Nordrhein-Westfalen: Köln

„Blu(e)ray disc“ – urheberrechtliche Filmbeschreibungen ins Blaue hinein?

Urteil vom LG Köln

Entscheidungsdatum: 23.09.2009
Aktenzeichen: 28 O 250/09

Leitsätze

1. Arbeitgeber können nur dann Texte, die ihre Arbeitnehmer verfasst haben, nutzen, wenn ihnen diese zuvor ein Nutzungsrecht im Sinne von § 31 UrhG eingeräumt haben.
2. Die Nutzungseinräumung ergibt sich regelmäßig schon „aus dem Inhalt oder Wesen des Arbeitsverhältnisses“.
3. Für die „urheberrechtsschutzfähige eigenschöpferische Prägung“ der Texte sind sowohl Art und Umfang als auch der kreative Inhalt des Sprachwerks ausschlaggebend.

Tenor

Die Beklagte wird - unter Abweisung der Klage im übrigen - verurteilt, an die Klägerin 4.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2008 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 52 Prozent und der Beklagten zu 48 Prozent auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie wegen Verwendung von Filmbeschreibungen, welche Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Klägerin für diese erstellten und welche auf der Webseite der Beklagten verwendet wurden.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin betrieb die Internetpräsenz www.bluray-disc.de, welche nunmehr von der Klägerin betrieben wird. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin entdeckte im Jahre 2008, dass die Beklagte identische Texte zu insgesamt 80 Filmbeschreibungen verwendete. Diese hatte der Mitarbeiter O der Beklagten kopiert und auf ihrer Webseite eingestellt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte wegen 79 dieser Filmbeschreibungen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, welche das Gericht antragsgemäß erließ. Die Beklagte hat die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt.

In der Folgezeit konnten sich die Rechtsvorgängerin der Klägerin und die Beklagte außergerichtlich nicht auf eine Schadensersatzzahlung der Beklagten wegen dieser Textnutzung einigen, wobei die Klägerin am 16.12.2008 eine Zahlungsfrist bis zum 26.12.2008 gesetzt hatte.

Am 02.01.2009 hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Wirkung zum 01.01.2009 alle ihre Vermögensgegenstände, die sich auf das Bluray-Projekt beziehen, auf die Klägerin übertragen.

Die Klägerin verfolgt für die insgesamt 80 durch die Beklagte genutzten Filmbesprechungen vorerst nur für 33 im Wege der Teilklage Schadensersatzansprüche wegen der unberechtigten Nutzung, nämlich für die folgenden Filmbeschreibungen:

Das Waisenhaus

Die Klapperschlange

Oldboy

Ultraviolet

Monster

Revenge of the Warrior

Lonely Hearts Killers

Lady Vengeance

The Machinist

Traffic - Macht des Kartells

Highlander - Die Quelle der Unsterblichkeit

7 Sekunden

Halb Tot

xXx - The Next Level

Michael Clayton

Das Gesicht der Wahrheit

Machtlos

Tödliche Versprechen

Sweeney Todd - Der teuflische Barbier aus der Fleet Street

Spiel mit der Angst

Appleseed Ex Machina

Batman: Gotham Knight

The Nightmare before Christmas

Weeds (Serie)

Die Tudors (Serie)

CSI: Miami Staffel 5.1 (Serie)

Die gefürchteten Vier

Pale Rider

Kill Bobby Z - Ein Deal um Leben und Tod

21

First Sunday

Step Up 2 The Streets

P.S. Ich Liebe Dich

Die Klägerin behauptet, die Mitarbeiter, welche die Filmtexte erstellt hätten, die die Beklagte identisch verwendete, hätten die Filme zuvor angesehen. Auch der Zeitaufwand für die Verfassung dieser Texte sei weit mehr als nur geringfügig. Üblicherweise würden Agenturen für eine Filmbesprechung 150,00 € verlangen. Sie ist der Auffassung, die Filmbeschreibungen seien allesamt, auch diejenige "Die Tudors" zumindest als kleine Münze schutzfähig. Außerdem sei im Wege der Lizenzanalogie ein Verletzerzuschlag von 100 Prozent zu leisten.

Die Klägerin nach teilweiser Klagerücknahme zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.900,00 € nebst 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Sie behauptet, nach dem Übernahmevertrag vom 02.01.2009 seien von der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Klageforderung und die Nutzungsrechte an den 80 von ihr übernommenen Filmbeschreibungen nicht übertragen worden. Auch sei die Klägerin von den Verfassern der Filmbeschreibungen nicht ermächtigt, das Urheberpersönlichkeitsrecht geltend zu machen.

Die Beklagte behauptet, es sei für ihren Mitarbeiter O nicht erkennbar gewesen, dass es sich bei der Seite www.blueray-disc.de nicht um eine offizielle Seite der Filmstudios mit Filmbeschreibungen gehandelt habe, die sie hätte identisch verwenden dürfen und wollen.

In rechtlicher Hinsicht ist die Beklagte der Auffassung, dass die Filmbeschreibungen nicht die notwendige Schöpfungshöhe erreichen würden. Im Übrigen sei die offizielle Filmbeschreibung für Ghostbusters von der Rechtsvorgängerin der Klägerin identisch verwendet worden und für die Filmbeschreibung "Die Tudors" habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin nur einen Satz angefügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

1. Die Klage ist in ihrer zuletzt gestellten Form zulässig, da der Streitgegenstand ausreichend individualisiert ist, weil die Einzelposten, die die Teilklage bilden, sich auf die Klagesumme aufteilen lassen. Bei der Geltendmachung eines Teilbetrages aus mehreren selbständigen Ansprüchen muss angegeben werden, mit welchem Anteil bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Ansprüche geprüft werden sollen. Die fehlende Abgrenzung macht die Klage ansonsten mangels Individualisierung des Streitgegenstands unzulässig (Zöller/Greger, 27. Auflage 2009, § 253 RN 15 m. w. N. aus der Rspr.). Die Klage ist als offene Teilschadensersatzklage für 33 von insgesamt 80 Filmbeschreibungen zu je 300,00 € Schadensersatz je Filmbeschreibung deklariert und die entsprechenden 33 Filme sind namentlich genannt. Die von der Klägerin erhobene Forderung von 33 x 300,00 € ergibt die klageweise geltend gemachten 9.900,00 € Schadensersatz.

2. Die Klage ist teilweise begründet. Der Klägerin stehen Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt 4.800,00 € im Wege der Lizenzanalogie aus § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG zu.

Die Klägerin ist jedenfalls betreffend die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Wege der Lizenzanalogie aktivlegitimiert. Im Rahmen des Schadensersatzanspruches nach § 97 UrhG ist auch der Rechtsinhaber von Nutzungsrechten aktivlegitimiert, d. h. derjenige, der ein Nutzungsrecht eingeräumt bekommen hat. Bei Rechteketten ist derjenige aktivlegitimiert, der sich auf eine ununterbrochene Kette von Übertragungen berufen kann (Dreier/Schulze, 3. Auflage 2008, § 97 RN 19 m. w. N.). Mit der Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte erlischt die Aktivlegitimation des vorherigen Inhabers und es wird die Aktivlegitimation des neuen Inhabers begründet (Dreier/Schulze, a. a. O.).

Durch den Vertrag zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin sind der Klägerin die Rechte betreffend den Schadensersatzanspruch wegen der unberechtigten Nutzung der Filmberichte durch die Beklagte am 02.01.2009 übertragen worden. Die Rechtsvorgängerin war aktivlegitimiert, da die ihr eingeräumten ausschließlichen Nutzungsrechte zur Verwertung durch die Beklagte verletzt worden waren. Unstreitig haben ihre Mitarbeiter die Texte verfasst. Nach § 43 UrhG gelten sie damit als Schöpfer des Werkes i. S. d. § 7 UrhG. Da das Urheberrecht regelmäßig unübertragbar ist, § 29 UrhG, kann ein Arbeitgeber Rechte am Arbeitsergebnis nur im Wege der Einräumung von Nutzungsrechten, § 31 UrhG, erlangen. Da Arbeitgeber jedoch ein Interesse daran haben, das in ihrem Arbeitsverhältnis entstandene Werk zu verwerten, erleichtert ihnen § 43 UrhG den Rechtserwerb insoweit, als sich die Notwendigkeit einer Nutzungseinräumung bereits aus Inhalt oder Wesen des Arbeitsverhältnisses ergibt. Mit dem Wesen des Arbeitsvertrags sind die allen Beschäftigungsverhältnissen innewohnenden Eigenheiten gemeint (Dreier/Schulze, a. a. O., § 43 RN 16 m. w. N.). Die Urheberrechte gehen indes nicht automatisch auf den Arbeitgeber über, sondern der Arbeitnehmer ist zur Einräumung dieser Urheberrechte verpflichtet. Da dies zumeist ein ausschließliches Nutzungsrecht betrifft, bedarf es zusätzlich der Verfügung (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 18). Die Verpflichtung kann ausdrücklich oder stillschweigend im Arbeitsvertrag erfolgen und die Einräumung erfolgt dann regelmäßig im Wege einer Vorausverfügung über die Nutzungsrechte bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages, spätestens jedoch bei Übergabe des Werkes (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 19). Der Umfang der Nutzungseinräumung ist dabei nach der Zweckübertragungsregelung und § 31 Abs. 5 UrhG so weitreichend, wie die betrieblichen Zwecke des Arbeitgebers es erfordern (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 20 m. w. N.). Das Urheberpersönlichkeitsrecht betrifft die geistige und persönliche Beziehung des Urhebers zu seinem Werk. Unter das Urheberpersönlichkeitsrecht im engeren Sinne fallen die Rechte der §§ 12 bis 14 UrhG, nämlich das Recht der Veröffentlichung, der Anerkennung der Urheberschaft und das Recht, die Entstellung oder Beeinträchtigungen des Werkes zu vermeiden. Auch die Urheberpersönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern sind in diesen Fällen eingeschränkt, da der Arbeitgeber ein Interesse an einer weitgehend unbeeinträchtigten Verwertung hat (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 34). Das Veröffentlichungsrecht, § 12 UrhG, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber daher stets zur Ausübung zu überlassen, da ansonsten die Einräumung eines Nutzungsrechtes für diesen sinnentleert wäre.

Da die Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin unbestritten auch im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses mit der Verfassung von Filmbeschreibungen tätig wurden, ergibt sich die Notwendigkeit für die Rechtsvorgängerin der Klägerin, für ihre Tätigkeit und für ihre Internetpräsenz, auf welcher die Filmbeschreibungen verwendet werden, die Nutzungsrechte an den Filmbeschreibungen zu erlangen. Zumindest aus der Natur des Arbeitsverhältnisses ergibt sich daher, dass die Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Nutzungsrechte verpflichtet waren zu übertragen und die entsprechende Verfügung auch spätestens mit Übergabe der Filmbeschreibungen an sie stattgefunden haben muss. Hierdurch hat sie unter Einschränkung der Urheberpersönlichkeitsrechte ihrer die Texte verfassenden Mitarbeiter die Befugnis, die Texte zu veröffentlichen erlangt, und zwar auch auf ihrer Internetpräsenz. Denn der Sinn der Verfassung der Filmbeschreibungen bestand gerade darin, auf ihrer Internetpräsenz die von ihr angebotenen blueray-disc näher vorzustellen.

Ob die Nutzungsrechte an die Klägerin mit der Übertragung der Vermögensgegenstände am 02.01.2009 übertragen wurden, ist für den von der Klägerin verfolgten Schadensersatzanspruch für eine unberechtigte Nutzung der Filmbeschreibungen durch die Beklagte vor dem 01.01.2009 nicht relevant. Der Schadensersatzanspruch war seinerzeit zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung, also spätestens im Jahre 2008, bei der Rechtsvorgängerin entstanden, so dass dieser Anspruch durch den Vertrag vom 02.01.2009 übertragen worden ist. Denn in dem Vertrag werden "die sich in der Rechtsvorgängerin befindlichen Vermögensgegenstände, die sich auf das Bluray-Projekt beziehen, an die Klägerin übertragen". Damit wurde ein in sich geschlossener Fachbereich der Rechtsvorgängerin mit sämtlichen seinen Vermögenswerten veräußert. Zu den Vermögensgegenständen zählen regelmäßig auch Schadensersatzansprüche, also auch der Anspruch, im Wege der Lizenzanalogie Ersatz für die unberechtigte Nutzung von Filmbeschreibungen zu erlangen. Auf Schadensersatzansprüche ist die Zustimmungsnorm des § 34 Abs. 1 UrhG jedoch nicht anwendbar. Zwar wird vom Urheberpersönlichkeitsrecht im weiteren Sinne insbesondere die Zustimmung zur Weiterübertragung des Nutzungsrechts erfasst, § 34 Abs. 1, 35 Abs. 1 UrhG, wobei es der Zustimmung des Urhebers nach § 34 Abs. 3 UrhG nicht bedarf, wenn ein Unternehmen als ganzes oder in Teilen veräußert wird. Da dies eine Ausnahmeregelung der Zustimmungsfreiheit darstellt, ist darlegungs- und beweisbelastet derjenige, der sich hierauf beruft (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 32). Jedoch betrifft die vorliegende Klage nicht Nutzungsansprüche der Klägerin an den Filmberichten, sondern einen bereits im Jahre 2008 bei der Rechtsvorgängerin entstandenen Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter Nutzung durch die Beklagte. Die Geltendmachung eines solchen wird von § 34 UrhG nicht erfasst und ist folglich zustimmungsfrei. Damit hat die Klägerin als Käuferin der Vermögensgegenstände der Beklagten aus dem Bluray-Projekt diesen Anspruch zum 01.01.2009 erworben und kann ihn gerichtlich geltend machen.

Für den Anspruch auf Schadensersatz in Form eines 100 % Zuschlages nach § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG ist die Aktivlegitimation der Klägerin nicht dargetan. Anspruchsberechtigt sind nur der Urheber und die in § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG genannten Inhaber verwandter Schutzrechte. Die Beschränkung auf die genannten natürlichen Personen erklärt sich dadurch, dass das UrhG nur ihnen urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse zugesteht und dass ein immaterieller Schaden durchweg Folge der Verletzung persönlichkeitsrechtlicher Befugnisse und nicht der Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte ist. Die Klägerin ist nicht Urheberin oder Inhaberin eines verwandten Schutzrechtes. Auch die Rechtsvorgängerin war dies nicht. Insbesondere werden durch die Übertragung von Nutzungsrechten im Arbeitsverhältnis die Urheberpersönlichkeitsrechte lediglich teils eingeschränkt, nicht jedoch übertragen. Dafür, dass sich für die gerichtliche Geltendmachung der Rechte aus § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG von den Anspruchsberechtigten im Sinne der Prozessstandschaft ermächtigt wurde, ist nichts vorgetragen.

Die Beklagten sind passivlegitimiert, da sie an der Verletzung des Nutzungsrechts mitwirkten. Die Beklagte zu 1) hat die Filmberichte unstreitig identisch ohne Nutzungsrecht verwendet. Dies war durch ihren Mitarbeiter O veranlasst, welcher die Texte kopierte. Der Anspruch nach § 97 UrhG besteht daher gegen sie als Inhaberin des Unternehmens, § 99 UrhG.

Die Beklagte zu 2) ist die Geschäftsführerin der Beklagten zu 1) und haftet daher im Rahmen der Organhaftung, § 31 BGB, für das Handeln der Beklagten zu 1).

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG besteht. Das Nutzungsrecht der Rechtsvorgängerin war verletzt worden. Die in Rede stehenden Filmbeschreibungen waren mit Ausnahme der Filmbeschreibung "Die Tudors" urheberrechtlich geschützte Werke, weil sie die notwendige Schöpfungshöhe erreichten. Der urheberrechtliche Schutz ergibt sich aus der Verwendung der Sprache, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Die Sprachgestaltung von Webetexten ist geschützt, wenn die erforderliche Schöpfungshöhe vorliegt. Für die Schutzfähigkeit der verwendeten Texte kommt es sowohl auf Art und Umfang des Textes an; ist der Stoff des Sprachwerks frei erfunden, so erlangt es eher Urheberschutz als solche Texte, bei denen der Stoff durch organisatorische Zwecke oder wissenschaftliche und andere Themen vorgegeben ist, denn dort fehlt der im fraglichen wissenschaftlichen oder sonstigen Fachbereich üblichen Ausdrucksweise vielfach die urheberrechtsschutzfähige eigenschöpferische Prägung (LG Köln, 20.06.2007 a. a. O. unter Verweis auf BGH, 29.03.1984 - I ZR 32/82, MDR 1984, 1001 f). Je länger ein Text ist, desto größer ist der ihm zu Grunde liegende Spielraum für eine individuelle Wortwahl und Gedankenführung (Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage 2008, § 2 RN 83). Ein längerer Text ist daher eher schutzfähig als ein kurzer Slogan. Bei längeren Werbetexten vergrößert sich der Gestaltungsspielraum, so dass hier Urheberrechtsschutz eher in Betracht kommt, da der Text dann in seiner optischen und sprachlichen Gestaltung oftmals individuell ausgeprägt ist. Für die in Rede stehenden Filmbeschreibungen gilt nach diesen Grundsätzen Folgendes:

Soweit die Beklagten einwenden, dass die Filmbeschreibung "Ghostbuster" mit der offiziellen Filmbeschreibung identisch sei, ist dies schon deshalb für den vorliegenden Rechtsstreit irrelevant, weil ein Schadensersatz für diese Filmbeschreibung von der Klägerin nicht verfolgt wird. Für die Filmbeschreibung "Die Tudors", welche die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Ausnahme eines Satzes identisch zur offiziellen Filmbeschreibung verwendete, liegt die notwendige Schöpfungshöhe nicht vor. Der Text war mit Ausnahme des letzten Satzes nicht neu. Es liegt auch keine Doppelschöpfung vor, welche gerade im Bereich der kleinen Münze schutzfähig wäre. Hierfür ist eine gewisse Andersartigkeit gegenüber dem Bestehenden zu verlangen, wobei derjenige, der sich hierauf beruft, konkret darzulegen hat, dass und weshalb er dieses Werk nicht gekannt hat (OLG Köln, ZUM-RD 1999, 223 ff - Klammerpose). Zur Unkenntnis der Klägerin ist schon kein Vortrag erfolgt. Hinzu kommt, dass die Filmbeschreibung "Die Tudors" ist nicht ausreichend andersartig zur offiziellen Filmbeschreibung ist, da die Klägerin lediglich einen Floskelsatz angefügt hat.

Die weiteren in Rede stehenden Filmbeschreibungen waren jedoch schutzfähige Werke, da die notwendige Schöpfungshöhe vorliegt. Die Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin haben diese Texte entworfen, damit die Rechtsvorgängerin die blue-ray DVDs bewerben konnte. Dabei haben die Mitarbeiter unstreitig umfassende eigene Texte entworfen und nicht, wie im Sonderfall "Die Tudors" die offizielle Filmbeschreibung lediglich um einen Satz ergänzt. Die Texte sind aufgrund eigener Gedankenführung und abweichend von den Formulierungen der offiziellen Filmbeschreibungen verfasst worden.

Die Rechtswidrigkeit dieser Verletzung der Nutzungsrechte ist indiziert.

Die Verletzung war auch schuldhaft. Schuldhaft handelt, wer ein fremdes Nutzungsrecht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Wer einen fremden urheberrechtlich geschützten Gegenstand nutzen will, muss sich über den Bestand des Schutzes wie auch über den Umfang seiner Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit besteht eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht (Dreier/Schulze, a. a. O., § 97 RN 57 m. w. N.). Der Mitarbeiter Nowotny der Beklagten ist dieser Erkundigungspflicht nicht nachgekommen. Er hat ohne weitere Erkundigungen einzuziehen, lediglich aufgrund des in dem Namen der Webseite verwendeten Begriffs blueray-disc gemeint, auf einer offiziellen Seite der Filmindustrie zu sein, deren Texte er kopieren dürfe und müsse. Damit hat er erkennbar die Augen davor verschlossen, wer möglicherweise hinter dieser Webseite stand, was ihm durch einen einfachen "Klick" auf das Impressum der Webseite oder eine Denic-Abfrage möglich gewesen wäre. Für diesen Rechtsverstoß hat die Beklagte nach § 831 BGB bzw. verschuldensunabhängig nach § 99 UrhG einzustehen.

Es stehen dem in seinem Nutzungsrecht Verletzten nach allgemeiner Ansicht im Rahmen des Schadensersatzanspruches aus § 97 UrhG drei Möglichkeiten der Schadensberechnung zur Verfügung. Er kann zum einen die Herausgabe des Verletzergewinnes verlangen, zum anderen seinen Schaden als konkreten Schaden im Sinne des § 249 BGB berechnen. Er hat weiterhin die Möglichkeit, die von einem konkreten Schaden unabhängige angemessene Lizenzgebühr geltend zu machen (vgl. zur Schadensberechnung BGH GRUR 1973, 663 - Wählamt; Dreier/Schulze, a. a. O., § 97 RN 58 m. w. N.). Zwischen diesen Möglichkeiten der Schadensberechnung besteht ein Wahlrecht des Verletzten (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 68). Vorliegend hat die Klägerin als Rechtsnachfolgerin den Schaden auf der Grundlage der Lizenzanalogie berechnet und die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verlangt. Für diese Art der Schadensberechnung, die bei Urheberrechtsverletzungen auch im Rahmen des Bereicherungsanspruches aus §§ 812, 818 BGB Anwendung findet, ist der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich. Der Verletzer hat vielmehr dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 61 m. w. N.). Anhaltspunkt für die Bemessung der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kann ein branchenüblicher Tarif sein. Existiert kein unmittelbar anwendbarer Tarif, so ist von derjenigen Vergütung auszugehen, die nach Art und Umfang der Verwertung am nächsten liegt. Wenn eine konkrete Bezugnahmemöglichkeit auf Tarife nicht möglich ist, so ist die Vergütung nach § 287 ZPO zu schätzen. Dabei besteht nach der Lebenswahrscheinlichkeit eine Vermutung, dass zumindest eine Verletzung mit dem Ziel der kommerziellen Nutzung zu einem Schaden geführt hat (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 64 m. w. N.). An Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzungsgrundlage sind nur geringe Anforderungen zu stellen; das Gericht muss lediglich in die Lage versetzt werden, überhaupt eine Schätzung vorzunehmen. Hinsichtlich der Auswahl der Beweise und ihrer Würdigung steht dem Gericht in den Grenzen des freien Ermessen ein vergleichsweiser großer Spielraum zu (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 64 m. w. N.).

Die Klägerin hat nachgewiesen, dass die Erstellung von Filmberichten von einem Anbieter auf dem freien Markt - unabhängig davon, ob die Filme durch den Redakteur zuvor geschaut werden - ihr mit 150,00 € pro Bericht angeboten worden ist. Diesen Betrag legt das Gericht im Rahmen der Schadensschätzung aus den folgenden Gesichtspunkten heraus zugrunde: Die Klägerin hat mit der Vorlage des Angebots ausgeführt, dass ihre Mitarbeiter den Film vor der Verfassung eines eigenen Filmberichts anschauen müssten. Hiergegen hat die Beklagte lediglich pauschal ausgeführt, dass die Berichte schnell zu schreiben wären, teils ähnlich dem offiziellen Bericht wären und man nicht unbedingt den Film zuvor anschauen müsse. Damit ist sie dem klägerseitigen Vortrag nicht ausreichend entgegengetreten. Die Filmberichte sind, mit Ausnahme des Berichts zu "Die Tudors" von den offiziellen Filmberichten sprachlich sehr unterschiedlich gestaltet. Es handelt sich nicht um ein bloßes Umschreiben der offiziellen Filmtexte, sondern der jeweilige Autor muss sich weitergehend informieren, z. B. durch das Anschauen des Films, welches regelmäßig ca. 2 Stunden in Anspruch nehmen dürfte. Sodann muss der Text geschrieben werden, was einer gedanklichen Vorbereitung und einer strukturierten Verfassung des Textes sowie einer nachfolgenden Korrekturlesung bedarf. Die Kammer schätzt, dass hier nochmals ein Arbeitsaufwand von ½ bis zu 1 Stunde entstehen dürfte. Vor diesem Hintergrund scheint das vorgelegte Angebot von 150,00 € pro Filmbericht nicht überteuert, da tatsächlich knapp 3 Arbeitsstunden für einen solchen von einem Mitarbeiter aufgewendet werden müssen.

Der Anspruch berechnet sich daher für die 32 urheberechtlich geschützten Filme à 150,00 € auf insgesamt 4.800,00 €.

Ein Anspruch auf einen 100 % Zuschlag besteht im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG für die Beklagte nicht. Dort ist ein Kontrollzuschlag höchstrichterlich nur für die GEMA anerkannt (Dreier/Schulze, a. a. O., RN 71 m. w. N. aus der Rspr.), da ansonsten die Verletzung im Wege normaler Markt- und Konkurrenzbeobachtung festgestellt und verhindert werden kann, wie auch die vorliegende Klage und das vorangegangene einstweilige Verfügungsverfahren zeigen.

Ein Anspruch auf Schadensersatz in Form eines 100 % Zuschlages ergibt sich schon mangels Aktivlegitimation nicht nach § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da der Beklagten mit Schreiben vom 16.12.2008 eine Zahlungsfrist bis zum 26.12.2008 gesetzt wurde.

Die Nebenentscheidungen folgen für die Kosten aus § 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alt.; 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO und für die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709 Satz 2 sowie 708 Nr. 11 2. Alt., 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Streitwert:

bis zum 14.08.2009: 10.000,00 €

hiernach: 9.900,00 €

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