Urteil vom BGH
Entscheidungsdatum: 01.07.2010
Aktenzeichen: I ZR 19/08
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 3. Februar 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es insgesamt wie folgt neu gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Deutschland ein Produkt unter der Bezeichnung "Carpe Diem Ginkgo" und/oder "Ginkgo" mit den Inhaltsstoffen Wasser, Saccharose, Traubenzucker, Kohlensäure, natürliche und naturidentische Aromen, Säuerungsmittel: Zitronensäure und Apfelsäure, Grüntee-Extrakt, Ginkgo-Extrakt, Farbstoff: Zuckercouleur und der Angabe: "Empfohlen werden täglich ein bis zwei Gläser" als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien vertreiben Erzeugnisse, die unter Verwendung von Trockenextrakt der Ginkgo-biloba-Pflanze hergestellt werden. Ginkgo biloba ist eine aus China stammende Pflanze, der - abhängig von der eingenommenen Menge - unter anderem heilende Wirkungen zugeschrieben werden.
Die Beklagte vertreibt im Rahmen ihrer "Wirkungsgetränkelinie Carpe Diem" ein Getränk, das zu 0,02% aus Ginkgo-Extrakt und im Übrigen aus Wasser, Traubenzucker und weiteren Zutaten besteht. Sie gibt das Getränk in 1-Liter-Flaschen ab, auf deren Rückenetikett sich die Angabe "Empfohlen werden täglich ein bis zwei Gläser" befindet.
Die Klägerin hält das Erzeugnis der Beklagten als Lebensmittel für nicht verkehrsfähig, weil es ein nicht zugelassenes Arzneimittel sei, jedenfalls aber nicht zugelassene Lebensmittel-Zusatzstoffe enthalte und gesundheitsgefährdend sei.
Das Landgericht hat der Beklagten antragsgemäß verboten, ihr Produkt in der konkret beanstandeten Ausstattung in Verkehr zu bringen, solange sie dafür nicht über eine Zulassung als Arzneimittel nach §§ 21 ff. AMG verfügt.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Deutschland ein Produkt unter der Bezeichnung "Carpe Diem Ginkgo" und/oder "Ginkgo" mit den Inhaltsstoffen Wasser, Saccharose, Traubenzucker, Kohlensäure, natürliche und naturidentische Aromen, Säuerungsmittel: Zitronensäure und Apfelsäure, Grüntee-Extrakt, Ginkgo-Extrakt, Farbstoff: Zuckercouleur und der Angabe: "Empfohlen werden täglich ein bis zwei Gläser" als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen.
Hilfsweise hat sie das Verbot, das Produkt mit der konkreten Ausstattung ohne Zulassung als Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, und weiter hilfsweise das Verbot bestimmter Werbeangaben begehrt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Köln ZLR 2008, 230 = PharmR 2008, 506).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren mit den in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträgen weiter.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil es sich bei dem Produkt der Beklagten nicht um ein Arzneimittel, sondern um ein verkehrsfähiges Lebensmittel handele. Zur näheren Begründung hat es ausgeführt:
Das Produkt der Beklagten sei kein Arzneimittel, weil es keine pharmakologische Wirkung aufweise. Eine pharmakologische Wirkung sei erst bei der Aufnahme von 120 mg Ginkgo-Extrakt pro Tag zu bejahen. Diese Menge werde aber bei Einhaltung der von der Beklagten gegebenen Trinkempfehlung nicht erreicht. Trinke der Verbraucher entsprechend der Verzehrempfehlung der Beklagten am Tag ein bis zwei Gläser, so nehme er bis zu 100 mg des Erzeugnisses zu sich. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. G. könne es nach dem Stand der Wissenschaft nicht als gesichert angesehen werden, dass schon eine solche Tagesdosis eine pharmakologische Wirkung aufweise.
Die pharmakologische Wirkung des Produktes sei entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb zu bejahen, weil der Verbraucher sich an die Trinkempfehlung nicht halten und damit mehr als die empfohlene Verzehrmenge zu sich nehmen werde. Für die Beurteilung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel sei, sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf die normale Anwendungsweise abzustellen. Aus der Zweifelsregel des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG ergebe sich nichts Gegenteiliges. Die Zweifelsregel diene der Abgrenzung anderer Erzeugnisse von Arzneimitteln und räume letzteren dann den Vorrang ein, wenn das fragliche Produkt die Kriterien sowohl eines Arzneimittels als auch eines andersartigen Erzeugnisses erfülle. Das Produkt der Beklagten erfülle die Definition eines Arzneimittels nicht, weil der Verbraucher durch seinen bestimmungsgemäßen Verzehr die für eine pharmakologische Wirkung erforderliche Menge nicht zu sich nehme.
Dem Erzeugnis der Beklagten könne die Verkehrsfähigkeit als Lebensmittel auch nicht mit der Begründung abgesprochen werden, es enthalte mit dem Trockenextrakt aus der Ginkgo-biloba-Pflanze einen nicht zugelassenen Zusatzstoff. Der in dem Produkt enthaltene Ginkgo-Trockenextrakt stelle keinen den Lebensmittel-Zusatzstoffen gleichgestellten Stoff i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LFGB dar. Denn Trockenextrakt aus Ginkgo biloba werde üblicherweise als charakteristische Zutat eines Lebensmittels verwendet.
Es handele sich bei dem Produkt der Beklagten schließlich auch weder um ein i.S. des Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (Lebensmittel-BasisVO) nicht sicheres Lebensmittel noch - wie die Klägerin mit ihrem ersten Hilfsantrag geltend mache - um ein Präsentationsarzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Die mit dem zweiten Hilfsantrag beanstandeten Werbeangaben der Beklagten seien nicht nach § 3a Satz 1 HWG unzulässig, weil das Produkt in der hier in Rede stehenden Konzentration kein Arzneimittel darstelle.
II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es handele sich bei dem Produkt der Beklagten nicht um ein (Funktions-)Arzneimittel, sondern um ein Lebensmittel, kann aus Rechtsgründen keinen Bestand haben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin der mit dem Klagehauptantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch daher nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG zu.
1. Die Begründetheit des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsbegehrens der Klägerin ist nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts geltenden Recht zu beurteilen. Da das Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, ist es allerdings nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig war. Der im Streitfall in Rede stehende Unlauterkeitstatbestand nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG hat durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken jedoch keine Änderung erfahren. Gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG ist eine Unterscheidung zwischen altem und neuem Recht nicht geboten.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte verstoße nicht gegen § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG, weil ihr Produkt kein Arzneimittel, sondern ein Lebensmittel sei, beruht auf rechtsfehlerhaften Erwägungen.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs den objektiven pharmakologischen Eigenschaften eines Produkts eine zentrale Bedeutung für die Beurteilung zukommt, ob es sich bei einem Erzeugnis um ein Arznei- oder ein Lebensmittel handelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Begriff des Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG im Sinne des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs nach den Richtlinien 2004/27/EG vom 31. März 2004 und 2001/83/EG vom 6. November 2001 zu bestimmen (BGH, Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 61/05, GRUR 2008, 830 Tz. 12, 16 = WRP 2008, 1213 - L-Carnitin II; Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 112/05, GRUR 2008, 834 Tz. 14 = WRP 2008, 1209 - HMB-Kapseln). Danach sind bei der Beurteilung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt, alle seine Merkmale und insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen Eigenschaften, wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern sowie die Risiken zu berücksichtigen, die seine Verwendung mit sich bringen kann (EuGH, Urt. v. 9.6.2005 - C-211/03, C-299/03 und C-316/03 bis C-318/03, Slg. 2005, I-5141 = WRP 2005, 863 Tz. 51 - HLH Warenvertrieb und Orthica; Urt. v. 15.11.2007 - C-319/05, Slg. 2007, I-9811 = GRUR 2008, 271 Tz. 55 = WRP 2008, 59 - Knoblauchkapseln; Urt. v. 15.1.2009 - C-140/07, Slg. 2009, I-41 = GRUR 2009, 511 Tz. 37 - Hecht-Pharma/Staatliches Gewerbeaufsichtsamt; vgl. ferner BGHZ 151, 286, 293 - Muskelaufbaupräparate; BGH GRUR 2008, 830 Tz. 18 - L-Carnitin II; GRUR 2008, 834 Tz. 19 - HMB-Kapseln). Die pharmakologischen Eigenschaften eines Erzeugnisses sind dabei der Faktor, auf dessen Grundlage - ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses - zu beurteilen ist, ob dieses im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt werden kann (EuGH, Urt. v. 30.4.2009 - C-27/08, Slg. 2009, I-3785 = GRUR 2009, 790 Tz. 20 = WRP 2009, 728 - BIOS Naturprodukte/Saarland, m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.1.2010 - I ZR 138/07, GRUR 2010, 259 Tz. 15 = WRP 2010, 374 - Zimtkapseln).
Stoffe, die zwar auf den menschlichen Körper einwirken, sich aber nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen, dürfen nicht als Funktionsarzneimittel eingestuft werden (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 60 - Knoblauchkapseln; GRUR 2009, 511 Tz. 41 - Hecht-Pharma/Staatliches Gewerbeaufsichtsamt; EuGH, Urt. v. 5.3.2009 - C-88/07, Slg. 2009, I-1353 = ZLR 2009, 321 Tz. 75 - Kommission/Königreich Spanien; BGH GRUR 2008, 830 Tz. 19 - L-Carnitin II; GRUR 2008, 834 Tz. 20 - HMB-Kapseln). Der Begriff des Funktionsarzneimittels soll allein diejenigen Erzeugnisse erfassen, deren pharmakologische Eigenschaften wissenschaftlich festgestellt und die tatsächlich dazu bestimmt sind, eine ärztliche Diagnose zu erstellen oder physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu bessern oder zu beeinflussen (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 61 - Knoblauchkapseln). Wirkt ein Stoff pharmakologisch nur in einer bestimmten Menge oder in einer bestimmten Dosis, tritt eine pharmakologische Wirkung dagegen unterhalb dieser Menge nicht ein, so kann ein Erzeugnis, das diesen Stoff enthält, nur dann als Arzneimittel eingestuft werden, wenn und soweit es die für die Wirkung erforderliche Menge dieses Stoffes aufweist (vgl. EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - C-150/00, Slg. 2004, I-3887 = ZLR 2004, 479 Tz. 68, 74, 80 - Kommission/Republik Österreich; EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 66, 68 - Knoblauchkapseln).
b) Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht eine pharmakologische Wirkung des Erzeugnisses der Beklagten in dem dargelegten Sinn der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs bei Einhaltung der empfohlenen Trinkmenge nicht feststellen können. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision verhelfen ihr zum Erfolg.
aa) Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgericht ist eine pharmakologische Wirkung des Produkts der Beklagten bei Aufnahme einer Tagesdosis von 120 mg Ginkgo-Extrakt gegeben. Das Berufungsgericht hat das Produkt der Beklagten jedoch deshalb nicht als Arzneimittel angesehen, weil diese Menge seiner Ansicht nach bei Einhaltung der von der Beklagten gegebenen Verzehrempfehlung nicht erreicht werde. Dabei ist es davon ausgegangen, die Empfehlung, täglich ein bis zwei Gläser des Produkts der Beklagten zu trinken, führe dazu, dass der Verbraucher lediglich bis zu 100 mg des Erzeugnisses der Beklagten zu sich nehmen werde. Nach dem Stand der Wissenschaft könne nicht als gesichert angesehen werden, dass schon eine Tagesdosis von nur 100 mg eine pharmakologische Wirkung aufweise.
bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Trinkempfehlung der Beklagten führe dazu, dass pro Tag allenfalls eine Menge von 100 mg Ginkgo-Extrakt verzehrt werde, beruht auf einem rechtsfehlerhaften Verständnis des auf dem Produkt angebrachten Hinweises, empfohlen würden täglich ein bis zwei Gläser.
(1) Das Berufungsgericht hat die Empfehlung, täglich ein bis zwei Gläser zu trinken, als die Festlegung einer bestimmten Aufnahmemenge verstanden und daraus gefolgert, dass bei einer Missachtung der Verzehrempfehlung ein Genuss im Übermaß gegeben sei; für die Beurteilung, ob ein Produkt als Arzneimittel einzustufen sei, dürfe jedoch nur auf den normalen Gebrauch, nicht dagegen auf eine Aufnahme im Übermaß abgestellt werden.
(2) Diesem Verständnis des Hinweises, empfohlen würden täglich ein bis zwei Gläser, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Verbraucher nach der Lebenserfahrung die bloße Empfehlung einer lediglich durch eine derartig vage Angabe umschriebenen Trinkmenge nicht dahin versteht, er dürfe eine darüber hinausgehende Menge nicht zu sich nehmen. Eine bloße Empfehlung wird nicht ohne weiteres als eine Beschränkung der Trinkmenge aufgefasst. In dem auf dem Produkt der Beklagten angebrachten Hinweis ist weder eine Obergrenze noch eine genau bestimmte Trinkmenge genannt. Die Menge, die der Verbraucher zu sich nimmt, wenn er sich an die Empfehlung hält, hängt vielmehr von der Füllmenge des benutzten Glases ab. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Beurteilung auf die Berechnungen des gerichtlichen Sachverständigen gestützt. Dieser hat bei seiner Annahme, ein Verbraucher, der am Tag ein bis zwei Gläser des Produkts der Beklagten trinke, nehme bis zu 100 mg des Erzeugnisses zu sich, ein durchschnittlich großes Trinkglas mit einem Volumen von 250 ml zugrunde gelegt.
Nach der Lebenserfahrung kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, der Durchschnittsverbraucher verstehe die Trinkempfehlung der Beklagten dahin, die Angabe "ein bis zwei Gläser täglich" beziehe sich auf ein Trinkglas mit einem Volumen von 250 ml. Es kann auch nicht mit einer hinreichenden Sicherheit angenommen werden, dass nach den normalen Trinkgewohnheiten beim Verzehr des Produkts der Beklagten (allein) Trinkgläser dieser Größe verwendet werden oder die im Einzelfall benutzten Gläser nur bis zu einem Volumen von 250 ml gefüllt werden. Der Hinweis enthält ferner keine weiteren Angaben, denen der Verbraucher entnehmen könnte, die Empfehlung sei im Sinne einer Begrenzung der täglichen Trinkmenge auf ein bestimmtes Maß (höchstens zwei Gläser mit einem Volumen von je 250 ml) zu verstehen. Sonstige Anhaltspunkte für die Annahme, beim normalen Verzehr des Erzeugnisses der Beklagten würden nicht mehr als 100 mg Ginkgo-Extrakt aufgenommen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und sind von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden.
(3) Kann die Verzehrempfehlung der Beklagten nicht dahin verstanden werden, sie enthalte eine solche Begrenzung auf eine bestimmte Trinkmenge, dass die Tagesdosis von 100 mg Ginkgo-Extrakt nicht überschritten werde, so kann die pharmakologische Wirkung des Produkts der Beklagten nicht verneint werden. Denn auch bei einem den normalen Trinkgewohnheiten entsprechenden Genuss des Produkts der Beklagten besteht danach die naheliegende Möglichkeit, dass Verbraucher aus der 1-Liter-Flasche eine Menge von 120 mg Ginkgo-Extrakt pro Tag (ca. 0,6 l) zu sich nehmen, bei der eine pharmakologische Wirkung festgestellt ist. Diese Aufnahmemenge ergibt sich schon dann, wenn der Verbraucher bei einem Volumen von 250 ml am Tag etwas mehr als zwei Gläser zu sich nimmt oder wenn er Trinkgläser verwendet, die mit einer geringfügig größeren Menge gefüllt werden können.
cc) Da das Produkt der Beklagten demnach bereits wegen der festgestellten pharmakologischen Wirkung bei einer Tagesdosis von 120 mg als ein Arzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts, bei einer Tagesdosis von lediglich 100 mg könne eine pharmakologische Wirkung nicht bejaht werden, den Angriffen der Revision standhält.
3. Das mit dem in der Berufungsinstanz gestellten Klagehauptantrag verfolgte Unterlassungsbegehren der Klägerin ist somit nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG begründet. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob das Inverkehrbringen des Produkts der Beklagten noch gegen die weiteren von der Klägerin zur Begründung ihres Unterlassungsbegehrens angeführten Vorschriften verstößt. Auf das mit den Hilfsanträgen verfolgte Begehren der Klägerin kommt es danach gleichfalls nicht an.
III. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Berufung der Beklagten ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das erstinstanzliche Urteil entsprechend dem in der Berufungsinstanz gestellten Klageantrag neu zu fassen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Beklagten sind auch die Kosten der ersten Instanz aufzuerlegen, weil die Berufung ohne die Klageänderung in der Berufungsinstanz gleichfalls erfolglos geblieben wäre.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
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