„Ich geb‘ mir die Kugel!“ – der Wasserschaden & die Produkthaftung
Urteil vom OLG Stuttgart
Entscheidungsdatum: 24.09.2009
Aktenzeichen: 7 U 89/09
Leitsätze
Der Hersteller haftet gemäß § 1 ProdHaftG für die Schäden, die durch einen defekten Kugelhahn entstanden sind, da die fehlerhafte Sache nicht den „berechtigen Sicherheitserwartungen“ entsprach und somit einen weiterfressenden Schaden verursacht hat.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg - Einzelrichter - vom 09.04.2009 nebst des ihm zugrunde liegenden Verfahrens, ausgenommen die Kostenentscheidung betreffend der Beklagten zu 1,
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Ravensburg
zurückverwiesen .
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 17.053,72 €
Gründe
I.
Die Klägerin macht als Gebäudeversicherer aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftung für einen Kugelwasserhahn geltend.
In die Wohneinheiten des im Jahre 2003 fertig gestellten Gebäudes der Wohnungseigentümergemeinschaft K. Weg 25 und 27 in W. wurden Kugelhähne eingebaut, die als Absperrung vor und hinter den Wasseruhren dienten. Die von einer Sanitärfirma eingebauten Kugelhähne wurden von der Beklagten zu 2, die sie von der Streithelferin bezog, vertrieben und geliefert. Auf den Kugelhähnen war das Zeichen „K.“ eingegossen. Am 01.12.2004 kam es in dem Gebäude zu einem Wasserschaden. In einer im ersten Obergeschoss befindlichen Eigentumswohnung der Eheleute R. trat aus einem der Hähne Wasser aus. Nachdem die Mieter der Wohnung verreist waren, konnte das Wasser unbemerkt in zwei im Erdgeschoß befindliche Eigentumswohnungen der Eigentümer S. und D. laufen. Betroffen wurde noch eine vierte Wohnung im Erdgeschoss, die von der Verwalterin, der O.-V. Bank I. GmbH als Musterwohnung benutzt wird. Der gebrochene Kugelhahn wurde vom Materialprüfungsamt Nordrhein-Westfalen untersucht. Ursache des Schadens war eine Spannrisskorrosion aufgrund eines Materialfehlers.
Die Klägerin hat ihre Klage in erster Instanz zunächst gegen die Beklagte zu 1 gerichteter. Nachdem sich herausstellte, dass der Kugelhahn von der Beklagten zu 2 vertrieben wurde, hat die Klägerin gegen diese Klage erhoben und hinsichtlich der Beklagten zu 1 Klagerücknahme erklärt. Zur Darlegung des Schadensersatzanspruchs der Höhe nach hat sie 16 Schadenspositionen aufgelistet und jeweils auf Anlagen Bezug genommen. Insgesamt macht sie 17.053,72 € geltend. Zum Beweis der Richtigkeit und Schadensbedingtheit der Schadensbeträge hat sich die Klägerin - insoweit ohne nähere Aufschlüsselung - auf Zeugen- und Sachverständigenbeweis berufen. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Schadensersatzanspruch sei der Höhe nach nicht schlüssig dargetan.
Die Berufung macht geltend, das Landgericht habe wesentlichen Sachvortrag übergangen. Es sei schlüssig vorgetragen, in welchen Wohneinheiten welche Schadensbeseitigungskosten notwendig geworden und angefallen sind. Die Beweisangebote seien auf den gesamten Schaden bezogen.
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 09.04.2009 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Ravensburg zurückverwiesen.
Hilfsweise:
Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Ravensburg vom 09.04.2009 wird die Beklagte zu 2 verurteilt, an die Klägerin 17.053,72 € nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.10.2007 zu zahlen.
Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres Vorbringens.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das landgerichtliche Urteil sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin hat mit dem Hauptantrag Erfolg. Die Sache ist unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) .
1. Das dem Urteil zu Grunde liegende Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel. Das Landgericht hat die Darlegungen der Klägerin zur Schadenshöhe rechtsfehlerhaft als unschlüssig behandelt. Damit liegt eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG vor (BGH NJW-RR 2008, 1311).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (BGH NJW-RR 2007, 1409; BGH NJW-RR 2008, 1311). Der Tatrichter muss vielmehr die noch offenen Fragen in der Beweisaufnahme klären.
b) Nach diesem Maßstab ist das Vorbringen der Klägerin zur Schadenshöhe hinreichend substantiiert.
aa) Die Klägerin hat vorgetragen, dass durch den Wasserschaden vier Wohnungen in der Wohnungseigentumsanlage betroffen sind. Für die beschädigten Parkett- und Laminatböden hat sie jeweils auf die einzelnen Wohnungen bezogene Schadensersatzbeträge geltend gemacht. Dabei genügt es, dass sich die Kosten der Schadensbeseitigung im Einzelnen erst aus den vorgelegten Handwerkerrechnungen ergeben. Anlagen können zwar schriftliches Vorbringen nicht ersetzen, sie können nur der Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen (BGH-Report 2002, 257; BGH NJW 2008, 69, Rn. 25). Dies hindert die Schlüssigkeit des Klagvortags vorliegend aber nicht. Entscheidend ist, ob das schriftsätzliche Vorbringen aus sich heraus verständlich ist. Dies ist trotz der knappen Ausführungen der Fall. Die Wiedergabe der Handwerkerrechnungen im Sachvortrag würde keine weitere Klarheit im Hinblick auf das Bestehen eines Anspruchs bringen. Zu mehr wäre die Klägerin als Versicherung, die die Schadensbeseitigungsmaßnahmen nicht selbst durchgeführt hat, nicht in der Lage. Daher kann eine weitere Konkretisierung des Sachvortrags auch nicht verlangt werden, um der Beklagten ein substantiierteres Bestreiten zu ermöglichen.
Die Schlüssigkeit des Vorbringens der Klägerin wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass aus den Handwerkerrechnungen Zeitpunkte und Dauer der durchgeführten Arbeiten nicht hervorgehen, die Rechnungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstellt wurden, Ungereimtheiten hinsichtlich der betroffenen Wohnungen bestehen und die Schäden in den Wohnungen nicht detailliert beschrieben sind. Diese Umstände können, sofern sie nach der Beweiserhebung noch von Bedeutung sein sollten, nur die Beweiswürdigung beeinflussen.
Dass der Beweisantritt durch Zeugenbeweis nicht nur auf die Schäden an den Böden, sondern auf den Gesamtschaden bezogen ist, mag eine Nachlässigkeit der Klägerin sein. Dies rechtfertigt eine Übergehung ihres Beweisantrags aber nicht. Die benannten Zeugen sind als Beweismittel geeignet. Nach dem Vorbringen der Klägerin ist ersichtlich, dass es sich bei den Zeugen um Mitarbeiter der Hausverwaltung, Bewohner der Wohnung, von der der Schaden ausging, und um den Schadensregulierer der Klägerin handelt. Die unterbliebene Beweisaufnahme ist außerdem auch deshalb rechtsverletzend, weil der Vortrag der Klägerin unter Berücksichtigung der vorgelegten Handwerkerrechnungen genügend Anknüpfungspunkte für die antragsgemäße Einholung eines Sachverständigengutachtens bietet.
bb) Auch die Kosten von Silikonarbeiten in zwei der beschädigten Wohnungen sind mit der Angabe der insoweit jeweils entstandenen Kosten und der Bezugnahme auf zwei Handwerkerrechnungen ausreichend dargelegt. Dass die Wohnungen in den Rechnungen widersprüchlich bezeichnet sind und der genauere Grund der Arbeiten unklar bleibt, ändert daran nichts. Diesen Umständen kann wiederum nur bei der Beweiserhebung und -würdigung Bedeutung zukommen. Der geringfügige Betrag für die Entsorgung von Kleinabfällen bedarf ebenfalls keiner weiteren Darlegung. Seine Berechtigung ist in der Beweisaufnahme zu klären.
cc) Die Kosten der Gebäudetrocknung sind genannt und in den vorgelegten Rechnungen unter Angabe der getrockneten Gebäudeteile und der in Ansatz gebrachten Einheitspreise näher aufgeschlüsselt. Eine weitere Substantiierung kann von der Klägerin, die hierzu ohnehin nicht in der Lage wäre, nicht erwartet werden. Dass daneben noch Kosten für das Aufsaugen bzw. Aufnehmen von Wasser und Stromkosten geltend gemacht werden, spielt im Rahmen der Darlegung keine Rolle. Auch diese Umstände erlangen allenfalls Bedeutung bei der Beweiswürdigung, sofern eine Klärung bei der Beweiserhebung nicht erfolgt.
dd) Ausreichend dargelegt sind unter Berücksichtigung der in Bezug genommenen schriftlichen Aufstellung auch die Eigenleistungen und Kosten der Familie A., Mieter der Wohnungseigentümer R.. Diese Kosten sind einer Beweiserhebung ebenso zugänglich wie die geltend gemachten Speditionskosten, die sich im Einzelnen aus einer vorgelegten Rechnung ergeben. Dahinstehen kann, dass sich der angeblich entstandene Mietausfall bei dieser Wohnung nach dem Schreiben vom 29.01.2005 (K 21) nicht als bereits entstandener Schaden darstellt. Der Mietausfall ist jedenfalls schlüssig behauptet, weshalb eine Beweisaufnahme zu diesem Punkt nicht entbehrlich ist.
ee) Zu den Verwaltungskosten hat die Klägerin ausreichend vorgetragen. Die Frage ihrer Nachvollziehbarkeit und Berechtigung ist im Rahmen der Beweisaufnahme zu klären.
2. Der Verfahrensmangel wirkt sich auf die Sachentscheidung aus. Dem Grunde nach stehen der Klägerin übergegangene Schadensersatzansprüche zu (§§ 1 ProdHaftG, 67 VVG).
a) Die Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche nach § 1 ProdHaftG sind gegeben.
aa) Es liegt eine Sachbeschädigung durch ein fehlerhaftes Produkt vor. Der defekte Kugelhahn, der zu dem Wasserschaden führte, erfüllte nicht die berechtigten Sicherheitserwartungen (§ 3 ProdHaftG). Aufgrund einer ungeeigneten Werkstoffzusammensetzung kam es zu einer Spannungsrisskorrosion, die zu einem Bruch im Gehäuse des Hahns und zu einer Undichtigkeit führte. Dies entspricht dem Ergebnis des von der Beklagten eingeholten Privatgutachtens (K 6) und ist zwischen den Parteien unstreitig.
bb) Bei dem beschädigten Gebäude handelt es sich um eine „andere Sache“ als das fehlerhafte Produkt im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG. Die vom Bundesgerichtshof im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelten Grundsätze zur Haftung für „weiterfressende Schäden“ können allerdings im Rahmen von § 1 Abs. 1 ProdHaftG aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Regelung nach überwiegender Ansicht nicht angewendet werden (MüKo/Wagner, BGB, 2009, § 1 ProdHaftG, Rn. 9; Staudinger/Oechsler, BGB, 2009, ProdHaftG, § 1, Rn. 10). Für die Frage, ob eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt geschädigt wurde, kommt es vielmehr auf die Eigenständigkeit des Produkts und damit auf den Produktbegriff im Sinne von § 2 ProdHaftG an (Staudinger/Oechsler, a.a.O., Rn. 20). Nach § 2 ProdHaftG geht die Produkteigenschaft einer Sache nicht dadurch verloren, dass ein Produkt in eine unbewegliche Sache, also in ein Grundstück, eingebaut wird, selbst wenn es durch den Einbau wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks wird und gemäß § 93 BGB nicht mehr Gegenstand besonderer Rechte sein kann. Diese Regelung ist vor allem deshalb getroffen worden, um eine Herstellerhaftung für fehlerhafte Baumaterialien begründen zu können (Senat VersR 2001, 465; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 2 Rn. 3). Eine solche Haftung wäre bei Gebäudeschäden ausgeschlossen, würden Bauteile, hier der streitgegenständliche Kugelhahn, nicht als eigenständige Produkte bzw. Sachen angesehen. Außerdem ist das auf einem Grundstück errichtete Gebäude selbst kein Produkt im Sinne von § 2 ProdHaftG, da es mit der Herstellung gleichzeitig unbeweglich wird, die zusammengesetzte Sache damit nie als bewegliche Sache entstand (Senat, a.a.O.).
cc) Bei den meisten Schäden ist anzunehmen, dass die beschädigte Sache i. S. von § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von den Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.
(1) Das objektive Kriterium der gewöhnlichen Verwendung für den privaten Verbrauch ist bei allen nach dem Sachbegriff von § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG in Betracht kommenden Sachen gegeben. Entscheidend ist insoweit entsprechend der Intention des Gesetzgebers die Zweckbestimmung einer Sache nach der Verkehrsauffassung (Staudinger/Oechsler, a.a.O., Rn. 22; BT-Drs. 11/2447, 13). Ein Wohnhaus und seine Einrichtungen werden vom Verwender regelmäßig privat genutzt. Unerheblich ist insoweit, dass vorliegend eine Teilnutzung zu wirtschaftlichen Zwecken erfolgt, weil die geschädigte Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage Eigentümerin einer „Musterwohnung“ in dem Gebäude ist.
(2) Dass die beschädigte Sache vom Geschädigten jeweils hauptsächlich für den privaten Ge- oder Verbrauch verwendet worden ist, kann hingegen nicht durchweg angenommen werden.
Bei der Frage nach dem bzw. den Geschädigten ist nicht auf die Wohnungseigentumsgemeinschaft, sondern auf den jeweiligen Eigentümer bzw. Miteigentümer der beschädigten Sache abzustellen. Die Wohnungseigentümer sind nicht als Gemeinschaft geschädigt. Zwar ist die WEG teilrechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt (BGH NJW 2005, 2061). Damit geht eine Entwertung der Eigentümerstellung jedes einzelnen Miteigentümers aber nicht einher. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird hierdurch nicht insgesamt zu einer Gesellschaft, an der die einzelnen Wohnungseigentümer nur noch in Form verdinglichter Miteigentumsanteile partizipieren. Vielmehr bleiben das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum als echtes Eigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer und sind nicht Teil des Vermögens des rechtsfähigen Verbandes (BGH, a.a.O., Rn. 48).
Soweit eine Sache, wie das beschädigte Gebäude, im Miteigentum mehrerer Geschädigter steht, kommt es nach Auffassung des Senats auf die überwiegende Verwendung der Sache insgesamt und nicht auf die Verwendung durch den einzelnen Geschädigten an (Keilholz BauR 1987, 259; Kullmann, a.a.O, § 1, Rn. 17). Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG ist insoweit allerdings nicht eindeutig. Danach könnte auch auf den einzelnen Geschädigten abgestellt werden, was bei unterschiedlichen Verwendungen zu einer Teilentschädigung unter Berücksichtigung von Miteigentumsanteilen führen würde. Hierfür spricht immerhin, dass es sich bei der hauptsächlichen Verwendung um ein subjektives Merkmal handelt. Dabei käme aber zu kurz, dass sich das Miteigentum jedes Geschädigten auf die Sache insgesamt bezieht. Für jeden Miteigentümer, auch den mit gewerblicher Nutzung, wird die Sache teils privat, teils gewerblich verwendet, was eine Gesamtbetrachtung bei der Verwendung der Sache nahe legt. Diese Auslegung wird auch dem Schutzzweck der Regelung gerecht, die einen besseren Verbraucherschutz gewährleisten soll (Palandt-Sprau, BGB, 68 Aufl., ProdHaftG, vor § 1, Rn. 2). Bei einer hauptsächlich privaten Nutzung wird so eine Gesamtentschädigung gewährleistet, von der, gerade bei einem Gebäude, die Wiederherstellung der Sache abhängen kann. Insoweit besteht keine Veranlassung, den Schädiger zu entlasten, weil einzelne Miteigentümer in untergeordneter Weise die Sache gewerblich nutzen.
Hiervon abzugrenzen sind beim Wohnungseigentum die Schäden am Sondereigentum. Insoweit ist der Geschädigte allein als Sondereigentümer betroffen. Hier kommt es auf die Verwendung des jeweiligen Sondereigentums an. Wird es vom Geschädigten in gewerblicher Weise genutzt, greift der Haftungsausschluss nach § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG ein. Dies bedeutet vorliegend, dass die Schäden am Parkett der Musterwohnung, bei dem es sich um Sondereigentum handelt (Palandt-Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 5 WEG, Rn. 5), nicht erstattungsfähig sind (K 11). Das Gleiche gilt aller Voraussicht nach auch für die Kosten der Silikonverfugungen in der Musterwohnung (K 13), sofern es dabei um Fliesen geht. Die Trocknungskosten (K 15 und K 16) beziehen sich hingegen auf das Gemeinschaftseigentum und sind - wie ausgeführt - erstattungsfähig.
dd) Die Beklagte kann bei der gegenwärtigen Sachlage nicht als Hersteller im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG angesehen werden. Sie hat den von ihr vertriebenen Kugelhahn nicht als Endprodukt hergestellt, sondern über eine andere Firma zugekauft. Die Herstellung erfolgte in China. Es kann außerdem nicht angenommen werden, dass die Beklagte den defekten Kugelhahn mit anderen Gegenständen zu einem Endprodukt zusammenfügte, was für eine Herstellereigenschaft genügen würde (Kullmann, a.a.O., § 4, Rn. 13). Die Klägerin hat bisher nicht nachgewiesen, dass der Kugelhahn ein Bauteil der von der Beklagten hergestellten Verteilerstation ist.
Die Beklagte ist allerdings Quasi-Hersteller im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG. Durch die Anbringung eines Kennzeichens auf ihre Veranlassung hat sie sich als Hersteller ausgegeben. Sie kann sich zu ihrer Entlastung nicht darauf berufen, dass mit dem Namenskürzel „K.“ nur ein Handelsname bzw. eine Handelsmarke auf dem Produkt angegeben wird. Zwar begründen die verwendeten Kennzeichen nur dann eine Eigenschaft als Quasi-Hersteller, wenn sie den Eindruck erwecken, der Verwender habe das Produkt selbst gefertigt und übernehme die Verantwortung für seine Sicherheit (BGH NJW 2005, 2695; MüKo/Wagner, a.a.O., § 4, Rn. 26). Dieser Anforderung ist aber regelmäßig schon mit der Anbringung des Zeichens auf dem Produkt Genüge getan. Anders verhält es sich nur, wenn eine für den Verkehr ersichtliche Kennzeichnung als Händler vorgenommen und eindeutig zu erkennen gegeben wurde, dass es sich bei der Produktkennzeichnung nur um eine Händlermarke handelt (Kullmann, a.a.O., § 4, Rn. 42; MüKo/Wagner, a.a.O.). Dies ist vorliegend bei dem Kürzel „K.“ nicht der Fall. Aufklärende Zusatzinformationen sind nicht ersichtlich. Auf dem Produkt befindet sich allein das eingeprägte Kürzel der Beklagten, was ihre Herstellereigenschaft nahe legt.
Dabei ist auf die Sichtweise des Verbrauchers und nicht auf die des den Einbau vornehmenden Handwerkers abzustellen. Dem Verbraucher gegenüber erweckt der Quasi-Hersteller den Eindruck, dass er Einfluss auf die Qualität des Produkts und seinen Herstellungsprozess hat. Neben der Sache liegt die Einlassung der Beklagten, dass der Verbraucher das Produkt überhaupt nicht verwendet. Es handelt sich um Absperrhähne, die naturgemäß in zugänglicher und nutzbarer Weise eingebaut werden. Dass der Verbraucher den Hahn beim Einbau in der Regel nicht zu sehen bekommt, spielt keine Rolle.
ee) Die Behauptung der Streitverkündeten, wonach der Kugelhahn nicht für Trinkwasserzwecke freigegeben worden sei, vermag eine Haftung nicht auszuschließen.
(1) Dass deshalb kein Fehler vorliegt, kann nicht angenommen werden. Der Hersteller muss nach § 3 Abs. 1 ProdhaftG einen Gebrauch, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, berücksichtigen. Dies schließt einen Fehlgebrauch des Produkts mit ein. Dass ein Wasserhahn auch für Trinkwasser benutzt wird, liegt - das Vorbringen der Streitverkündeten als richtig unterstellt - aber nahe.
(2) Die Ersatzpflicht der Beklagten ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 ProdHaftG ausgeschlossen, weil das Produkt bei seinem in den Verkehr bringen den für den Schaden ursächlichen Fehler noch nicht hatte. Der Konstruktions- bzw. Fabrikationsfehler, der in der Verwendung ungeeigneter Werkstoffe liegt, war unabhängig von einer etwaigen Freigabe von Anfang an gegeben.
(3) Ferner ist die Ersatzpflicht auch nicht deshalb nach § 1 Abs. 3 ProdHaftG ausgeschlossen, weil der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, verursacht worden ist. Die Beklagte ist nicht Quasi-Hersteller eines Teilprodukts, sondern eines Endprodukts. Der Handwerker stellt durch den Einbau des Kugelhahns in das Gebäude - wie bereits ausgeführt - kein neues Produkt her. Im Übrigen käme, sofern eine Freigabe für Trinkwasser tatsächlich nicht erfolgt sein sollte, ein Instruktionsfehler der Beklagten in Betracht.
ff) Bei der Haftung nach dem ProdHaftG ist die Selbstbeteiligung bei Sachbeschädigungen gemäß § 11 ProdHaftG zu berücksichtigen, wonach der Geschädigte den Schaden bis zu einer Höhe von 500,00 € selbst zu tragen. Dieser Selbstbehalt gilt für jeden einzelnen Geschädigten (MüKo/Wagner, a.a.O., § 11, Rn. 4; Staudinger/Oechsler, a.a.O., § 11 Rn. 4). Die bedeutet vorliegend, dass entgegen der Auffassung der Klägerin ein mehrfacher Abzug vorzunehmen ist, weil die Klägerin die übergegangen Ansprüche mehrerer Geschädigter geltend macht.
b) Eine weitergehende Haftung - ohne Berücksichtigung der gewerblichen Verwendung und der Selbstbeteiligung - läge bei Eingreifen einer deliktischen Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB vor. Eine solche Haftung ist nach dem gegenwärtigen Streitstand nicht gegeben.
aa) Nachdem nicht angenommen werden kann, dass die Beklagte Endherstellerin ist, kommt auch hier nur eine Haftung als Quasi-Herstellerin durch die Anbringung eines Kennzeichens in Betracht.
bb) Grundsätzlich ist der Quasi-Hersteller - im Unterschied zu § 4 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG - dem Endhersteller deliktsrechtlich nicht gleichgestellt (MüKo/Wagner, BGB, 2009, § 823 Rn. 608). Da er am Warenabsatz beteiligt ist, können aber auch ihn Gefahrenabwendungspflichten treffen. Diese entstehen für den Quasi-Hersteller noch nicht dadurch, dass er seinen Namen an einem fremd hergestellten Produkt anbringt (BGH NJW 1980, 1219). Auch haftet er - wegen seiner Ferne zur eigentlichen Produktion - nicht uneingeschränkt für Konstruktions- und Fabrikationsfehler (BGH a.a.O.; BGH VersR 1987, 102). Ihn trifft aber eine Instruktionsverantwortung, wenn er eine Ware als sein „Produkt“ auf dem Markt vertreibt (BGH VersR 1987, 102; OLG Karlsruhe VersR 1994, 1119). In der Rechtsprechung anerkannt sind insbesondere eigenständige Produktbeobachtungs- und Hinweispflichten von Vertriebshändlern, die eine Schlüsselposition innehaben und sich in besonderer Weise mit dem Produkt identifizieren, indem sie es mit ihrem Markennamen in den Verkehr bringen (BGH NJW 1994, 517; BGH NJW-RR 1995, 342; OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 1268).
cc) Danach bestehen zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte als Quasi-Hersteller haftet, weil sie die Kugelhähne mit dem Kürzel „K.“ als ein eigenes Produkt auf dem Markt vertrieben hat. Die Verletzung einer Instruktionspflicht ist aber nicht ersichtlich. Es geht vorliegend nicht um Hinweise, die geboten sind, weil die Verwendung des Produkts mit bestimmten Gefahren verbunden ist (BGHZ 116, 60). Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte ihrer durch die Produktbeobachtungspflicht zugewiesenen Aufgabe zur Gefahrenabwehr nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen ist. Es handelt sich um einen versteckten Fehler, der bei der gebotenen Überprüfung der Ware durch den Quasi-Hersteller nicht nachgewiesenermaßen erkennbar war. Außerdem bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten bereits früher Beanstandungen wegen des Produktfehlers zur Kenntnis gebracht wurden.
c) Die Schadensersatzansprüche sind nach § 67 Abs. 1 VVG auf die Klägerin übergegangen. Dabei kann dahinstehen, ob die geschädigten Wohnungseigentümer selbst die Versicherungsnehmer sind oder ob der Versicherungsvertrag mit der Wohnungseigentümergemeinschaft zu Stande kam. Ist letztere Versicherungsnehmerin liegt eine Versicherung für fremde Rechnung vor (§§ 74 ff. VVG), die das Gemeinschaftseigentum und auch das Sondereigentum betrifft (OLG Hamm VersR 1996, 1234). Auch in diesem Fall gehen die Ansprüche der Geschädigten, die dann die Versicherten sind, auf die Versicherung über (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 67 Rn. 11).
3. Aufgrund des Verfahrensmangels wird eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme durch Vernehmung mehrerer Zeugen und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich. Es müssen Feststellungen zu fast allen Schadenspositionen getroffen werden.
III.
Die erstinstanzliche Kostenentscheidung betreffend der außergerichtlichen Kosten der ausgeschiedenen Beklagten zu 1 (§ 269 Abs. 3 ZPO) war von der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils auszunehmen. Die Anfechtung dieser Kostenentscheidung mit der Berufung ist zulässig, weil auch die Entscheidung zur Hauptsache angegriffen wurde (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 99, Rn. 7); sie hat aber keinen Erfolg.
Eine wirksame Klagerücknahme liegt vor. Die Einwilligung der Beklagten ist erst ab Beginn der mündlichen Verhandlung erforderlich. Eine Güteverhandlung (§ 278 ZPO) zählt hierzu aber noch nicht (BGHZ 100, 383/389; Zöller/Greger, a.a.O., § 269, Rn. 13). Im Termin am 07.07.2008, in dem keine Anträge gestellt wurden, fand nur eine Güteverhandlung statt.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 sind nach § 269 Abs. 3 ZPO zwingend der Klägerin aufzuerlegen. Die in § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO genannte Ausnahme bezieht sich allein auf die Kosten bei Unterhaltsklagen nach § 93 d ZPO (Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 18). Auch ein Wegfall des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit im Sinne von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO liegt nicht vor.
IV.
Die Kostentragung im Berufungsverfahren bleibt der Entscheidung des Landgerichts vorbehalten. Das Urteil hat zwar keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, ist aber im Hinblick auf die Einstellung einer etwaigen Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil nach den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären (OLG München NZM 2002, 1032 m. w. N.). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.
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