisch ausgeschlossen wäre. Deshalb stellt nicht erst die gewerbliche Verwertung der Foto- und Filmaufnahmen, sondern bereits die Fertigung der ungenehmigten Aufnahmen in der offenen Absicht, sie gewerblich zu nutzen, eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.

In diese absolut geschützte Rechtsposition der Klägerin hat der Beklagte durch die Fertigung und durch den Vertrieb der DVD, insbesondere auch durch die Darstellung des ungenehmigten Feuerwerkes auf der Terrasse des Schlosses Sanssouci in der Silvesternacht, fortlaufend eingegriffen.

Auch der Gesichtspunkt der Sozialbindung des Eigentums gibt im vorliegenden Fall keine Veranlassung, die Klägerin zu zwingen, die Fertigung von Foto- und Filmaufnahmen zu gewerblichen Zwecken ohne ihre Zustimmung zu gestatten. Zwar besteht ein allgemeines Interesse der Öffentlichkeit, die künstlerisch bedeutsamen Gebäude und Gärten in den Parks der Klägerin näher kennenzulernen. Dem können - neben der allgemein gewährten Zugänglichkeit im Rahmen der Parkordnung - etwa der Vertrieb von Ansichtskarten, von DVDs oder von Bildern in digitaler Form als Dateien über Datenleitungen dienen. Die Klägerin befriedigt jedoch selbst dieses Interesse, indem sie Postkarten, Bildbände und Broschüren vertreibt und damit der Öffentlichkeit und den Medien den Zugriff nach den Regeln der Stiftungsrichtlinien gewährt.

Der Abwehranspruch aus §§ 1004, 903 BGB hat auch nicht zur Voraussetzung, dass es sich bei dem Anspruchsteller um ein Privatrechtssubjekt handelt. Zwar ist juristischen Personen des öffentlichen Rechts - wie die Klägerin - die Berufung auf das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG verwehrt (vgl. Maunz/Dürig/Papier, Art. 14 GG, Rdnr. 206 m. w. N.). Sie können aber die ihnen von der Rechtsordnung eingeräumten, aus der Eigentümerstellung hergeleiteten Rechte aus dem Eigentum in gleicher Weise geltend machen (Maunz/Dürig a. a. O., Rdnr. 212). Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts tritt der privatrechtlichen Eigentumsinhalt lediglich im Umfang der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung zurück (Palandt/Bassenge, 67. Aufl., § 903 BGB Rdnr. 1). Diese Zweckbestimmung wird durch die in den Richtlinien vom 3. Dezember 1998 enthaltene Regelung der Zustimmungspflichtigkeit von Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen stiftungseigener Baudenkmäler, derer Ausstattung sowie der Gartenanlagen gewahrt. Von den sich aus den Stiftungsrichtlinien ergebenden Einschränkungen abgesehen - die Klägerin dürfte etwa Außenaufnahmen zu privaten Zwecken von geringem Umfang nicht untersagen -, stehen der Klägerin die aus ihrem Eigentum folgenden zivilrechtlichen Abwehr- und Zahlungsansprüche zu.

III.

Der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Anspruch auf Auskunftserteilung über den Umfang der in Ziff. 1 genannten Handlungen in der Vergangenheit, insbesondere unter Angabe der Anzahl der mit den Filmaufnahmen hergestellten und veräußerten DVDs und der Gesamtumsätze einschließlich Kostenfaktoren und des Gewinns, ist ebenfalls begründet.

Aus § 242 BGB ergibt sich eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Bei der dafür erforderlichen Sonderverbindung kann es sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis oder um eine Rechtsbeziehung des Sachenrechts handeln (Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., § 261 BGB Rdnr. 8 ff.). Diese Sonderverbindung ergibt sich für den vorliegenden Fall ohne weiteres aus dem aufgrund der Eigentumsbeeinträchtigung bestehenden Schuldverhältnis nach §§ 1004 Abs. 1, 823 BGB.

Die Klägerin kann sich die benötigten Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise beschaffen. Unterlagen, aus denen sie sich informieren könnte, stehen ihr unstreitig nicht zur Verfügung bzw. werden seitens des Beklagten verweigert. Sie ist auf die erteilten Auskünfte angewiesen, um den Umfang bestehender Schadensersatzansprüche ermitteln und beziffern zu können. Der mit der Auskunftserteilung verbundene Arbeitsaufwand ist zumutbar und belastet den Beklagten nicht unbillig.

IV.

Unbegründet ist die Klage jedoch hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 3. verlangten Vernichtung der Vervielfältigungsstücke der Aufnahmen.

Dafür ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich und von der Klägerin auch nicht genannt worden. Lediglich im Urheberrecht gibt es einen Anspruch auf Vernichtung von Vervielfältigungsstücken (§ 98 Abs. 1 UrhG) . Das kann auf den zivilrechtlichen Eigentumsschutz wegen der unterschiedlichen Schutzrichtungen und der verschiedenen Inhalte nicht übertragen werden. Die bürgerrechtliche Besitz- und Eigentumsordnung dient dem Schutz der Sachherrschaft über die körperliche Sache, während Gegenstand des Urheberrechts das unkörperliche, geistige Werk ist, dessen Abbildung dem urheberrechtlichen Verwertungsrecht unterfällt (BGH NJW 1989, 2251, 2252).

Um ein solches, dem Urheberrechtschutz vergleichbares Rechtsgut, welches einen Vernichtungsanspruch rechtfertigen könnte, geht es bei dem Eigentumsschutz nicht. Der Beklagte ist selbst Eigentümer der Vervielfältigungsstücke, die er zum privaten Gebrauch auch nutzen darf.

V.

Die Feststellungsklage (Klageantrag zu 5.) ist im Hinblick auf die von dem Beklagten begangene Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) insoweit zulässig und begründet, als sie auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz der entstandenen Schäden gerichtet ist.

Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, dass das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis, insbesondere die Frage der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten, durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (§ 256 Abs. 1 ZPO) . Dem Rechtsschutzbedürfnis steht es nicht entgegen, dass die Klägerin an sich auch die Möglichkeit einer Stufenklage hätte (vgl. BGH NJW 2003, 3275 f. für den insoweit vergleichbaren Fall des gewerblichen Rechtsschutzes). Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs ist der Klägerin ohne Offenlegung der von dem Beklagten mit dem Klageantrag zu 2. geforderten Information nicht möglich. Als erstattungsfähige Schäden kommen die der Klägerin entgangenen Gebühren in Betracht, die sie von Interessenten hätte verlangen können, wenn sich diese direkt an die Klägerin oder an solche Agenturen gewandt hätten, die die Aufnahmen mit Genehmigung der Klägerin veröffentlichen.

Dagegen ist die Feststellungsklage hinsichtlich zukünftig noch entstehender Schäden mangels eines Feststellungsinteresses nicht zulässig. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass erst in Zukunft entstehende Schäden noch zu erwarten sind oder sich in der Entwicklung befinden. Den Beklagten war durch einstweilige Verfügung vom 11. Januar 2008, die durch Urteil der Kammer vom 13. Juni 2008 - 1 O 5/08 - bestätigt worden ist, aufgegeben worden, die im Klageantrag zu 1. genannten Handlungen zu unterlassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte der einstweiligen Verfügung zuwider gehandelt haben könnte, sind nicht ersichtlich und von der Klägerin nicht vorgetragen. Deshalb ist davon auszugehen, dass der anspruchsbegründende Sachverhalt abgeschlossen ist.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709, 708 Nr. 1, 711 ZPO.

Streitwert (§ 3 ZPO) :

- Klageantrag zu 1.

20.000,00 €

- Klageantrag zu 2.

4.000,00 €

- Klageantrag zu 3.
 
1.000,00 €

- Klageantrag zu 4.

5.000,00 €

30.0000,00 €

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