Goolge Ad-Words als Markenverletzung
Beschluss vom OLG Braunschweig
Entscheidungsdatum: 11.12.2006
Aktenzeichen: 2 W 177/06
Leitsätze
1. Die Verwendung des Begriffs „Jette“ als Adword durch die Verfügungsbeklagte stellt eine kennzeichenmäßige Benutzung im Sinne des Markenrechts dar, nämlich eine Benutzung zur Unterscheidung der in Frage stehenden Waren bzw. Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen. Insofern gilt das gleiche wie für Metatags.
2. Es ergibt sich auch nicht daraus etwas anderes, dass die Anzeige als solche gekennzeichnet und optisch außerhalb der eigentlichen Trefferliste angezeigt wurde, während bei der Verwendung von Metatags die entsprechenden Trefferhinweise in der eigentlichen Trefferliste erscheinen.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 4.10.2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: Wertstufe bis 5000 €.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte wegen einer Markenrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch. Sie ist ausschließliche Lizenznehmerin der für ihre Geschäftsführerin H. Joop eingetragenen Wortmarke „JETTE“, die mit ihrer Firmenbezeichnung übereinstimmt. Die Verfügungsklägerin vertreibt unter dieser Marke weltweit exklusive Damenober- und -unterbekleidung, Schuhe, Taschen, Parfums, Fertighäuser sowie hochwertige Uhren und Schmuck. Die Verfügungsbeklagte betreibt unter der Domain „uhren....de“ einen Onlineshop für Uhren und Schmuck, in dem sie u.a. Schmuck und Uhren der Marke Joop jedoch keine Produkte der Verfügungsklägerin vertreibt.
Die Verfügungsbeklagte hat in der Suchmaschine Google ein Adword, d.h. eine als solche gekennzeichnete neben der Trefferliste erscheinende Anzeige geschaltet, die u.a. auch bei Eingabe des Suchbegriffs „Jette Schmuck“ erschien (siehe Anlage Ast 4). Die Anzeige hatte folgenden Inhalt:
„Joop Uhren und Schmuck
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www.uhren....de“
Bei Anklicken des dort angezeigten Links gelangte man auf die Homepage der Verfügungsbeklagten.
Auf Abmahnung der Verfügungsklägerin sperrte die Verfügungsbeklagte zwar das Keyword „Jette“ für ihre Anzeige bei Google. Sie lehnte jedoch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab, weil weder eine Markenrechtsverletzung noch ein Wettbewerbsverstoß vorliege. Auf Antrag der Verfügungsklägerin erließ das Landgericht Braunschweig am 17.7.2006 eine einstweilige Verfügung, mit der es der Verfügungsbeklagten unter Ordnungsmittelandrohung untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zu Wettbewerbszwecken die Bezeichnung „JETTE“ als Adword für Schmuck, Uhren oder dazugehörige Accessoires in der Weise zu verwenden, dass bei Eingabe der Bezeichnung „Jette Schmuck“ in eine Internetsuchmaschine das Internetangebot der Verfügungsbeklagten, insbesondere ihr Onlineshop „www.uhren....de“ angezeigt wird, ohne dass dort zulässigerweise mit der Bezeichnung der Verfügungsklägerin versehene Produkte angeboten werden.
Die Verfügungsbeklagte hat hiergegen Widerspruch eingelegt und am 20.9.2006 kurz vor der anberaumten mündlichen Verhandlung zur Kostenbegrenzung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Sie hat an ihrem Standpunkt festgehalten, dass weder eine Markenrechtsverletzung noch ein Wettbewerbsverstoß vorliege. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass die Verwendung einer Marke im Rahmen eines Adwords keine Markenrechtsverletzung darstellt. Im übrigen habe sie den Begriff „Jette“ nicht als Keyword verwendet, sondern lediglich die Begriffe „Joop-Uhren“, „Joop-Schmuck“ und „Uhren-Joop“ als Keywords für die Anzeigenschaltung angegeben. Bei der Angabe der Keywords habe sie von den möglichen Optionen die von 95 % der Kunden gewählte Standardoption „weitgehend passende Keywords“ gewählt. Sie sei davon ausgegangen, dass damit nur der Begriff „Joop“ mit anderen Wortzufügungen und Pluralformen abgedeckt sei, nicht auch die Hinzufügung des Begriffs „Jette“, der einer anderen Wortgruppe zuzuordnen sei. Sonst hätte sie die Option „erweiterte weitgehend passende Keywords“ gewählt. Bei der Angabe der Keywords seien ihr zwar weitere Keywords, darunter auch solche mit dem Begriff „Jette“ vorgeschlagen worden, diese habe sie aber gerade nicht mit dem Klick auf „hinzufügen“ gewählt. Sie habe deshalb nicht damit gerechnet, dass Google gleichwohl diese Begriffe als Keywords für ihre Anzeige verwende.
Die Verfügungsklägerin hat dazu erwidert, dass die Verfügungsbeklagte gezielt habe auswählen können, welche Keywords neben den selbst ausgewählten verwendet werden. Nach dem unter „www.adwords.google.com“ dargestellten System gebe es vier mögliche Optionen, (1) die Standardoption „weitgehend passende Keywords“, (2) „passende Wortgruppen“, (3) „genau passende Keywords“ und (4) „ausschließendes Keyword“. Bei Wahl der Standardoption (1) reagiere die Anzeige nicht nur auf die von dem Anzeigenkunden ausdrücklich ausgewählten Keywords, sondern auch auf weitere Keywords, die hinzugefügt würden (siehe Anlagen Ast 12, 13). Google weise den Anzeigenkunden darauf hin, dass er für die Auswahl der Keywords verantwortlich sei und dafür Sorge zu tragen habe, dass die Auswahl nicht gegen geltende Gesetze wie z.B. das Markenrecht verstoße.
In dem angefochtenen Beschluss vom 4.10.2006 hat das Landgericht Braunschweig der Verfügungsbeklagten gemäß § 91 a ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Verfügungsklägerin habe bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung ein Unterlassungsanspruch wegen Markenrechtsverletzung zugestanden. Adwords seien wie Metatags zu behandeln. Die Verfügungsbeklagte sei auch für die Verwendung von „Jette“ als Keyword verantwortlich. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Verfügungsbeklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren Standpunkt weiterverfolgt. Das Landgericht habe zu Unrecht ihren Schriftsatz vom 6.10.2006 nicht mehr berücksichtigt. Es habe keine Markenrechtsverletzung vorgelegen, da sie den Begriff „Jette“ nicht kennzeichenmäßig verwendet habe. Adwords seien anders als Metatags zu behandeln, weil das Suchergebnis bei Google nicht in der Trefferliste sondern im als solchen gekennzeichneten Anzeigenteil erscheine. Die Verfügungsbeklagte sei für die Verwendung des Keywords „Jette“ nicht verantwortlich, weil sie es nicht selbst eingegeben habe. Bei der Standardeinstellung „weitgehend passende Keywords“ veröffentliche Google nach deren Darstellung die Anzeige „bei Keywords mit hoher Relevanz, einschließlich Synonymen, verwandten Wortgruppen und Begriffen im Plural“. Die Relevanz werde durch den Nutzer durch sein Suchverhalten geschaffen. Die Möglichkeit der Sperrung einzelner Begriffe sei der Verfügungsbeklagten zwar bekannt gewesen. Die Möglichkeit der Sperrung von „Jette“ sei der Verfügungsbeklagten jedoch nicht von Google nahe gelegt worden.
Die Verfügungsklägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Google schlage bei Benutzung der auch der Verfügungsbeklagten zugänglichen Funktion „Keyword Tool“ ausweislich Anlagenkonvolut Ast. 17 etliche so genannte „mögliche ausschließende Keywords“ vor. Bezeichnungen mit „Jette“ erschienen sowohl in der Vorschlagsliste für Keywords als auch in der Vorschlagsliste ausschließender Keywords.
Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Für die Verantwortlichkeit der Verfügungsbeklagten reiche die Wahl der Option „weitgehend passende Keywords“ aus. Ob die Einrichtung der Optionen zu den Keywords, wie sie von Suchmaschinenbetreibern angeboten werden, ihrerseits eine Kennzeichenverletzung darstellen, sei in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
II. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, war der zulässige Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bis zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung begründet, so dass der Verfügungsbeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen waren.
Der Verfügungsklägerin standen gegen die Verfügungsbeklagte Unterlassungsansprüche gemäß §§ 14 II, V, 15 II, IV MarkenG zu. Die Verwendung des Kennzeichens „JETTE“ als Adword durch die Verfügungsbeklagte verletzt Markenrechte der Verfügungsklägerin, die ausschließliche Lizenznehmerin der von ihrer Geschäftsführerin gehaltenen eingetragenen Wortmarke „JETTE“ ist. Daneben steht der Verfügungsklägerin für ihre Firmenbezeichnung „JETTE“ ein eigenständiger Kennzeichenschutz zu.
Der Suchmaschinenbetreiber der Suchmaschine Google ermöglicht es dem Werbenden, gegen Bezahlung selbst gewählte Keywords mit einer auf der Plattform der Suchmaschine erscheinenden kostenpflichtigen Werbeanzeige zu verknüpfen (Adwords). Dadurch wird dem Nutzer nach Eingabe des entsprechenden Keywords als Suchbegriff automatisch neben der Trefferliste die als solche gekennzeichnete Werbeanzeige präsentiert. Die Werbung wird dem Nutzer somit kontext-sensitiv angezeigt. Bei Eingabe des Suchbegriffs „Jette Schmuck“ erschien bis zur Sperrung dieses Begriffs unstreitig die streitgegenständliche Anzeige der Verfügungsbeklagten.
Die Verwendung des Begriffs „Jette“ als Adword durch die Verfügungsbeklagte stellt eine kennzeichenmäßige Benutzung im Sinne des Markenrechts dar, nämlich eine Benutzung zur Unterscheidung der in Frage stehenden Waren bzw. Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen (anderer Ansicht: LG Hamburg MMR 2005, 629f und NJOZ 2006, 1742f, das jeweils zwischen Adwords und Metatags differenziert; Hüsch MMR 2006, 357ff und Schaefer MMR 2005, 807ff jeweils m.w.N., die beide für eine Gleichbehandlung von Metatags und Adwords eintreten; OLG Dresden MMR 2006, 326f zu einem eher beschreibenden Keyword „Plakat 24-Stunden Lieferung“ bei Marke „Plakat 24“; LG Leipzig hat seine Rechtsprechung zu Adwords inzwischen geändert: vgl. Urteil vom 16.11.2006 03HK O 2566/006).
Insofern gilt das gleiche wie für Metatags. In beiden Fällen sind die Adwords bzw. Metatags zwar jeweils für den Internetnutzer nicht unmittelbar sichtbar, ihre Verwendung innerhalb der Suchmaschine führt aber zu Treffern bzw. Anzeigen. Wie der BGH zu Metatags ausgeführt hat (vgl. BGH Urteil vom 18.5.2006 I ZR 183/03 „Impuls“ WRP 2006, 1513ff), ist dabei nicht entscheidend, dass das Suchwort für den Nutzer auf der entsprechenden Internetseite nicht sichtbar wird. Maßgeblich ist vielmehr, dass mit Hilfe des Suchworts das Ergebnis des Auswahlverfahrens beeinflusst und der Nutzer auf diese Weise zu der entsprechenden Internetseite geführt wird. Das Suchwort dient somit dazu, den Nutzer auf das dort werbende Unternehmen hinzuweisen.
Durch die Nutzung als Adword soll die Suchmaschine dazu veranlasst werden, bei Eingabe des Wortzeichens durch den Internetnutzer die Werbung der Verfügungsbeklagten neben der Trefferliste anzuzeigen, obwohl das Wortzeichen als Marke und als Geschäftsbezeichnung einem anderen Inhaber zugeordnet ist. Die Verfügungsbeklagte macht sich auf diese Weise die von der Verfügungsklägerin aufgebaute Kraft der Marke zu Nutze und benutzt gerade die für Marken spezifische Lotsenfunktion, die darin besteht, in einem großen Angebot gezielt zu den eigenen Waren bzw. Dienstleistungen hinzulenken.
Es bestand auch eine Verwechslungsgefahr. Dabei ist bei Adwords wie für Metatags von einer differenzierten Betrachtung des Einzelfalls auszugehen, die dabei anzusetzen hat, welche Vorstellungen der Verbraucher bei Eingabe des konkreten Zeichens und der ihm sodann gezeigten Trefferliste hat (vgl. zu Metatags insofern: OLG Braunschweig Urteil vom 9.3.2006 2 U 29/05; OLG Hamburg MMR 2005, 186 ff m.w.N.; zu Adwords mit eher beschreibenden Keywords vgl. OLG Dresden MMR 2006, 326f „Plakat 24-Stunden Lieferung“ bei Marke „Plakat 24“).
Bei dem Zeichen „Jette“ handelt es sich im Zusammenhang mit Schmuck und Uhren um eine typische Markenbezeichnung, die keinen beschreibenden Inhalt erkennen lässt. Die Bezeichnung ist im Zusammenhang mit Schmuck und Uhren nur dazu geeignet, eine darunter angebotene Leistung von dem Angebot eines anderen Unternehmers zu unterscheiden und muss daher vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden werden. Hier wies die Anzeige der Verfügungsbeklagten auf der Trefferliste bei Aufruf von „Jette Schmuck“ auf dieselbe Branche hin, indem unter der Domain „www.uhren.....de“ ebenfalls Uhren und Schmuck angeboten werden. Durch die Überschrift „Joop Uhren und Schmuck“ in der Anzeige der Verfügungsbeklagten wird die Verwechslungsgefahr auch nicht ausgeräumt, denn daraus ist nicht ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte unter der angegebenen Domain nur Uhren und Schmuck der Marke „Joop“ und nicht auch anderer Marken oder etwa solchen der Designerin H. Joop, der Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin, anbietet.
Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten (ebenso: LG Hamburg MMR 2005, 629f; LG Hamburg NJOZ 2006, 1742f) ergibt sich auch nicht daraus etwas anderes, dass die Anzeige der Verfügungsbeklagten als solche gekennzeichnet und optisch außerhalb der eigentlichen Trefferliste angezeigt wurde, während bei der Verwendung von Metatags die entsprechenden Trefferhinweise in der eigentlichen Trefferliste erscheinen. Aus der Kennzeichnung als Anzeige entnimmt der Nutzer nur, dass die Anzeige bei Eingabe des Suchwortes anders als die Treffer in der eigentlichen Trefferliste deshalb an dieser Stelle erscheint, weil dafür bezahlt worden ist. Dies wird auch daraus deutlich, dass bei Google auch Anzeigen von Inserenten erscheinen, die auf Grund des Inhalts ihrer Homepage ebenfalls auf der eigentlichen Trefferliste erscheinen, wenn auch auf einem ungünstigeren Platz.
Hinsichtlich der inhaltlichen Bezüge zum Suchwort ergibt sich kein relevanter Unterschied zu den Treffern in der Trefferliste (ebenso, wenn auch für Metatags und Adwords einheitlich im Ergebnis anderer Ansicht: Schaefer MMR 2005, 807ff; Hüsch MMR 2006, 357ff). In beiden Fällen erwartet der Nutzer bei der Eingabe des Suchwortes „Jette Schmuck“ neben Treffern aus anderen Bereichen (etwa Berichterstattungen über die Geschäftsführerin der Verfügungsklägerin als Person oder sonst über Personen mit dem Namen Jette, die mit Schmuck in irgendeiner Beziehung stehen) Treffer über die unter dem Kennzeichen „Jette“ angebotenen Waren- und Dienstleistungen im Bereich von Schmuck, eventuell noch aus dem verwandten Bereich Uhren, sei es des Markeninhabers selbst, sei es von dazu von ihm autorisierten Anbietern, sei es in Berichten Dritter über diese Waren und damit zusammenhängende Dienstleistungen.
Es liegt auf Seiten der Verfügungsbeklagten auch keine privilegierte Nutzung gemäß § 23 MarkenG vor (dazu für Metatags vgl. BGH Urteil vom 18.5.2006 I ZR 183/03 „Impuls“ WRP 2006, 1513). Das würde u.a. eine offene Nennung des fremden Kennzeichens auf der Homepage der Verfügungsbeklagten (etwa im Rahmen einer zulässigen vergleichenden Werbung im Sinne des § 6 UWG) voraussetzen, wozu hier nichts vorgetragen worden ist.
Die Verfügungsbeklagte ist auch, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, für die Markenrechtsverletzung verantwortlich, obwohl sie den Begriff „Jette Schmuck“ nicht selbst als Keyword bei Gestaltung der Anzeige verwendet hat, sondern dieser Begriff auf Grund der Funktionsweise der von Google angebotenen Adwords bei Wahl der Standardoption „weitgehend passende Keywords“ von der Suchmaschine hinzugefügt wurde.
Schuldner der verschuldensunabhängigen kennzeichenrechtlichen Unterlassungsansprüche gemäß §§ 14 V, 15 IV MarkenG ist jeder, der den Verletzungstatbestand selbst als Täter, Mittäter, Gehilfe oder Anstifter im Sinne von § 830 BGB begeht (vgl. Ingerl/ Rohnke 2. Aufl. vor §§ 14-19 MarkenG Rn. 20ff m.w.N.). Als Störer kann daneben auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, sofern er die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte und eine ihm zumutbare Prüfungspflicht verletzt hat (vgl. Ingerl/ Rohnke 2. Aufl. vor §§ 14-19 MarkenG Rn. 30; BGH GRUR 2001, 1038 ff „ambiente.de“; BGH GRUR 2002, 618 = WRP 2002, 532 „Meißner Dekor“; BGH NJW 2004, 3102ff „Internetversteigerung“).
Es kann hier dahinstehen, ob die Verfügungsbeklagte bzw. die für sie handelnde Person gemäß § 14 VII MarkenG Täter einer Markenrechtsverletzung ist oder ob die Verfügungsbeklagte nur Störer in diesem Sinne ist. Auch auf ein Verschulden auf Seiten der Verfügungsbeklagten und auf die Frage der Verantwortlichkeit des Betreibers der Suchmaschine Google und der dazugehörigen Funktion „Adword“ kommt es in diesem Verfahren nicht an. Die Verfügungsbeklagte hat unstreitig die Anzeige bei Google mit der Adword-Funktion von Google unter Eingabe von Keywords („Joop Schmuck“, „Joop Uhren“, „Uhren Joop“ vgl. Anlage Ag 1) und der Wahl der Standardoption „weitgehend passende Keywords“ geschaltet und somit an der Markenrechtsverletzung mitgewirkt. Sie hätte unstreitig durch eine Sperrung mittels der Funktion „ausschließendes Keyword“ das Erscheinen ihres Adwords bei dem Suchwort „Jette“ bzw. „Jette Schmuck“ verhindern können.
Mit Hilfe der von Google zur Verfügung gestellten Funktionen hätte sie auch das Erscheinen ihrer Anzeige bei Eingabe des Suchwortes „Jette Schmuck“ feststellen und verhindern können (vgl. zu dieser Problematik auch: Hüsch MMR 2006 Heft 10 Seite V). Von Google wird die von der Verfügungsbeklagten gewählte Standardfunktion „weitgehend passende Keywords“ gemäß Anlagen Ast 8, 9 und 17 so erklärt, dass bei Angabe von 2 Worten als Keywords die Adwords angezeigt werden, wenn Nutzer nach beiden Worten in beliebiger Reihenfolge, zusammen oder getrennt oder möglicherweise auch zusammen mit anderen Begriffen suchen. Die Anzeigen würden bei dieser Funktion auch automatisch für „erweiterte weitgehend passende Keywords“ angezeigt, d.h. bei Keywords mit hoher Relevanz, einschließlich Synonymen, verwandten Wortgruppen und Begriffen im Plural, und zwar auch dann, wenn diese nicht in der Liste der von dem Adword-Kunden eingegebenen Keywords enthalten sind. Diese erweiterten Keywords würden sich im Laufe der Zeit in dem Maße ändern, in Google mehr darüber lerne, welche neuen Keywords am besten der Anzeige entsprechen.
Über diese allgemein gehaltenen Hinweise hinaus erhält der Anzeigenkunde bei der Adword-Funktion von Google Vorschläge für Keywords. Wenn er sich diese unter dem Suchwort „Joop Schmuck“ anzeigen lässt, erscheinen unstreitig auf der Vorschlagsliste für Keywords „Jette Schmuck“ und andere Keywords mit „Jette“ (Anlage Ast 12, Anlage Ag 5), so dass der Anzeigenkunde Verbindungen, die Google herstellt, erkennen kann. Bei Benutzung der Funktion „KeywordTool“ wird auch eine Liste „Mögliche ausschließende Keywords“ angezeigt, in der Keyword-Vorschläge von Google ebenfalls erscheinen und jeweils als „ausschließendes Keyword“ markiert werden können, um ein Erscheinen der Anzeige bei Eingabe dieses ausschließenden Keywords zu verhindern. Bei Eingabe von „Joop Schmuck“ als Keyword erschien ausweislich Anlage Ast 17 auf der Vorschlagsliste für ausschließende Keywords „Jette Schmuck“ und verschiedene andere Keywords mit „Jette“ mit und ohne den weiteren Begriff „Joop“. Bei Eingabe von „Joop Uhren“ erschien ausweislich Anlage Ast 17 in der Liste der ausschließenden Keywords „Jette Joop Uhren“ und „Joop Jette“, aber auch eine Vielzahl von Markenbezeichnungen verschiedener Uhrenhersteller jeweils mit „Uhren“, so z.B. „Calvin Klein Uhren“, „Breitling Uhren“, „Omega Uhren“, „Esprit Uhren“ und „Swatch Uhren“.
Die Funktion „weitgehend passende Keywords“ ist danach zwar in ihrer ganzen Tragweite nur bei vertiefter Recherche zu erfassen. Da hier jedoch bereits bei den Vorschlägen für Keywords bei Anzeigenaufgabe die Markenbezeichnung der Verfügungsklägerin erschien und die Möglichkeit der Sperrung einzelner Keywords für das Erscheinen der Anzeige bekannt war, gehörte es zur zumutbaren Prüfungspflicht der Verfügungsbeklagten, sich anhand der Möglichkeiten, die das Adword-System bietet, einen Überblick über die von Google selbständig hinzugefügten Keywords zu verschaffen, wobei hier das Erscheinen der Anzeige bei Eingabe des Keywords „Jette Schmuck“ zu erkennen war. Inwieweit hier auch den Betreibern von Google angesichts der Ausgestaltung des Programms und der erheblichen Risiken, die der Adword Kunde bei Auswahl der Standardoption „weitgehend passende Keywords“ hinsichtlich der Verletzung von Marken durch Adwords eingeht (vgl. dazu auch: Hüsch MMR 2006 Heft 10 Seite V), eine markenrechtliche Verantwortung zukommt, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 ZPO. Der Streitwert entspricht den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz.
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